1527 Stühlingen Landes- und Landgerichtsordnung


Stühlinger Landes- und Landgerichtsordnung (1527) :: Digitale Edition Heino Speer 2011 / 2013

[Editorial]

Quelle: Stühlinger Landes- und Landgerichtsordnung (1527) in: Mitteilungen aus dem fürstlichen Fürstenbergischen Archive (1894) 113-143. (Lupf. Kopialbuch. Bd. VIII.)
Die Formatierung des Druckes (vermutlich aus Platzgründen: fortlaufender Text auch bei neuen Abschnitten und Überschriften) wurde für die digitale Edition in eine deutlichere Struktur umgewandelt und mit einer durchgehenden Zählung versehen.

[Einleitung]

Der wolgebornen herrn, herrn Johannsen, herrn Wolf Eberharden, Wilhälmen, Georgen, Christophen und Zasolfen, gebrüedern, graven zu Lupfen, landgraven zu Stüelingen, meiner gnedigen herrn, althergebrachte lands- und landgerichtsordnung in irer gnaden landgrafschaft Stüelingen, ernewert und beschriben im jar, als man zalt von Christi unsers erlösers und seligmachers geburt, 1527 jare.

[I] Erstlich volgt hernach, welchermassen meinen gnedigen herren die landgraveschaft Stüelingen mit aller oberkeit, rechten, gerechtigkeiten und gewonheiten zuestendig.

[I 1] Nemblich so gehört iren gnaden die landgrafschaft Stüelingen mit aller oberkeit, rechten, gerechtigkeiten, zu- und eingehörung, wie dann ire gnaden dieselben von der Rom. Kay. May. und dem heiligen Römischen Reiche zue lehen tragen alles vermög der lehenbrüeven.

[I 2] Item die landgrafschaft Stüelingen ist ein ausgezircklete landgrafschaft, die ire eigne greinzen hat einer hochgerichtlichen und vorstlichen oberkeit.

[I 3] Item meine gnedigen herren die landgraven haben in dem bezirk der landgrafschaft Stüelingen ze strafen mord, raub, brand, verreterey, diebstal und andere sachen, so leib oder leben berüerend, klein oder groß, wie das genant werden mag und von wem solchs geschicht, nichts ausgenomen.

[I 4] Item dergleichen alle falscheit, durch was mittel und weg sich das begibt, haben meine gnedigen herren ze strafen.

[I 5] Item auch der gelopt friden und all ander glübt, ehr und eyd, mundlich oder schriftlich, geburt meinen gnedigen herren ze strafen.

[I 6] Item meine gnedigen herren die landgraven haben auch in dem bemelten bezirk den gebotnen friden ze strafen, wie der mit worten oder wercken verbrochen wird.

[I 7] Item die meß, massen und gewicht in dem bezirk der landgrafschaft Stüelingen gebürt meinen gnedigen herren den landgrafen besichtigen ze lassen und was ungerechts erfunden würd, ze strafen.

[I 8] Item all gefährliche mißbreuch und handlungen, wie sich die — 113.1 zutragen, es seie mit marcken, inkaufen und [Seite: 114] verkaufen oder in anderweg, gehört meinen gnedigen herrn ze strafen.

[I 9] Item alle gewaltsami — gehört — dem landgrave ze strafen ausgenommen die sachen den nidern gerichten anhengig, von deren wegen die nidern gerichtsherren in der landgrafschaft Stüelingen bis uf zehen pfund und aber darüber nit zu gebieten und ze strafen haben.

[I 10] Item das geleit — gehört — den landgraven.

[I 11] Item alles gestolen, funden und unrechtfertig guet, so — fürbracht und betreten würd, gehört — den landgraven zu.

[I 12] Item es gehört auch meinen gnedigen herren — allenthalben alle schätz, es seye silber oder gold, dergleichen alles berckwerck, so jetzt vorhanden oder über kurz oder lang zeit gefunden wurde.

[I 13] Item all neuw mülstett und neuw weyerstett — gehören — den landgraven zu verleyhen, dergleichen die alten mülstett zu besichtigen, ob die taugenlichen oder untaugenlich gehalten werden.

[I 14] Item es soll kein badstuben — gemacht noch gebraucht werden, ausgenommen die, so von alter herkommen seind; welcher aber ein badstuben ohne der landgrafen vorwissen und erlauben bauwete, haben ire gnaden zu strafen.

[I 15] Item alle fündling und unehliche künder — gehören — den landgraven zu.

[I 16] Item alle personen —, so den landgraven mit leibeigenschaft zugehörig, sollen, was mannspersonen, iren gnaden gelobt und geschworen seund und iren gnaden vaßnachthennen, fäl, läß, steur, schatzungen und andere gehorsame geben und leisten, auch in landsrettungen und in anderweg gehorsam sein ; dergleichen welche personen in die landgrafschaft Stüelingen ziehen, sollend als landzügling und nemblich die mannspersonen — den landgraven loben und schweren, auch vaßnachthennen, fäll, läß, steur, schatzungen und andere gerechtigkeiten geben und erstatten, auch in landsrettungen und in anderweg gehorsam sein, und die künder, so von denen in der landgrafschaft Stüelingen erporen werden, fallen dem landgrafen mit der leibeigenschaft zu, doch soll es der landzügling und landzüglerin halben gegen dem gotzhaus St. Bläsien laut vertrags gehalten werden.

[I 17] Item so jemands — mit tod abgeht und kein erben vorhanden, gehört dessen verlassen hab und guet meinen gnedigen herren als den landgraven zu.

[I 18] Item es soll kein marckt — gehalten werden, dann zu Stüelingen, Thüengen und Bonndorf, und hat kein niderer gerichtsherr macht marckt in sein gericht ze halten.

[I 19] Item — die landgraven haben allen underthonen — allenthalben an der höchen bueß 27 lb. h. zu gebieten, ir fayl guet uff den jormarckt gen Stüelingen, so der gehalten würt, ze füeren, und wa das nit beschehe und jemands sein fayl guet in monatsfrist darnach anderstwohin füren oder verkaufen wurde, mügen meine gnedigen herren die ungehorsamen darumben strafen.

[I 20] Item es soll niemands — weder mit salz, ysen, stahel noch anderer war kein gewerb und [Seite: 115] kaufmanschafft treiben ohne der landgraven erlauben und so jemands darüber ungehorsam, wierd von iren gnaden gestraft.

[I 21] Item alle zöll — gehören — den landgraven zu, doch soll es mit dem zoll zu Thüengen gehalten werden laut vertrags und wie von alter herkommen.

[I 22] Item aller wiltpänn und vorst, hoch und ander gewilt, auch aller vögeln, flüegend und flüessend, von dem allem nicht ausgenommen, gehört — den landgraven zu Stüelingen und die, so sich dessen unerlaupt gebrauchen, als die ungehorsamen an leib und guet ze strafen.

[I 23] Item dem nunnenmacher, so von den landgraven oder irer gnaden oberamptleuten der landgrafschaft Stüelingen bestellt ist, gehört die wayd in dem vilgedachten bezirk allenthalben, mag sich deren sunst keiner ohn der landgraven oder oberamptleuten erlauben gebrauchen, dergleichen auch kein underthon zu keinem andern fahren; wer darüber ungehorsamb, würd gestraft.

[I 24] Item ein blatzmayster, so den blatz von dem landgraven oder den oberamptleuten der landgrafschaft Stüelingen entpfangen, mag den blatz regieren, abentheuren, freymerkt und ander spil und sachen dem blatz zugehörig halten, verbieten oder erlauben und darumb sein recht nemen.

[I 25] Item so kein blatzmeister vorhanden, nemen doch — der landgraven vorstmeister von den krämern, wa die — fayl haben, das standgelt.

[I 26] Item die landgraven oder die oberamptleut der landgraveschaft Stüelingen haben einen meister zum abgestorbnen vich zu bestellen nach irer gnaden gefallen, und soll niemandz — sein abgestorben vich einen andern abzihen lassen; wär dz thuet, würd gestraft.

[I 27] Item alle sachen vermeldet und unvermeldet, die oberkeit oder hochen gericht berüerend, gehören — den landgraven, mügen darin handlen mit straf oder gnad beweysen, nach den thätern greifen, annemen oder für landgericht stellen lassen nach irer gnaden gelegenheit und gefallen.

Und welchermassen die ubeltäther und andere gestraft sollen werden, würd in nachgemelten capiteln noch lengs angezeigt.

[II] Wie das landgericht besetzt werden soll.

Das landgericht soll mit einem erbaren mann, dem landrichter, und zwelf erbaren mannen zu richtern und urteilern besetzt werden; die sollen sampt andern personen zu dem landgericht gehörig allwegen einem landgraven oder inhaber der landgrafschaft Stüelingen loben und schweren.

[III] Des landrichters ayd.

Der landrichter soll angloben und daruff ainen ayde leyblich zu gott und den heiligen schweren, daß er das landgericht zu rechter und gewonlicher zeit besitzen und in ehren halten, auch dasselbig sampt der landgraven freyheiten diser lands- und landgerichtsordnung und alten herbrachten gebreuchen und gewonheiten nach seinem besten vleiß und vermügen schirmen und handhaben, ein gemeiner und gleicher landrichter sein und in keinerley sachen weder gunst, freundschaft noch feindschaft ansehen, auch [Seite: 116] von keiner parthey ainiche schencke begeren noch nemen, des landgerichts geheim und ratschläg (ohne der urtelsprecher erkantnus oder befelch) niemands ofenbaren, sonder bis in seinen tod verschweigen und was mit recht erkent und ausgesprochen würd, der notturft und gepür nach volnstrecken soll und welle.

[IV] Der urtelsprecher ayd.

So sollen die zwelf urtelsprecher des landgerichts und nemblich jeder insonders anloben und schweren, alle und jede landgerichtztäg, wie die jederzeiten angesetzt und geordnet werden, gehorsamblich zu besuechen und zu besitzen, in recht nach ausweisung — der landgraven freyheiten, auch diser lands- und landgerichtsordnung zu erkennen und ze handlen, insonders die partheyen nach aller notturft anhören und darüber rechtmessige urtel nach eins jeden besten verstands ze sprechen und zu erkennen und darinnen nit anzesehen weder gunst, freundschaft noch veundschaft, auch von einicher partey ainiche schenck zu begeren, noch zu nemen, des landgerichts geheim und rahtschleg bis in ihren tod zu verschweigen und die urteilen und bescheide niemandz, bis das die den partheyen rechtlichen mitgeteilt worden, zu offenbaren, besonder alles das ze thun, so frommen gerechten urtelsprechern von recht und gewonheit wegen ze thun gepürt, alles erbarlich, treuwlich und ungevorlich.

[V] Des landschreibers oder gerichtschreibers ayd.

Der landschreiber oder gerichtschreiber soll, inmassen obsteht, anloben und schweren, das er allem inhalt der lands- und landgerichtsordnung, sovil im darin auferlegt würdet, nach seinem besten vermögen nachkommen und darob halten, alle schriftlich und mündlich fürträg und was vor landgericht einbracht und gehandelt würdet, vleissig und getreuwlich ufschreiben und verwahren, brief- und gerichtzacta ohne vorwissen und bevelch des landgerichtz niemands zustellen, verlesen, mitteilen oder abschrift davon geben, alle geheim des landgerichtz niemandz offenbaren, die seyen dann den partheyen rechtlichen mitgetheilt, das landgericht eren und demselbigen gehorsam sein, niemand über die gewonlichen tax- und schreiberlohn beschweren, sonder alles dz thun soll und welle, das einem erbaren und gerechten mann zusteht.

