Homburgische Gerichts vnnd Policey Ordnung 1563
Homburgische Gerichts vnnd Policey Ordnung 1563 :: Elektronische Edition Heino Speer 2010
- Editorial
- Homburgische Gerichts vnnd Policey Ordnung.
- [1] Von besitzung der Gerichte.
- Zu Wiell.
- Freygericht zu Walpruel.
- Morßbach.
- Lehengericht zu Homburg.
- Hoffgericht zu Wyll.
- Des Vogts, Richters vnd Scheffen Eide.
- Gerichtsschreibers Eid zu Homburg.
- Schultheißen Gerichtsbotten oder Fronen Eyd.
- Fursprechen Eyd.
- Von Gerichtsbüchern.
- Von Gerichts Siegeln.
- Von Sportulis und Gerichtsbesoldung.
- Von Gerichtszwangk.
- Von vngebotten Gedingen.
- Welche Zeit ordentlich Gericht gehalten oder nit gehalten werden soll.
- Notgedinge ec.
- Von Citation gerichtlicher Ladung. Vorgebot.
- Von vngehorsamen ausbleiben des Clegers.
- Von Ungehorsamb des Beklagten.
- Von Befestigung des Kriegs.
- Vom Eide vor geferde, und erstlich vom Cleger Eyd.
- Beclagten Eid.
- Von Position und Articulen.
- Von Probationen vnd Beweißtum inn gemeinn.
- Vonn Zeugen.
- Zeugen Eidt.
- Von Eröffnung der Zeugensage.
- Vom Endurthel.
- Von Appellation.
- Von Appellation und Beyurtheln.
- Von volnführung und verhör der Appellationsachen.
- Inn was Zeit die Appellation volnfuhrt werden soll.
- Von desertion oder verlöschung der Appellation.
- Von volnziehung der Urtheil.
- Von Gerichtscosten.
- Beschluß.
Editorial
Quelle: Das Wittgensteiner Landrecht : nach dem Original-Codex von 1579 / bearb. und hrsg. von Wilhelm Hartnack. – Laasphe : Carl, 1960. – 147 S. (Wittgenstein : Beih. ; 1) [Editorischer Hinweis: Die Artikelzählung ist für die elektronische Edition eingefügt worden.]
Homburgische Gerichts vnnd Policey Ordnung118.1
[Seite 118][Seite: 180v][vom 1. Januar 1563].
[Seite: 181r]Wir Sebastian Graue zu Seyne, Herr zu Homburg, Muncklar und Meintzenberg ec. Und Wilhelm zu Seyn, Grave zu Wittgenstein, Herr zu Homburg ec. Entbieten allen und jglichen vnsern Amtleuten, Vögten, Richtern, Schultheißen, Scheffen, Geschworenen, Gerichtsschreibern, vnser hoher und nieder Gerichte, Vnd allen unsern Unterthanen und eingesessenen vnsers Lands und Herrschaft zu Homburg, Und sunsten auch allen andern, die sich gemelter vnser Gerichte des Landts zu Homburg jtzt oder künftiglichen gebrauchen werden, Unser Gnad und alles guts, Und hiermit zu wissen, Als wir durch langweilige Erfahrung, und teglich clagen der vnser befunden, das an ermelten vnsern hoch und niederen Gerichten vnordentlich inn Rechthengigen Sachen gehandelt, vnd die Partheien dadurch in langweilige Processe, vnnd vergeblichen Kosten vnnd Schaden geführt, das auch etzliche gebreuche in ermelter vnser Herrschaft Homburg in mißbrauch zu der Einfaltigen verforderung gezogen.
[Seite: 181v]Dem allem zuvorkommen, damit vnsern Underthanen vnnd Eingesessenen vnsers Lands zu Homburg, vnd menniglichen darzu er befugt furderlich austreglich Recht gedein, wiederfahren und sunst guter gehorsamb, einigkeit und ruh und Fried zwischen den vnsern vnd negst anstoßenden Landen, wie von alters hero erhalten werden mögen. Allß haben wir vns einer einhelligen gerichtlichen Ordnung, welcher gestalt an obgemelten vnsern Gerichten hinfuro furgefahren und gehandelt werden soll, verglichen, welchen wir euch allen samptlich und sonderlich publiciert und verkündet haben wollen, bey den Pflichten und Eyden, damit jr uns verwandt und zugethan sein sollen, gepietend, daß jr ob solcher unser Ordnung in vnnd außer Gericht halten, die Proceß danach richten volnführen, die Sachen entscheiden menniglichen Urtheil fellen, unnd unparteilich schleunig Recht wiederfarren lassen. Wer sich aber dagegen ufflenen vnnd dem wiederstreben würde, dieselben sollen jr unser Amptleute, Vogt, Richter vnd Scheffen nach gestalt der Sachen vnd felle der gepur darumb in unserm Namen ansehen, büßen vnnd straffen.
