Wittgenstein Landrecht 1569


Wittgenstein Landrecht 1569 :: Elektronische Edition Heino Speer 2010

[Editorial]

Quelle: Das Wittgensteiner Landrecht : nach dem Original-Codex von 1579 / bearb. und hrsg. von Wilhelm Hartnack. – Laasphe : Carl, 1960. – 147 S. (Wittgenstein : Beih. ; 1) [Editorischer Hinweis: Die Artikelzählung ist für die elektronische Edition eingefügt worden.]

Gerichtsordnung deren Graueschafft Witgenstein [von 1569 nach der Handschrift:] Girckhausen Anno Domini 1579

[Hartnack Seite 73]

WIR Ludwig von Seyn, Graue zu Witgenstein, vnd [Raubriter] Herr zu Homburgk etc. Entbieten allen unsern Amptleuten, Rethen, Renthmeistern, Schultheißen, Burgermeistern, Scheffen vnd Vnderthanen, Auch allen denen, die unserer Vndergericht zu gebrauchen von nöten haben werden, unsere Gnade und alles gute. Unnd fügen euch hiemit zu wissen.

Als wir nun ein zeit hero in gewisser Erfarunge befunden, Das an unsern Undergerichten in viel wege, auß einfalt und unerfarnheit der Gerichtspersonen: gantz unordentlicher, unrichtiger weise in Rechthengigen sachen vortgefaren, vieler handt Mißbrauche und böser gewonheiten eingeschlichen, Darauß viel nichtigkeiten und Ungerechtigkeiten wieder beschriebene Rechte erwachen, unnd dadurch die Partheyen eins, oder beide theil in grossen Nachteil unnd schaden, Auch verlust ihrer Zeit unnd Sachen geratten.
[Seite: 106r] Haben wir nit umbgehen sollen, denselben mit gutter Rechtlicher Ordnung vor zukommen, wie unserm tragenden Ampt aufferligt. Und derhalb, damit an unsern Undergerichten hinfüro formlich, und den beschriebenen Rechten gemeß, inn Rechthengigen Sachen vorgefaren, und einem jeden darzu er befugt, fürderlich, schleunig und unpartheilich verholffen, alle Mißbreuche und böse Gewonheiten abgeschafft, Recht, Friede und Ruhe gepflanzet unnd gehandhabt werden, mit zeitigem Rath ein Gerichts Ordnung, wie und welcher gestalt in Bürgerlichen Sachen hinfüro an unsern Undergerichten in unserer Graffschafft Witgenstein procedirt und gehandelt werden soll, wissentlich auffgericht, auffrichten unnd
[Hartnack Seite 74] machen
, in der bestendigsten form, wie wir von tragenden Ampt und Rechts wegen thun können unnd mögen, Inn maßen wie von Puncten zu Puncten folget.

[1] Vonn besetzunge der Undergerichte.

Unsere Undergerichte sollenn mit einem Schultheißen unnd acht Scheffen besetzet werden. Inn peinlichen Sachen sollen nicht unter sieben zum wenigsten sein zugegen. Inn Bürgerlichen Sachen mögen fünff oder sechs neben dem Schultheißen Gericht haltenn.

Wann deren einer abgehet, soll unns das Gericht zwo tügliche unverleumbde Personen presentiren, daraus wir einen verordnen, beeidenn unnd einsetzen wollen.

Die Schultheißen sollen fleissig acht haben, das dieser unserer Ordnung in allem gelebt, keine Unrichtigkeit noch Partheiligkeit inn Gerichtshandeln gestatten.

Es soll ein fleissiger Gerichtschreiber verordnet werden, der aller Undergericht Handlung warten, auffschreiben und darvon antworten könne.

Bey jedes Gericht sollen drey oder vier tügliche Vorsprechen im Lande verordnet werden, unnd auff die Ordnung schweren.

Berleburg .

Unser Gericht zur Berleburg soll in peinlichen und Bürgerlichen sachen unser Schultheiß daselbst besitzen, unnd neben ime vier Scheffen auß der Stadt unnd vier Scheffen vom Lande.

Lasphe .

Unser Gericht zu Lasphe soll unser Schultheiße da selbst beyde inn peinlichen unnd Bürgerlichen Sachen mit vier Scheffen auß der Stadt, unnd vier Scheffen vom Lande besitzen.

Rischenstein .

Unser Gericht zum Rischenstein soll unser Renthmeister da selbst, oder der Schultheisse inn seiner stadt, mit acht Scheffen besitzen.

Unnd damit die Gericht desto richtiger gehalten unnd jedem was billich wiederfaren möge, haben wir unser Undergericht zu Feudingen inn das Gericht zu Lasphe geschlagen, sollen die Underthanen des Bezircks dahinn folgen.

Unnd ein jedes Gericht soll seinen geschwornen Botten haben, dem seine sondere belohnung von jedem Vorgebott und anderem hernach verordnet werden soll.

[2] Von Eyden der Personen, so dem Gericht zugethan und verwandt seind.

Des Richters oder Schultheissen Eydt.

Ich N. Schultheisse des Wolgebornen Herrn Herren Ludwigs vonn Sainn, Gravens zu Witgenstein unnd Herrns zu Homburg, etc. Gelobe und schwere,das ich wolgedachts meines gnedigen Herrn Undergericht alhie zu Witgenstein, Berleburg oder Rischenstein,zu gewönlicher zeit besitzen, Auch dasselbige nach meinem bestenn vermögen fordern und inn ehren haltenn, und einem jeglichen der darann zuschaffen hat, oder gewinnet, er sey Geistlich oder weltlich, frembde oder inheimisch, seine Rechtlichen tage recht und trewlich ansetzen und bescheiden, auch einem jeden zu dem, was ime in Recht zu erkandt, unnd was ihm sunsten gebürt, Ampts halben trewlich verhelffen soll und will. Als mir Gott helffe und sein heiliges Evangelium.

Scheffen Eydt.

Ich N. gelobe und schwere, das Gericht des Wolgebornen meines gnedigen Herrn N. Gravens zu Witgenstein, erbarlich, fleissig und trewlich besitzen, irer
[Hartnack Seite 75] Gn. Oberkeit, Herrligkeit und Gerechtigkeit helffenn handhaben und weisen, der Partheien, und meniglich, so darann zu schaffen, vorbringen hören oder vernemen,
[Seite: 108v] Rechtmessig Urtheil und bescheidt nach meinem besten Verstentnus sprechen, weisen oder helffen weisen, Und das nit underlassen umb Lieb oder leidt, Freundschafft, Feindschafft, Sipschafft, Magschafft, Gunst, Hab, Forcht, Halt, Geldes wert, oder umb ichts, das sich einigem Nutzen vergleichen mag. Auch die Heimlichkeit oder Ratschlege des Gerichts, weder vor noch nach den Urthel offenbaren, Unnd alles das thun unnd lassen, das einem frommen Scheffen und Urtheiler gebürt, Alles trewlich und ungefehrlich, Darzu mir Gott helffe und sein heiliges Evangelium.

Gerichtsschreibers Eydt.

Ich N. gelobe, das alles, so ann des Wolgebornen meines G. Herrn Ludwigs von Sainn, Gravens zu Witgenstein, vnd Herrns zu Homburg etc. Undergerichten gerichtlich gehandelt, mündtlich oder schrifftlich vorgetragen wird, zum fleissigsten und getrewlichsten auffschreiben und verwaren will, Brieffe oder Gerichts Acta, sonder des Gerichts bevelch, niemandt mittheilen, oder Abschrifft darvon geben, Auch alle Heimlichkeit des Gerichts und der Sachen niemandt offenbaren, Den Partheien so vor Gericht handeln, oder wo zuversehenn, das künfftiglich die Irrung am Gericht erwachsen möcht, inn iren Sachen weder rathen noch beystandt thun, oder forderung weiter dann meinem Ampt zustehet, thun will, Auch des Schreiblohns halber mich nach Rechtlicher Erkentnusse und messigung nach wolgedachts meines gnedigen Herrns zu Witgenstein Ordnung lassen begnügen, und niemandt darüber beschweren, Und alles das zu thun, das einem getrewen fleissigen Schreiber nach seinem vermögen zu thunn stehet und geburt. Darzu so helffe mir Gott und sein heiliges Evangelium.

Gerichts Potten oder Büttels Eydt.

Ich N. gelobe und schwere, die Vorgebot, und was mir von dem Gericht bevohlen wird, fleissig und trewlich zu verkünden und außzurichten, Unnd ob ich des Gerichts heimlichkeit horen od lernen würde, heimlich halten, dem Gericht gewertigt zu sein. Unnd alles anders zu thun, das einem getrewen Gerichtsknecht zustehet. Darzu so helffe mir Gott und sein heiliges Evangelium.

Eyde der Vorsprachen und Momparen.

Ich N. schwere, das ich die Partheien unnd Sachen, so ich anneme, oder mir bevohlen werden, mit gantzen und rechten Trewen meynenn, ire notturfft unnd Gerechtigkeit nach bestem Fleisse und verstentnüsse furdern, ire heimlichkeit und behelff, inen zu Nachtheil, niemands offenbaren, vor Gericht erbarkeit gebrauchen, Lästerung und schmehung vermeidenn, mit den Partheien auff einen Theil vonn der Sachen, oder sonst ungeburliche Pacta oder gedinge nit zu machen, Die Partheien, wilchen ich gerichtlich diene, oder dienen würde, über gewönliche belohnung nit beschweren. Unnd was mir durch die Scheffen oder das Gericht taxirt und erkent, mich des begnügen lassenn. Unnd sonst alles zu thun, was sich einem getrewen unnd fleissigenn Vorsprechen eigent und gebürt. Darzu so helffe mir Gott und seinn heiliges Evangelium .

[3] Von Gerichts Büchern.

Es soll ein Gerichtsbuch sein, an jedem Gericht, darinn alle gerichtliche Handlungen prothocollirt werden, soll der Gerichtsschreiber inn seiner fleissiger Verwarung haltenn, Damit er darauß den Partheien Acta und andere gerichtliche Handlung — doch ehe nicht, dann wenns ime im Gericht bevohlen — auffschreiben und mittheilen möge.
[Hartnack Seite 76] Das ander Buch, darinn alle Contracten, Vertrege, Uffdrechten, Ubergaben, Verkeuffe, Burgschafften, Testamenten, Vormunderschafft, Inventarien der unmündigen Gütter oder anderer und dergleichen verzeichnet, unnd fleissig auffgeschrieben werden sollenn. Solchs soll in einem Gerichtskasten mit zweyen Schlossen, darzu der Schultheisse einen Schlüssel, vnd zween Scheffen den andern habenn, verwart, und nichts onn der andern Scheffen beysein, darinn geschrieben werden.

[4] Von Gerichts Siegeln.

Jedes Gericht soll ein sonderlich Siegel inn derselben Kisten verwarlich haben under unserm Wapen unnd des Orts Zeichen, damit alle gerichtliche Handelung, unnd was ferner schrifftlichs unter ihrem Siegel begert wird zu verfertigen. Solchs soll aber nit gebraucht werden, dann inn beysein Schultheissen und drey oder vier Scheffen.

[5] Von Gerichts Zwang.

Ein jedes Gericht soll über die Personen und Güter, so in seinem Bezirck gesessen unnd gelegen, inn Sachen vor ihnen contrahirt, sich verbunden daselbst Rechts begeren, oder gesündiget in peinlichen und Bürgerlichen Sachen richten, unnd an keinem andern noch frembd Gericht gezogen werden. Außgescheiden unsere Lehen unnd Zinßgüttere, unnd Geistliche Sachen und Personen, welche wir uns, unseren Rethen, unnd andern darzu Verordneten, vorbehalten wollen.

[6] Freie Graffschafft Zuschena.

Dieweil die iren eigen Bezirck unnd sondere Freygerichte hatt, soll der auch sondere Maß unnd Form gegeben werdenn.

[Seite: 110v] [7] Von ungebotenen Gedingen.