[VI] Des landpoten ayd.

Der landpot soll auch wie oblaut loben und schweren — den landgraven, irer gnaden oberamptman, dem landrichter, landgericht und landschreiber gehorsam ze sein, das landgericht treuwlich zu befürderen und zu ehren, alle ladungen, verkündungen und ander landgerichtliche process zu gebürlicher zeit zu uberantwurten, von und usser diser lands- und landgerichtsordnung nit ze schreiten, besonder deren all irs inhalts gestracks zu geleben und nachzekomen, und was gescheft und sachen ime jederzeiten bevolhen würdet, mit bestem vleis auszerichten und ze volnziehen, ainem jeden, des gewalthaber er ist, sein recht nit zu [Seite: 117] verzihen, sonder sovil an ime zu fürderlicher endschaft ze bringen, und so ime je zu zeiten einich gelt von seins principals wegen überliferet wurde, dasselbig ime nit lenger dann drey tag die nechsten zu behalten, sonder in solcher zeit dem cleger zu überantwurten oder, wo das nit geschehen möcht, hünder den landrichter oder landschreiber ze legen und damit sonsten gar kein verenderung ze thun, all und jede frevel und mißhandlungen, die sich in der landgrafschaft allenthalben zutragen und den landgraven zu strafen zustehn, grundlich zu erfahren, dasselbig fürzebringen und darinnen nichtzig zu verhalten, die geheim des landgerichts allzeit zu verschweigen und darussen niemand nicht ze rahten und sonst alles anders ze thun, das einem getreuwen und uffrechten landpoten gepürt, sonder gefärd.

[VII] In was zeit das landgericht gehalten werden soll.

Das landgericht soll man wa müglich zu fünfzehen oder zum wenigisten zu vierzehen tagen ansetzen und halten, es were dann, das solches gepanner und gebotner feurtagen oder anderer ehehafter ursachen halber nit sein möchte, so soll dasselbig allwegen zu erster gelegenheit fürgenommen werden, doch soll man die vacanzen von Lucie bis Hilarii, von der wochen nach Judica bis Quasimodo und ungefährlich von Johannis Baptistae oder Ulrici bis uff Bartholomei halten, wie von altem herkomen.

[VIII] Auf welche stunden das landgericht angefengt werden soll.

Der landrichter soll von St. Jorgen tag bis St. Gallen tag umb die neunten stund vormittag und nach St. Gallen tag bis widerumb uff St. Jeorgen tag umb die zehenten stund vor mittag den stab uffrichten, das landgericht besitzen, und alsdann ain jeder urtelsprecher auch erscheinen und keiner ohnerlaupt der landgraven oder oberamptleuten ausbleiben, es verhündere in dann herrnnot oder schwacheit leibs. Wa aber einer oder mehr ohne die ermelten ursachen ußbleiben oder aber uff die berüerten stund nit erscheinen, so sollen der oder dieselben nach der andern urtelsprecher erkantnus gestraft werden, und so aber der ungehorsamen verschont werden welte, so soll den landgraven oder irer gnaden oberamptleuten gegen denselben ungehorsamen straf vorbehalten sein.

[IX] Wie der landrichter das landgericht anfallen, verpannen und wz daruff erkennt werden soll.

Und so der landrichter den stab aufricht und sampt den urtelsprechern nidergesessen, mag er, obgleich wol die urtelsprecher noch nit all und ob doch uber den halbtheil erschinen weren, das landgericht anfahen und anfenglich ein urtelsprecher fragen, er sitze anstatt und in namen — der landgraven und well landtag halten, ob es nit an der tagzeit seye, das er richten müge uber alles, so für in gebracht werde, darumb soll er uff seinen ayd sprechen, was in recht dunke; daruff soll derselbig urtelsprecher erkennen, das es wol der [Seite: 118] tagzeit seie, das er müg nüdersitzen und richten über alles, so für in gebracht werde, und soll der landrichter die andern urtelsprecher dem ze volgen oder ein anders ze sprechen verner auch fragen und bey angeregter erkantnus bleiben.

Zum andern soll er gleichermassen fragen, waran er das landgericht verpan, daruff erkent werden soll, dasselbig an 3 lb. h. zu verpannen.

Zum dritten soll er fragen, ob jemandz jar, monat und tag verächtlich und frevenlich in aucht bleiben were, und der clegere oder meiner gnedigen herren oberamptleut, wa sich die zeit nach dem rechten ergangen het, sich beclagten, das derselbig umb die aucht nit geben welt und deshalb anruefbrüef von disem als dem weltlichen gericht an das geistlich gericht begerten, damit das geistlich dem weltlichen gericht zu hilf komme, ob er die zu erlauben hab ohn weiter frag, daruf erkent werden soll, so oft sich solcher fal, wie er das geredt und gemelt, begeb, das er solche brief, damit der ungehorsamb gehorsam gemacht werd, wol zu erlauben hab ohn weiter frag.

Zum vierten soll er fragen, so jemands in meiner gnedigen herren landgrafschaft Stüelingen uberfahren und ubertreten het, es were mit mord, raub, brand, diebstal oder mit andern sachen, die irer gnaden herrlichkait berüerent, mit unwillen und unerlaubt meiner gnedigen herrn oder irer gnaden oberamptleute, ob man denen nit billich darumb uff dis frey landgericht verkünden müge, daruff erkent werden solle, ob man denjenigen, so mord, raub, brand, diebstal und anders, was der grossen stuck seyen, die leib oder leben berüerent, überfahren und ubertreten, gleich lang verkündte, so kemen die, ob sie wellten, deshalb mügen meine gnedigen herren oder irer gnaden oberamptleut zu denselben greifen, sie fenglich annemen, ob sy wellen; aber denen umb dis mindern stuck mügen die oberamptleut, auch ob sie wellen , verkünden und sich verantwurten lassen.

Zum fünften soll er fragen, ob jemand uff disem landtag brief begerte zu hören, ob er die zu erlauben hab ohn weiter frag, daruff erkent werden soll, das er die also wol zu erlauben hab ohn weiter frag.

Zum sechsten soll er fragen, ob uf disem landtag, was zu recht erkent wurde und dessen jemands brief begerte, ob er die nit zu erlauben hab ohn weiter frag, daruff zu recht erkent werden soll, das er die wol zu erlauben hab ohne weyter frag.

Zum sibenten soll er fragen, so jemands in dem bezirck der landgrafschaft Stüelingen wonhaft für dis frey landgericht köme, und wells ime umb ein bekantliche schuld lassen pieten, ob nit er, der landrichter, solches thun müge ohn weiter frag, daruff erkent werden soll, das er solch pot wol thun müg on ain weiter frag.

Und nach allen disen fragen soll der landrichter das landgericht verpannen also, er verpiete und verpanne das landgericht an 3 lb., das niemands rede dann durch [Seite: 119] sein fürsprechen, es werd im dann erlaubt von meinen gnedigen herren oder irer gnaden oberamptleut.

[X] Wie hoch der landrichter und das landgericht zu gepieten haben.

Item der landrichter und das landgericht sollen und mögen an dreuwen, sechs, zehen und siben und zweinzig lb. gebieten und verpieten.

[XI] Umb wie vil gelts jemands mit ladung fürgenommen werden mag.

Es soll kein persohn umb schulden under 5 ß h. geladt werden ausgenommen der landschreiber und landpott, die mügen umb iren verdienten lidlohn am landgericht, des sie vil oder wenig, ladungen ausgehn lassen.

[XII] Umb was sachen verkündt werden mag.

Item so die oberamptleut der landgrafschaft Stüelingen jemands — umb sachen, da ein person über 10 lb. h. ze strafen sein möcht, oder auch umb vertedingt gelt fürnemen wellen, das mügen sie woll thun, wie die notturft und gelegenheit jederzeit erfordert.

Item es sollen auch andere personen umb scheltwort, leibschäden, gelübd, so mundlich oder schriftlich beschehen, und ander dergleichen hochen ansprachen verkündungen zugelassen werden.

[XIII] Welchermassen die ladungen und verkündungen geantwurtet werden sollen, und was die tax des landschreibers und landpoten ist.

Die ladbrief sollen mit des landgerichts insigel besigelt und durch den geschwornen landpoten oder mangel halb seinen einen erbaren knecht, so — den landgraven gelobt und geschworen, under ainer des landgraven glaidbüchs geantwurt werden, namblich einem jeden, so in dem bezirck der landgrafschaft Stüelingen seßhaft, drey tag vor dem landtag, und einem jeden, so usserhalb der landgrafschaft gesessen, achtag vorm landtag; dergleichen sollen die verkündungen auch acht tag vor dem landtag geantwurt werden, und die alle jedem ze hus, ze hof oder under augen , wa dann jeder betreten würdet, oder wa dann einer nit anheim were, den vögten oder geschwornen desselben flecken; doch so mag der landpot in eins abwesen woll zu haus und hof uberlüfern, aber solches soll offentlich beschehen und dem hausgesünd angesagt werden; und wann die ladungen und verkündungen also geantwurt sein und solches der geschworn landpot oder ein ander wie oblaut bey seinem ayd sagt, soll im glaubt werden und mag der cleger sein clag selbs oder durch einen andern mit gnugsamen gewalt fürbringen und volnfüeren und soll man dem landschreiber, umb was sach das ist, von jeder ladung 1 ß und jeder verkündung 5 ß h. und dem landpotten potenlohn von jeder ladung und verkündung von der meyl wegs 2 ß h. geben.

[XIV] Auf welchen landtag der geladt ze erscheinen und ze antworten schuldig und wan die in aucht gethon werden mügen.

Ain jeder, so geladen würd, mag [Seite: 120] uff den ersten, andern oder dritten landtag erschinen, doch soll gegen demselben uff den ersten, andern und dritten landtag klagt werden, und so der beclagt uff dem dritten landtag nit erscheinen und sich verantworten würdet, mag der cleger oder sein gewalthaber ime, so er anderst ine ausclagt hat, in aucht, so die uber ine gehalten worden ist, schreiben lassen; wo aber ein jar nach beschehener ausclagung verschinen wurde, darinnen der beclagt nit in aucht gethon were, soll man in alsdann nit mehr einschreiben, er werde dann von neuwem fürgenommen und inhalt diser landgerichtsordnung in aucht ausclagt; wa aber der cleger dem antwurter, seinen rechten ohn schaden, ain zeitlang stillstehn wurde, soll ime cleger an seinen rechten nicht irren.

[XV] Wie einer auf ein verkündung erscheinen soll.

Item ein jede person, deren verkündt würd, soll uff dem ersten landtag erscheinen oder gegen derselben mit aucht und andern landgerichtenprocessen verfahren werden, alles nach landgerichtz brauch und recht; ob aber die verkündt person auf dem ersten landtag erscheinen und anzeigen wurde, daß sy uff dismal nit antwurt geben künte mit beger iren ein ufschlag ze geben, mag derselben person, (wa die warhaft und sie solchen uffschlag bey geschwornem ayde erhalten und sagen mag) ein aufschlag bis zu dem nechsten landtag mit urtel zugelassen werden.

[XVI] Ain commun soll in einer ladung, dergleichen die, so in einem muͦß und brot seyen, auch in einer ladung begriffen werden.

