1488 Sächsische Oberhofgerichtsordnung


Sächsische Oberhofgerichtsordnung 1488 :: Elektronische Edition Heino Speer 2010 / 2013

[Editorial]

Ordnung des Oberhoff Gerichtts zw Leipzigk. Auffgerichtt durch Herzogk Albrechten zw Saxenn etc. Anno etc. 1488
Quelle: K. G. Günther, Das Privilegium de non appellando des Kur- und Fürstlichen Hauses Sachsen / aus der Geschichte und dem Staatsrechte mit dazugehörigen Actenstücken erläutert; 1788 Dresden ua. : Breitkopf : Seiten 96-106.

[Präambel]

Nachdem Wir Albrecht Von Gots gnadenn Herczoge zcw Sachßenn, Landtgrafe Jn Doͤringen, vnd Marggrafe zcw Meyssen, vormols vnßern landen vnd lewtenn zcw notcze vnd fromenn, auch zw vnßer vnderthanen fride vnd eynickeit enthaldunge zcwey Hofegericht, Eyns, Jn vnserem wesenlichen Hofe zw Dreßdenn, dem Lande zw Meyssen vnd Osterlande, das Ander czum Eckersperge, dem Lande zw Doͤringen dynende zwhaldenn bestalt, Vnnd doch dy vnßern vngelegenheit der gemelten gerichtsstete vnd anders beclaget, haben wir auß fuͤrstlicher guͤte vnd auß geneigetem willenn So wir zw den Vnßernn tragenn, vnd oͤr bestes zw vorfuͤgenn gevlissen seyn, betracht, vnnd mit den vnßernn gerathschlaget, das noch gelegenheit vnßer lande noch gehabter Erbteylunge, Leipzik, den selbigen vnßernn lewten vnd landenn am gelegenstenn vnd gleichstenn sey, Derhalben vorordent, das hynfuͤr vnnßer Oberhofegericht zw Leipzik, des Jahres viermal, vnd alßo vff itzliche Quatuortemper, Jn form mase vnd ordenunge wy volget, sal gehaltenn werddenn.

[I. Besetzung]

Zcum Erstenn, So sollenn Newn personn Jn das gerichte gesatzt werddenn, Nemlich drey Ritter, drey Doctores, vnnd [Seite 97] drey aus der Ritterschafft, der itzlicher auf seynenn standt erfarenn gevbet, aufrichtigk vnd vorstendigk sey, Vnnd also, das auß den Rittern, eyner zw Hoferichter verordent, vnnd sunderlich eyner der bey vns, auch bey gemeiner Ritterschafft geacht vnnd angesehenn ist.

[II. Pflichten]

Das dy selbigenn, So Jm Gericht sitzenn werdenn des gerichts trewlich vnd vleißigk außwarttenn, Also das sy eins Yedenn parts Sachenn eigentlich vornehemenn vorstehenn vnd vleißiglich betrachtenn, domit eynem itzlichenn recht geschehe.

[III. Vereidigung]

Das dy personenn, dy Jm gericht sitzenn sollenn vnd werddenn, das dy vnnd eyn itzlicher besundernn, dorzw voreidt werde, Jnmaßenn wy er noch volget.

[IV. Eid]

Jch N. Schwere, als meynn gnediger Herre, mich an seyner gnadenn Obernhofegericht, am Rechten zw sitzenn verordent hat, das ich doselbst zw Rechte noch alle meynn bestenn vorstentenis sprechenn thuenn vnd handeln will, vnd das nicht lassenn vmb liebe, neidt, gabe freundschafft noch keynerley sachenn willenn, Auch keyne gabe dorvmb vonn partheyenn Jn sunderheit nehemen will, Mich auch enthalden will, Jn werntlichen Sachen zcwuͤschenn meyns gnedigenn Herren vndderthanenn, vnnd andernn, dy vor diß Hofegericht kommen ader kommen moͤchtenn, dyweile ich dem gerichte Als eynn glydt des selbigenn vorwandt bin, Ausserhalben der Sune, wissentlich zwrathen zwschreibenn trewelich vnd ane geferde, Als mir Got helffe vnd alle seyne liebe Heiligenn.

[V. Schöffeneid; Strafandrohung]

Das der Eidt, So der Richter vnnd Beysitzer Jm Oberhofegerichte schwerenn sollenn, auch den Schepffenn vnd Scheppfenschreiber zw Leipzck, zw schwerenn gegeben werde, [Seite 98] Auch wo eyner Jm obernhofegerichte adder Scheppfenstule eynem part schreiber, adder Jn Rathe beystendigck ist, adder widder dyßen Eide thut, Sal dorvmb gestrafft werdenn.