Die ungebottenen Gedinge sollen Järlichs zweymall, wie von alters, an jedem Ort breuchlich gehalten werden. Nemlich zu Lasphe, das erste Donnerstag nach Walpurgis. Das zweite Donnerstag nach Michaelis. Berleburg. Das erste Gericht zur Berleburg soll gehalten werden Dinstag nach Walpurgis. Das zweite Dinstag nach Michaelis. Rischenstein. Das erste Gericht zum Rischenstein soll gehalten werden Dinstags nach Cantate. Das zweite Dinstags nach Gereonis. Unnd nach jedem ungeboten Gedinge zwey Nachgerichte jhe viertzehen tage nach dem ungeboten Gedingen so nötig gehalten, unnd uff demselben die einkommenden Sachen, so viel müglich, abrichten unnd nit zu nechsten ordentlichen Gerichten verschreiben. Unnd ob der obgent. Tage einer auff einen Feiertag fallen würde, das dann der nechste tag darnach, so kein Feiertag sein würde, derselbige verschoben werde. Zu solchen ungebotten Gedingen soll ein jeder Underthann gehorsamlich erscheinen bey vermeidung schwerer Peen.
[Seite: 111r] Unnd sollen alßdann zu jeder zeit die Scheffen unsere Hocheit, Obrigkeit, Herrlichs und Gerechtigkeit, alte Grentzen und Landtscheidung, wie von Alters her breuchlich, nach laut einer sondern Verzeichnuße, welche hinder unsernn Gerichten enthalten ist, weisen und Rügen. Solche weistumb unnd Rugen mit fleiß durch den Schreiber in das zweite Buch schreiben lassen.
[Hartnack Seite 77] Was frevell unnd Unthaten gerüget werden, die poen darauff erkennen. Oder so es die Zeit nicht leiden will, zu nechstfolgenden Gerichten erkennen, unnd jede Sache an seinen gebürenden Ort hinweisenn.

[8] Von ordentlichen Gerichten.

Alle andere ordentliche Gerichte sollen unnd mögen sie von vierzehen tagen, darnach es nötig, im Sommer des Morgens zu achten, unnd im Winter bey zehen Schlegen, unnd bey Sonnenschein halten. Inn Bürgerlichen Sachen nach Inhalt dieser Ordnung, guttem alten Landgebrauch unnd gemeiner beschriebener Rechten. Inn peinlichen Sachen nach besage Kayser Caroli des fünfften unnd des heiligen Römischen Reichs Halßgerichts Ordnung, die wir inen hiermit verkündiget haben wollen.

[9] Von Ferien.

[Seite: 111v] Auff Christliche Feste und Feiertage,so nach Inhalt unserer Kirchen Ordnung von den Cantzeln zu fairen gebotten, sollenn keine Gerichtstage gehalten werden.

    Item acht tage vor Christ Messe, unnd acht tage darnach.
    Vom Sontag Esto mihi, biß auff den Sontag Invocavit.
    Vom Palmtag biß auff den ersten Sontag nach Ostern.
    Vom Pfingstabendt biß auff Sontag der heiligen Dreyfaltigkeit.
    Item inn zeiten der Erndten, Lentzen unndt Wintersaat.

[10] Nottgericht.

Inn Sachen aber die eilenden auftrag fordern, unnd auß welcher verzug ein grosser Schade erwachsen mag, Als inn Verkündigung eines newen Bannes, inn kümmern unnd Aresten gegen Frembdt vorgenommen, Unnd so ein Parthey Leibs narung begert, unnd anderen dergleichen Sachen, oder auff ansuchen der Außlendischen, soll und mag im Lentzen oder Erndte, Notgeding gehalten werdenn.

[11] Von vorgebott oder Ladung.

Ein jglich Vorgebott soll aus befelh des Schultheißen geschehen. Darumb sol der Kleger den Schultheißen des Orts, da er zu handeln hat, ansprechen, unnd seinen gegentheil durch den Gerichtsbotten vorhaischen zu lassen, bitten, welchs der Schultheiß also bevehlen soll.
[Seite: 112r]

Das erste Vorgebott soll der Personen under augen, die andern zwey zu Hauß unnd Hoff verkündiget werdenn.

[12] Von Ungehorsamb des Beklagten.

Wo der Verklagter auffs erste Vorgebott ungehorsamblich außbleibet, soll unnd mag der Cleger den ungehorsamb des Beclagten beschüldigen, inen zum andern unnd dritten, unnd endtlich peremptorie verhaischen lassen. Erscheinet er zum andern oder dritten Vorgebott nit, soll er nit gehort werden, er bezale dann dem Kleger zuvor den Kosten seines ungehorsambs halben auffgangen, wo er seines außbleibens nit redlich ursach erweisen kann.

Kompt der Beclagter also auch nit, mag der Kleger mit seiner Klage unnd Beweiß vortfaren. Unnd wo die Clage auff ligende Gütter im Gerichte gelegen gestelt, unnd der Beclagter vor der Kriegsbevestigung ungehorsamb außbleibet, alßdann den Beclagten laden lassen zu sehen unnd zu hören, den Cleger in die streittigen Gütter auß der ersten erkentnuß einzusetzen.

Aber in personlichen Clagen, als umb Schuld, und dergleichen, Wann der Beclagter ungehorsamb
[Hartnack Seite 78] erkant ist, mag der Cleger einsetzung begeren ins gemein, in des Beclagten Gütter nach größe der Schuldt.

Erscheinet der Beclagter alß dann, unnd erlegt dem Cleger Kosten und schaden mit Caution der Sachen inn Recht auß zu warten, soll die Einsetzung auß erstem
[Seite: 112v] Decret aberkandt, unnd in der Hauptsachen vortgefaren werden.

Unnd wo der Beclagter über Jarsfrist außbleibet, soll der Beclagt geladen werden zu sehen den Cleger auß dem 2. Decret, in die streittigen Gütter einzusetzen, erscheint er, unnd erlegt alß dann Costen unnd Schaden, mit Caution dem Rechten genug zu thun unnd außzuwartenn, soll er gehört werden. Sonst wo nicht, soll der Cleger die einsetzung auß zweitem Decret bitten unnd erhalten, unnd dabey erhalten werden, biß er vom Beclagten mit Recht darauß getrieben wirdt.

[13] Von Ungehorsamb des Clegers.

Wann der Beclagt auff dem ersten, andern unnd dritten Vorgebott erscheinen, unnd der Cleger außbleiben würde, mag der Beclagte den Ungehorsam des Clegers beclagen. Unnd soll der Beclagt auff sein bitt von den Vorgebotten, mit erstattung auffgangenes Gerichtskosten ledig erkandt werden, Doch dem Cleger damit unbenommen, den Beclagten von newen zu laden, unnd die Sache zu verfolgen.

Da auch der Beclagt neben dem Cleger auff allen Terminen erscheinen würde, unnd der Cleger seine Clage nit einbringen, dann den Beclagten umbzutreiben unnd zu molestiren willens, mag der Beclagte begeren, den Cleger anzuhalten, inn benenter Zeit seine Clage vorzubringen, bey peen eines ewigen Stillschweigens.

[Seite: 113r] Bringt der Cleger in der zeit seine Clage nit ein, soll ime ein ewig stillschweigen mit erstattung aller Gerichtscosten dem Beclagten, aufferlegt werdenn.

[14] Von Caution, bestandt und Sicherheit.

Wo der Cleger und Beclagter vor Gericht erscheinen, unnd der Beclagt vom Cleger begert, durch sich oder seinen Anwaldt des Rechtlichen Streites außzuwerten, und ob er der Sachen niederligenn würde, allen gerichtlichen Costen und Schaden ime zu entrichten, solchs soll der Cleger mit Güttern oder Bürgen zu thun verpflicht sein.

Wann aber der Cleger mit seinem Eide bedeuren würde, das er nach möglichem, angewendten fleiß, solche Caution und Burgschafft nit thun kundte, soll er mit seinem Eide, bestandt und Sicherheit thun zugelassen werdenn.

Inn gleichem soll auch der Beclagter auff beger des Clegers, sich am Rechten zu stellen, und der Sachen außzuwarten, Caution unnd Sicherheit zu thun schuldig seinn.

Unnd wo der Beclagt sein Recht durch einen Anwaldt vertretten will, soll derselbig Anwaldt, auff begeren des Clegers Caution, den Beclagten zu schirmen, betrug zu meiden, und dem erlangetenn Rechten genug zu thun schuldig sein.

Wann aber der Cleger oder Beclagter unter dem Gerichtszwang, da die sache hengt, genugsamb begüttet were, soll er gedachte caution zu thun nit schuldig seinn.
[Seite: 113v]

[15] Von Anwaldten und Momparen.

Wilcher seine Sache in eigner Person nit handeln oder verdrettenn kann, oder wölt, der mag – er sey Cleger oder Antwortereinenn oder mehr Anwaldt oder Momparen setzen, und dem oder denselbigen ein genugsamb Gewalt zustellenn, mit bestimmung der Sachen und Personen, auch andern notwendigen Stücken, so zu einem Rechtmessigen Gewaldt gehörenn, wie des einn kurtze Form hiernach folget.

[16] Kurtze Forma eines Gewalts.

Ich N. bekenne öffentlich mit diesem Brieff, unnd thun kundt allermeniglich, deme er vorkömpt, nach dem sich vor N. zwischen mir als Clegern oder Beclagten
[Hartnack Seite 79] eins: und N. Clegern oder Beclagten anders theils umb Sachen halb N. Rechtfertigung sich erhalten, Unnd aber ich solcher Rechtfertigung anderer geschefft und redlicher Ursachen halber, inn eigner Person nit vorseinn oder außwärten mag. So hab ich in der aller besten Form, als es nach Ordnung der Recht, Auch nach gewonheit eins jedenn und besonders des gemelten Gerichts N. am meisten crafft haben soll und mag, meinenn volnkommenden Gewalt gegeben, bevohlen, Auch zu meinem Rechten Anwaldt unnd Gewalthaber gesetzt unnd verordnet, unnd thue auch dasselbig, inn und mit crafft dieses Brieffs, nemblich N. unnd N. sampt
[Seite: 114r] unnd sonder solche Sachen unnd Rechtfertigung, in meinem Namen unnd von meinet wegen zu handeln und außzufürn,Clag, Antwort, gegenclag Inn, nach unnd weitter redden, zu thun, zu hören unnd vorzuwenden, den Krieg zu bevestigen vom gegentheil solchs zu geschehen und anzuhalten, mich meine Sache unnd Gerechtigkeit zum besten zu verdretten unnd zu handeln, Den Eidt vor geferte, zu Latein Juramentum Calumniae genant, mit allen seinen anhengen, auch eines jeden andern zimlichen Eidt, Unnd was inen von meinet wegen im Rechten auffgelegt wirdt, in meinem Namen unnd in meine Seele zu schweren. Auch vom Wiedertheil dasselbig begeren, Articull unnd Satzstücke in crafft einer beweisung vermittelstem Eydt zu ubergeben, unnd auf des gegentheils Articuln unnd Satzstücken bey dem Eyde zu antworten, Kundtschafft, Brieve, Zeugnuß, unnd alle andere notturfft des Rechtens beyzulegen bey unndt endt urteill, zu begeren unnd zu hören, dieselbigen anzunemen, oder darvon zu appelliren, Aposteln zu bitten, und die Apellation zu verkünden, anzubringen unnd zu volnziehenn, Costen zu taxiren, zu begeren, die Tax mit dem Eyde zu halten, einen oder mehr ander Affter anwelde, ann ire aller unnd jedes stadt zu setzen, den oder dieselbigen zu wiederruffen, unnd den Gewaldt wieder an sich zu nemen, so offt sie bedünket not sein unnd gewonlich, Alles anders zu handeln, thunn unnd lassen, das ich in eigner Person solt und mocht handeln, thun unnd lassen, obs auch solche Sachen weren, darzu sie einen sonderlichen gewalt haben müsten. Unnd ob sie ferner gewalts, wie follig der sein solt, notturfftig weren, den will ich ihnen semptlich unnd sonderlich in der aller besten form, so solchs im Rechten und nach gewonheit beschehen
[Seite: 114v] kan oder mag, auch gegeben haben alls stundt er von wortten zu worten hierinn begrieffen, alles zu gewinn unnd zu verlust. Unnd was gedachte meine Anwelde und ire undersetzte sämptlich oder sonderlich, inn der aller besten Form, so solichs im Rechten von meinet wegen handeln, thun unnd lassen, das will ich stedte unnd sie schadloß halten, unnd sie irer Anwaldtschafft entheben, bey verpfendung aller meiner Hab unnd Gütter, ligender unnd farender, gegenwertiger unnd künfftiger, geferde unnd Argelist hierinn gentzlich außgeschlossen werden. Des zu urkundt habe ich meinn Insiegel etc. Oder gebeten N. etc.