Item so jemands gegen einem ganzen commun was ansprach hat, soll das ganz commun in einer ladung begriffen werden, dergleichen sollen die, so in einem muoß und brot seyen, auch in einer ladung begriffen und dise personen in allen gerichtscosten, so es ein sach ist, für ein person verstanden werden; were es aber zweyerley sachen, so mag man sich darinnen wie mit ainzigen personen halten.

[XVII] Daß niemands in dem bezirck der landgrafschaft Stüelingen seßhaft uf freyheit sag remittieret werden soll.

Und nachdem dann das landgericht in dem bezirck der landgrafschaft Stüelingen das recht ordenlich gericht ist, so soll von demselbigen kein commun, dergleichen kein person, frauwen oder man, edel oder unedel, die in dem bezirck der landgrafschaft Stüelingen hausheblich sitzen oder dienen, uff anderer herren oder stätt freyheit sag gewisen werden, sonder sich daselbsten vor landgericht recht benüegen lassen, es were dann sach, das einiche urtel ergehn würde, deren jemand vermeinte beschwert ze sein, davon soll einem jeden wie hernach steht zu appellieren vorbehalten sein.

[XVIII] Von gewaltgebung.

Ain jeder, so einen mit ladung umb schulden und kleinfüeg sachen fürnemen will, der mag sein gewalt dem geschwornen [Seite: 121] landpoten ubergeben und soll ime zu gwaltgelt bezalen, so es über 1 lb. h. ist, 2 ß h., gehört der ein ß dem landrichter und der ander dem landpoten; ist aber die schuld under 1 lb., soll im nit mehr dann 1 ß, der im landpoten allein gehört, geben werden; will aber einer sein sach selbs rechtvertigen, das mag er thun oder dem landpoten gwalt durch einen besigelten brief oder an landgerichtsstab uffgeben, und so also gwalt an stab übergeben wurde, soll im durch den landrichter underschidlich fürgehalten werden, das er gewalt geb zue gewinn, verlust und allem rechten, alles bis an ayd, und gehört von jedem gewalt an stab dem landrichter 1 ß; so dann einer den andern mit verkündung fürnemen wurde, der mag auch selbs clagen oder soll sein gewalt durch ein besigelten brief oder an landgerichtsstab ubergeben, wie vorsteet, es sey umb was sach das well, ausgenommen leib oder ehr berüerent.

[XIX] Wie die geladen anklagt werden sollen.

Item der landpot soll jedes landgerichtstags darsteen und begeren, das man im sein erste, andere und dritte clagen, als namblich die personen uff die nechsten drey landtag geladen worden seyen, verlesen welle, das soll alsbald beschehen und dann er, der landpot, offentlich reden: „herr landrichter, hie steen ich von wegen aller der cleger, deren ich dann gewalthaber bin, gegen und wider die anclagten, die jetzt an verlesen seyen, uff dem ersten landgerichtstag, dem andern und dritten tag, und beger ainer umbfrag, was meins rechtens seye“; daruff soll erkent werden, das der landpot warte, alleweyl der landrichter sitze, erscheinen dann die antwurter, das er sie anclage, kommen sie aber nit, das er dann gegen denen, so uff disen jetzigen landtag geladen, den ersten landtag, gegen denen, da der ander landtag verschinen, den andern tag und gegen denjenigen der dritt landtag hin seie, den dritten landtag behalten hab nach landgerichts recht und das er wider dieselben mit aucht, anlaitin und anderen landgerichtlichen processen verner procedieren müge inhalt diser landgerichtsordnung, und gehört dem landpoten von jeder clag zu lohn 1 ß h. Ob aber die clagen, wie obsteet, nit gelesen werden, so soll es allen denen, so geladen seund, keinen schaden bringen und dem landpoten kein clagschilling, dergleichen auch ime, so ein sach angestellt wurde, nicht geben werden.

[XX] So der antworter erscheinen und nit anklagt wurde, wie es gehalten werden soll.

Und ob nun der antwurter erscheinen und wellte sich durch sein fürsprechen verantwurten und aber der cleger oder sein gwalthaber zemal nit zugegen, so soll zu recht erkent werden, das der antwurter wart, alle die weyl der richter sitzt, komme der cleger nit noch niemand von seinetwegen, der ine anklage wie recht ist, das dan er, der antwurter, der [Seite: 122] ausgegangnen ladung und dis gerichtstands auf dis mal ledig seie, mit erstattung alles erlittens costens und schadens, die messigung desselben dem landgericht vorbeheltlich; und so der antwurter dessen brief begerte, man soll im den erkennen, doch das er zuvor die ladung oder verkündung, damit er fürgenommen, rechtlich einleg, und so dann der cleger dem antwurter den ermelten costen bezalt hat, mag er, der cleger, so er will, ine, antwurter, von neuwem fürnemen nach gebruch diser ordnung.

[XXI] So jemands uf ladung oder verkündung nit erscheinen möcht, wie solchs dem landgericht zugeschriben und umb uffschlag gebeten werden soll.

Wa aber einer uff ladung oder verkündung usser nachvolgenden ursachen nit erscheinen möcht, soll er dem landgericht durch offen besigelten brieve schreiben und wa er das mit gueter gewißne thun mag, uff seinen ayde sagen, das ime veundschafft oder schwacheit halber seins leibs oder von anderer ehafter ursachen wegen ze erscheinen nit müglich; alsdann soll man ime uffschlag bis zu dem nechsten landtag darnach mit urtel erkennen, und so er zum anderen oder auch dritten landtag gleichermassen wie vorsteht schriben wurde, soll ime jedesmals aber aufschlag zugelassen und doch uff ermelten dritten landtag verner mit urtel erkent werden, das er durch sich selbst oder einen erbaren boten mit verschribnem gwalt, des zu recht gnug, zu nechstem landtag darnach dem cleger antwurt geben und fürter in recht, wie sich gebürt, procedieren, wa aber das nit beschehe, alsdann dem cleger sein recht fürgen solle.

[XXII] Denen, so in aucht oder bann seund, soll kein ufschlag geben werden.

So aber jemands vorerzelter massen umb uffschlag pitten würde, der wissentlich in aucht oder in bann were, dem soll man keinen aufschlag geben, sonder dem cleger sein recht zu im volgen lassen.

[XXIII] Ain jeder soll ain sach den leib oder ehr berüerend selbst rechtvertigen.

Welcher den andern mit verkündung umb sachen den leib oder ehr berierend fürgenommen, der mag kein gwalthaber setzen, sonder soll die sach selbs rechtvertigen und dem rechten auswarten, bis das er den beclagten in aucht ervolgt, alsdann, so er will, mag er ein gewalthaber verordnen, der mit anleitin und all andern landgerichtlichen processen fürfare, alles nach inhalt diser ordnung und wie recht ist.

[XXIV] Gaistlich personen, frauwen und künder, so vor landgericht ze rechtigen haben, sollent bevögtet sein.

Item so gaistliche personen, frawen oder künder an dem landgerichte rechtigen, die sollent bevögtet sein oder vor landgericht bevogtet werden.

[XXV] Wievil zeins ainem erkent werden.

Ob jemands umb versessen zeins klagte, so soll man demselben drey zins, so er [Seite: 123] by seinem ayd erhalten mag, das ime die aussteen, mit recht zuerkennen und er mit bezahlung derselben andern gemeinen gleubigen vorgeen. Ob aber im vil oder wenig uber die gedachten drey zins ausstendig were, soll solches für ein gemeine schuld geachtet und auch wie gegen andern gemeinen gleubigern gehalten werden.

[XXVI] Angesprochen lehen soll für den lehenherren geweist werden.

Item waverr sich begeb, das einer dem anderen ein guet, das lehen were, ansprech, so soll man dis sach für den lehenherren weysen.

[XXVII] Zeins usser ainem lehen nit ze weisen.

Item ob einer den andern umb verfallen gült oder zins usser einem lehenguet, das lehen were, fiirnemen würd, soll nit gewisen, sonder vor landgericht darumb erkent werden, was recht ist.

Verenderte stück oder zins ausser einem lehen für den lehenherren ze wysen.

Ob sich aber befundt, das einer gült, zins oder einich stuck usser einem guet, das lehen were, verkauft oder verendert hette, soll man für den lehenherren weysen, und solche obberüerte güeter sollen hierinnen als mann- und dergleichen lehen verstanden werden.

[XXIX] Von verhörung der kündschaft.

[XXIX 1] Da jemanden kundschaft vor landgericht zu verhören mit urtel erkent oder zugelassen würd, soll ein jeder in einer sach, die das bluet oder ehr berüert, weniger nit dann siben erbar und unpartheysche mannen und umb schulden oder andern geringen sachen nit weniger dann drey erbar unpartheysch mannen fürbringen, es welle dann der gezeugenfüerer umb schulden oder in andern geringen sachen auch sagen, so sollen zween erbar und unpartheysche man neben im verhört und inen allen der gewohnlich ayde erthailt werden.

[XXIX 2] Item welche person sich einer beweisung beruemen und anerpieten wurde und nit erstattet, soll man derselb fürter in diser sach den ayde darfür ze schweren nit uflegen.

[XXIX 3] Item wurde dem cleger und antwurter oder ir ainem auf ein bestimpten landtag kundschaft und beweysung fürzebringen erkennt und solchem aber nit statt beschehe, soll ein jeder personlich oder durch einen offen besigelten briefe uf seinen ayde ehafte verhünderung anzeigen und alsdann jedem nach gelegenheit der sachen nochmals sein kundschaft fürzebringen schub erkent werden. Ob aber der cleger sein kundschaft nit fürgebracht oder inmassen wie vorsteet nit darthun wurde, das ine an fürbringung seiner kundschaft ehehafte sachen verhündert hetten, so soll in recht fürgefahren und der antwurter der clag ledig erkent werden; wurde dann der antwurter gleichermassen die beweisung nit fürbringen, soll er dem cleger lut seiner clag abtrag thuen und soll zu erstattung desselben zu ime mit aucht, anleitin und andern landgerichtlichen processen inhalt diser ordnung gericht werden.

[XXIX 4] Item [Seite: 124] wa sachen, die heuratsabred betreffen, für landgericht kommen, die nit verbrieft weren, sollen die leut, so bey solcher abred gewest, verhört werden und was die sagen, die partheyen dabey bleiben. Ob aber dieselben personen, so bey der abred gewest, mit tod etc. schiden weren, so soll verner gericht werden, wie recht ist.

Welche frauw in irem jungfrölichen stand zu kirchen gefüert ist, die soll und mag ir morgengab selbdritt behalten, also das si von erst bey mittel gewonlichs ayds und darnach die anderen zwo personen, die seien frauwen oder mann, auch bey mittel ayds sagen sollen, das iren die morgengab ze geben zugesagt worden, daß sy solchs selbst gehört und darbey und mitgewesen seyen.

[XXIX 5] Item so jemands zu kundschafter für landgericht gestellt würd, soll mit urtel erkent werden, dz ein jede person von der handlung sage, so vil iren davon bewisset seie, und das auch einem jeden kundschaft ze sagen poten werde; daruff soll der landrichter jedem an 3 lb. h. pieten und dabei erinnern alles das ein jeder sagen werde, das es ein warheit sey niemand ze lieb noch ze leyd, weder umb freundschaft, veundschaft, mied, forcht, gab noch keinerley andern ursach, sonder allein umb des rechten willen. Demnach soll den gezeugen clag, antwurt und was in recht gebracht, vorgeöfnet werden.

[XXX] Ayde der gezeugen, so der landpot inen für halten und schweren lassen soll.