Datum den ersten Januarij, Anno Dni. Tausend fünffhundert sechzig vnnd zwey.[Seite: 182r]
[1] Von besitzung der Gerichte.
[I 1] Die besitzung der Gerichte soll, wie von alters herkommen gebraucht vnd gehalten werden, Nemlich zu Homburg ein Vogt, den wir Sebastian, Graff zu Seyn zusetzen haben. Und ferner uns beiden Herrn zu Homburg, Graue zu Seyn und Wittgenstein gelobt und geschworen sein soll.
[I 2] Item sechs Scheffen halb Seynisch und halb Wittgensteinisch, die gleichfalls vnns beiden Herrn von Homburg schweren, soll Seyn und Wittgenstein ordnen.
[I 3] Zween Fürsprecher, die beiden Herrn und dem Gerichte gelobt.
[I 4] Item ein tüglichen Gerichtsschreiber, den beyde Herrn setzen vnd beyden Herrn gelobt sein soll.
[I 5] Die Schulteißen sollen, wie von alters herkommen, die Gerichts gebott und verbott thun, darauff sie auch vereid sein sollen.[Seite 119]
Zu Wiell.
Sol ein Richter sein, der Wittgensteinisch seye, vnd durch uns Grauen zu Witgenstein gesetzt, doch uns beyden Herrn gelobt sein, Unnd sunsten sechs Scheffen, [Seite: 182v] wie von alters herkommen.
Freygericht zu Walpruel.
Unser Freygericht zu Walpruel sollen vnser Vogt und vier Scheffen auß den Scheffenstuel zu Homburg besitzen.
Und sollen auch die Seynische, Witgenstteinische und Bergische Underthanen und angehörigen, welche Güter haben an das Freygericht gehörig, dahin folgen, dieselben Gütter daselbst vertretten, auß und angehen, jre gebur Järlich geben, wie von alters herkommen.
Solches Gericht soll wie von alters järlichs uff Donnerstag nach Martini gehalten werden. Doch soll es bei unserm Vogt und Scheffen stehen, da es der Partheien und Sachen nottdurft erfordern würde, daß sie zu Schleuniger abhelfung der Sachen mehr Gerichtstage anzusetzen haben sollen.
Morßbach.
Unser Gericht zu Morßbach soll auch wiederumb angericht, besetzt und gehalten, auch daselbst unsere der Herrn zu Homburg hochherrlich und Gerechtigkeit wie gewonlich, und wie von alters herpracht, geweist werden.[Seite: 183r]
Lehengericht zu Homburg.
Unser Lehengericht zu Homburg soll auch, wie gewonlich vnnd von alters herkommen, im beysein unser beyderseits Amptleute, Vogt, zween Seynische und zween Wittgensteinische Scheffen vnnd Gerichtsschreiber gehalten. Und durch die Lehenleute sampt den zugeordenten Scheffen unser Gerechtigkeit, wie von alters geweist werden.
Hoffgericht zu Wyll.
Unser Hoffgericht zu Wiell soll auch wie gewonlich durch einenn Wittgensteinischen Unterthanen, als vnsern Richter behegt, vnd durch Hoffmann gehalten werdenn.
Fur demselben sollen alle Ingesessenen des Kirspels vnd Vogtey Wyell, Seynische, Wittgensteinische und Bergische vmb Erbgüter in gemelte Kirspels und Vogtey Wyell gelegen zu Recht handelnn.
Des Vogts, Richters vnd Scheffen Eide.
[Seite: 183v] Ich N. gelobe und schwere zu Gott und seinem heiligen Evangelio, das Gericht der wolgeporenen meiner gnedigen Herrn zu Homburg, Grauen zu Seyn und Wittgenstein ec. Ehrbarlich, fleißig und trewlich zu besitzen, jrer Gnaden Obrigkeit, Herrlichkeit und Gerechtigkeit helfen handhaben, und zu gewöhnlichen jeden ungebotten Dingen weisen. Den Partheyen und menniglich so daran zu schaffen haben, furbringen, anklagen vnnd Antwort hören, rechtmeßig unparteilich Urteil und Bescheid nach meinem besten Verstande sprechen, weisen vnd weisen helfen. Und das nicht underlassen vmb lieb oder leid, Freundschafft, Feindschafft, Sippschaft, Magschaft, Gunst, Gabe, Geld, forcht, Gelds wert, oder vmb etwas, was sich einem vergleichen mag. Auch soll und will ich die Heimlichkeit und Ratschläge des Gerichts weder for oder nach dem Urtheil nit offenbaren, sondern alles thun, was einem frommen Vogt, Richter und Urtheiler geburt. Alles trewlich und ungefehrlich. So mir Gott helf und sein heiliges Evangelium.