[17]

Solche gewaldthabung mag geschehen vor dem Gericht, da die Sache hanget, oder vorm Schultheißen, einem Scheffen und dem Gerichtschreiber, oder vor zweien Scheffen oder Richtern unnd dem Schreiber. Unnd alß dann soll eigentlich zu den Acten geschrieben werden, wer, vonn wem, wann in was Sachen, wieder weme unnd wie solcher gewalt sey gegeben wordenn.

[18]

Es mag auch der Anwalt oder Mompart sein gewalt durch ein offen Instrument eines bekanten Notarien, oder andere Schriffte under eines Gerichts, Prelaten, Graven, Herrn, Ampmans, Edelmans, unnd dergleichen namhafftigen unnd glaubwirdigen Personen kündigem Insiegel vorbringen. Doch soll einem jeden theill, wieder den vorbrachten gewalt, seiner Wiederparthey seiner notturfft vorzuwenden, vorbehalten sein.

So auch des Anwalts gewalt angefochten wirdt, unnd vor ungenugsam angesehen wurde, mag er bestandt mit seiner gelübd in handt des Schultheisen oder Richters
[Hartnack Seite 80]
[Seite: 115r] thun, ein vollenkommenn unnd genuchsamen gewalt, vor weiterer Handelung, oder auff ein Zeit, durchs Gericht bestimbt, einzubringen.

[20]

Der verwandten unnd gesipten Personen, dergleichen auch der Eheman von wegen seiner Haußfrawen, sollen auch an gewaldt, doch auff genuchsamb bestandt unnd Sicherheit der genembhabung, von welchs wegen sie handeln, vermög der Recht, zugelassen werden.

[21]

Erschiene auch jemandt von des Antworters wegen, sonder gewalt, unnd thett genuchsamb bestandt unnd sicherheit, der Sachen außzuwartenn, den Beclagten zu schirmen unnd dem erlangten Rechten genug zu thun, der soll, unangesehen mangel des gewalts, gehört werden.

[22]

Wir wollen auch das der Vorspreche und Anwaldt so einer Parthey grundt unnd heimlichkeit erfahren hat, sich wieder dieselbigen in solcher Sachen zu dienen, nicht annemen lasse.

[23]

Sollen auch die Vorsprechen unndt Anwaldt mit iren Partheien umb einen theil der Sachen oder streitigen Guts, kein pact oder geding machen bey Straff des Rechtens, Unnd so das ubertretten würde, soll solch Pact oder geding crafftloß unnd unbundig seinn.

[24] Wie der Kleger auff dem Gerichtstage seine Clage vorbringen soll.

[Seite: 115v] Der Cleger soll sein Clage auff dem bestimpten Gerichtstage mündlich oder schrifftlich, clar, lauter und verstendlich einbringen, mit erzelung der Sachen unnd Geschicht, Warumb er klage, anzeigen, Ob er umb Hauß, Hoff, Acker, Wiesen, Garten, Zinse, Renthe, Schulden, Pferde, Kuhe, Schaffe, farendt oder ligendt, gantz, halb, oder ein vierdentheil fordere.

Item, Warumb, unnd auß was ursachen, ob es auff jnen ererbt, oder ob er es durch Kauff oder Wechsell an sich bracht habe, oder jme gegeben, oder durch Testament ime vermacht, oder wie er sunst darzu berechtigt sey.

Was aber Erbfelle, Wiederfelle, bey oder seitfelle sein, solt der Cleger unnd die Linie, Woher die Felle biß auff inen kommen, klar anzeigen, unnd nach gestalt der Sachen, ein gebürende Bitt an Schultheisen unnd Scheffen thun, den Beclagten mit irem Rechtspruch diß oder jenes, was in der Clage gefordert, werden, zu thun, mit entrichtung gerichtlichen Costen, unnd ferner bitten, was recht ist, und ime das fürderlich mitzutheilen, ir Richterlich Ampt anruffent, mit vorbehalt aller rechtlicher Hülff und Notturfft

Wann die Clage mündlich geschicht, soll fleissig in das Gerichtsbuch geschrieben werden.

Wird sie aber schrifftlich einbracht, soll darauff das einbringen, Tag, Monat, Jar, unnd solchs ins Gerichtbuch geschriben, unnd die Clage bey den Actis verhalten werden.
[Seite: 116r]

[25] Von Antwort des Beclagten.

Wo nun der Beclagt alßbaldt auff die Clage zu antworten gefast ist, oder zill zu antworten bitten würde, oder sonst einige Außzüge wider den Gerichtszwang, des Richter personen, wieder die Clage, wieder den Cleger, wieder den Anwaldt, oder andere – deren fast viel sein – hette, soll gehort, und ime Copey und gebürende Zeit gegeben werdenn.

Dieweil aber im Rechten viererley Außzüge erfunden, die nit allein einerley art und naturenn seinn, auch jglicher zeit des Kriegs gebraucht und vorgewandt werden mögen: So wollen wir den unsern ein kurtze Underrichtung derhalb thun, damit nit allein die Beclagten, denen allewege so viel möglich, das Recht zu fliehen, und demselbigen zu entweichen vergönnet ist, zu irem vortheil sich dero zu gebrauchen, sondern auch die Clegere, wann sie vor einem Richter anzusuchen oder
[Hartnack Seite 81] nit haben inn erfarung kommenn. Darzu die einfeltigen unverstendigen Urthelsprecher sich auch desto baß darnach gerichten mögenn.

[26] Von Exception und Außzügen, so den Haubthandel nit abstellen. Und erstlich gemeine Anzeige, wer nit Richter sein kan.

[Seite: 116v] Es ist versehens Rechtens, das der jenige, *so im geistlichen Banne* [von alter Hand gestrichen und am Rand ersetzt durch: mitt diesem ban hatt man hir nichts zu schaffen], oder in der Keiserlichen Acht ist, des Richterlichen Ampts nit vehig seinn kann oder mag.

Dergleichen einn Minderjäriger, das ist, der noch nit 25. Jar seines Alters erlanget hat, Dann ein jeder ordentlicher Richter muß zum wenigsten 25. Jar alt seinn.

Item, Welcher in einer Sachen Advocat, Ratgeber, Procurator oder Diener gewesen, der mag in derselbigen Sachen keines weges Richter seinn.

Item, ein Weltlicher kann in Geistlichen Sachen nit Richter seinn.

Item, Wilcher ewig – zu verstehen von angeporner Natur – ein stum, Dauber unnd sinnloß ist, Deßgleichen ein Weibsbildt, mögen das Richterlich Ampt nit tragenn.

[27] Außzüge wieder des Richters person.

Etwo kompt es, das die Kriegbar Sache, den jenigen, so darinn Richter seinn soll, mit belangt, der mag In solcher Sachen vonn Recht verworffen und recusirt werden

Item, ob der Richter einer Partheien Blutsverwandter Freundt were, mag recusirt
[Seite: 117r] und kann in der Sachen als verdechtig recusirt werden.

Item, ob ein Richter ein gleiche Sache, die ihn selbst belangt, vor einem andern inn Recht schweben hette, der mag als argwonig unnd verdechtig, mit guten fugen recusirt unnd zuruck gestalt werden.

Item, welcher einer Partheien verwandter Freundt, sonderlicher Gönner unnd vertrawter Gesell, Item, des Clegers Herre, oder demselbigenn Eidtpflichtig, Oder aber des Beclagten Wiederwertiger, oder seines Feindes Blutverwandter were, mag zu aller zeit für einen Richter recusirt unnd abschlagen werden.

Dergleichen mag der Richter als argwonig recusirt unnd abgeschlagen werden, wo der, so vor ime klagen will, dieselbigen Richters Richter etwo inn einer andern Sachen were, Denn nach dem ein jeder Richter beyden Partheien unverdechtig, unnd einer so viel als der andern gunstig unnd gewesenn sein, auch nit anders dann wie ein Mitler zwischen beyden Partheien handeln soll, So mag ein solcher Richter, als argwonig, dieweil zu vermuten, das er umb seiner eigen Sachen willen, so vor dem Cleger als Richter hangendt demselbigen mehr und weiter, dann dem Beclagten, geneigt, mit Recht woll recusirt werdenn.

[28] Wie die Ursachen des Argwons und verdachts mögen außgefurt werden.

Wann einer den Richter vor seine Person inn argwonn unnd verdacht hette, auß obangezeigten oder andern mercklichen Ursachen des verdachts soll er bemelten
[Seite: 117v] Richtern schrifftlich vorbringen, unnd alß dann mit sampt andere wilkörliche Richtere, die man zu Latein Arbitros Juris nennet, erwelen, daselbst die Ursachen des verdachts gegen den ersten Richter vorgewandt, nach Form und ordnung der Rechten, beweisen, und durch die wilkorliche Richtere erkennet werden soll, ob die Ursachen des Argwons gnug unnd vorträglich, oder nit seien.

Unnd soll dieser Außzug des Argwons stadt haben, ann den Orten, da wenig
[Hartnack Seite 82] Personen zu Gericht sitzen. Denn wo das Gericht durch viell Personen besessen wirdt, unnd eine zwo oder drey verdechtig angezogen unnd außgefurt, aber die andern mit keinem Argwon beladen wurden, dieselbigenn unverdechtigen mögen gleich woll die Sachen hören, unnd richtlich entscheiden. Wurden aber mehrertheils alle Scheffen verdechtig unnd argwonig geachtet, unnd derhalben genuchsamb ursach vorbracht, alß dann sollen sie die Sache vor uns und unser Grafflich Hoffgericht, oder gemeine Audientzien remittiren unnd weisen, dieselbige hinfurter rechtlich zu hören unnd zu entscheiden.

Unnd die obgemelten Auszüge sollen von dem Antworter, gleich im anfang des Kriegs, ehe unnd zuvor mit Ja oder Nein auff die Clage geantwortet, unnd der Krieg befestigt werde, vorgewandt, unnd der Richter damit verworffen werden, alßdann und in solchem Fall mag der Antworter dieselbigen Auszüge auch darnach woll vorwendenn.
[Seite: 118r]

[29] Außzug wieder den Gerichtszwang zu latein genant Exceptio in competentis Judicis et fori declinatoria .

Welcher vor einem Richter oder Gericht beclagt wirdt, unnd vermeint, das er demselbigen Gericht ordentlich nitt underworffen, derhalb auch nit schuldig sey, daselbst zu Recht zu stehenn, Der soll gleicher weiß im anfang des Kriegs, unnd vor befestigung desselbigen, von bemeltem Richter ab unnd vor sein unnd vor seinem ordentlichen Richter haischen, Dann wirdt er mit solchem Auszuge biß er dem Cleger geantwortt, unnd den Krieg befestigt hette, wissentlich verzihen, mag er sich – wie etliche sagen wollen – desselbigen darnach nit mehr gebrauchen. Aber nach der Lere der andern, so mag dieser Außzug zu einer jglichen Zeit des Kriegs, auch dem Endturteill vorgewandt werden. Doch so ist der Antworter oder Außzieher schuldig, wann er des Außzugs wissen dregt, denselbigen inn allwege, vor befestigung des Kriegs vorzuwenden. Dann wo er solchs nit thun, sondern biß nach bevestigung des Kriegs, gefehrlich schweigen würde, soll er darinn nit anders, denn mit ablegung dem gegentheill, alles aufgewandten costens unnd Schadens gehort werden. Unnd geburt dieser Außzug einem jglichen, der mit frembdem, unnd nicht ordentlichen Gerichtszwang angefast wirdt: Dann der Cleger soll dem Antworter
[Seite: 118v], sonderlichen inn personlichen Clagen vor seinem ordentlichenn Richter folgen.

[30] Etliche Felle darin einer vor einem frembden, oder nit seinem ordentlichen Richter mit Recht mag vorgenommen werden.

Es sind aber etliche Felle, darinnen mit außlendigem Rechten, einer darunder derselbig nit gesessen, noch ordentlich gehörig ist, mit Recht mag vorgenommen werdenn. Unnd ob er den negsten obangezeigten Außzug dargegen vorwenden, wurde er doch darmit nichts schaffenn.