„Was mir mit urtel ufferlegt und fürgehalten worden ist, also will ich ein warheit sagen, des pitt ich mir gott ze helfen und all heiligen treuwlich und ungeverlich“; und so die zeugen geschworen, soll dem landpoten von jedem 1 ß h. zu lohn geben werden.

[XXXI] So ain sach für landgericht kerne, darinnen dem landgericht raht ze pflegen von nöten, wie es damit gehalten werden soll.

Begebe sich, das vor landgericht sachen gerechtvertigt wurden, darinnen den urtelsprechern zu urteilen beschwerlich sein welt, sollen sy bey den rechtgelerten oder in stetten, landgerichten oder andern gerichten rahts pflegen, und was dann darunder für costen auferlaufen würdet, sollen die partheyen gleichling vor eröffnung der urtel erstatten und bezalen.

[XXXII] Costen, darüber das landgericht erkent.

Item ob jemands einicher costen vor landgericht erkent würdet, soll aller gerichtscosten des landschreibers, landpoten, verbrieft schulden, zins und gülten, die da costen und schaden weysen und sagen, und aller anderer kosten, so redlich und ungeverlich ufferlaufen, im recht angenommen und in schrift underschidlich angezeigt und alsdann durch die urtelsprecher taxiert werden.

[XXXIII] So der antwurter mit dem cleger zu rechnen begerte, wie es gehalten werden soll.

Wann ainer ainen mit [Seite: 125] landgericht fürgenommen und umb schuld beclagt und der antwurter begert mit dem cleger ze rechnen, soll erkent und auch beyden tailen, namblich jedem an 3 lb. geboten werden mit einandern zu rechnen bis zu nechstkommenden landtag, und solle der antwurter dem cleger mit ime die rechnung ze thun nachvolgen, und soll man dis pot in den gewonlichen landgerichtspotrodel verzeichnen. Ob auch jemands der urtheil brief begerte, man solle ime den geben; sover aber der antwurter der rechnung, deren er begert und die ime vor landgerichte mit urtel erteilt und geboten, nit nachkeme, und der cleger oder sein anwalt das von im clagte, so soll man anfenglich den potrodel oder den brief, so man wie obsteet geben, verhören; daruff würd von stund an dem antwurter gegen — den landgrafen ein unrecht erkent, auch er verner von des clegers wegen in aucht erteilt, und ist nit von nöten ime weiter darzu zu verkünden; allein sehe auch der cleger, das er die clag recht volnfüere, und soll der antwurter das unrecht mit den obbestimpten drey pfunden gestracks bessern, darumben mögen — die landgraven demselbigen verkünden oder zu im greifen lassen.

[XXXIV] Wie dem antwurter geboten wierd, den cleger umb sein ansprach abzetragen.

Item so ein person die andern für landgericht fürgenommen hat, und der antwurter im rechten uberwunden oder der schuld sonsten anredt und bekentlich sein würdet und will ime pieten lassen den cleger abzetragen, soll der landrichter ime von stund an 3 lb. h. gepieten den cleger bis zu nechstem landtag zu bezahlen, das es nit weiter zu klag kome, und soll dis gebot in den gewonlichen landgerichtspotrodel geschriben und dem cleger uff sein beger darumben brief geben werden, und wa der antwurter dem pot nit statt gethon, soll man den potrodel oder bemelten brief verhören und daruff dem antwurter gegen — den landgraven ain unrecht und des clegers halber in aucht erkennen, und soll der antwurter das unrecht mit gerüerten 3 lb. h. gestracks besseren oder was meiner gnedigen herren gnad ist.

[XXXV] Daß man zu volnziehung ainer urtel bey 6 oder noch mer pfunden oder bey pön der aucht erkennen und gebieten mag.

Item und ob ein urtel ergienge, das einer dem andern umb sein spruch und vorderung abtrag thun solt, mag allwegen derselben nach gestalt und gelegenheit der sachen angehengt werden der urtel bey poen 6, 16 oder 27 lb. h. oder bey poen der aucht statt ze thun, und ob solchs nit beschehe, mügen — die landgraven den ungehorsamen uff ir frey landgericht verkünden oder zu inen greifen lassen nach irer gnaden gelegenheit und gefallen.

[XXXVI] So ain todschlag beschehe in dem bezirck der landgrafschaft Stüelingen, wie der zu berechtigen.

Item trüege [Seite: 126] sich zu, das in dem bezirck der landgrafschaft Stüelingen jemandz zu tot geschlagen oder entleupt wurde, so soll an orten und enden, da die beschehen, darüber gericht werden, und obgleich wol der totschleger zu anfang des gerichts nit erscheint, sollen und mügen nicht destoweniger — der landgraven oberamptleut und des entleupten erben oder freundschaft ir clag fürbringen, daruff soll dann nach deshalb erkenter urtel dem totschleger uff den dreyen strassen durch den landpoten gerüeft und mit namen genent werden, das er antwurt gebe zum ersten, zum anderen und zum dritten mahl zu der ersten klag meiner gnedigen herren oberamptleuten und des entleupten freundschaft von des totschlags wegen, so er an N. von N. in dem bezirck der landgrafschaft Stüelingen mit sein selbs gwalt ohne recht unerlaupt und ohnerfolgt aller rechten begangen, und geb man im frid und gleit zu solchem rechten; und so der landpot also gerüeft hat und der totschleger sich daruff nit anzeigt, soll der landrichter den landpoten uff sein ayd fragen, ob er niemand gesehen noch gehört hab, der meiner gnedigen herren oberamptleut und des entleupten erben oder freundschaft antwurt geben wölle ; und so er sagt, das er niemand gesehen noch gehört hab, sollen die cleger inen aber ein frag thun lassen, wz weiters ires rechten seye, so soll erkent werden, da der landpot uff die andern straß gehen und oberzelter massen rüefen solle, und so der totschleger nochmals nit kompt, soll aber erkent werden, das der landpot uff der dritten straß auch rüefe und soll sonsten beedemal wie zum ersten gehalten werden. Demnach sollen die cleger durch iren fürsprechen verner irs rechtens begeren und die urtelsprecher darüber erkennen, so N. von N. der totschleger erscheine, dieweyl der richter sitz, und sich verantwurte, so soll beschehen, sovil recht ist; kum er aber nit, das dann die oberamptleut und des entleupten erben oder freundschaft den ersten tag und die ersten klag behalten haben. Darnach so sollen und mügen die oberamptleut, so sie wellen, die anderen zwey gericht gen Stüelingen mit urtel ziehen und soll uff den anderen rechttag mit clagen, urtheilen und rüefen gehalten werden, wie uff dem ersten rechtstag beschehen; desgleichen soll es uff dem dritten rechtstag gehalten werden und so dann die urtel, das sy den dritten rechtstag und die dritt clag auch erhalten, ergangen, soll — den landgraven des totschlegers hab und guet, ligends und vahrends, davon nichts ausgenommen, und sein leib des entleupten erben oder freundschaft verfallen sein und also mit recht zuerkent werden und das man zu demselben richten müge nach landgerichtssrecht, und so die partheyen brief begeren, die sollen inen erkent und dem landschreiber von jedem urtelbrief 4 fl. bezalt werden.

[XXXVII] Wie ein aucht gehalten und ausgesprochen werden soll.

[Seite: 127] Der landrichter soll allwegen zu dreyen landgerichtstägen die aucht wie hernach steet halten und nemblich die zwelf gewonlichen urtelsprecher des landgerichts bey einandern haben; wa aber die alsdann nit verhanden weren, mag er andere erbare personen inner dem bezirck der landgrafschaft Stüelingen seßhaft hünder dem gerichtsstand oder, wa er die erlangen mag, erfordern, die auch alsbald gehorsamlich sein und neben den andern urtelsprechern sitzen und urtelsprechen sollen ; und so die zahl der zwelf urtelsprecher ergenzt, soll der landrichter einen darunder anfragen, nachdem er ein aucht halten welle, wie dann alle personen, so uff — der landgraven frey landgerichte geladt werden und das verschmachen und verachten, rechtlos mach, darum soll er sprechen uff seinen ayd, was in recht beduncke, so soll der urtelsprecher zu recht erkennen, ob sach were, das manspersonen uff dis frey landgericht geladt wurden und inen die ladung besigelt durch den geschwornen landpoten geantwurt wurden ze haus, ze hof oder under augen ald den vögten oder geschwornen des flecken innerhalb dem bezirck der landgrafschaft drey tag und ausserhalb der landgrafschaft acht tag vorm landtag und uff dem ersten tag ofentlich anclagt und mit dem namen genent werden und sy nit komen noch jemand von irentwegen und antwurt geben, das dann die cleger den ersten tag behalten haben nach landgerichtsrecht, darnach uff den anderen landtag offentlich anclagt und mit dem namen genent würden und sy nit erschinen noch niemand von iren wegen und antwurten, das dann die cleger den andern tag behalten haben nach landgerichts recht, darnach die geladen uff den dritten tag aber ofentlichen anclagt und mit namen genent wurden und si nit erscheinen noch niemand von irentwegen, das dann die cleger den dritten tag behalten haben nach landgerichtsrecht und das man zu denselbigen richten soll mit den banden der aucht zu irem leib und guet; were dann sach, das frauwenpersonen dahin gelatt wurden, und die ladungen usgiengen innerhalb dem bezirk der landgrafschaft drey tag vor dem landtag und ausserhalb dem bezirck der landgrafschaft acht tag vorm landtag und inen die geantwurt wurden ze haus, ze hof oder under augen ald den vögten oder den geschwornen des flecken und uf den ersten tag nit kommen noch niemand von irentwegen und antwurt geben, das dann die cleger den ersten tag behalten haben nach landgerichtsrecht, darnach uff den andern landtag, so sie aber öffentlich anclagt und mit dem namen genent wurden und sy nit kommen noch niemand von irentwegen und antwurten, das sie dann den andern landtage behalten haben nach landgerichtsrecht, darnach auf den driten tag, so sie aber offentlich anclagt und mit namen genänt wurden, und sie nit kömen, noch niemant von irentwegen und antwurten, dz sie dann den dritten [Seite: 128] tage behalten haben nach landgerichtsrecht, und daruff zu inen gericht werden müg mit aucht und anlaitin zu ierem guet und nit zu irem leib. Ob aber verkündungen in stett, dörfer, weyler, höf oder einigen mannen ausgeen und acht tag vor dem landtag ze haus, ze hof oder under äugen ald den vögten oder geschwornen des flecken geantwurt werden und sy uff den ersten tag nit komment noch jemand von irentwegen und antwurt geben, das man dann zu inen richten soll und müg mit den banden der aucht zu irem leib und guet nach landgerichtsrecht, und uff dise erkantnus sollen auch die andern urtelsprecher all gefragt werden.

Verner soll der landrichter gleichermassen fragen, so er uffstand und die wort sprech, so zu der aucht gehören, ob dann die aucht kraft und macht hab jetzt und hienach, bis sich jeder von den banden der aucht geledigt und mit dem cleger gericht habe; daruff soll erkent werden, so er, der landrichter, die wort spricht, die dann zu der aucht gehören, wie er gemeldet, das dann die craft und macht haben jetzt und hienach, und so der landrichter uffsteht, soll er öffentlich sagen, alle die personen, so mit urtel und recht in die aucht erkennt seyen, die erlaub er iren feunden und verpeut sie iren freunden, und das die cleger und meniglich recht haben zu irem leib und guet, sovil und lang bis das sy sich usser den banden der aucht erledigt und mit den clegern gericht haben. Der cleger mag ainen ausclagbrieve nemen. Und welcher bis in aucht erclagt würd, mag der cleger einen ausclagbrief nemen und alsdann den beclagten gleich oder inner jarsfrist in aucht schreiben lassen.