[VI. Gerichtsschreiber]

Das zw solchem vnßerm gerichte, eynn Offenbar schreiber verordent, vnnd durch Richter vnd Beysitzer, dorczw als sich geburt, vnnd ßy zuthuen woll wißenn werden vereidt, vnnd wo Richter vnd Beysitzer erkennenn, das die Handell eynem Schreiber zw vil seyn wuͤrden, das alßdann noch eyner dorzw gegeben werdde.

[VII. Aufsicht über den Gerichtsschreiber]

Es sal der doctor eyner, So im gerichte sitzen werdenn, allewege nebbenn dem Schreiber sitzenn, vnnd vleißigk aufsehenn habenn, domit der Schreiber recht schreibe, Also, das Nymants durch den Schreiber vorkuͤrtzt werde, doch itzlicher doctor eynn gericht bey dem Gerichtsschreiber, wy angezceiget, adder eynn tagk vmb den andernn sitze.

[VIII. Gerichtsboten; Eid; Entlohnung]

Vf daß dy part eyner dem andernn, Citation Jnhibition vnnd ander gerichtsbriefe, nicht selbist zwsendenn duͤrffe, vnnd die Ordenunge der Recht gehalten werde, Jst noth zcum wenigistenn zcweier geschworenn Bothenn, dorczw, als sich gebuͤrt, voreidt werdenn, vnnd die Brieffe warhaftigk antwortten, vnnd widersagen, wo vnnd weme sy by briefe geantwurth, Vn das die Bothenn mit eym Silbernn groschenn von der Meill, vnd hyr Jn der Stadt eynn halben groschen, von dem parth, der die Briefe außbrenget, vorlont werdden.

[IX. Notdienst]

Das zcwuͤschenn der Zceit, Ald das gericht nicht gehaltenn, durch den Richter vnd Beysitzer, eyn doctor, nebben den Schreiber zw Leipzck vorordent werdde, notdorfftige Briefe aufzwnehemenn, vnd außzwgehenn lassenn, vf das die part, eyne [Seite 99] gewisse stadt zw suchen wissenn, vnnd nicht zw vnkost gedrungen werdenn.

[X. Voraussetzung der Zitation]

Es sal keyne Citation, Jnhibitionn, Adder ander gerichtsbriefe außgeheen, Sy seyn dan vorhin vonn eynem doctor, der des Hofegerichts Sigel Jn abweßen des Hoferichters habenn wirth eigentlich vberseheenn, domit dy Clage des Clegers noch nothdurfft der Citation eyngeleibet werde, Es sal auch dem selbigenn doctor, angeseheenn, seyne sunderliche muͤhe vnnd erbeit, vbir den gemeynenn solt eyns doctors Jn dyssem gericht, zcwenzcigck guldenn Reynisch gegebenn werdenn.

[XI. Zuständigkeit]

Das dy zcwey Hofegerichte zw Dreßdenn vnd Eckersperge abegethann werddenn, Vnd das sunst alle andere gerichte, Jn Landenn, Jn oͤren altherkommenn Rechten vnd weßenn bleibenn, Also, das ein itzlicher zwerst vor dem gerichte, do er von alter dinstpflichtigk geweßt vnnd hyngehoͤrt, gesucht, vnnd vor diß gerichte nicht gezcogenn werdde, Es sey dann durch rechtliche beschwerunge Appellationen, Adder das oͤm sunst Rechts vor seym gerichte gewegert wuͤrde, Sunst sall zwerst Nymants vor dyssem gericht zwantworttenn pflichtigk seynn, Dann alleyne dy ane mittel vns zwrechtfertigenn zwsteheen, vnd keynem anderrn gerichte vnderwurffen vnd dinstpflichtigk sein, Auch sal sich das gerichte zw Meyssenn, nicht weitter, dann Jns ampt Meyßen, erstreckenn.

[XII.] Wer fuͤr vnnßer Obernhofericht geladen sall werdenn.