Erstlich von wegen des Contracts, das ist, ob einer an einem andern Ort etwas keuffen, unnd dasselbige mit barem Gelde nit bezalen, sondernn borgen, unnd darbeneben zusagen würde, demjenigen, so ihm geglaubt, oder geborget hette, zu einer bestimpten Zeit zu bezalen. Derselbige mag nach verscheinung derselbigen Zeit, umb gebürliche bezalung, von wegen des Contracts, an dem Ort, da er geschehen were, mit Recht vorgenommen, oder beclagt werden.

Zum andern, wurde einer underworffen einem frembden Gerichtszwang von wegen der ubelthat – zu latein ratione delicti genant – Dann welcher an einem frembden Ort frevelt, der mag am selben Ort seiner That halb beclagt werdenn.

[Seite: 119r] Zum dritten, Welcher sich an einem andernn Ort mit heußlicher wonung oder wesentlich hielt, der mag ratione domicilii am selbigen Ort mit Recht vorgenommen werden.

[Hartnack Seite 83] Zum vierten, Wann auff Hab oder Gütter geclagt wirdt, so muß derselbigen Gütter Einhaber unnd Besitzer vor dem Gericht, darunder die Gütter gelegen seindt, unangesehen, ob er seiner Personn halb, einen andern ordentlichen Richter hette, zu Recht stehen, unnd wirdt zu latein – ratione bonorum – das ist, von wegen der Güter, genant.

Zum fünfften unnd letzten, mag einer ausserhalb seines ordentlichen Gerichtszwang vorgenommen werden ratione promissionis, das ist, von wegen seiner Zusage unnd Verheissung, Als so einer sich verschreiben, verpflichten, oder versprechen würde, an einem namhafftigen Ende, oder wohin er erfordert würde, bezalung zu thun, An demselbigen Ort mag er folgendts mit Recht vorgenommen und angeclagt werden.

[31] Außzüge wieder den Cleger.

So der Cleger im Banne, oder Keyserlicher unnd des heiligen Reichs Achte were, hat er im Rechten zu clagenn keinen standt, Darumb mag der Antworter solchs vorwenden, Unnd so er das in acht tagen, oder wie jme derhalb nach gelegenheit von dem Richter zeit ernennet würde, beweisen, soll derselbig Cleger, vermög der Recht, ferner nicht gehört werden.

[Seite: 119v] Item, wo der Cleger mehr dann ein persönliche Clage unnd Ansprach wieder den Beclagten vor mehr dann einem Richter und Gericht wurde vorwenden, ist der Beclagt ime zu antworten nit schuldig.

Item, so einer Sachen halber vor einem anderen Richter geclagt unnd der Krieg darauff bevestigt ist, unnd umb dieselbige Sache wiederumb understandenn wirdt, vor einem andern Richter von newem zu clagen, So mag der Beclagt vorwenden den Außzug des hangenden Rechten, unnd so dasselbig, wie sichs gepürt, vorbracht unnd dargethan wurde, soll der Cleger an dem Ortt weitter nitt gehortt werden.

Item, So jemandt den andern seiner habender Gerechtigkeit, Hab unnd Gütter entsetzt hette, unnd wolt denselbigen darnach in Recht ziehen, ist der Beclagt nit ehe zu antworten schuldig, er sey dann zuvor wiederumb restituirt unnd eingesetzt. Wo aber im hangendem Rechten einsetzung geschehe, die mag auch vorbracht und geclagt werden, unnd soll die Heuptsache darzwischen still stehen, unnd darinn, biß so lange die Clage spolii oder der entsetzung ein ende hat, nit vortgefaren noch gehandelt werden.

Item, begebne Ordenßleute ohn erleubnuße irer Obern, dergleichen ein Son der vetterlicher gewalt noch underworffen ist, onn verwilligung seines Vatters, mögen inn Recht wieder clagen noch antworten.

Item, Wo der Richter dem Beclagten unehrliche oder unsichere Malstat zu antworten ansetzen oder ernennen würde, ist er nit allein zu antworten, sondern auch ann dem unsichern unehrlichenn Ortt zu erscheinen nit schuldig.

Dieweil auch Minderjärige, Daubenn, Stummen, Thoren, Unsinnige,unnd denen ire Güttere inn Recht zu verwalten verbotten ist, auch andere derogleichen
[Seite: 120r] Personen inn Rechten nit stehen mögen, Sollen dieselbigen auff vorbringung unnd beweysung des Beclagten nit gehort, sie werden dann nach außweisung der Rechten, mit Vormundern, oder sonst zu clagen geschickt gemacht.

[32] Von Außzügen wieder eine Clage.

Ein jede Clage so inn Recht bestendig sein soll, unnd nachfolgende wesentliche stücke mitbringen, unnd inn sich haben, nemblich den Namen des Richters, den Namen des Clegers und des Antworters. Dergleichen dasjenige was gefordert wirdt, und den grundt oder ursach, warumb die Forderung geschicht. Unnd so deren eins oder mehr inn den Clagen mangeln, ist sie unförmlich, unnd ann Iren
[Hartnack Seite 84] wesentlichen stücken mangelhafft, und soll uff beger des Beclagten verworffen, Auch derselbig Beclagt vom Rechtstandt ledig erkandt werden.

Gleicherweise und so ein Clage öffentlich, ungeschickt, inept und dermassen geschaffen were, das keinn formlicher Proces des Rechtens darauff folgenn möcht, So mag dieselbige Clage aus Richterlichem Ampt, von dem Undergericht, unangesehen ob die Parthey solchs nit begerte, verworffen werden. Doch soll der Cleger macht haben, die sache darnach wiederumb mit einer formblichen und geschickten Clagen anzuheben unnd zu volnfüren.

Item, So ein Clage dunckel und ungewiß befunden, unnd solchs vorgewandt wirdt, ist der Beclagt darauff zu antworten, es habe dann der Cleger zuvor seine Clage erleuttert, nicht schuldig.

[Seite: 120v] Item, Wann die Clage nit eigentlich mitbringt die ursach gethaner forderung, ist der Beclagt darauff zu antworten nit schuldig. Darumb ein jede Clage, so ins gemein, ohnn ursach der forderung gestalt, ist im Rechten nit zulessig, und soll durch den Richter verworffen werden.

Item, so die Clage nit auff des Beclagten persone, sondern vornemblich auff ein gutt, das gefordert, gestalt, unnd dasselbige Gutt mit seinem Namen inn der Clage nit eigentlich specificirt noch genant wirdt, so ist die Sache untüglich, Es würde dann das geforderte Gutt augenscheinlich dargethan. Unnd im fall das Gutt mit seinem Namen nit kont oder mocht genant werden, So sollen zu erleutterung die Clagen, wie vorstehet, zwey andere dinge, die am negsten darann stossen, benent und angezeigt werdenn.

Item, Wo Goldt, Silber, oder dergleichen gefordert wirdt, soll die Materi, der Wert, Item die Form unnd gestalt, als nemblich, obs Rundt oder eckicht, schlecht oder erhaben, verguldet oder weiss sey, mit aller anderer eigentschafft, Auch das Gewicht davonn eigentlich benant werden.

Item, ein Leibeigner, der von einem andernn wirdt gefordert, solt mit seinem Namen inn der Clage gesatzt werdenn.

Item, Wo Duch, Gewandt, Wein, Korn, Ole, oder dergleichen Wahr, so der Elen oder Massen underworffen, inn der Ansprach gemeldet ist, soll dieselbige Wahr, auch wie viel deren ann der Elen oder Maß sey, eigentlich sampt dem Wert angezeigt werdenn.

[Seite: 121r] Item, Wo ein unvernunfftig Thier gefordert würde, soll eigentlich inn die Clage gesatzt werden, Obs ein Pferdt, Esell, Ochse, Schweinn, oder was es sonst vor einn Thier, Auch wie es von Farben geschaffenn.

Item, Güldene oder silbern Bechere, Trinckgeschir, Kleinoder, oder dergleichen, sollen ihn die Clage, mit irem Wert, form und gestalt außdrücklich gesatzt werden.

Item, ein jede Clage sonder Anhang der petition oder Bitt, ist nit zulassig.

Item, Ob die Bitt aus der Clagen nit folgen, oder dahinn nit dienlich sein mocht, dieselbige Clage soll auch nit zugelassen, sondern als ungeschickt und unförmlich verworffen werdenn.

Item, Wo der Krieg bevestigt, ehe und zuvor die Clage einbracht were, solche Clage ist auch nit zulessig.

Unnd inn der summ, Wo der Beclagt nit eigentlich aus der Clage vernemen mag, das vermeint Recht oder den grundt des Clegers, dergleichen dasjenige, was gefordert wird, mit seinen zugehörigen umbstenden, so ist er darauff zu antwortten nitt schuldig.

Unnd wilcher Antworter oder Beclagter sich der obgemelten Außzüge, die vonn Recht noch weiter zugelassen, aber um Kurtz willen inn dieser Ordnung zu vermeiden umbgangen seindt, will geprauchen, soll ehe und zuvor ehr bedenckens uff die gethane Clage, oder derselben abschrifft begert, allwege protestiren, unnd sich
[Hartnack Seite 85] bezeugen, das er ime alle und jede Außzüge, so ime einicher weise hiermit gepürenn mögen, vorbehalten haben. Unnd vermitz derselbigen protestation und bezeugung, bedacht uff die Clage begert werden, alß dann mag er nach gehabtem
[Seite: 121v] bedacht, gleichwoll alles was ime gegen Richter oder Parthey außzuziehen vonn nötten ist, vorwendenn.

[33] Außzüge so die Kriegßbefestigung verhindern.

Es seind etliche Außzüge, mit denen sich der Antwortter gegen der Kriegsbefestigung uffhaltenn und verzihen, und der Cleger alßdann weitter nitt gehört werden mag.

Als nemblich Außzüge einer geurtheilter sache, so einer umb einn Sache, die vormals richtlich geurteilt und entscheiden were, anderwerbe oder wiederumb vorgenommen, und inn Recht vorgezogen würde, der mag rem iudicatam, das ist die geurtheilte Sache, oder die ergangen Urtheil vorwenden, unnd alßdann ist der Beclagt dem Cleger auff seine Clage weitter zu antwortten nit schüldig.

[34] In welchen fellen der negst gemelt Außzug kein stadt habe.

Doch seindt etliche Felle, darinnen der vorige richtliche Proceß nit irret, sondern gleichwoll vonn newem gehandelt und geclagt mag werdenn, als so einn
[Seite: 122r] Beclagter vonn gethaner Anclage irer ungeschicklichkeit halber, oder aber von der Instantz des Rechten, das ist von dem vorgepot, oder außgangener Ladung, wie vor stehet, absolvirt unnd ledig erkandt ist, Oder so in der Heuptsachen urtheil were ergangen, unnd inn einer zufelligen Sache andermals Rechtfertigung vorgenommen würde. Inn den obberurten Fellen, Auch da ein Urtheil nichtig were, hatt der Außzug rei iudicatae keinn Stadt.

Gleicherweise mag er auch nit gepraucht oder vorgewandt werden, die folgends einem andern zufalle, den sie vormals gehabt, da der Cleger geclagt unnd Urtheil verloren hat. Darvonn nachfolgendt Exempel gesetzt werden. Als da einer umb einen Erbfall, der noch nit zum Fall kommen, Oder umb Schulden, dero bezalung auff gewisse Ziel unnd Zeit gesatzt unnd dieselbige Zeit noch nit erschienen ist. Oder aber um etlich Dienst unnd Arbeit, die noch nit geschehen seind zu belohnen, den andern beclagt. Dann wiewoll der Antworter, inn den Fellen, wie billich, ledig erkandt, wird doch dem Cleger nach der handt, so der Erbfall gefallen, die Zeit der bezalung erschienen, unnd der Dienst oder Arbeit geschehen ist. Inn den und dergleichen Fellen vonn newem derhalb zu clagen der weg des Rechtens nit abgestrickt noch benommen, unnd mag dargegen dieser Außzug nit gestadt werden.

[35] Außzug einer sachen, die vertragen oder sonst hingelegt ist.

[Seite: 122v] Welcher umb ein Sache, die vorhinn gütlich verdragen, oder sonst mit der Partheien wissenn und willen hingelegt ist vonn dem Andern vorgenommen oder beclagt wurde, der mag dargegen außzihen, das dieselbigen Sachen vertragen und hingelegt sein. Und ist der Antwortter alß dann dem Cleger weiter zu antwortten, noch den Krieg, auff sein eingebrachte Clage zu befestigen, nit schuldig.