Gerichtsschreibers Eid zu Homburg.
Ich N. Seynischer und Wittgensteinischer Gerichtsschreiber der Herren zu Homburg, gelobe vnnd schwere, daß ich alle gerichtlichen Handlungen die geschehen, mundlich und schriftlich auffs fleißigst vnd getrewlichst aufschreiben und [Seite 120]verwahren will, Gerichts Acten vnd jnkommende Brief und Siegel ohn des Gerichts [Seite: 184r] beuehl niemand mittheilen, oder Abschrift daruon geben. Auch alle Heimlichkeit des Gerichts und der Sachen niemand in werender oder unvollendter Rechtfertigung in künftig zeit, ob ich gleich des Ampts abstehen würde, offenbaren. Und was Sachen oder Partheien an das Gericht erwachsen, wiederraten noch dienen, beystand vnd fürderung weiter als meinem Amt geburt, thun will. Auch mich mit dem Schreiblohn nach rechtlicher Erkenntnis oder meiner Herrn Verordnung begnügen lassen, darüber niemand beschweren. Und alles anders zu thun, das einem vleißigen trewen Gerichtsschreiber geburt. Also mir Gott helf und sein heiliges Evangelium.
Schultheißen Gerichtsbotten oder Fronen Eyd.
Ich N. gelobe und schwere, daß ich die Vorgebott, vnd was mir vom Gericht beuohlen wird, fleißig vnd getrewlich verkünden vnd ausrichten, vnnd auf Erfordern Vogt, Scheffen vnnd des Gerichts daruon referieren will. Und ob ich des Gerichts Heimlichkeit hören vnd vernehmen würde, heimlich halten, und niemands offenbaren, meinem gnedigen Herrn zu Homburg trew, vnnd dem Gericht gehorsamb vnnd gewertig sein. Und alles das thun und lassen, was einem trewen Gerichtsbotten gebürt.[Seite: 184v]
Fursprechen Eyd.
Ich N. schwere, daß ich die Partheien und Sachen, so ich annemen oder mir beuohlen werden mit gantzen und rechten trewen will meinen. Ir Recht vnnd Gerechtigkeit nach meinem beßten vleiß vnd Verstand furdern vnd furtragen, jre Heimlichkeit vnd behelff jnen zum Nachteil niemands offenbaren, fur Gericht zucht und Ehrbarkeit gebrauchen, lesterung und schmehung vermeiden, mit dem Partheien auf einen Theil von den Sachen oder sunst ungebührliche Pacta oder Gedinge, zu der Sachen Gewinn nicht zu machen. Die Partheyen, welche ich gerichtlich diene oder dienen würde, vber gewonlich belohnung auf Ermessen des Richters vnd Gerichts nicht beschweren. Und was mir durch die Scheffen oder das Gericht taxiert vnd erkennt, oder von meinem gnedigen Herrn verordnet, mich des begnügen zu lassen. Und sunst alles zu thun, was einem getreuen und vleißigen Fursprecher gebürt.
Von Gerichtsbüchern.
Es soll vnser Vogt, Richter vnd Scheffen zu Homburg ein Gerichtsbuch haben, darin alle gerichtliche Handlung, end oder bey urtheil und Appellation, und was ferner furgestellt durch den vereydeten Gerichtsschreiber fleißig aufschreiben lassen.
Item am selben Gericht soll noch ein Buch gemacht und gehalten werden, darinn alle Verträge, Ufftrachten, Ubergaben, Keuffe, Verkeufe, Burgschaften. Item [Seite: 185r] Testamenten, Vormundschaft, Inventarien oder Verzeichnissen dero Vormündigen Gütter, vnd dergleichen Verzeichnet vnd fleißig auffgeschrieben werden mögen.
Solche Bücher sollen auf dem Schloß zu Homburg in einer Kisten mit dreien Schlossen verwahrt werden. Und sollen der Vogt einen Schlüssel, ein Saynischer Scheffe den andern Schlüssel, den dritten ein Wittgensteinischer haben. Alle Jahr sollen die zween Scheffen jre Schlüssel dem Gerichte im beysein vnserer Amtleute vberantworten, vnd alsdann zween die negste Scheffen das folgende Jar die zween Schlüssel haben. Unnd nichts in oder ausschreiben lassen on einhellig zulassung und vorwissen der andern Scheffen.
Degleichen soll es auch in den andern Gerichten gehalten werden, vnd die Kist der Ort in der Kirche gesetzt werdenn.[Seite 121]
Von Gerichts Siegeln.