Alle beschloste, Ader andere Edellewte, dy in dy Ampt nicht gehoͤren, vnd also dy, den Jnsunderheit auß vnßer Canczeley geschribenn wirth. Jtem eyn itzlicher Rath vnßer Stete ader merckte, So ferne dy eynem Amptmann nicht vnderwurffen [Seite 100] seynn. Also sollenn vnßer Edellewte, ader Erbermanne, dy in Stetenn nicht besessene Burger seynn, Vor oͤr gerichte oͤres Ampts, Adder vor oͤrenn Amptmann, dohin sy gehoͤrenn, geczogen werddenn, Es were dann, das der Erbarmann auß rechter vrsache den Amptmann zw eynem Richter nicht dulden welde, Alsodann, sall er auch ane mittel, vor dissem vnßern Obernhofegericht gestehenn.

[XIII. ]

Burger, dy sollenn vor dem Rathe Adder Stadtrichter, Adder wy sich gebuͤrt, antworttenn, Eynn iglich pawer vnd andere vnderthann, Sal vor seynem geordentem Richter geczogen werdenn, Es were dann, das dem Kleger Rechtes gewegert wuͤrde, Adder durch beschwerunge von den vndernn Richternn, an diß Hofegerichte appellirt, Adder so der Jenige, der vor diß Obernhofegericht geladenn wirth, widdervmb Spruͤche zw dem Cleger hette, dy der selbigenn Sachenn, dorvmb er beclagt wirth, anhengigk werenn, Adder dorauß fluͤßenn. So sal der selbige Cleger, dem Beclagetenn widdervmb, vor dyssem vnßerm Obernhofegericht antwortten, vnd sal also Jn dem ader gleichem falle dy widderclage adder Reconvention stadt haben.

[XIV. Ladung; Fristen; Gebühren]

Das ladunge Vnd andere Notdurfftige Briefe, Vndder des Hoferichters nahemenn vnd Hofgerichts Sigill entlich adder peremptorie, mit eyngeleibter Clage außgehenn vnd dem beclagetenn Sechs Wochenn zuuor, vngeferlich, personlich, adder Jn seyne Behaußunge zwkommenn, Vnd das von eyner Citation nicht meher dann Vier groschenn genommenn werdde.

[XV. Gebühren]

Jtem von eyner Commißion, Wo dy Sache vber hundirt guldenn antrifft, Sall mann eynn gulden gebenn, wo aber dy [Seite 101] Sache hundert Guldenn adder weniger anlanget, Sal mann eyn halbenn guldenn gebenn, von eyner Jnhibition eynn guldenn.

[XVI. Urteil am ersten Gerichtstag.]

Es sollenn auch Richter vnd Beysitzer getrawen vleiß habenn, dy part vf den Jrstenn gerichtstagk zw entscheidenn, Es wuͤrde dann, auß schwerde adder notdorfft der Sachenn ferner erstreckunge bedoͤrffen.

[XVII. Gebühren.]

So balde als der part fuͤrkompt, Vnd der Cleger seyne Schult gesatzt, vnd vbir hundirt gulden betrifft, Sal der vonn itzlicher Clage zweene Reynische guldenn Jns gericht, Sporttulas genant, Vnd was vnder hundirt guldenn vnd zwuschenn Funfzcigk vnd hundirt ist, Sall man eynn halbenn guldenn gebenn, Vnd so der antwortter erscheynet, Vnd wider dy Clage vbir hundert guldenn betreffenn, seyne Schuczrede seczt Excipirt adder antworth, Sall auch zcweene guldenn Reynisch gebenn, So aber die Clage weniger betrifft, Alßdenn sal er Jn dem falle als der Cleger wy obenangezceiget, bleiben.

[XVIII. Gebühren.]

Es sollen auch Jtzlich part, von itzlichem Vnderredlichen vrteill, Jm Rechtenn Sententia Jnterlocutoria gnant, eynn ort eyns Reynischen guldenn, Vnnd vonn itzlichem entlichen vrteill, Sententia diffinitiva genant, Jtzlicher eynn halbenn gulden gebenn, Vnd so sich der krigk geendet, Alsodann, sal der gewinhaftige teill vier guldenn reichen vnd bezcalen.

[XIX. Gebühren.]

Were es aber, das dy sache vbir vierhundirt gulden anlangete, So sal der gewinhafftige teill, allewege von hundirt guldenn eynn guldenn gebenn vnd bezcalenn, vnd domit sollenn sy des Helfgeldes entlediget, vnd zw nichte meher verbunden seynn. Dann wo eyner seynn Sentenz Jn schrifftenn [Seite 102]außgericht habenn wolt, Sal dafuͤr eynn halben Reynischen gulden bezcalenn.

[XX. Kontrolle durch Hofrichter.]

Es sal der Hoferichter, das Solchs obenberurt eynbrocht vleißigk aufsehenn habenn.