Unnd wann die obangezeigte auch andere dergleichen Außzüge, so die Rechte wieder die Krigsbefestigung noch weiter zulassen, vor derselben Kriegsbefestigung vorbracht werdenn, Alßdann wirdt der Cleger verhindert in seiner Clage vortzufahren, sondern der Antwortter zugelassen, solchen Außzug, wie recht, zu beweisen, und nach gethaner beweisung, mit erstattung alles costens und schadens, ledig erkandt.

Es mögen auch obberurte Außzüge, nach der Kriegsbefestigung vorgewandt werden, alßdann aber wirdt der Proces dardurch nitt verhindert, sondern der Beclagt, nach dem er dieselbigen zu recht genugsamb beweiset, vonn gethaner Anclage, wie vorstehet, ledig erkant.
[Hartnack Seite 86]

[36] Von Aufzügen so die Heubtsach ableinen, genant peremtoriae.

[Seite: 123r] Außzüge so den vermeß des Clegers oder die Heubtsache ableinen, sollen nach befestigung des Kriegs vorbracht werden, und ob der Antwortter dieselben vor befestigung des Kriegs vorwendte, sollen sie doch biß darnach behalten, und alßdann uff des excipienten begere zu beweisenn zugelassen werdenn.

Der Antwortter soll auch solche Außzüge zu einem mall furbringen, es were dann, das sie sich von newem begeben hetten, oder ime allererst zu wissen worden weren, und er das mit seinem Eyde behalten möcht.

Unnd wiewoll der Antwortter seinn gegenwehr und peremptorien Außzug, Auch nach dem und der Cleger seinn beweisung gethann, und nach eroffeneter und erlernter Kundschafft vorbringen und beweisen mag, so soll er doch ob seine Articul oder gegenwehr,des Clegers Articuln strack zu wieder, oder den Articuln, darauff Zeugen gefurt unnd eröffenet, gleichformig weren, sein Zeugen füren und verhören lassen, ehe dann er der vorgefurten Zeugen sage erlernet, und darnach nit weiter Zeugen zu füren zugelassen werden, Es were dann inn Fellen, da es die Rechte zuliessen.

So der Antworter auff sein Außzuge unnd gegenwehr Zeugen furenn wolte, solte es darmit gehalten werdenn, wie oben unterm Titul, vonn beweisungen, angezeiget ist wordenn.

[37] Von Innovation oder vorgenommenen newerungen in hangenden Rechten.

Es sollen weder Richter oder Parthey inn schwebender Rechtfertigung keine Newerung oder was zu nachtheil der Rechtfertigung oder urtheil eins oder andern theils vornemen oder attentiren.Was aber dessen geschehe, soll vor aller weiterer Handlung abgeschafft, und inn vorigen standt gestelt werdenn.

[38] Von Nach und wieder Redden, Replicken und duplicken genant.

[Seite: 123v] Wann der Beclagter solche seine Außzüge eingebracht, soll dem Cleger uff sein begeren Copey bedacht und zeit seinn notturfft, wie auch den beiden theilnn ire duplicen, triplicen und quadruplicen – und nit weitter es würde dann durchs Gericht aus erheblichen ursachen erkandt – dargegen vorzuwenden zugelassen werdenn. Unnd wann beide theill ire notturfft gegeneinander einbracht, soll die begerendt Parthey ir einbringen nach form der Rechten zu beweisen, zugelassen werden, zill unnd zeit und andere Rechtliche hülffe darzu gegeben werdenn.

[39] Von Gegenn clagen.

[Seite: 124r] So nun des Beclagtenn Außzüge außgeorttert seinn, oder er derselbigen keine vorbracht, oder darvon abgestanden, und uff die Clage antwortten, und den Krieg befestigen wolt, und hette er gegenclage gegen seinen Wiedersacher, soll er vor oder kurtz nach der Kriegsbefestigung thunn.

Solche beide sachen – das vurrecht und nachrecht genant – sollenn gleichsfals mit einander gehen, gehandelt und außgeortert alles nach Ordnung der Rechten.

Wolt aber der Cleger die Gegenclage nit annemen, noch darauff der gepür handeln, soll er uff seinn vorrecht oder vorlage nitt gehort werden, außgenommen in Fellen, inn welchen die Gegenclage nit Stadt hat.

[40] Von befestigung des Kriegs.

Wann nun der Beclagte keine Außzüge oder Einrede hett, wilche die Kriegsbefestigung verhinderten oder einbrechte und nit erwiesen oder sonst abgeschnitten, soll der Beclagter uff die Clage antwortten, unnd den Krieg darauff befestigen, der Cleger erst affirmative durch seinn Ja, und der Beclagt darnach Negative, das ist durch seinn Nein, mit diesen worttenn.

[Seite: 124v]
[Hartnack Seite 88]Der Cleger: Ich sage das Vorbringen inn meiner Clage begriffen war seinn, unnd das nach Inhalt meiner Bitt geurtheilt werden solle.

Der Beclagte: Ich sage daß das Vorbringen der ubergebnen Clag nit war, oder der Warheit ungemeß sey, unnd das des Clegers Bitt nit stadt haben solle.

Wiewoll die Kriegsbefestigung einn wesentlich stück des Gerichtlichen Processes ist, unn inn sachen die uber zwelff goltgl. wert keins wegs underlassen, dann darinn geschehen, das die geschehen unnd fleissig auffgeschrieben werde zu begrundung des Gerichtszwangs und das die nichtigkeiten verhut, und die Partheien aussen schaden bleiben. So ist doch derselbenn und sonst zirlichen processes inn geringschetzigen sachen und inn wilchen summarischer weise procedirt wird, net von nöttenn.

Sondern ordnen unnd wöllen wir, wenn die Clagen inn solchen geringen sachen mundtliche oder schrifftlich einkommen, und der Beclagt der nit gestendig, soll der Schultheis und Scheffen den beweiß vom Cleger annemen, unnd wo der genugsamb, und der Cleger denselben nit zu wiederlegen wußte Urtheil und Recht außsprechen.

[Seite: 125r] Es soll auch vor der Kriegsbevestigung kein beweisung oder ander dergleichen Handlung inn der Heuptsachen angenommen werdenn, Es were dann das der Beclagte einen Außzug vorbrechte und bewiesen hette, welcher die Kriegsbevestigung verhinderte, oder das uff ungehorsamb des Beclagten procedirt wurde, Oder wann eine Parthey Zeugen hette, wilche alters halber abgehen möchtenn besorget würde. Oder Zeugen die inn Krieg zihen, oder sonnst lange geferliche Reisenn thunn wolltenn, Auch zu ewiger gedechtnusse, wie die Rechten solche zulassen, Inn solchen Fellen mögen die Zeugen vor der Kriegsbevestigung abgehortt werdenn.

[41] Vom Aide vor geferde.

Alsbaldt nach befestigung des Kriegs soll der Aidt vor geferde, uff begeren einer oder beider Partheienn geschworn werdenn, inn nachfolgender form.

Clägers aidt.

Ich N. schwere zu Gott unnd dem heiligen Evangelio, das ich glaub einn gerechte Sache zu clagen habe, das ich auch keinenn geferlichenn uffschub, oder freventlichen Außzug oder beybringung begeren oder suchen, Unnd
[Seite: 125 v] so offt ich inn Rechte gefragt, die Warheit sagen und nit verhalten, unnd keinn falsch beweiß gebrauchen will. Das ich dieser sachen halber niemandt etwas geschenckt, verheissen oder versprochen habe, schencken, verheissen oder versprechen will, weiters dann die Rechte zulassenn. Damit ich die Urtheil inn dieser Sachen erhalten möge, alles trewlich unnd ungeferlich.

Des Beclagten Aidt.

Ich N. gelobe und schwere zu Gott und dem heiligen Evangelio, das ich glaube, ich habe eine gute Sache, mich gegen den Cleger zu schirmen, und will keinen freventlichen schub oder geferlichen Außzug begeren oder vorwenden. Unnd so offt ich inn Recht gefragt werde, die Warheit sagen, Hab auch oder will niemandt, dann denen so die Recht zulassenn, etwas geben oder verheissen, damitt ich die Urtheill erhalten möge, alles trewlich unnd ungeferlich.

Diesenn Aidt sollen beide Heuptsacher, so sie personlich zugegenn seinn, Dergleichen ire Anwelde einn jeder inn seinn eigen Seele schweren. Wann aber die Heubtsacher beide, oder irer einer nit zugegen sein, soll des abwesenden Mompar den Eidt inn seinn eigenn und auch des principaln Seele, so fernne er genuchsamb gewalt, sonderlich den Aidt vor geferde zu thun von ime hat schwerenn.

[Seite: 126 r] Wo der Cleger diesen Aidt, so er ann ime begert wirdt, nit thun wolt, soll er seinn Clage und Sache damit verlieren.

Wo aber der Beclagt auffs Clegers beger solchen Aidt zu thun sich weigert, soll die Clage gegenn inen einbracht, darfur, als ob er derenn gestendig were, geacht unnd gehalten werdenn.

Im Fall aber keinn Parthey diesenn Aidt begeren würde, kann er stillschweigent umbgangen, unnd dem Proccß nachgesetzt werdenn.

Doch wann das Gericht bey einem oder andern Theill einiche geferlichkeit vermercken würde, mag auß Richterlichem Ampt der sonderlich Aidt vor geferde, unangesehen, das es von den Partheien nit begert wordenn, den theill, so der geferden inn verdacht stunde, zu aller Zeitt des Kriegs uffgelegt werdenn.

Es sollen auch die Richtere die Partheyen vermanen, eine der andern den Aidt nachzulassen. Da der Eidt aber geleistet werden soll, sollenn beide Theill des Eidt einhalt unnd schwerer Straff Meineidts verstendiglich und mit ernst erinnert unnd gewarnet werdenn.

[42] Von Satzstücken und Articuln.

[Seite: 126 v] Nach solcher Kriegsbefestigung mag der Cleger seine Clage unnd Gerechtigkeit weiter und underschiedlicher Articuls weise vorbringen. Damit er den gegentheil zur bekantnusse desto besser bringen unnd die Zeugen darauff füren möge, Soll er zill unnd Zeit darzu bitten, die ime auch gegeben werdenn soll. Wann aber die Clage vorhinn Articuls weise eingebracht were, So mag der Cleger dieselbigen ann Stadt der Satzstück unnd Articuln repetiren, unnd ob er will mittel eidts übergeben wie folget.

Wie der Cleger seine Articul bey dem Aide übergeben soll.

Die Articul so ich in Recht bracht habe, seind war, so viel sie mein eigen geschefft, thunn unnd lassen anlangen. So viel sie aber nit meinn eigenn, sondern frembde gescheffte berüren, glaub ich sie war sein, unnd verhoff sie zu beweisen, als mir Gott helffe unnd sein heiliges Euangelion.

Wann der Cleger seine Articul dermassen ingegeben, soll der Beclagt uff des Clegers beger angehalten werdenn, bey gleichem Eide singulariter singulis, Das ist uff einen jeden Articul in Sonderheit zu antworten.

[Seite: 127r] Wilche Antwort geschen soll mit den wortenn: Ich gestehe es nit. Unnd das inn Sachen, die des Beclagten eigen thun unnd lassen belangen. Aber umb frembde geschicht soll geantwort werdenn: Ich glaub es, oder glaub es nit. Unnd soll der Beclagt vor solcher Antwort diesen folgenden Eidt thun, unnd darnach antworten, wie vursch[ehen].

Wie der Beclagt bey dem Aide antworten soll.

Ich wil rechte Antwort geben zu des Clegers Articuln, sonder allen betrug, als mir Gott helffe und sein heiliges Evangelium.

Es mögen die Partheien ire Articuln und Antwortten bey dem Eyde obgeachter massen angeben, in eigner Person oder durch ire Mompar unnd Anwelde, Doch das sie genugsamb gewalt darzu haben, und vonn den principaln genuchsam underricht seinn.