Es soll auch Vogt, Richter und Scheffen an vnsern Gerichten ein gemein Scheffen-Siegel, darin Saynisches vnd Wittgensteinisches Wappen gemalet sey, damit alle Acten, Proceß, Ladungen, Gebot, bey vnd Endsurteil, Ufftrachten, Ubergaben, Pfandschaften, vnd alles was vor Gericht geschieht, vnd schriftlich begehrt wird, versiegeln. Und solches soll geschehen im beysein Vogt, Richters, zweier, dreier [Seite: 185v] oder mehr Scheffen. Und soll hierin die Maß gehalten werden, daß solch Siegel auf gewisse Zeit, wenn an das Richter vnd Scheffen beyeinander sein zuversiegeln gepraucht, darmit die Partheien ferners Kosten uberhoben blieben.
Solches Siegel soll auch in obgen. Kisten verschlossen vnd verwahrt werden.
Von Sportulis und Gerichtsbesoldung.
Wir wollen auch zu Ende dieser Ordnung eine gemeine gerichtliche Besoldung, was uns von der Obrigkeit, vnd unserm Vogt, Scheffen, Richtern, Gerichtsschreiber, Fursprecher vnd Schultheißen von jeglichen Gebotten, Verbotten, Versiegelungen, Bußen oder sonstigen Gebühren oder weren soll verordnen, dem sich demselben gemäß zu verhalten haben.
Von Gerichtszwangk.
Es sollen vnsere Vogt, Richter und Scheffen in vnserm Lande zu Homburg, vber alle Personen vnd Güter im Lande Homburg, desselben bezirk, Grenzen oder [Seite: 186r] Lagen gesessen vnd gelegen, Und alle Sachen, die sein Burgerlich oder peinlich, außerhalb deren, so jrer Art vnd Natur nach Geistlichs oder Lehens-Rechtens sein, wie von alters herkommen, vnd das in streitiger Ubung gewesen, richten, vrtheilen vnd execution thun.
Uber geistliche Personen, Geistliche und Ehesachen vnnd geistliche Gütter im Lande Homburg gelegen, die behalten wir vns allein zu richten, wollen auch darumb Versehens thun, daß jedermann bei dem seinen geschätzt und gehandhabt werde.
Item uber Manngütter, Lehengütter sollen sie zu richten sich enthalten, vnd die für uns vnd vnsere Rethe weisen.
Diesem Gerichtszwang sollen alle, die in vnserer Herschaft Homburg gesessen, gehorsamen. Und sollen die Güter darin gelegen ann fremde Gericht nit gezogen, sondern die Uberfahrer darum gestraft werden.
Von vngebotten Gedingen.
Das erste Dienstag nach der heilige drey Königetag.
Das ander vff Dinstag nach Sper vnd Kronentag.
Das dritte vff Dinstag nach Bartholomei.
Und sollen alsdann zu jeder zeit zu neun Uhren vor Mittag, Vogt, Scheffen vnd Unterthanen am Gericht erscheinen. Und wer die Zeit versäumt, soll ein halben [Seite: 186v] Gülden zur Buß geben. Und sollen die Scheffen vnser, des Herrn zu Homburg Obrigkeit und Gerechtigkeit, wie von alters weisen. Auch durch die Eltesten die rechte alte Landesscheidungen vnsers Landes zu Homburg anzeigen, vnnd solches in die Gerichtsbücher schreiben lassen.
Item, daselbst sollen auch alle Untugend, vnnd was wider christliche vnnd bürgerliche Policei begangen, Item Gewalt vnd andere Freveln, so heimlich und offentlich geschehen, gerugt und einbracht, vnd die Bußen und Strafen darüber erkennt, vnnd jede Sache nach ihrer Art an ihren gebührenden Ort geweist werden.
Welche Zeit ordentlich Gericht gehalten oder nit gehalten werden soll.
Wir wollen auch, daß alle ordentliche Gerichtstage zur rechten Tageszeit im Sommer zu achten, vnd im Winter zu zehn Schlegen angestellt, angefangen, vnd bei Sonnenschein gehalten werden.
[Seite 122] In zeit des Lenzens, erndte vnd Wintersaat sollen keine Gerichte gehalten werden.
Notgedinge ec.
Aber die Sachen, die eilende austreg fordern, sonderlich vff außlendiger [Seite: 187r] ansuchen, mag man in der Erndte und Herbst Notgedinge halten.
Acht tage vor Christmeß vnd acht Tage darnach. Vom Sonntag Esto mihi, bis vff den Sontag Invocavit.
Vom Palmtage bis den ersten Sonntag nach Ostern.