[XXI. Gebühr bei fehlendem Streitwert.]

Were es auch, das dy Sache Jm grunde nicht gelt adder guth anlangete, Sundernn Freuell, Vnd also Actio Jnjuriarium were, dennoch sall wy obenberurth von itzlichem teille, Jm anfange des kriges zcwene guldenn Reynisch vbirgeantwortt werddenn.

[XXII. Armenrecht.]

Ap auch eynn Arm Mann furderunge hette, dy er Jn solcher Weyße obenangezceigt, nicht vermoͤchte außzwtragenn, wu er dann fuͤrkoͤmmet, vnd erhaltenn mit seym Eide, adder sunst beweißenn will, das er sollich gelt zw gebenn nicht vermoͤge. Alßdann sollenn oͤm alle notdurftige Briefe vnd vrteill vmb sunst mittegeteilt werdenn, Vnnd so er seyner Sachen recht behaltenn, vnnd etwas gewynnen wuͤrde, Sal Hoferichter vnd Beysitzer, was er alsodann do vonn thuenn, zwerkennen haben. Wo er aber der Sachen vorlustigk wuͤrde, dann geschehe gegenn seynem widderpart, was Recht ist, doch also, das dy Armen auch von Hoferichter vnnd Beysitzernn, an oͤrem stande vnd weßenn angesehenn werddenn, Also das sy nicht geferlich dy lewthe anfechtenn vnd zw beschwerunge brengen.

[XXIII. Armenrecht; Prozessvertretung.]

So eyn arm Mann wy hy vorgemelt betewert, Adder sost beweist, vnnd also von wegenn seyns armuts keynn Advocatenn, Reddener ader Rechtsetzer gehabn moͤcht, deme sal Hoferichter vnnd Beysitzer, vndder den Advocaten vnnd Reddeneren, dy vor dem gerichte gemeynlichenn zwrathenn vnd [Seite 103] zwredden pflegenn, der selbigenn eynenn ernennen, vnd oͤm gebenn, Auch so es noth ist gebietenn, dem selbigen manne zwrathenn vnd zwhelffenn, Vnnd do sy sollich geboth vorachteenn wurdden, Sollen Richter und Beysitzer gebietenn, dem selbigenn Advocatenn, Jn Sachen vor gerichte hangende, adder dofur angehabbenn wuͤrdenn, forder nicht zwrathen noch zwredden. So aber der selbige arme Mann etwas erlangen wurde, denne sollen Richter vnd Beysitzer, das dem selbigenn Advocatenn vnnd Reddener, vmb gehabte Muhe auch etwas geschehe, vorschaffen.

[XXIV. Honorarfestsetzung durch Gericht.]

Vf das dy parth durch oͤre Advocatenn vnd Reddener nicht beschwert, So sollen sich die part, mit den Advocaten vnd Reddenern nicht vortragenn, Sundern sal allewege vf zcymlich Erkenntnis Hoferichters vnd Beysitzers stehenn, dy oͤn auch auf zcymlichen termyn noch gelegenheit der Sachen oͤren solt verordenn sollenn, auch dorynne einß igkliche Jndustrienn vbunge vorstentenis vnd gehabte muhe Jnsunderheit betrachtenn, vnd den noch den solt zwverordenn ermessen.

[XXV. Zahl der Vertreter.]

Es sall auch vor dyßen vnßerm Obernhofegerichte eynn itzlich part, Jn seynn Sachenn, alleyne eynn Reddener, adder procuratorem habenn, vnd vbir zcwene Rechtsetzcer adder Advocatenn dy Jn vnßerm furstenthum vns vorwandt nicht mehir an sich zcihenn noch gebrauchenn.

[XXVI. Bestechlichkeit der Prozessvertreter; Strafandrohung.]

Wurde auch eynn Advocat adder prokurator befunden, der vmb gabe adder geschenke willenn, dy er von dem widderteile seyns parts genommen hette, Adder gelobet hette, anzcwnehemenn, vnd derhalben seynem part zw schadenn rathen, ader noch seym bestenn vorstentenis moͤgelichenn vleis nicht [Seite 104] thuenn, Alßdann sal der selbige procurator adder Advocat, ane alle gnade, ernstlich gestraft werdenn.

[XXVII. Vertretungsverbot für Priester.]

Es sall fuͤr dem gerichte keynn priester, Es sey dann Jn Sachenn, dy oͤm Jm Rechtenn erlewbet, reddenn.

[XXVIII. Aufsicht über Advokaten und Redner.]