Wo aber einige Parthey uff die Articul die der Richter zugelassen, und gegentheil beim Eide angegeben hette, wie vorgesch. stehet, nit genuchsamb oder gar nit antworten wolte. Nach dem ir solchs bey straff unnd poen der bekäntnusse gerichtlich ufferlacht und gepotten were. Die Articul sollen uff gegentheils beger
[Seite: 127v] vor bekant angenommen, unnd darauff fernner, wie Recht, bis zum endturtheil inschlißlich volnfaren werdenn.

[43] Von Beweisungen.

Wann der Clagen und Articuln zumall oder zum theil nit gestanden wirdt, Soll dem Cleger uff sein ansuchen, so fernne als die Clage vor geschickt, und die Articul
[Hartnack Seite 89] vor vertreglich angesehen werden, durch das Gericht zur beweisung zugelassen werdenn.

Will der Cleger durch Zeugen beweisen, soll er deren Namen inn beysein des Gegentheils, anzeigen, und dem Beclagten zeit geben werden, sein Fragstück, ob er will, inzulegen.

Der Beclagt mag auch vor der Verhör, gegen die Zeugen excipiren oder protestiren wieder derselbigen Person und aussagen nach der Verhör zue gelegener Zeit zu excipiren.

Die Zeugen sollen alle vorgehaischen und den Wiedertheil darzu verkündet, die Zeugen zu sehen und hören schweren, und inn gegenwertigkeit des Wiedertheils oder seines ungehorsamen außbleibens, die Zeugen angenommen, beeidigt und verhört werden.

[Seite: 128r] Nach solcher zulassung unnd annennung sollen die Zeugen, nachbeschriebenen Aidt schweren, und des nit erlassen werden, beide Partheyen erlissen sie dann des Aidts aus freiem Willenn.

[44] Zeugen Aidt.

Ich N. will die Warheit in der gantzen Sachen zwischen N. und N. sagen, was ich weis unnd gefragt werde, und das nit lassen umb lieb, leidt, haß, freundtschafft, feindschafft, forcht, gab, nutz oder anderer sachen willen, dardurch die Warheit möchte verhindert werden, trewlich und ungeferlich, als mir Gott helffe und sein heiliges Euangelion.

Nach gethanen Eide sollen Schultheiß unnd Scheffen die Zeugen alle, oder einn jeden besonder vor dem Verhör, ires gethanen Eidts erinnern, und vor der straff des Meineidts verstendiglich unnd mit ernst verwarnen, wie folget.

[45] Von warnung und straff des Meinaidts.

Einn Zeuge der wieder seinen gethanen Eidt einn falsch gezeugnis gibt, der verspot und veracht Gott den Allmechtigen, der alle dinge sihet und weis, und die Hertzen der Menschen erforschet, und selbs die Warheit ist.

[Seite: 128v] Zum zweitten, betreugt er mit seinem falschen zeugnis den Richter, das derselbe auff sein zeugnus einn ungerecht Urtheil fellet.

Zum dritten beleidigt er die Parthey, wieder die das Urtheil außgesprochen wirdt. Derhalb ihnen Gott der Allmechtig zeitlich unnd ewiglich straffen wirdt.

Unnd wo seine falscheit an tag kompt, hette inen die weltliche Obrigkeit zu straffen.

Unnd ist schüldig dem beclagten theill seinen costen, schaden und intereße, darinn er durch das falsch zeugnus und ungerecht Urtheil gefurt, zu erstadten.

Darnach soll einn jeder Zeuge besonder, und inn abwesen der Partheien unnd anderer, durch das Gericht, oder zum wenigsten durch den Schultheissen mit zweien Scheffen und den Gerichtschreiber vorgenommen werden.

Unnd erstlich sollen sie uff die negstfolgende gemeine fragstücke, so sonst keine vom gegentheil eingegeben, gefragt werden.

Darnagst die Articul der Clage darauff Zeuge zu verhören designirt, verstendiglich und deutlich, das er den eigentlich verstehe, verlesen lassen, und inen darauff verhörenn.

Unnd so einige special Fragstück, bey diesem oder jenem Articul vom gegentheill eingegeben, und dieselben zur sachen dienlich were, soll der Zeuge darauff
[Seite: 129r] auch mit fleiß verhort, und sein aussage durch den Schreiber fleissig und trewlich auffgeschrieben, bey den Acten behalten werden.

Unnd umb richtigkeit willen, Zeugen sein aussagen abermals verlesen ob er sich
[Hartnack Seite 90] geirrt, oder unverstendiglich gezeuget, ihnen zum besserm verstande zu bringen, oder ob er darbey, wie er außgesagt, bleiben wölle.

Die Verhörer sollen auch dem Zeugen bey seiner jedenn aussage, umb ursach seines wissens, Zeit, Malstat, und andere Umbstende, nach jeder Sachen gelegenheit, erfragen und auffschreiben lassenn.

Unnd nach endlichem Verhör uff alle Articuln den Zeugen bey gethanenn Eide einbinden, warumb er gefragt, und sein aussage bis zu Rechtlicher eröffenung der Zeugen sagenn inn geheim und verschwigen zu haltenn.

Da auch etliche Zeugen, so ernent wordenn, inn eines andern Gerichtszwang gesessen, soll der producirende Theill bey Schultheis und Scheffen umb Compaßbrieffe ann derselbigen Zeugen ordentlichenn Richter anhaltenn.

Wilche ime solche Compas mit verschliessung der Articuln Interrogatorien und designation, worauff der Zeuge abzuhören, ann den Richter, mittheilen soln, inn nachfolgender form.
[Seite: 129v]

[46] Forma Compasbrieff eines Gerichts ann das ander, Zeugen zu verhören.

Wir Schultheiß und Scheffen des Gerichts zu N. Entbieten euch N. unsere freundtlich Gruß, willig Dienst, und alles Guts zuvor. Unnd fügen euch hiermit zu wissen, das sich vor uns Rechtfertigung erhalten zwischen N. Clegern ein, und N. Beclagten anderstheils, Darinn so weit inn Recht gehandelt, das berurter Cleger zu beweisungen seiner vurbrachtenn Clagen, gegenwehr oder Artickel gelassen ist, welcher beweisung er sich auch undernommen, und darauff N. und N. Zeugen ernennet und angezeigt. Unnd nachdem dieselben Personen ewerem Gerichtszwang underworffen und diese Compassbrieffe ann euch zu erkennen, gebetten. Wann nun Kundschafft der Warheit, niemandts verhalten werden, Auch eine jede Obrigkeit und Gericht dem andernn, der Warheit zu stewer und zu hülff kommen soll, seindt ime diese unsere Compassbrieffe inn Recht zuerkandt. Unnd ist demnach ann euch unser fleissig Bitt, ir wollet zu fürderung des Rechtens und ergründung
[Seite: 130r] der Warheit die Zeugen ewerem Gerichtszwang underworffen, so genanter N. euch ernennen unnd anzeigenn wirdt, vor euch Rechtlich erfordern, auch den Wiedertheil zeitlich darzu verkündigen, ob er darbey seinn oder schicken woll zu sehenn unnd hörenn, die Zeugen vorzustellen, mit gelübdt unnd Aidt uffzunemen, geloben und schwerenn, auch fragstücke ob er woll, zu ubergeben unnd nachfolgends dieselben vurgestelten Zeugen uff diese hierbey verleibte Artickul und Fragstücke, ob einige ubergeben, oder wo nit, alßdann uff gemeine Fragstücke und bey jedem Articul, so war gesagt, wirdt umb Ursachen seines Wissens, mit fleiß verhören unnd befragen, und derselben Kunden mit Fleiß außschreibenn lassen, und mit aller verhandlung, so vor euch ergangen, uns verschlossen zu schicken, inn unserm Rechtspruch darnach wissen unnd haben zu haltenn. Das wollen wir umb euch zu beschulden geneigt sein. Des zu urkundt …

Unnd wann der Richter dann beschrieben wirdt der Zeugen verhören will, soll der gegentheil darzu beruffen werden, die Zeugenn zu sehen und hören schweren, unnd darnach die Zeugensage verschlossen dem vorigen Gericht zugeschickt werdenn.

[47] Gemeine Fragstücke darauff alle Zeugenn gefragt werden sollen.

[Seite: 130v]

    1. Wie alt er sey. Item wie Reich.
    2. Was seinn Handtierung oder Gewerb.
    3. Ob er im geistlichen Banne oder Kay. Maj. Acht sey.
    [Hartnack Seite 91]
    4. Ob er der Parthey, so innen vorgestalt mit sipschafft, schwagerschafft, oder sonst verwandt sey.
    5. Ob ime etwas verheissen, gegeben, nachgelassen, oder versprochenn sey Kundtschafft zu gebenn.
    6. Ob er vonn dem vorstellenden theile oder sonst jemandt underricht sey, was unnd wie er sagenn solle.
    7. Ob er auß seiner Kundschafft inn einem oder andern weg gewin oder verlust gewertigt sey.
    8. Wilchem Theill er den gewinn oder niederlage der Sachen gönne.
    9. Ob er sich mit seinen Mitgezeugenn auff die sache unterredt, besprochen und verglichen wie, oder was er sagen soll.

[48] Von dilation zur Beweisung.

[Seite: 131r] Es mögen die Gericht zu fürung der Zeugen, oder anderer beweisung drey dilation oder sonderlich gebenn, onn erkentnusse einiger ursach und sonderer solennitet, Aber die vierdt dilation oder schub, soll onn erkentnusse der ursach, und solennitet nit gegeben werdenn.

[49] Von eröffnung der Zeugensage.

Nach dem die Zeugen verhort seinn, sollen die Außsagenn auff begeren der Partheien eroffnet, unnd Abschrifften davonn und Zeit denjenigen, gegenn den sie gefurt, seine Notturfft dargegen vorzuwenden, gegebenn werdenn.

[50] Von briefflicher beweisung.

Wo auch der jhenig, so beweisung thun will, mit Brieffen, Siegeln, Instrumenten, oder andern glaubwirdigen Instrumenten gefast, die mag er einbringen. Doch sollen Siegel, Handschriffte und Instrumente vor Gerichte agnoscirt werden. Unnd so sie alters halben unbekentlich, doch in glaubwirdiger Form unnd uncancellirt, nit radirt, unnd sonst nit argwonig, uff ansuchen des producirendenn Theils umb
[Seite: 131v] alters willen zugelassen werdenn, vorbeheltlich dem gegentheil seiner Einredde.

Es seinn auch mehr beweisungen, als durch eigen bekantnusse, offentliche, unlaugbar, scheinbare Daten. Item augenscheinliche besichtigung. Item mit gemeinem Gerichte. Item durch vermutung mit dem Eide, als so der Beclagt den Eidt dem Cleger, oder hingegen dem Beclagten den Aidt heimstelt, und der Eidt darauff dieselben alle stat haben oder nit: Sollen unsere Schultheissen und Scheffen sich bey Rechtsgelerten oder aus Rechtsbüchern erkhundigen. Dann solche dinge alle hierinn zu setzen, viel zu lang fallen würde.

[51] Von dem Eydt, so der Richter zu erfüllung der beweisung gestat.

Offt begibt es sich auch, das der Cleger und Beclagter der Clagen und Antworten nit volnkomlich erwiesen, und nur einn halbe beweisung hat, Alßdann mag der Richter oder das Gericht den der solche halbe beweisung hat, zu er[f]üllung
[Seite: 132r] solcher beweisung, den Aidt nach Außweisung der Rechten zuerkennen, und solchs allein inn den Sachen, davonn der den Eidt thun soll, selbst wissen dragt.

Vorbehalten auch dem gegentheil rechtmessige Ursachen vorzuwenden, wo er will, warumb der Eidt nit gestadt werden solle, und darüber ferner mit Recht erkent werden.

[52] Von beschluß der Sachen.

Wann dann beide Partheyen Clag, Antwort, Kundt und Kundtschafft, auch notturfftig Inn und gegenredde, unnd alles was sie inn Recht verhoffen zugemessen
[Hartnack Seite 92] inbracht, Sollen sie zu recht beschliessen, und ihnen Urtheil und Recht mitzutheilen bitten.

Unnd wo ein Theill onn redlich ursach nit beschliessen, sondern den Gegentheil darinn uffhalten wolle, soll das Gericht mit dem andern Theil, aus Richterlichem Ampte beschliessen.

Darnach sollen die Scheffen die Acta zum fleissigsten, und nach irem besten verstande verlesen, erwegen und Urthel darauff fassen.