Vom Pfingstabend bis vff Sonntag der heiligen Dreifaltigkeit.
Und sonst alle Feiertage von der Kanzel zu feiern gebotten soll man feiern.
Sunst soll ordentlich vff alle Dienstag zu vierzehn tagen Gericht gehalten werden.
Von Citation gerichtlicher Ladung. Vorgebot.
Wir befinden, daß an gemelten unsern Gerichten etzliche vnnütze Vorgebot in der Kirchen an die veste geschehen, vnnd also erst zum dritten Gericht der Kläger seine Klage an den Tag tut, dardurch beyde theil vffgehalten, vnd in unnütze vergebliche Kosten geführt werden. Darumb so wollen wir solche Gewohnheit hiermit abgeschafft haben.
Und soll hinfüro der Ankläger den Vogt und Richter ersuchen, den Beklagten namhaft anzeigen, vnd denselben durch unsern den Seynischen oder Wittgensteinischen [Seite: 187v] Schultheißen des Orts, da der Beklagte gesessen, zum nehesten Gericht dieser oder der Sachen halben gerichtlich furheischen lassen. Alsdann soll der Richter durch den Gerichtsschreiber solches ansuchen vnd beuohlene beladung ins Gerichtsbuch inschreiben lassen.
Von vngehorsamen ausbleiben des Clegers.
Wann der Cleger auff den ersten Termin seinen bevollmächtigten Anwalt nicht schicken oder ausbleiben würde, vnnd die Sache mit Clage nicht mündlich oder schriftlich verfaßt ist oder mündlich verfaßt ist, so soll vff des Beklagten anrufen der Cleger Ungehorsam vnd den Gerichtskosten abzulegen erkennt, vnd der Beklagter von solchem Vorgebot absolviert und ledig erkennt werden. Es sei denn sach, daß er sich leibsnöten und Herrn gebott durch einen scheinbotten, wie von allters bräuchlich, entschuldigen lasse.
Von Ungehorsamb des Beklagten.
Bleibt der Beclagte ungehorsamlich auß vff das erste Gebott, mag der Kleger dessen Ungehorsamb beclagen, vnd jnen zum andern und furter wo von nöten zum dritten mal, endtlich und per emptorie laden lassen. Solche zwei letzte Gebot mögen dem Beclagten an sein Hauß und Hoff geschehen. Und ist nit nötig wie [Seite: 188r] das erste an sein Person.
Kommt der Beclagte also nicht, so mag der Cleger mit seiner Clage und Beweis furtfahren, Und den Beclagten alsdann laden zu lassen zusehen vnd zu hören den Cleger in die streittige Gütter auß der ersten erkenntnis inzusetzen. Solches ist zu verstehen, wenn die Clag vff liegende Gütter in dem Gerichtszwang gelegen gestellt, vnd der Beclagter fur der Kriegsbefestigung ungehorsamb außplieben.
Item personlichen Clagen, als umb Schuld und dergleichen, wenn der Beklagter ungehorsamb erkennt ist, mag der Cleger Insetzung begehren insgemein in des Beclagten Gütter nach Größe der Schuld.
Erscheint der Ungehorsamb alsdann und erlegt dem Cleger Kosten und Schaden, mit caution der Sach in Recht außzuwarten, soll die Insetzung aberkannt und in der Heuptsache furtgefahren werden.
Erging aber die Insetzung, vnd bleibt der Beclagter vber Jar von abgemelter [Seite 123]Insetzung auß, so soll der Cleger Insetzung durch die zweite Erkenntnus pitten und erhalten, und solange darbei bleiben, biß er vom Beklagten mit recht daraus getrieben.[Seite: 188v]
Von Befestigung des Kriegs.
Und sollen beide Theil, nach dem Beclagten der Cleger die Clage nit geständig, den Krieg befestigen.
Der Cleger soll sagen, Ich befestige den Krieg, und sagt, daß meiner Klage inhalt war sei, vnd darnach geurtheilt werden soll.
Der beclagter soll sagen: daß das Furbringen der vbergebenen Klag nit war, daß auch Clegers Pitt nit statt haben soll.
Vom Eide vor geferde, und erstlich vom Cleger Eyd.
Wo der Eyd von Partheyen begert wird, so soll er dieser maßen geleistet werden: Ich N. schwere, daß ich gläube eine gute Sache zu klagen habe, will auch keinen verzug oder freuntliche außzüge zur Verhinderung und Verlängerung der Sache begehren oder suchen. So oft ich in Recht gefragt werde, die Wahrheit nicht verhalten, keines falschen beweis gebrauchen. Daß ch auch dieser Sachen halben niemand anders, denn denjenigen, so das Recht zuläßt, jchts geben oder verheischen hab, oder künftiglich geben wolle, damit ich die Urteil behalten möge. – Alles trewlich und vngefehrlich. Als mir Gott helfe und sein heiliges Evangelium.