Wu Hoferichter Vnnd Beysitzer zcur zceit wuͤrdenn vormerkenn, daß ymandt auß den Advocatenn adder Reddenernn vnngegrunthe Sachen annehmenn, domit sy dy part Jn schwerheidt gezcencke vnd vnkost fuͤrtenn, daß ßy das mit oͤn vleißigklichenn reddenn vnd handelnn, dodurch es vonn oͤn by vormeydunge vnnßer vngnadenn vnd strafe noch bleibe.

[XXIX. Beschränkung des Vorbringens.]

Es sal auch Jtzliche partheye vor dem Rechtenn, vf eynen rechtstagk nicht mehir, dann drey Setze thuenn, vnnd domitte beschlossen habenn, Richter vnnd Beysitzer wurden dann vf anregenn erkennenn, das furder noth seyn wurde zwsetzenn.

[XXX.]

Wo sich auch der beclagete, durch eyne ader mehir Schutzrede vnd Exception, der Antwurt zwbeschuͤtzenn gedechte, Sollenn dy selbigenn Schutzredden, alle vfeynmal, durch den selbigenn beclagetenn furbrocht vnd erhobenn werdden.

[XXXI. Urteilsschelte / Appellation.]

Wan entliche vrteill vnd Rechtsproͤche ergeheenn, der sich ymandt beschweret beduͤncket, Adder andere rechtliche beschwerunge ymandt zwgefuͤget wuͤrdenn der mack sich deß an vnß beruffen vnd appellirenn, noch Sechßigischenn Rechtenn, vnd sunderlichen Jn der gestalt, daß der beschwerte also balde das vrteil strafe vnnd vor der Bank eynn Beßers finde, Vnnd das ins gerichte schreibenn lasse, mit Bethe vnnd Begehrenn, beide vrtteil an vns zwschickenn, eyns vndder oͤn zwbecrefftenn, Adder das der beschwerte noch [Seite 105] ordenunge der Keyßerrecht Jn zcehenn tagenn appellire, vnd seyne Appellation mit Recht volfuͤre.

[XXXII. Vorrang des sächsischen Rechts.]

Es sollenn auch alle Sachenn vor dem gerichte noch Sechßigischenn Rechtenn, wo das rechtlich vnd bestendigk, außgedruckt, vorsprochenn werden, wo es aber vnausgedrucket tunkel adder vnvornemlich ist, Sal es erfoͤllunge vnd dewtunge nach gemeynenn rechtenn nehmenn.

[XXXIII. Nullitätsklage.]

Ap ymants eynn gesprochenn vrteill auß grunde eyner kraftloßigkeit adder nullitet anfechten wolde, Sal auf das nehiste gerichte dornoch gerechtferttiget, vnd wo er sich dorane versewmet, So sal er dornoch nicht gehort werddenn. Es were dann, das eynn vrteill auß falschem gezweugknis adder falschenn Jnstrumentenn erlanget were, magk Jn geburlicher rechter Zceit, vor dem selbigenn vnßerm obernhofegerichte fuͤrbrocht vnd gerechtferttiget werdden.

[XXXIV. Appellationsgebühren.]

App ymandt, vonn Solchem gerichte Appellirenn, adder sich beruffen, vnd seyner Appellation vor vnns vorlustigk wuͤrde, Vnnd so dy Sache vnder funfzcigk guldenn wirdigk, Sal er zcwene guldenn Jn vnßer kammer vorfallen, Vnd so dy Sache vbir funfcigk guldenn wirdigk ist, So sal er dornoch allewege von hundirt biß vf tausent guldenn, als hoch dy Sache gewirdert, von dem hundert, vier Rheynische gulden Jn vnßer kammer zwreichenn, vorpflicht seynn, Wo aber dy Sache sich vbir Tawsent erstreckte, Sal vorder ye von hundirt guldenn, zcwene guldenn gebenn.

[XXXV. Gebührenverwaltung.]

Der Canzceler Sal das gelt Jm nehistenn Artickell gemelt trewlich eynnehemen, vnd Jn vnßer kammer, vonn weme das gefallen, vorzceichent reichen vnd vbirsntworttenn.

[XXXVI.]

Das Jn dyssem gerichte auf der parth erfarunge vndder vnßeren vndderthanenn keynn vrteill gesprochen werde. Sunderen alleyne sich der vrteill, dy den parthenn vor oͤn stehende zcuvorsprechenn noth sein zwbefleißigenn.

[XXXVII. Gerichtsstunden.]