[Seite: 132v] Wo aber der Handel wichtig unnd sie sich der Urthell nit entschliessen kondtenn, Sollen sie Recht bey unverdachten, unpartheylichen Rechts erfarnen, uff der Partheyenn ziemblichen Costen fassen lassen, unnd folgendes eröffnenn.

[53] Von eröffnung der Urthell.

Wann das Gericht das Urtheil entschlossen, soll solchs inn schrifften verfast, und inn sitzendem Gericht öffentlich verlesen, und mit verzeichnus Jars, Monats und tags inn das Gerichtsbuch eingeschrieben werden.

Zu solcher eröffenung der Urthell sollen beide theill, oder anwelde, beruffen werden, unnd da einige Parthey außbliebe, soll nit weniger das Urthell auff ungehorsamb des außbleibenden theils, uff anhalten des gehorsamen Theils eröffenet und mitgetheilet werdenn.

Inn solchen Endurtheln sollenn die Urtheiler fleissig achthaben, das sie das jenige, so vom Cleger begert wordenn, demselbigenn, als fer es doch in Recht genug erwiesenn, zu erkennen, und der Beclagt mit ablegung des grichtlichen Costens und Schadens, darinnen verdampt: Oder aber nach gelegenheit den
[Seite: 133v] Antworter vonn der Clage ledig erkennen, unnd dem Cleger einn ewig stilschweigen ufflegen, und also nach gestalt des bestenn beweises entweder verdammenn oder ledig zelenn.

[54] Von Gerichtscosten wie die taxirt und gemessigt werden sollen.

Die Gerichtliche Costen, so uffgangen, darinn einer verdampt, soll der erhaltender Theil underschiedlich vonn Item zu Item, wannehe, und wo vor die außgeben seind, verzeichnen, dem Gericht übergeben, unnd durchs Gericht taxiren lassen, unnd das Gericht den verlierenden theil zur bezalung anhaltenn.

Wo aber neben dem gerichtlichen Costen, als Schreiber, Rednerlohn, Brieffgelt, Vorgebot, laut unserer derhalb hernachfolgender Gerichtlicher Besoldung, zu der Advocaten und Rechtsgelerten Ratgeben, und sonst inn andere wege angewendet, soll alles verzeichnet eingebracht, und also darauff erkent werden.

So N. einen leiblichen Aidt schweret, das er inn dieser Sachen N. ged.
[Seite: 133r] Gerichtskosten außgelegt, oder noch außzugeben schuldig sey, das soll gehört werden, und fernner darauff ergehen, was recht ist:

Inn sachen aber darinn Advocaten gebraucht werden sollen, soll dieser underscheidt gehalten werden. Wo die Advocaten sich im Handel nambhaft underschreiben, sollen die Gerichte nach grosse der Sachen, Fleiß und geschicklichkeit des Advocaten, für seine gehabte mühe gebürlichen lohn taxiren und messigen. Dann die Partheien mitt dem Aidt bedeuren soll. Würde aber der Advocat sich nit underschreiben, soll die verlustige Parthey darvor zu gebenn nichts schuldig seinn.

Wann aber die Partheien inn irem Gerichtlichen Vorbringen und Handlungen keine Costen bitten, auch derhalb nichts außtruglichs erkent wirdt, so sollen die Scheffen, nach der Zeit auch derhalb nit richtenn oder etwas messigen.

Wirdt auch vom Urthell appellirt, und die Appellation verfolgt, so soll auch mit den expensen, biß zu außfürung der Appellation stil gehalten werdenn.

Sonst wo nit davonn appellirt, oder die Appellation nit verfolgt, soll die taxation wie obenn geschehen.
[Hartnack Seite 93]

[55] Von Execution und volnziehung der Urthel.

Nach dem vergeblich Urthel zu sprechen, wo die nit gebürender weise volnzogen unnd gehandhabt werdenn.

Derhalben wollen wir, so ein Urthel an unserm Undergericht ergangen, unnd darvonn inn gebürender zeit, nemblich inwendig zehen tagen, nach außgesprochenem Urthell, nit appellirt, oder so appellirt, und derselbigenn aus redlichen Ursachen nit stat gegeben, oder so der stat gegeben, und nachfolgendts darauff […] oder dieselbige sonst desert oder verloschen were, so soll der gewinnenden Parthey uff ir anruffen, gebürliche und schleunige execution unnd volnstreckung der Urthel geschehen, inn massen wie folgt.

Unnd erstlich, so volnstreckung der Urthel begert wirdt, soll der gegentheil uff einen gebürenden termin darzu citirt und gefordert, zusehen die Gerichtscosten zu taxiren, rechnenn und messigen, und ferner die volnziehung der Urthel zu geschehen, oder rechtmessige Ursachen vorzubringen, warumb das nit geschehen soll.

Wo alßdann uff dem angesetzten termin die verlustige Parthey rechtmessige Ursachen, so die volnziehung der Urthel verhinderenn, furbrechte, soll sie nach Ordnung
[Seite: 134v] der Rechte darumb gehört werdenn.

Wann aber keine Ursachen vorbracht, oder solche vorbracht, welche nit erheblich oder rechtmessig, und zu verlengerung der sachen vorgewandt, soll zu volnstreckung der Urthel alßbaldt, ohnn Verzug vortgefaren werdenn.

[56] Wie in reali oder heblicher forderung volnziehung geschehen soll.

Wann die Urthel in reali actione als umb Hauß, Hoff, Acker, Wiesen, Garten, Pferde, Ochsen, oder ein ander dergleichen Gut, oder ding gehandelt wirdt, ergangen ist, Soll zuvor, ehe die volnstreckung geschicht, dem verlustigen theil gebotten werden, solch Gut oder Ding, in nemblicher Zeit dem Cleger einzuräumen oder zuzustellen. Und wo er solchs nit det, soll alßdann durchs Gericht die volnziehung wircklich geschehen, das Gut oder ding von dem Beclagten mit der that genommen, unnd dem Cleger zugestalt werdenn.
[Seite: 135r]

[57] Wie in personlichen Clagen die volnziehung geschehen soll.

Wo aber execution unnd volnziehung in personlichen Clagen beschehen soll, wann der Beclagt inn ein gewiß ding verdambt, soll die execution inn ein solch ding, so ferne es vorhanden, geschehen.

Were aber der Beclagt inn ein gewiß ding nit verdambt, oder das nach gestalt der Sachen die volnstreckung inn andern seinenn Gütern, beschehen soll und muß.

Alßdann soll man zum ersten die farende Habe, und so dieselbe nit reichen würde, alßdann die ligende Gütter, unnd zu dem dritten des Beclagten Schüldener, die der schuldt gestendig, pfenden oder angreiffenn, Es were dann, das im Rechten, in sondern fellen anders versehen.

Es soll auch inn der pfandung unnd volnstreckung diese bescheidenheit gehaltenn werden, das solche Güttere, so dem Beclagten am wenigsten schaden bringen, unnd doch dem Cleger zu volnziehung der Urthell genugsamb sein, genommen werden.

[Seite: 135r] Unnd were es sache, das jemandt erschiene, und die gepfandte Güttere vor sein eigen Gut anspreche, uff zeit der Pfandung, oder darnach, so sollen die verordenten executorn und volnstrecker, die sachen an die Gericht weisen, darüber nach Ornung der Recht summarie furzufaren unnd zu erkennen.

Unnd so sich das angegriffene oder gepfandte Gut des Beclagten oder schüldeners zu sein erfünde, soln die Urthell auff dasselbige Gut, inn massen, wie vorstehet, unverzüglich volnstreckt, Wo nicht, soll das irrig oder streitig Gut
[Hartnack Seite 94] verlassen, ein anders an dieselbige stat genommen, und die Urtheil, inn maasen, wie vorstehet, mit demselbigen volnstrecket werden.

Wo auch jemandt anzeigen, unnd mit Recht darthun würde, daß das gepfandte Gut, nit des schüldeners, sondern seinn des anzeigers, vorhin verlegt unterpfandt were, so soll die volnstreckung der Urthel nit volnfurt, sondern geschurtzt. Darauff alßbaldt dasselbige Gut verkaufft, und erstlich der vorige glaubiger davon gantz bezalt, volgents das ubrige zu volnstreckung der Urthell gewendet, Und im fall dasselbige nit genug, alß dann ferner, wie vorstehet, ann andere des Schuldeners gütter gegriffen werden.
[Seite: 136r]

[58] Wie die Pfände verkaufft, und umbgeschlagen werden sullenn.

Unnd wann solche Gütter, liggendt oder farendt, zu execution und volnstreckung der Urthell genommen, sollen sie inn ein sondern Zittel geschrieben, und an die Gerichts oder Ratheuser sechs wochen lang daran zu stehen, angeschlagen, Oder zu dreien viertzehen tagen öffentlich vor der Kirchen außgeruffen, und den Beclagten darzue verkundt werden, zu sehen die genommene Pfande und Gütter umbzuschlagen und zu verkeuffen, und sollen solche Zittel beim Gericht woll verwart werdenn.

Wann dann solche Gütter auffgepotten, und die angesetzte zeit verlauffen, sollen sie an einen offentlichen Ort, darzu bequemlich, sonderlich verordnet, per licitationem verkaufft, das ist, welcher das meist darumb gibt, dem sollenn sie durch die verordente executorn, Verkeuffer, Büttel, Gericht oder Stadtknecht verkaufft unnd dargeschlagen, und hierin keinn geferde gebraucht werdenn.

Es mögen auch die Gerichte, nach gelegenheit der Zeit, der personen, oder art unnd gestalt des Handels, solche zeit der execution mindern, unnd ein kürtzer ansetzen.

[Seite: 136v] Damit aber mitler zeit der execution die Gütter nit vereussert werden, soll die condemnierte Parthey auch fur der execution und volnstreckung geloben, nichts zu vereussern, zu nachtheil dessen, so die Urthel erhalten, und wilchen volnstreckung gedeienn soll.

Unnd sollen obgemelter Personen, zu der verkauffung der Gütter verordnet, wes am höchsten darumb gepotten und geben worden, und den Keuffer mit seinem Namen und Zunamen fleissig auffschreiben, und den Gerichten derhalb gebürende unnd erpare Rechenschafft thunn.

Wir wollen auch, das obgemelte Executores und Keuffer, Büttel oder Stadt Knecht, so die gepfandte Güttere verkeuffen, wieder durch sich selbst, noch jemandts anders vonn irentwegen, heimlich noch öffentlich, vonn denselben Güttern nichts keuffen oder zu iren händen bringen sollen, alles bey iren Aidtspflichtenn und schwerer straffe zu vermeidenn.

[59] Wie die entrichtung vom gelde der pfände dem gewinnenden theil geschehen soll.

Unnd so die Pfande, wie oben angezeigt, verkeufft, soll er erhaltenden Partheien vonn dem Gelde, daraus erlöset, mit wissen der Gericht, fur ir Heuptforderung
[Seite: 137r] und erlangten Gerichtscosten, außrichtung geschehen, Doch wo etwas ubrig, das soll dem Beclagten oder Schüldener zu gutten kommenn.

Dergleichen wo die verkauffte Güttere vor die Heuptsumma und den Gerichtscosten nit genugsamb weren, soll dem gleubiger ann andern des Schüldners Güttern, vor die ubermaß ferner execution und volnstreckung, wie Recht, geschehen.

Dem glaubiger oder Partheien, so die Urtheil erhalten hat, soll zugelassen sein, die Gütter oder Pfande, inn obgemelter massen, als einem Frembden zu keuffen.
[Hartnack Seite 95]

[60] So kein Keuffer der Pfande befundenn, wie es dann gehalten werden soll.

Wo aber kein Keuffer befunden, mögen solche Güttere dem Glaubiger vor ein benante summa Geldes, oder einen theil der Schuldt, wie das die Gerichte erkennen, zu bezalung geben werden, Doch wo die Güttere, wilche zu bezalung gegeben, die Heuptsumma oder iren Wert nit ertragen, Soll ihm uff des Beclagten
[Seite: 137v] andern Güttern fernner execution vorbehalten sein, Herwiederumb wo ubermaß befunden, soll dem Beclagten herauß gegeben werdenn.

Von Appellation so von Endurtheln geschehen.