Beclagten Eid.
[Seite: 189r] Ich N. Schwere, daß ich gleube eine gute Sache, auch gegen den Cleger mich zu beschützen zu haben. Will auch keinen gefehrlichen schub oder freuentlichen außzug begeren oder furwenden. Und sooft ich in Recht gefragt werde, die Wahrhewit nicht verhalten. Hab auch oder will niemand, dann denen, so die die Rechts zugelassen, jchts was geben oder verheißen, damit ich die Urteil behalten möge. Alles trewlich und vngeferlich.
Von Position und Articulen.
Nach solcher Befestigung und getanem Eid fur geferd, soll der Cleger seine Clage vnderschiedlicher Articuls weise furbringen, vnnd den Beklagten darauf wie Recht zu antworten, durchs Wort: Gleub wahr oder nicht wahr, anzuhalten pitten. Und mag Beclagter alsbald antworten, oder zeit zum negsten Gericht pitten.
Von Probationen vnd Beweißtum inn gemeinn.
Der Beweißtum mag geschehen durch des Beclagten eigen Erkenntnis. Welche stück nun nicht bekannt werden mögen durch glaubhaftige Zeugen, Brieff, Siegel, Bücher, Rotulen, Register, Instrumenten vnd dergleichen. Auch durch Augenschein, [Seite: 189v] starke rechtliche Vermutung, gemein geschrei, heimstellung eines Eides erwiesen werden.
Darzu dem Cleger drei bestundungen vnd ziel samptlich oder sonderlich gegeben werden mögen. Die vierte Dilation soll on erhebliche Ursach und vorhergehende erkenntnuß, das die Ursach rechtmeßig mit zugelassen werden.
Und dieweil zwischen dem Beklagten und Cleger eine Gleichheit sein, so soll es mit des Beclagten, da er etwas beibringen sollte oder wollte, wie mit des Clegers Beweisungen gehalten werden.
Vonn Zeugen.
Welches Theil Zeugen führen will, soll die Namen (Jim Zeugen dem Richte] Im Gericht vbergeben, vnnd pitten, daß eine Zeil dieselben furauheischen der Wahl heit gezeugnis zugeben.
Der Jegentheil soll auch dabei Citiert werden, ob er wöll sehen vnd hören die [Seite 124] Zeugen vffzunehmen geloben vnd schweren, Fragstück zu geben, Und ob er wieder die Person vnd Ihre Auffassungen zu reden hett, sich darnach zu schicken wüßte. – Seind sie aber in eines andern Gerichtszwang gesessen, so soll der Richter, fur deme man handelt, Compaß brieue mit zuuerschloßen der designierten Articuln. Warauff die Zeugen zuuerhören, an die Obrigkeit oder Richter, da die Zeugen gesessen, dem furstellenden Theil mitteiln. Und die Kundschaft verschlossen in das Gerichte gebracht werden.[Seite: 190r]
Zeugen Eidt.
Ich gelobe und schwere, daß ich vff ingelegte Articuln vnd Fragstück die gantze lauter Wahrheit und Kundschaft sagen, vnd nichts verhalten will, soviel mir darum wissend, kein falschheit inmischen, niemand zulieb und zuleid, noch aus forcht, freundschaft, feindschaft, oder umb einigs Nutz, Gab, noch einiger Sachen willen, dardurch die Wahrheit unterdrückt werden mocht, verschweigen will. Als mir Gott helf und sein heiliges Evangelium.
Von Eröffnung der Zeugensage.
Wann dann einer oder der ander Theil Brieff vnd Siegel, vnd also seinen Beweis furbrecht, so sollen Terminen zur Eröffnung der Kundschaft angesetzt, Und so fern der Jegenteil keine erhebliche Ursach, warumb die Eröffnung nicht geschehen soll, furzuwenden, soll die Eröffnung geschehen.
Der Cleger mag auf solche In- und Jegenrede des Beclagten replicieren vnd alles ferner ingeben, was zur Rechtfertigung seiner Clag dienlich. Der Beclagt mag Copey und zeit pitten. – Wann nun beide Theil alle notturft einbracht, soll jeder Theil zu Recht setzen und beschließen.[Seite: 190v]
Vom Endurthel.
Uff beschehen Beschluß sollen Vogt, Richter und Scheffen die angegangene Handlung, Inlagen, schriftlich Beweis, Zeugensage mit Fleiß ersehen, erwegen, vnnd was Recht darin sich miteinander zu underreden, und vergleichen, Und das Urteil in Schriften verfassen, vnd jnen verlesen lassen.