[XXXVIII] Wie die ächter in aucht geschriben werden sollen.

Item die, so inhalt diser ordnung in aucht ze schreiben seyen, sollen in des landrichters und der urtelsprecher, so die das landgericht besitzen, oder aber des landrichters und zweyer urtelsprecher beysein in dz auchtbuech geschriben werden.

[XXXIX] Ob sich ainer aus aucht erledigte und dann allererst dem cleger rechtens sein wölte.

Item so einer in aucht erclagt und geschriben wurde, und dann derselbig ächter sich bey dem landschreiber inner acht tagen, nachdem derselb als ein ächter uß dem flecken, darin er wonhaft, verpoten were, anzeigte, das er sich gesaumpt und von dem cleger unbillich in aucht gethon were, soll er die ursachen dem landschreiber lauter fürbringen und so dann er, der landschreiber, ursachen befündt, soll er ine, so er den auchtschilling, briefcosten und potenlohn erlegt, uff recht ausser aucht erlassen, doch das er dem cleger zu nechstem landtag verkünden lasse, und er alsdann demselben gewißlich rechtens seye, als dis landgerichtsrecht ist; tuet er aber das nit, soll er ehafte verhünderung, als das er mit schwacheit seins leibs beladen, gefangen oder in einem schloß [Seite: 129] belegert were, durch sein brief und sigel wie recht fürbringen und umb aufschlag pitten, auch deshalben, wie hievor von aufschlagen erleutert ist, gehalten werden, und soll man ine uff recht nit ausser aucht lassen, er neme dann dessen in gewonlicher formb ainen besigelten briefe; welcher gestalten aber er hierinnen seumig ist, soll mit der aberaucht zu ime gericht werden nach landgerichtsrecht.

[XL] Was der auchtschilling und ander belohnung ist.

Meinen gnedigen herren den landgraven seyen die auchten der edelleuten und communen vorbehalten, die sich auch mit iren gnaden darumben vertragen sollen, oder ire gnaden mügen gegen inen als ächtern handlen, wie sich inhalt diser ordnung gebürt, aber die achten der einigen personen gehören dem landschreiber, und soll ime nemblich für jede aucht in dz auchtbuech ze schreiben und für den auchtschilling 3 lb. h., von einem edelman einzeschreiben 15 ß, von einer commun einzeschreiben 1 lb., von jedem verpietsbrief von einem edelman 10 ß, einer commun 1 lb., von jeder sondern person 5 ß h. und dem poten davon zu uberantwurten 5 ß, von einem ausclagbrief 4 ß, von einem erlaubtnusbrief 2 ß, von einer absolution und ausschreibgelt von einem edelman 15 ß, von einer commun 1 lb. von jeder einzigen person 5 ß [werden].

[XLI] Daß ein jeder ächter in dem gericht, darin er seßhaft, verpoten werden mag.

So jemand in aucht gethon würd, soll dem cleger oder seinem anwalt auf sein begeren verpietsbrieve in gewonlicher form an vogt, geschwornen und ganze gemeind des flecken, darin der ächter wonhaft, oder an andere end in dem bezirck der landgrafschaft Stüelingen mitgetheilt und durch den landpoten gemeltem vogt oder den geschwornen geantwurt werden.

[XLII] Wie ein ächter fencklich anzenemen.

Es soll auch dem cleger wider den, so er in aucht gethon, auchtbrieve in gewonlicher form gegeben werden, und so der cleger alsdann — die landgraven oder irer gnaden oberamptleut anrüefet den ächter fenglich anzenemen, man ist schuldig denselben ächter, so er in dem bezirck der landgrafschaft Stüelingen an welchem end zu betreten, zu beyfangen, doch uff des klegers costen.

[XLIII] Wie einer aus aucht gelassen würt.

Item ob ein ächter den cleger bezalt oder sonsten zeyl bey ime erlangt und sich ausser der aucht gegen dem landschreiber und landpoten erledigt, so soll man ime ein erlaubtnusbrieve in gewonlicher form under des landgerichts insigel zustellen, und vogt, geschwornen und gemeind, denen er verpoten worden ist, wider all gemainsami mit ime haben mügen und sollen, bis er verner verpoten würdet.

[XLIV] Der cleger soll, so er jemands lands vertreiben wurde, den landschreiber und boten zahlen.

Wurde jemands von den [Seite: 130] clegern lands vertryben, so sollen die cleger dem landschreiber alle landgerichtliche brief, so ime der vertriben schuldig, desgleichen dem landpoten sein potenlohn und clagschilling bezahlen.

[XLV] Welche ächter über verpot enthalten, wie es soll gehalten werden.

Item ob ein commun, gericht oder sonder personen in dem bezirck der landgrafschaft Stüelingen ächter über und wider landgerichts verpot enthielten, so mügen die oberamptleut, landschreiber der landgrafschaft Stüelingen oder cleger den oder dieselbigen mit verkündung für landgericht fürnemen und sollen die oberamptleut ainem jeden cleger auch schuldig sein zu solchen rechten beystand ze thun, und ob sich befunden wurde, das ein ainiger einsäß oder geschworner die ächter enthaltet oder gemeinsami mit ime gehapt, so soll ein ganz commun darumb buoßfellig werden, namblich solches — den landgraven zu bessern und die cleger umb ir ansprach abzetragen, desgleichen den landschreiber und landpoten umb iren verdienten lohn zu bezalen.

[XLVI] So ainer inner der aucht von seiner vernunft kommen wurde.

Item begebe sich, [dass] einer in aucht gethon und, ehe er darussen gelassen, von seiner vernunft komen wurde, so er dann mit vögt und pflegern versehen were und sy ine von der aucht uff recht nemen wellten, das mügen sy woll thun, doch das sy dem cleger an des ächters statt rechtens seyen, also ob sie dem cleger in dem rechten fellig oder das sy im rechten seumig wurden, das man dann zu inen an des ächters statt und von seinetwegen mit der aberaucht richten müge, alles, inmassen hievor von deren wegen, die uff recht usser aucht erlassen werden, gesetzt und geordnet ist.

[XLVII] Ob ainer ausser der aucht begerte, so der kleger tod oder nit in land were.

Item so ein ächter dem landgericht fürbringen wurde, das der cleger tod oder nit in land oder niemand wissend, wo er oder sein nechster verwandter seye, mit begern ine der ursach halber ausser der aucht ze lassen, soll ime ein eyd ze schweren erkent werden, das er nach dem cleger gefragt hab und nit erfahren künden, ob er lebendig oder tot oder wo er oder seine erben seyen, und so er den ayd thue, man soll ine ausser aucht lassen mit dem anhang, wa der cleger oder seine erben über kurz oder lang kommen und umb recht anrüefen wurden, das er inen dann bey solchem geschwornem ayd umb ir ansprach uff dem landgericht ze Stüelingen, so ime darzu verkündet, ohn widerred rechtens sein welle, und ob er das nit thäte, so soll er wider inmassen wie vor in aucht sein und des alles halber verner gegen ime gericht werden nach landgerichtsrecht, und soll der landschreiber solchs in das auchtbuech oder einen zettel lauter verzeichnen, damit solches bey dem landgericht der notturft nach ze fünden sein müge. [Seite: 131]

Und sover ein statt, dorf oder commun in aucht were und davon erlassen ze werden begerten, so sollen weniger nit dan zween erber man usser inen mit gnuogsamen gewalt vor landgericht erscheinen, die gleichermassen einen ayd schweren, und soll sonst in all ander weg gehalten werden, wie obsteet. Ob auch einer in aucht geschriben und der cleger tot were, will er darus, er soll der erben willen haben oder er mag uff recht aus aucht gelassen und gehalten werden laut diser ordnung.

Dass niemand in aucht gethon werd, die gericht und clagen seyen dann nach einandern ergangen, wie recht ist.

Item ob einer in aucht geschriben were und aber die gericht und clagen inhalt diser ordnung nit nach einandern volnführt worden, so soll der cleger denselben geächten an sein costen und schaden usser der achte erledigen und darzu, wa das gefahrlich beschehen were, gestraft werden.

[IL] So ainer, der under achtzehen jaren ist, geächt wurde.

Es soll kein mansperson, so under achtzehen jaren ist, in aucht geschriben werden und, ob es beschehe, es soll ime nicht schaden; ob er aber umb sachen, die den leib oder die ehr berüert, in aucht gethon wurde, so soll nach gestalt der handlung darinnen urteilt werden, wie recht ist.

[L] Dass sunder personen in ainer commun usser aucht gelassen werden mügen.

Item so ein commun oder gericht in aucht were und sonder personen begerten sy uff recht ausser aucht ze lassen, man soll sie darus lassen auf recht oder mit des clegers willen, und soll alsdann der landschreiber solches in das auchtbuech verzeichnen.

[LI] Ob ain commun in aucht were und jemand sich davon oder dahin ziehen wurde, wie es gehalten werden soll.

Begebe sich, das ein commun, es seye statt oder gericht, in aucht gethon würdet, und einer oder mehr personen da dannen anderstwohin ziehen, die sollen für keine ächter gehalten werden, es were dann, das der oder dieselben in der gemeinen aucht sonderlichen mit namen begriffen weren, alsdann nemen sie die aucht mit, sy ziehen wohin sie wellen; hinwiderumb ob einer oder mehr in ein commun in der zeit, da das commun in aucht were, ziehen wurden, die machen sich des lasts und der burdin der aucht theilhaftig wie ander personen desselben communs.

[LII] So der cleger ain ächter usserhalb dem bezirk der landgrafschaft vahen last.

Item so der cleger ainen, so er in aucht gethon, usserhalb dem bezirk der landgrafschaft Stüelingen fahen last, und jemands den ächter uff recht aus aucht nemen wollt, man soll in darus nit lassen, bis das der cleger bezalt oder benüegig gemacht ist.

[LIII] So ain achter gen Stüelingen kompt der meinung sich ausser der aucht ze ledigen.

Es soll noch mag kein cleger noch andere keinen achter zu [Seite: 132] Stüelingen anfallen noch fallen, der dahin kompt sich ausser der aucht ze ledigen, doch sover der ächter einen ayde leyblich zu gott und den heiligen schweren mag und wurde, das er umb angezeigt ursachen willen gen Stüelingen kommen seye.

[LIV] Was ein ächter handelt, ist uncreftig.

So ein ächter was versetzen, verkaufen, uber jemand sagen oder clagen oder ichzit anders thun würde, das soll weder craft noch macht haben.

[LV] Von wegen anruefbrief an das gaistlich gericht.

[LV 1] Wo jemands jar, monat und tag in aucht verschriben ist, mügen die cleger oder die oberamptleut der landgrafschaft Stüelingen anrüefbrief genant supplicatoria an das geistlich gericht zu Costentz uber die nach desselben herkommen mit pönen zu richten begeren, die sollen erkent und geben werden, und soll man einem landschreiber von jedem anruefbrief 5 ß h. geben, und so dann an dem geistlichen gericht zu Constantz das supplicatorium eingebracht worden, pfligt man gewonlich ein geistlich mandat zu geben inhaltend, das sich die ächter in 15 tagen den nechsten nach der execution us aucht lösen, und last man sy am geistlichen gerichte zu Costentz umb kein haubtsach verantwurten, besunder wa sy sich in ermelten 15 tagen us aucht nit gelediget haben, so richte man uf verner beger füro zu inen mit allen processen, wie sich dann nach des geistlichen gerichts recht und herkomen ze thun gepürt.