Es sollenn Hoferichter vnd Beysitzer das gericht vmb Sechs Hora vor mittags anhebenn, biß zw newn horenn. Dornoch, bis zcw zcwolf Hora ruheen, vnd vonn zwolf hora, biß vf funf hora vf den obent haltenn. Außgeschloßenn, das gericht, So mann Jn der Weichfasten pfleget zw haltenn, Alßdann, sal mann das gericht, vmb Siben Hora anhebenn, vndd dy anderenn stundenn, wy obengemelt, haldenn, deßgleichenn an Fastentagenn auch gescheheen sall.

[XXXVIII. Urteilsfindung.]

Sich moͤgen auch die Beysitzer, So der Sachenn vill zuuorhoͤren seynn, teilen, Also, das etliche sitzen, vnd dy andern sich dyweile Rechtssproͤche voͤreynigen, Doch also, das Hoferichter und Beysitzer alle Jn solchem vrteill eintrechtick seynn, vnd also das selbige vrteill semptlich, ader des meheren teils beschlissenn, auch sich Jn dem nicht zw vbireylenn.

[XXXIX. Schreibgebühren.]

So auch ymandt auß den Gerichts hendeln, eyniche abeschrifft habenn wolde, Sal er ye vom blate, dorvff funfzcigk zceilen vngeferlich geschribben seynn, dem gerichtsschreiber eynn Silbern groschen gebenn, was aber alleyne vf eynn halb blat ader weniger geschribenn wuͤrde, Sal man oͤm mit eynem halben Groschenn vorgenuͤgenn.

[XL. Allegationsverbot.]

Es sall auch vor dyssem gerichte keyn part Reddener Rechtsetczer adder Advocat dy Zceit so schult, Schutzrede, adder Exception vnd Antwort, odder ander gesetze gesatzt, vnd [Seite 107] erzcalt werddenn, eynicherley recht durch Lateynische wordt vnd allegat nahmhafftigk anzciheen adder allegiren. So aber in den gesetzen beschlossen vnd concludirt, dann So eynich part, Reddener Rechtsprecher, ader Advocat vunderrichtunge des Rechtenn, vnd also Jnformationes Juris schrifftlich eynlegenn wil, Sall oͤm vorgunst zwgestat, auch so vil sich zw Rechte geburt, angenommen werden.

[XLI. Beleidigung der Gerichtspersonen.]

So auch eyner dem Hofrihter Beysitczernn parthenn ader andern vor gerichte, hoͤnliche Schmeheliche vnbescheydene worth zwsagenn wuͤrde, der sall von vns dorvmb noch der scherffe vnnd hertiglich gestrofft werdenn. Es sollen abir domitte gemeyne worth der recht ßo man Jn gewonlicher uͤbunge vnd practica pflegt zu vben nicht auffgehabenn noch vorbotten seyn.

[XLII. Befolgungsgebot.]

Auch ist vnßir ernster Wille das solich vnßir verordenung von ydermann Eigentlich bewart vnd vnobirgreiflich gehaldin werde, die wir auch geburlich selbist haldin auch vleißig schutzin vnnd hanthabin wollin.

[XLIII. Richterliche Unabhängigkeit.]

Vnnd auff das Richter vnnd Beisitzer deste forderlicher die vorgemeldte Ordenung diß gerichts haldenn recht thun vndt sprechenn Sich auch keyn gabe fruntschafft Veyndschafft lieb ader forchte da vonn eintzihenn lassenn So habin wir sie wo vnd wann vnd ßo viel iß die notdorfft erfordert Ab die sache vnns vnnßir Cammer gutir addir andere vnßere nutzunge betreffende wurde yrer Eyde vnnd gelobte do mit sie vns vorwandt So lange sie Jn dießem gerichte sitzen vnnd wo es diß gericht anlangt ledig vnd loß gesagt, vnnd sagen sie der ledig vnnd loß Jn krafft dießir ordenunge Derhalben von yn ernstlich begerun Sich dorynne alzo die [Seite 108] fromen noch Jren besten vorstentniß vnd gewissenn vnns nach nyemands angesehin zu halten zu handelnn vnd Sollicher gerichts ordenung vnuorbrochenlich nochzugehenn. Auff das wir vbirtretter der selbenn zw straffen nicht vorvrsacht werdenn.

[Promulgation.]

Zu Vrkunde mit vnnßirm Sigil besigelt vnd Gegebenn an der Mitwoch noch Cantate Anno Dm. Millesimo Quadringentesimo Jm lxxxviij.