Von Appellation.
Wann die Endurtel vergemelter gestalt ausgesprochen sein, welcher Theil sich dann in demselben zum theil oder zumal beschwert sein befindet, mag an uns seine gepürende Obrigkeit mündlich, oder in den negsten zehen Tagen schriftlich appellieren und berufen, Und vom Richter Apostolos oder Abschiedsbriewe pitten, die jme auch der Richter geben soll.
Von Appellation und Beyurtheln.
Wurde aber von Beyurteln appelliert, so soll die Appellation schriftlich geschehen, vnnd die Ursachen der Beschwerung klerlich darin angezeigt werden. Wo alsdann, die nit erheblich, soll die Appellation nicht angenommen, dann in der Heuptsachen furtgefahren werden.[Seite: 191r]
Von volnführung und verhör der Appellationsachen.
Mit volnführung vnd verhör der Appellationssachen haben wir uns folgender gestalt verglichen: Die appellierende Parthei soll innerhalb zweier Monats Zeit nach ausgesprochenem Urteil seine gerichtlichen Acten oder Handlungen durch den Gerichtsschreiber fertigen lassen, vnnd dieselben vnder dieß Gerichts-Siegel vnserm Amptleuten zu Homburg furbringen.
Wenn also die Appellation sach anhänglich gemacht, sollen die Richter und Scheffen in hangender Appellation nicht furfahren. – Daneben soll die appellierende Partei jre Beschwerden, vnnd womit sie ihre Appellation gerecht zu machen vermeint, schriftlich und geduppelt vbergeben.[Seite 125]
Desselben eins sollen vnscre Rentmeistere dem Jegenteil alßbald zustellen, innerhalb Monatszeit seine Jegenwehr und Auszüge zufertigen, vnd unsern Amtleuten auch doppelt zustellen, deren eins dem Appellanten zur Beantwortung behanden. Wo denn diese oder jene Partei weiter Jegenrede oder ferneren beweiß mit Zeugen und Brieuen inzubringen hetten, sollen vnsere Amptleute annehmen. Und sich in dem allem bis zum Beschluß laut vnser Ordnung in erster Instanz [Seite: 191v] furtfahren. Und alles durch den Gerichtsschreiber vleißig aufschreiben lassen. – Im Falle aber der Appellant nichts anders oder ferner einbracht, dann in erster Instanz, furgeben wollte, hat er auch vor unsern Amptleuten inn beysein des Appellanten mündlich oder schriftlich anzuzeigen. Und aus vorigen ergangenen Acten Rechtens zu bitten, wie sich solches geburt. – Also haben wir uns auch verglichen, daß wir alle halbe Jahr, wo nicht andere Verhinderung einfallen, vff Montag nacht Reminiscere und vff den negsten Tag nach Michaelis, wo ein gerichtlicher Tag, Wo nicht alsdann den negsten Tag danach jgliche etzliche von seinen Dienern gein Homburg verordnen wollen, die neben und mit den Amptleuten die Appellation sachen furnehmen, die ergangenen Gerichtshandlungen erster und zweiter Instanzen, besichtigen, erwägen, pillige Urteil verfassen, die Parteien vff einen gewissen tag furheischen, und die verfaßte Urtheil aussprechen.
Welches Theil, welches sich mit solchem der vnserm Spruch beschwert zu sein vermeinet, stehet jm der Weg zum kaiserlichem Cammergericht, sofern die Sache uber fünfzig Gulden wert ist, und sonst nicht, offen, und hat sich nach desselben Cammergerichts Ordnung zu halten.
Inn was Zeit die Appellation volnfuhrt werden soll.
Alle Appellation sachen sollen innerhalb Jahresfrist, oder im Fall ehrhafter [Seite: 192r] Verhinderung zum lengsten in zweien Jahren außgefuhrt werden. Es würden dann die Partheien in einen Compromiß treten, oder sunsten durch Uns und die unsere aufgehalten, solches soll den Appellanten an jrer geberlichen volnführung keinen Nachteil geberen.
Von desertion oder verlöschung der Appellation.
Wann die Appellierende Parthei also innerhalb zweier Monats Zeit jre Appellation nicht anhengig gemacht, oder in Jahresfrist von Zeit des ausgesprochenen Urteils die Appellation nicht verfolgen würde, sollen unsere Verordneten uff Ansuchen des Jegentheils den Appellanten dreimal furheischen lassen, zu beweisen, daß er seine Appellation, wie recht, erfolgt habe. Oder aber zusehen vnd hören seine Appellation verloschen sein zuerkennen. – Erscheint er nicht, soll vff anhalten des Gegentheils die Appellation erloschen sein, vnd das vorige Urteil in crafft gangen, vnd zu voriger Instanz Richter zu dessen volnziehung gewiest werden.