[LV 2] Und welche dann in den pönen verharren und einer anruefbrief von dem geistlichen gericht an das landgericht als das weltlich gericht fürbringen und offentlich vor landgericht seins rechtens begeren wurde, soll zu recht erkent werden, dz man dem, so also fürbännig in dem anruefbriefe begriffen und darumb das landgericht angerüeft ist, verkünden solle.

[LV 3] Umb solche verkündung soll man dem landschreiber 5 ß h. und dem landpoten von jeder meil zwen ß h. bezalen, und soll der landpot den brief antwurten achtag vor dem landtag, und gehalten werden, ob ainer die sach selbs versteen wurde oder einen gewalthaber setzen wurde, in allerweise mit lohn und anderm, wie von andern verkündungen umb schuld und anclag in diser ordnung meldung beschicht, und ist von unnöten, das ein cleger ain andere clag fürbring anders dann das supplicatorium, und soll man die antwurter, auch kein ander antwurt geben lassen dann uff den bann, und mag er nit darthun, das er des banns ledig, so soll man im gebieten, sich bis zum nechsten landgericht usser dem bann zu entledigen und den cleger abzetragen, oder man soll zu ihm richten mit der aucht und in auchtbuech verschreiben nach landgerichtsrecht.

[LV 4] Desgleich ob ainer im selbs uff recht usser aucht hilft und erfündt sich, das er des banns aber nit ledig ist, soll er in aberaucht erkent und mit clag, antwurt und anderm wie am ersten uff das supplicatorium gehandelt werden.[Seite: 133]

[LVI] Von anlaitin, nutzlich gewer und schirmer.

Item wann sich begibt, das einer ein umb schulden oder ander zuspruch soverr clagt, daß er in mit urtel und recht in die aucht erlangt, mag er in als vorsteet einschreiben lassen und daruff auchtbrief nemen, die man im inner jarsfrist von der zeit, als er geächt würdet, anzerechnen, zu welcher zeit er will, zustellen soll, und darnach ob er will mag er denselben vor landgericht inlegen, verlesen lassen und demnach uff all und jetlich des ächters ligend und vahrent gueter anlaitin ervordern, die im mit recht erkent werden sollen, und von solchem anleitbrief soll man dem landschreiber 15 ß h. zu schreiberlohn geben.

[LVII] Anlaiti zum ersten mal.

Und soll der landpot die anlaiti sechs wochen und drey tag zu dreyen landgerichtstagen nach einandern volgend besitzen, unter — der landgraven botenbüchs allwegen acht tag vor dem landtag den vögten oder geschwornen des flecken oder gerichts, darinnen der ächter gesessen, auch den, so die güeter inhaben, und den ächtern nach der gelegenheit den anleitbriefe ze haus, ze hof oder unter augen erzeigen und wer das begert verhören lassen und daruff sprechen, wie der brief das ausweist: „Also verkünd ich die anlaiti zum ersten mal euch darnach wissen ze richten,“ und soll der landrichter ime landpoten solches also zu volnfüehren gebieten und im vom landtag zu verston 1 ß h., auch von jeder meylen 2 ß h. zu potenlohn geben werden.

[LVIII] Anlaitin zum andern mal.

Item wann der landpot die anlaitin zum ersten mal verkündt und besessen hat, soll er zum andern landgericht die anlaitin ofentlich durch seinen fürsprechen erzeigen und vermelden, das er die anlaitin zum ersten mol besessen und verkündt hab, und füro des rechten begeren; soll erkent werden, das er bey seinem ayd sag, das er die anlaitin wie recht verkündt hab, und so das beschicht, so soll füro anlaitin zum andern mal erkent und das der landpot die abermals wie vor besitze gebeten werden.

[LIX] Anlaitin zum dritten mal.

[LIX 1] Und so der landpot die anlaitin zum ersten und andern mal besessen und verkündt hat, soll er aber zum negsten landgericht den anlaitbrieve durch seinen fürsprechen erzeigen und fürwenden, wie er die anlaitin zum andern mal besessen und verkündt hab, und er bei seinem ayd gefrogt werden, alles inmassen wie obstaht, und soll fürter uff des landpoten weiter anrüefen zu recht erkent werden, das er die anlaitin inmassen wie hievor als zum drittenmal besitzen und verkünden, und soll ime aber geboten und mit belohnung gehalten werden, wie oblaut. Und so die anlaitin vorerzeltermassen zum drittenmal besessen und verkündt ist, soll der landpot abermals zum nechsten landgericht den anleitbrief durch seinen fürsprechen erzeigen und öfnen, wie er die anlaitin zum dritten mal besessen und verkündt hab, mit begere an [Seite: 134] einer urtel zu erfahren, was füro seins rechtens sey; wird aber zu recht erkent wie vor, das er bey seinem ayd sag, das er die anlaitin besessen und verkündt hab, wie recht ist, und so er solchs angesagt, so soll er durch seinen fürsprechen begeren sein principal, den cleger, in nutzlich gewehr in obberüerts ächters hab und güeter zu setzen und im darüber schirmer zu geben; daruff auch mit recht erkent werden soll, das man ine in nutzlich gewehr setzen und im daruff schirmer geben solle, und das er auch die nutzlich gewehr besitze auch drey tag und sechs wochen zu dreyen landgerichten und die verkündt nach landgerichts recht, also das er die nutzlich gewehr in aller maß zu dreyen landgerichten besitze und an die ende verkünden sölle, wie von der anlaitin begriffen ist und hernach volgt, und gibt man einem den nutzlich gewehrbrief.

[LIX 2] Und soll dem landschreiber 1 fl. umb den brief und dem landpoten 1 ß h. von dem gericht zu versteen, so er gwalt hat, geben werden.

[LIX 3] Item der landpot soll die nutzlich gewere, wie von der anlaiti wegen begriffen ist, besitzen, under — der landgrafen potenbüchs den anlait—, auch den nutzlich gewerbrief allwegen acht tag vor dem landtag den vögten oder geschwornen des fleckens oder gerichts, darinnen der ächter gesessen, auch den, so die güeter inhaben, und den ächtern nach der gelegenheit ze haus, ze hof oder under augen erzeigen und wer den nutzlich gewehrbrief begert verhören lassen und daruf sprechen : „Ich verkünde die nutzlich gewehr zum ersten mal euch darnach wissen zu gerichten“, und soll man potenlohn geben, wie oben von der anlaitin begriffen ist.

[LIX 4] Item wann der landpot die anlaitin und nutzlich gewerbrief also verkündt und zum ersten mal besessen hat, soll er zum andern landgericht die anlaitin und nutzlich gewehrbrief ofenlich durch seinen fürsprechen erzeigen und fürbringen, das er die nutzlich gewehr ervolgt und zum ersten mal besessen und verkündt hab und begere füro des rechten; sol erkent werden, das er bei seinem eyd sagen soll, wie er die nutzlich gewer verköndt hab, und hat er die wie oblaut, des zu recht gnug ist, verkündt, so wird füro mit recht erteilt, das er die nutzlich gewehr zum andern mal besitzen und verkünden und im auch solchs der landrichter nach landgerichts recht gebieten solle.

[LIX 5] Item wann der landpot die nutzlich gewere zum andern mal besessen und verkündt hat, soll er aber zum nechsten landgericht die anlaitin und nutzlich gewerbrief durch seinen fürsprechen erzeigen und ofnen, wie er die nutzlich gewehre zum andern mal verkündt hab, und begere füro, was seines rechtens seye zu erfahren; würd wievor erkent, das er bei seinem ayd sag, das er die nützlich gewer wie recht besessen und verkündt hab, und so er solchs also sagt, so würd füro zu recht erkent, das er die nutzlich gewehr zu dem dritten mal besitze und im der landrichter solchs [Seite: 135] gebiete, alles wie obberüert ist.

[LIX 6] Item wann auch der landpot die nutzlich gewehr zum dritten mal besessen und verkündt hat, soll er aber zum nechsten landgericht den nutzlich gewehrbrief durch seinen fürsprechen erzeigen und einbringen, wie er die nutzlich gewere zum dritten mal besessen und verkündt hab; daruff aber erkent würd, das er bey seinem ayd sag, das er die nutzlich gewehr wie recht besessen und verkündt hab.

[LIX 7] Sodann deme statt beschehen und er weiter seines rechtens begert, würd zu recht erkent, das der kleger und seine erben des vorgenanten ächters hab und güeter sampt und sonders inhaben, besitzen, werben, nutzen, messen, verkaufen und damit handlen, thun und lassen sollen und mügen als mit andern iren eigenen hab und güetern ungeirret und unverhündert meniglichs in allweg, und soll er darüber dem landgerichte schirmer ernennen und fürschlagen, und demnach derwegen schirmer der gebür und notturft nach erkent, auch dem cleger ein schirmbrieve gegeben werden.

[LIX 8] Und soll man dem landschreiber umb den schirmbrieve zwen fl. und dem poten 1 ß h. vom gericht zu verstohn geben; daruf mag der cleger den brief zu im nemen und selbs den schirmern zeigen, oder so er will mag er an ein jeden schirmer ain sondern gebietsbriefe (welchermassen er ine bey erlangten rechten schirmen soll) nemen, die auch ime mit urtel zugelassen und in gewonlicher formb geben werden sollen, und gehört dem landschreiber von jedem gebietsbrieve 5 ß h. und dem poten von der meyl 2 ß zu bezahlen.

[LIX 9] Und welche dann in solche hab und güeter ohnversprochen gesetzt seyen, soll man die fürter niemand versprechen lassen, es were dann, das derjenig, so die versprechen wollt, die zeit krank gewesen oder nit in land gewesen were und darumb nichts gewißt hette und solchs mit bestendigem grund der wahrheit fürbringen wurde, wie recht ist; wa aber nit, man ist den eingesetzten uff seinen costen bey seinen erlangten güetern ze handhaben schuldig, und so sich über das alles jemands vermeinte ze sperren oder verhünderung ze thun, soll gegen denselben inhalt diser ordnung gehandelt werden.

[LIX 10] Wa aber jemands die anlaitin versprechen wellte nach landgerichts recht, der soll es thuen zu den dreyen landgerichten, als die anlaitin verkündt, vor und ehe dieselbig vor landgericht becreftigt und daruff nutzlich gewehr erkent würd; alsdann mag ein jeder für landgericht bringen, das die notturft ervordert und recht ist, und soll fürter, wer zu den beclagten oder spennigen hab und güetern die besser ansprach hab, mit recht erleutert und ausfündig gemacht werden, wie recht ist.

[XL] Von erbfällen.

[XL 1] In erbfällen soll dis ordnung und recht gehalten werden, also daß je und allweg, auch in allen fählen die nechsten erben nach sipt der lynien des bluets erben, doch sollen kündskünder alwegen an ir vater und mueter statt [Seite: 136] mit derselben geschwisterigten an der sipt umb sovil, als abgangen vater und mueter gerechtigkeit und erbteil gehabt, ob sy das erlebt hetten, gleich geschetzt und geachtet in disem vahl als väterlich und mueterlich und kündskünd erb.

[XL 2] Wann aber ein künd mit tot vergaht und nit kündskünd, ehlich gemächt noch geschwisterig verlasset, soll und mag sein verlassen guet wider hünder sich fallen an vater, mueter oder eintweders, so das erlebt; wa aber kündskünd, geschwisterigt oder ehlich gemecht verhanden seund, die sollen einandern erben und nit vater noch mueter.