Von volnziehung der Urtheil.
Wann nun die Urteil auff ein Antwortung etzlicher ligender oder fahrender Gütter, als nemlich Haus, Acker, Wiesen, Pferd, Ochsen und dergleichen gestelt [Seite: 192v] ist: Sein die Cleger und Beklagten vnsers eines Herrn, Sollen Vogt und Richter desselben Herrn, Schultheißen und zween Scheffen die wurkliche Einsatzung und Uberantwortung, so er sich dessen gütlich wegert mit der Tat und gerichtlicher Gewalt der Oberkeit tun. – Sein sie aber Saynisch-Wittgensteinisch oder Bergisch, sollen Vogt, Richter beider Herren Schultheißen vnnd zween Scheffen die Einsetzung tun, wie von alters herkommen.
Wann aber das Urteil in personlichen Clagen vmb Schuld, geliehen Geld ec. und nicht vff benente ligende Gütter sprechen, vnnd der verlustige Theil mit Urteil verdammt wird, soll dieser Underscheid gehalten werden.
Erstlich soll die Execution in des unlüstigen Theils farender Hab oder Gütter, [Seite 126] deren er tun leichtesten entraten mag. So die nit gnug, in die ligende vnbewegliche Gütter, so die auch nit gnug, an die bekentliche Schuldner beschehen. Und sollen alsdann die Stucke nach gebührlichem Wert durch unsern Geschworenen geschätzt, angeschlagen, feil gebotten, verkauft, oder dem obsiegenden Theil an Bezahlung für Heuptsumma vnnd Schaden eingegeben. Und sunst in dem allenthalben gehalten werden, wie von alters herkommen und gebreuchlich gewesen ist.
Und solches alles durch den Gerichtsschreiber in das Gerichtsbuch schreiben lassen.[Seite: 193r]
Von Gerichtscosten.
Wann eine Partei in den Unkosten verdammt, soll der gewinnende Theil die Gerichtskosten, als von Gebott, Furgebott, Zeugenverhör, Schreibergeld, Redner- vnnd Advocatenbesoldung, Siegelgeld, und was sunst an Bottengeld und anderen gerichtlichen Costen außgeben, schriftlich mittels Eids eingeben, vnd Vogt vnd Scheffen dieselben nach Pilligkeit meßigen, taxieren, vnd den verlustigen Theil zu bezahlen anhalten. – Da aber ferner wichtige Felle vnsern Vogt und Scheffen vorfielen, in denen in dieser vnser Ordnung kein Maß gegeben, sollen sie dieselben an unsere Rethe gelangen, vnd nach gestalt dern oder vnserer Erleuterung erwarten. – Dieser vnserer Ordnung sollen sich vnser Vogt, Richter, Scheffen vnnd Underthanen im Gericht gemäß halten, in bürgerlichen Sachen, alß vmb ligend oder farend Güter vnnd personlichen Clagen.
Aber in peinlichen Sachen, sollen sie sich nach Maß und Form Keysers Karls löblicher Gedächtnuß, Römischen Keysers, und des heiligen Reichs Halsgerichtsordnung in allen und jeden Articuln vurfahren vnd Recht geben vnd nemen, die wir jnen, wie hiebevor auch geschehen, verkund haben wollen. Damit auch die Partheien der Gerichtskosten vnd Besoldung halben nicht vber Pillichkeit beschwert. Auch Vogt, Richter, Scheffen vnd andere Gerichtspersonen wissen mögen, was sie von jedem Stück und Handel nehmen sollen zur Besoldung, wollen wir jnen ein besonder Verzeichnis vnder andern Siegeln zustellen lassen.[Seite: 193v]
Beschluß.
Demnach gepieten wir unsern Amtleuten, Rentmeistern, Beuehlhabern, Vogten, Schultheißen, Geschworenen, Scheffen, Gerichtsschreibern vnnd Fursprechern, vnd allen unsern Untertanen bemelter vnser Herrschaft Homburg, bey den Pflichten und Eiden, damit sie uns verwandt, Daß sie dieser vnser Ordnung in Besetzung, Ubung und Gebrauch vnser Gericht in allen Punkten nachsetzen, dero gehorsamblich geleben. Doch in allwege vns furbehalten, diese vnsere Ordnung, so oft es noth, zu endern, bessern, kürtzen oder zu lengen.
Ende.
118.1. Wegen dieser Homburgischen Ordnung und ihrer Grundlage von 1561 vgl. das im Vorwort Gesagte. Dazu: Karl Heckmann in Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins Bd. 60, 1931, S. 55-112.