[XL 3] Item wa zwo personen ehlich zusamen kommen und von den bayden ehliche künder geboren werden und dann die frauw vor dem man mit tod vergieng, so soll und mag der man in dem guet, es seie ligend oder vahrend, pleiben sitzen, dieweil er witwenstatt haltet. So er aber den verrücken und sich ehlich verenderen oder sonst den künden oder im selbs unnutz erfunden wurd, sollen und mügen in die künder tringen inen ir mueterlich erb und guet in aichelen weys zu theylen, also das dem vater desselben müeterlichen erbs und guets ein theyl als vil als einem künd und sonst der künden einem als vil als dem andern werde, doch soll allwegen den künden zu den ligenden gülten und güetern ein rechte verfangenschaft vorbehalten sein und das der vater solche ligende gült noch güeter weder mit versetzen noch verkaufen beschweren noch verenderen soll und mög dann mit — der landgraven oder oberamptleuten in irer gnaden namen verwilligung. So aber dann der vater auch mit tot vergangen und im leben nit mehr ist, so soll dasselb und all ander sein verlassen guet ligende und vahrende denselben, und ob er darnach künder mit der nachvolgenden frauwen ehlich geboren hette, solch guet gleich gefallen sein, auch under einandern in aichelen weis getheilt und der frauwen nit mehr dann ein kündsteil davon werden; und zu demselben kündsteil sol auch ir der frauwen bleiben ir morgengab, und ob sy zu dem man ichts gebracht hat, und damit desgleichen die künd von oberamptleuten bevögtet werden.

[XL 4] Die fraw soll auch ire künder von solchem ieren und der künd guet ehrlich und zichtiglich, auch zu gueten sitten erziehen und zu gott oder der welt nach raht, auch mit wissen und willen der vogt und nach vermügen dies guets erlich berahten, aussteuren und versorgen ohngetrungen, dieweil sy witwenstatt und sich sonst ehrlich und wol in dem guet ongeendert des haubtguets haltet.

[XL 5] Item ob aber und wann sy sich ehlich verendern oder sonst den künden unnütz erfunden würd , so soll sy schuldig sein, den künden iren theil ires veterlichen zugetheilten erb volgen lassen und den uberigen iren zugetheilten thail mitsampt morgengab und anderm irem ererbten und zugebrachten guet ir leben lang doch ohngemündert des hauptguets nüessen.

[XL 6] Und so sie auch mit tod [Seite: 137] vergangen und in leben nit mehr ist, so sollen der man und die künder, sovil deren ehlich von irem leib geborn weren, dasselb ir guet, wie das namen hat, in aichelenweys thailen und einem als vil als dem andern werden, es were dann das leibs- oder hungersnot warlichen erfunden würd, so soll es doch allwegen des mans oder der frauwen halben nit anderst damit dann mit verwilligung — der landgraven oder oberamptleuten ald des landgerichts ze Stüelingen gehalten werden, als vorstaht.

[XL 7] Und ob auch der man vor der frauwen mit tod abgieng und ließ ehliche künder von inen baiden geboren hünder ime, so sollen gleich nach abgang des vaters vor aller anderer handlung die frauw und künder von den oberamptleuten, doch jedes und jede, namblich die frauw sonderlich und die künd auch, so sy anders oder sovil deren under iren jaren seund, bevögtet werden, und so solche bevogtung beschehen ist, ob dann die künd oder ir vögt bedunke, der theyl den kindern nutzer seie, dann mueter und künd bey einandern zu beleiben und die mueter umb theil der künd veterlichen erbs ersucht wurde, so soll die mueter den künderen darumb theils zu gestatten schuldig sein und davon nit mehr dann einen theil als einem künd zusampt irer morgengab und ires ererbten zugebrachten guets nemen, sich des benüegen und den künden das uberig folgen lassen und dann dasselb und ander ir erb und guet ohngemündert des haubtguets niessen ir leben lang; und so sie auch mit tod vergangen und in leben nit mehr ist, soll denselben iren künden, ob sy sich davor nit ehlich verendert het, alles ir verlassen guet gefallen und zugehörig sein; het sich aber die mueter ehlich mit einem andern man verendert, sollen derselb ir man und die kinder, vor und ob sy einiche ehliche künd bey im het geboren, solch ir verlassen guet gleich und in aichelenweis theylen, dermassen das einem als vil als dem andern werde, doch mag die frauw ir morgengab allweg verschaffen, vermachen wem, wohin und wie sy will, alles nach freyer morgengab recht.

[XL 8] Item gienge aber derselb ir man auch vor ir mit tod ab und wurde die frauwe von seinen künden, ob er die nach tod gelassen het, zum theil irs veterlichen erbs getrungen, so soll es gegen denselbigen künden in theilen irs veterlichen erbs, gleichwie der vorderigen künden halb hievor geschriben statt, gehalten und desselben der frauwen auch ein kündsteil mitsampt irem zugebrachten und ererbten guet und nit mehr werden, und nach irem abgang alles ir guet, von wem oder wie das darkommen were und sovil sy das nach irem tod verlassen hat, ieren künden, so von irem leib nach und nach ehlich geboren seund, volgen und in aichelenweis gleich under sy getheilt werden.

[XL 9] Wurde aber die mueter des theils nit getrungen und belibe also mit oder ohn enderung bey beederley oder einen theyl der künden, so [Seite: 138] soll allwegen den nachgenden künden ir veterlich guet, wie ir vater seliger das zu ir aller mueter seligen gebracht hat, wie den vorigen künden mit vorbehalt eins theils anstatt der mueter, inmassen vor der theilung halb zwischen mueter und kündern geschriben statt und beschehen ist, zuvoraus und dann derselb jetzt vorbehalten theil als müeterlich zusampt allen andern iren ererbten anderen gelassen guet, wie und was sy des also uberkommen und nach tod gelassen hette, als müeterlich guet in aichelenweis under sie alle wie vorstett getheilt, desgleichen soll es bey dem vater in dem vahl auch gehalten werden.

[XL 10] Item so aber ain weib und man ohn ehlich leibserben von einandern mit tod verscheiden seund, so soll die frauw den man, desgleichen der man die frauwen erben.

[XL 11] So auch sonst ein erbfall ledig beschicht, das nit künd oder geschwisterigt oder derselben künd vor augen seund, und zu gedenken, das ander neher oder dergleichen erben vorhanden sein möchten, das die gegenwüertigen vermeinten erben nit gston wellten, oder ob gleichwol des kein gedenken sein möcht, so soll doch solch erbguet jar und tag in ruw zu stellen und zu warten erkent werden, es möchten oder wellten dann der oder die ansprechigen nach erkentnus und benüegen des landgerichts vertrösten, ob jemand derselben zeit köme, das sie dem antwurt geben und thun wellten, was recht were.

[XL 12] Köme aber jemand und möchte der oder die ansprechigen sipschaft zue recht gnug erzeigen, so soll er oder sy zugelassen, möcht aber solches dermassen nit erzeigt, soll er oder sy darvon erkent und — den landgraven ire recht dagegen vorbehalten werden.

[XLI] Vom appellieren.

Welche person in — der landgraven nidern gerichten in dem bezirk der landgrafschaft Stüelingen von end- oder beyurteln appellieren wellt, soll das gleich im fueßstapfen vor gericht thuen und für das landgerichte ze Stüelingen appellieren und ob daselbsten in appellationsachen oder sonsten in sachen, die vor landgericht rechtvertigt werden, urtel ergen wurde, da jemands auch beschwert zu sein sich befünde, mag für — die landgraven und weiter nit appellieren. Item so ein person vor landgericht appelliert, die soll einen ayde leiblich zu gott und den heiligen schweren, daß solch sein appellation nit mit geferden noch dem widertheil zu verzug und verhünderung seines rechtens, sonder allein ausser notturft beschehe, auch der endlichen meinung, der appellation, so lieb im die sach seye, unverzogenlich nachzesetzen und so er in der appellation verlustig wurde, dem gegentheil seinen costen und schaden, wie der in recht erkent und taxiert würdet, abzelegen, darzu 3 lb. h. zu vertrösten im fahl, wa er verlustig wurde, das ein dem landrichter, das ander dem landgericht und dz dritt dem widertheil zu bezalen; und so solcher ayde wie gehört gethon, [Seite: 139] soll die appellation zugelassen oder ob derjenig, so appeliert, kain tröstung vermöcht, soll im des ayds vertrauwt werden. Item ein jede appellation von urteilen vor landgericht ergangen soll auch in fueßstapfen vor landgericht oder aber inner zehen tagen darnach vor dem landrichter geschehen und auch in solcher zeit ein jede appellation angebracht werden. Und soll kein appellation von — den landgraven nach dem landgericht nit angenommen werden, es neme dann der appellierend thail der sachen urtelbrieve, damit die handlung erster instanz lauter, verstendigclich und glaubhaft werd fürgebracht. Doch soll niemand gestattet noch zugelassen werden, in pönlichen oder malefitzsachen, dergleichen umb strafen, die — den landgraven zustendig und laut diser ordnung erkent werden, zu appellieren, sonder was derwegen mit recht gesprochen, soll man wie sich gepürt volnziehen.

[LXII] Von vertigung vor landgericht.

Item es mag ein jede person dem andern vor dem freyen landgericht zu Stüelingen in kaufen, verkaufen, umb ubergaben, testament, vermöcht, verzeyhung veterlicher, müeterlicher oder anderer erbschaft, schulden und anders, davon nichts ausgenommen, vertigen, und soll damit inhalt der formen gehalten und umb jeden brieve oder schrift dergleichen dem landgerichte zu fertigen geben werden, wie dann das alles sonderlich protocolliert und hinder dem landgerichte ze fünden.

[LXIII] So volget hernach, wie man sich in malefizsachen und andern mißhandlungen halten und die strafen solle.

[LXIII 1] Item ein jede person in dem bezirk der landgrafschaft Stüelingen sollen und mügen — die landgraven zu billicher straf und verantwurtung vönglich annemen lassen, als nemblich umb sachen, so das malefiz betrifft, auch welche sich rechtens nit ersettigen, auf billiche gepot und verpot nicht geben und sich ungehorsamb erzeigen, auch die da einem am leib schaden des lebens sorglich zugefüegt und welcher nit bürgschaft haben möcht umb ein schuld, darumb er nit gnugsam were, und die da ander mehr böse muetwillige und frevenliche taten, gewaltsame und handlungen üben und brauchen.

[LXIII 2] Item wann ein person umb sachen das malefiz als leib und leben berüerend angenommen würdet, sollen — der landgraven oberamptleut gegen derselben person dasjenig, so sich zu thun gebürt, fürnemen oder, so sy wellen, mügen sy den schultheissen und geschwornen zu Stüelingen zue inen erforderen, denselben anzeigen, warumb dieselb person gefangen sei, und nochmals mit irem raht mit der angenomnen person, es sey mit frag oder in ander weg, daruff handlen.

[LXIII 3] Und soll mit solcher person, wa die an der marter und frag was bekante, nit geylt, sonder sovil müglich erfahren werden, ob der person bekennen us vorcht oder marter beschehen were; und ob sich solchs also erfunden wurde, man soll verner [Seite: 140] gegen ieren nichts handlen.

[LXIII 4] Aber in sachen, die leib und leben berüeren, da jemands an warer that begriffen wurde, mag man ohne erkundigung fürfahren, wie sich nach gestalt jeder verhandlung und dem rechten gepüren würdet.

[LXIII 5] Item so ein übelthetige person an der frag wenig oder vil mit oder ohn marter bekante oder verjehen würde, so soll das alles lauter aufgeschriben werden, und dann die oberamptleut, wa das die notturft erfordert, nach gestalt und gelegenheit der übelthat oder person, ob die bestendig oder unbestendig, siben unversprochner man beschicken und alsdann den gefangnen us dem thurm für sy in ein stuben füeren, im seine band ufflösen und im fürhalten, man werd im die vergycht verlesen, als er vormals bekant hab und uffgeschriben sye, daruff well er nochmals warhaftig anzeigen, ob die recht uffgeschriben seye oder nicht, damit im noch niemand unrecht beschehe.

[LXIII 6] Und so die gefangen person uff ein oder mehr, so ausserhalb dem bezirck der landgrafschaft Stüelingen wonend gewest, ichzit, die zu böser that geholfen, oder für sich selbst allein gehandelt oder fürter verhandlen möchte, bekennen würde, das sollent die oberamptleut alsbald an dieselben ort und end der oberkeit anzeigen.

[LXIII 7] Und wann dann die ubelthetige person also geurgychtet und besibnet ist als vorstat, so sollen die oberamptleut der landgrafschaft ainen rechtstag fürnemen und in allen und jeden flecken, dörfern, weylern und höven in dem bezirck der landgrafschaft Stüelingen gelegen allen underthonen von manspersonen, so vierzehen jar irs alters erraicht und darüber alt seyen, an die hochen bueß gebieten lassen, uff solchen angesetzten rechtstag bey dem malefizgericht und dem rechten von anfang bis zu end erscheinen und gehorsamen und niemand bey poen und straf obgemelter hohen bueß uspleiben; und soll das gericht mit dem landrichter und 12 urtelsprechern, welche personen in ermeltem bezirck die oberambtleut jederzeit verordnen, besetzt werden, die auch bey straf der hochen bueß gehorsam sein sollen, und soll der landrichter zu solchem malefizgericht nüechter erscheinen und also bis zu end desselben beleyben und das gericht anfahen und an die hochen bueß verbannen, und fürter im rechten clagt und gehandelt werden nach gelegenheit der sachen und wie gewon und recht ist.

[LXIII 8] Item die oberamptleut sollen nach der endurtel, so der arm man ze richten erkent were, an einer urtel erfahren, wie hoch man pieten und verpieten solle, das sich niemands des armen mans beladt oder ine reche. Daruff mügen die urtelsprecher ein ernstlich gepot und straf erkennen nach gelegenheit der sachen und wie solches die notturft ervordert.

[LXIII 9] Item der nachrichter soll in auch ungebunden gnugsamblich beichten lassen, doch das er bewart und verhuet werd, und gibt man dheinem das sacrament; aber welches schlecht dieb, straßrouber, [Seite: 141] totschläger oder dergleich seund, gewünnet man gewonlich den kirchhof.

[LXIII 10] Item welcher zu gefengnus gebracht und dem gnad mitgetheilt würdet, der soll ein verschriben urphed inhalt gewonlicher form geben.

[LXIII 11] Die mörder, straußröuber, verräter, brenner, kirchenbrecher, ketzer, dieb und ander dergleichen übeltheter sollen sampt iren mithelfern gericht und gestraft werden nach brauch und herkommen diser landgrafschaft.

[LXIII 12] Item welcher seine güeter zweyen oder noch mehr personen versetzt oder verkauft und von voriger versatzung nit meldung thuet und also gefahrlich und betruglich handelt, der soll an leib und leben nach gestalt und grosse der verhandlung gestraft werden.

[LXIII 13] So jemands ein urphed breche, soll in craft und nach ausweisung des urpheds und nach gestalt der handlung gestraft werden.

[LXIII 14] Item welche person einen falschen ayd schwert, soll man die zung und die finger, damit sie geschworen hat, abhauwen lassen.

[LXIII 15] Item welcher ein gelobten friden bricht mit den wercken oder worten, derselb soll mit dem schwert oder an leib und guet nach gelegenheit der sachen gericht und gestraft werden. So er aber allein potnen friden mit worten oder wercken breche, der soll — den landgraven verfallen und zu bezahlen erkent werden die hoch bueß 27 lb. h.

[LXIII 16] Item so sollen die, so in ander wege ir gelübd, ehr und treuwen schriftlich oder mundlich versprochen, nach gestalt einer jeden sach an leib oder guet gestraft werden.

[LXIII 17] Item welcher falsch eln, meß, maß oder gewicht bruchte und das ungerecht für gerecht gebe oder sich in ander wege, warinnen das ist, davon nichts ausgenommen, betrugs gebruchte, der soll an leib oder guet gestraft werden.

[LXIII 18] Item ob jemand offen marckstain haimblich ald öffentlich ausgraben oder ime sunsten zu nutz und dem andern zu schaden verendern wurde, der oder dieselbigen sollen an ehr, leib und guet gestraft werden.

[LXIII 19] Item der totschleger hab und gueter verfallt — den landgrafen und des entleupten verwandten der leib, und so der totschleger betreten und angenommen würd, soll derselbig uff des entleipten verwandten anrüefen mit dem schwert gericht werden, wie recht ist.

[LXIII 20] Item so jemands absagen und derselb in dem bezirck der landgrafschaft erfahren wurde, sollen alle underthonen, die dessen bericht werden, nachzeeylen und fenglich anzenemen und dem landgraven zu überantwurten schuldig sein.

[LXIII 21] Und so ein absager gefangen würdet, soll der mit dem schwert gericht werden. Ob aber jemands einen absager behauset, befördert und den landgraven oder den oberamptleuten nit anzeigt, soll man denjenigen dem absager gleich strafen.

[LXIII 22] Item alle täter, die fenglich angenommen, sollen mit anzeig irer verhandlung von stund an dem landgraven gen Stüelingen uberlifert und durch niemand ver- oder aufgehalten werden.

[LXIII 23] Item welche personen in dem bezirck der landgrafschaft [Seite: 142] Stüelingen einandern schelten, wie das scheltwort sey, da jemands vermeinte seiner ehren und gueten leumbdens verletzt zue sein, von dem allem nicht ausgenommen, die sollen einandern darumben vor landgericht zu Stüelingen rechtvertigen, und so der beclagt mit recht uberwunden, würd derselbig uff des oberambtmans anrüefen rechtlich und sunst der gebeur nach gestraft, und so aber der cleger im rechten verlustig, würd derselb gleichermassen mit recht oder sonsten gestraft.

[LXIII 24] Item welche personen gott den herren, die jungfrauwen Maria und gottes heiligen mit fluechen und schweren lestern, sollen die an leib, leben und guet nach gestalt der Sachen gestraft werden.

[LXIII 25] Item nachdem ausser dem ehebruch uffruern, totschläg und allerley unraht ervolgt, soll man gegen den ehebrechern und ehbrecherin mit straf an leib und guet nach gelegenheit der sachen ernstlich handlen.

[LXIII 26] Es soll kain frembder bätler an keinem ort lenger dann über nacht gehalten werden, es were dann sach, das einer so krank were, das er nit wandlen möchte, mit dem soll man aber nach gelegenheit der sach mitleiden tragen. Es soll auch keiner person in der landgrafschaft ze betlen gestattet noch zugelassen werden, die sich sunsten mit irer handarbeit hinbringen und erneren mag.

[LXIII 27] Item man soll auch nit gestatten, das die kremer mit iren rossen und eseln uff den armen leuten, sonder in offnen würtzheusern ire wohnung und enthaltung haben.

[LXIII 28] Item was frembd personen an ein ort kemen, die irer nahrung und arbait nit nachzügen, sondern in würtsheusern legen, die sollen über drey tag nit enthalten, sonder ernstlich gefragt werden, was lands, waher ein jeder sey oder wannenher im das gelt komme, und darnach man bey jedem bescheid fündet, soll man sich halten.

[LXIII 29] Man soll auch nit gedulden, das die zegyner durch das land ziehen noch sich darin enthalten.

[LXIII 30] Item wo sich uffrueren in dem bezirck der landgrafschaft Stüelingen zutragen, soll ein jeder bey seinem ayd schuldig sein zuzelaufen, frid ze machen oder die unfridsamen, aufrüerigen oder ubelthäter zu gebürender straf helfen fenglich anzenemen und gen Stüelingen ze bringen; wer darinnen ungehorsam sein würd, soll an leib oder guet gestraft werden.

[LXIII 31] Nachdem dann ausser versamblungen, zug und rotten auf kirchweihinen und an andern end zuziehen allerley beschwerlicher unraht volgt, so haben — die landgraven mit zeitlicher vorbetrachtung und rate von newem dis ordnung fürgenommen, das die kirchweihinen in dem bezirck der landgrafschaft Stüelingen nit mehr weder mit essen, trinken und in ander unzimblichen wege besucht, sonder abgethon sein, also das dieselben kirchweyhinen noch einich ander ort und end durch die underthonen in gemeltem bezirck sesshaft noch den ledigen personen mit gewerter hand rottenweys oder durch einiche versamblung oder [Seite: 143] ordnung oder mit noch ohn fendle, trummenschlegen, pfeifen, spylen und ungewonlichen gastungen noch sonst, in was weys oder schein das immer beschehen künd, solt und möcht, nit mehr besucht werden sollen, alles bey schwerer poen und straf leibs, lebens und guets; welche auch anfenger und ursächer diser sachen seyen, die sollen mit dem schwert gericht, die anderen an die hochen bueß oder nach gelegenheit der sachen mit dem thurm, verpietung ainer zeit der landgrafschaft oder der gewehren gestraft werden.

[LXIII 32] Dergleichen haben — die landgraven ausser höchster unvermeydenlicher notturft von neuwem geordnet und gesetzt, welcher oder welche sich fürterhin heimblich ald offentlich einicher conspiration, ainung, pundnuß, böser praticken oder conträct zu machen understehn oder machen würden, sollen der oder die ohn alle gnad ir leben, leib und guet verfallen sein.

[LXIII 33] Es soll auch niemand, es were dann feurs oder fünds not, sturm schlahen noch leuten.

[LXIII 34] Welcher oder welche aber solche böse uffrüeren, conspiration, verainung, pundnus, bös pratic oder conträct machen oder also stürm anschlahen wurden, so sollen all und jede underthonen und einsessen diser landgrafschaft Stüelingen bey iren geschwornen ayden schuldig sein, dieselben anfenger der empörung, redlifüerer und sturmer, damit dieselben ir gebürlich straf erlangen müegen, welcher enden das ist, venglich anzunemen und gen Stiielingen ze antwurten, und ob sy ainen oder mehr, so sich nit gefangen geben welten, im zulaufen und nacheylen ze tod schlagen würden, sollen sy daran keinswegs gefrevelt und weder gegen — den landgrafen noch des entleipten freundschaft nichts verschuldt haben noch schuldig sein noch werden.

[LXIII 35] Und welche also zu gefengnus gebracht, die sollen mit dem schwert gericht oder an leib oder guet gestraft werden, alles nach gelegenheit der verhandlung.

[LXIII 36] Ob aber sich jemand hierwider setzen und ungehorsam erzeigen würde, so sollen der oder dieselben wie die gedachten thäter gestraft werden.

113.1. Die überflüssigen Zusätze „in dem bezirck der landgrafschaft Stüelingen“ oder „meine gnedigen herren“ sind fortan nur durch — angedeutet.