Wann nach gesprochenem Endurthel ein Parthey sich beschwert befünde, die mag alß baldt im fußstapffen, oder bey sitzendem Gericht inn gegenwertigkeit des Schultheissen ann uns, oder unsere verordente Appelation Richtere mündlich appelliren, mit diesen oder dergleichen worten:

Herr Schultheisse von dieser Urtheil als beschwert, ewerer Eherrn und des gantzen Handels nichtigkeit vorbeheltlich, appellire und beruff ich mich ann den wolgebornen meinen gnedigen Herrn Graven zu Witgenstein etc. oder seiner Gn. verordente Commissarien und Appellation Richtere, unnd bitte mir Aposteln oder abscheidts Brieffe mitzutheilen.

Wo aber von dem Endurthel im fußstapffen nach der eröffnung, mündlich oder mit lebendiger stim, nit appellirt würde, Soll die Appellation zum wenigsten inwendig zehenn tagen nach gesprochenem Urthel, vonn stunden zu stunden zu
[Seite: 138r] rechnen, geschehen, Und soll solche Appellation inn Schrifften vor dem Gerichte oder Schultheissen und etlichen Scheffen, so man die haben mag, oder vor einem glaubwirdigen Notarien und Zeugen geschehenn, Unnd solche schrifftiche Appellation vor Notarien geschehen, inn zeit des Rechtens obgemelt, denen Gericht und Wiederparthey insinuirt und verkündigt werdenn.

[62] Von Aposteln und abscheidts brieven.

Wann nun von Endurtheln der gestalt appellirt und Aposteln gepetten unnd die sache, also geschaffen, das die Appellation in Recht zuzulassen, so soll das Gericht, solchen Appellationen mit diesem oder dergleichen worten deferiren oder stadt geben, unnd dieselbige zulassen.

Dem Wolgebornen unserm G. Landherrn, Graven zu Witgenstein etc., zu Eheren, gibt das Gericht der Appellation stadt und Reverential Aposteln.

Darauff soll dem appellirenden Theill dreissig Tage gesatzt und verordnet werdenn, seine Appellation inn unser Schreiberey anzubringen unnd anhengig zu machen.

[Seite: 138v] Wir wöllen auch, das inn hangender Appellation sach, weder durch das Gericht, noch Parthey inn der Heuptsach oder costen nichts attentirt, oder einige newerungen vorgenommen werden soll.

Wo aber appellirt wurde inn Fellenn, darinn die Recht zu appelliren nit gestadten, solche Appellation soll von den Undergerichten nit zugelassen, sondern mit diesen wortten verworffen werdenn.

„Nach dem deine Appellation freventlich, unnd inn Recht nit zulessig ist, so geben wir derselben keine stadt, dann refutorial Aposteln, alß dann mag zu volnstreckung der Urthel volnzogen werdenn.

Würde aber der Appellirender inn obbemelten dreissig tagen, die Appellation nit anhengig machen, und das Undergericht dessen nit vorgewissigt, oder durch Inhibition inenn die Handt nit schliessen lassenn.

So mag das Undergericht auff anhalten der gewinnenden Parthey, alßdann zu volnstreckung der Urthell, wie Recht, volnfaren.

[Hartnack Seite 96] Die Undergericht und Schreiber sollen auch die Partheien uber solche dreissig tage inn mittheilung aller gerichtlicher Acten, nit auffhalten: Sondern die Acten gantz volnkommen mit erzelung auff was tag, Monat, Jar, wie und welcher gestalt appellirt worden, mittheilenn.
[Seite: 139r]

[63] Von Appellation, so von beyurtheln beschehen.

Wurde aber von einem beyurthell appellirt, soll dasselbig nach Ordnung der Rechten in Schrifften und innerhalb obgemelten zehenn tagenn geschehen, unnd darinn clärlich die ursachen zugefügter beschwerung, außgedrückt werdenn. Unnd soll in diesem fall das Gericht, so ferne es die ursach der beschwernus, nit vor redlich oder billich ansicht, der Appellation stadt zu geben nit schüldig seinn.

Unnd sonderlich soll keiner Appellation von beyurtheiln stadt gegeben werden, die nit crafft einer Endurthel haben, wilchs sich der Appellant nach der Endurthel seiner vermeinter beschwerdt, inn der andern Instantz nit erhaltenn müge.

So dieser Appellation nit stadt gegeben würde, mag alßdann durch das Gericht vorgefaren, wie hievor vonn Endurtheln, biß so lange ihnenvonn dem Obergericht ferner zu handeln verlassen wirdt.

Wann aber vonn Endt oder beyurtheln inwendig zehen tagen weder mündlich noch schrifftlich appellirt, So erlangt die außgesprochen Urthel ir crafft, und mag
[Seite: 139v] darauff mit gebürlicher Execution und volnstreckung gehandelt werdenn.

[64] Von unzulessigenn Appellationen.

Wer auff außgangene Ladungen offenbar ungehorsamb erkant, mag nit appellirenn, soll die Appellation nit angenommen werdenn.

2. Einn offenbarer, bekandter und uberwundener Mißtheter, kan nit appellirenn. Wann einer aber aus forcht peinlicher marter zu einer bekantnuße gedrungen were, der mag vonn der peinlichen frage mit urttel ufferlegter straffe woll appelliren. Doch soll er genugsamb Burgschafft thun, oder inn Gefengnusse verwaret werdenn.

3. Der inn Amptsachen seines unfleiß oder verseumbnuß halber mit Urthell verlustig wirdt, mag nit appelliren.

Wann aber die verhandlung und sachen, derhalb die erkantnuß geschehen, nit seinn Ampt, sondern andere ding andrifft, mag derselbige verlustiger woll appelliren.

4. Zum vierdten, mag inn Fiscalischen fellen unnd inn sachen Kay Mat. Rent, Zinß, und Gulten bedreffent, nit appellirt werden. Aber so viel die erblosen Güt
[Seite: 140r]tere, bona vacantia zu Latein genant, belangt, mag woll appellirt werdenn.

5. Zum fünfften, Wann jemandts vom Heupturthell nit appellirt hat, und erstlich von der Execution oder volnzihung derselben urthel appelliren wolt, wurdt nit zugelassen, Es wurde dann die gebürliche masse der volnzihung ubertretten oder nit gehalten.

6. Zum sechsten, mag vonn Urtheiln, so allein in possessorio ergangen regulariter nit appellirt werden, Es sey dann, das die Urtheil ein offenbar unrecht auff ihr drüge, oder die beschwerden in petitorio durch newe Rechtfertigung umb das Eigenthumb nit mocht wiederbracht werdenn, mag davonn appellirt werdenn, und sonst in possessorio nit.

7. Zum siebenden, vonn beyurtheln, die nit crafft eines Endurtheils haben, oder durch derselben Endurthell zu wiederbringen sein, mag nit appellirt werdenn.

8. Zum achten, vonn erwelung zu einem Vormunder oder Curatorn oder eins gemeinen Ampts, mag nit appellirt werden, mag aber seine entschüldigung, wo er einige rechtmessige hette, inn gebürender Zeit vorwendenn.

9. Zum neundten, vonn Urtheln unnd erkentnusse der volnzihung und execution, so keinen Verzug leiden mag, hat keine Appellation stadt. [
[Hartnack Seite 97]
[Seite: 140v]

10. Zum zehendten, Wann in einer Appellation etwas das zu derselbigen gehörig, unterlassen, und also die wesentliche gebürende Zier nit gebraucht, wirdt geacht und furgefaren, als wann nit appellirt worden.

11. Zum eilfften, So ein Urtheil ergangen, unnd von beiden Partheien angenommen worden, hat die Appellation nit mehr stadt, ob gleich der eintheil der annemung Rewe entpfangen, und vor erscheinung deren 10. tage appelliren wolte, oder appellirt hette.

12. Zum zwölfften, So die verlustige Parthey zeit begert hette zu volnzihung ergangner Urthel, und darüber appeliren wolt, wird solche Appellation auch nit zugelassen.

13. Zum dreyzehendten, Die Kay. Maj. mag eine sache zu verhören und zu erortternn einem Richter oder Commissarien befehlen von dem nit appellirt werden solle.

14. Zum vierzehendten, so einige freventliche Appellation, das ist, wieder Recht und außgedruckte Statuten geschehen, werdenn nit zugelassenn.

Die jhenigen aber, so freventlicher muttwilliger weise appelliren, sollenn vermög der Rechten gestraffet werdenn.

15. Zum fünfftzehenden, hat die Appellation nit stat, wann die verlustige Parthey, zeit gebetten hat, vermög der Urthel zu bezalen.
[Seite: 141r]

16. Zum sechszehenden, Ann des heiligenn Römischen Reichs Cammergericht werdenn keine Appellation angenommen inn Sachen die under 150 Gl. Haubtgeldts werdt sein, Sollenn auch vonn uns nit zugelassen werden, Also auch inn peinlichen sachen.

17. Zum siebenzehenden, So einer auff angeben eines Clegers gefangen, gepeinigt, und inn costen gebracht, doch unschuldig befunden, mag derselbig unschüldiger, den Ankleger umb solchen costen, schmach und schaden rechtlich vornemen, darinn summarie und onn zirlicheit rechtlichen proceß gehandelt, und die urtheil on weittere Appellation volnzogen werden sollenn, wie inn des Reichs Halsgerichts Ordnung versehen.

18. Zum achtzehenden, Es wird auch nit zugelassen dreymal zu appelliren.

19. Zum neuntzehenden, Vonn einem nichtigen Urtheil ist nit not zu appelliren.

20. Zum zwentzigsten, Ein Appellation die ins gemein geschicht wird verworffen.

21. Zum 21. Inn geringsten Sachen wird keine Appellation zugelassen.

22. Zum 22. Wann der Richter die beschwernus, derhalb appellirt wirdt, revocirt, hat die Appellation keine stadt.
[Seite: 141v]

23. Zum 23. Die Appellation dessen, so nit appelliren kann, hat nit krafft.

24. Zum 24. Wann einer vor einen falschen Müntzer verdampt ist, kann nit appellirenn.

25. Zum 25. Es kann keiner darvon appelliren, das er selbst gethann oder bestelt hatt zu thun.

26. Zum 26. Der gewinnende Teil kan nit appelliren vonn der Sententz, umb der nachgelassener taxation willen der expensen.

27. Zum 27. Nach verlauff der geordenter 10. tage wirdt keine Appellation gestadt.

28. Zum 28. Vonn einem wilkörlichen Scheidßrichter kenn man nit appelliren.

Item wann im Compromis die Appellation ausgeschlossen.

Andere mehr Felle seind bey den Rechts gelerten zu findenn. [142r]

[65] Wie in Appellation Sachen vorgefaren werden sol.

Wilche Parthey vonn Undergerichten beschwert an uns appellirt, die soll zu volnfürung irer Appellation innerhalb vorgemelten dreissig tagenn, bey unser
[Hartnack Seite 98] Schreiberey vermelden, das er appellirt habe uff N. tag und zeit, und solchs prothocolliren lassen, Unnd wo ime von nöten, mag er umb Compulsorial, oder Zwangsbrieffe ann vorigs Undergericht, die Acten ime mitzutheilen, auch sonsten umb Inhibition anhaltenn.

Die Compulsoriales und Inhibition soll unser Secretarius inn gebürender formen zu erkennen und folgen zu lassen, bevelch haben.

Unnd da die Undergerichte damit ersucht werden, sollenn sie mit erzelung des handels, und wie es vor inen vorbracht und verlaut hat, die Acta und das Urtheil under des Gerichtssigell verschlossen zustellen, Die soll darnach die appellirende Parthey in die Schreiberey presentiren, citation gegenn seinen Wiedertheil bitten.
[Seite: 142v]

[66] Von Ordnung Gerichten in Appellation sachen.

Ordinari Gerichtstage sollen wochentlich auff einen jeden Freitag gehalten werden, und da vonn nötten der Sampstag darzu gehören.

Es sollen auch die Parteien durch den Gerichtspotten mit einer schrifftlicher Citation zu fruer tagzeit, nemlich Sommerzeit zu sieben, und Winterzeit zu acht horen vorbescheiden werden. Unnd wilchs theil uber acht uhr ungehorsamblich, one rechtliche entschuldigung außbleiben würde, soll einen Ort zu busse geben. Wilche aber den Tag unabgeschrieben nit besuchen wurden, sollen dem erscheinenden theil seinenn costen gelten, unnd einen Daler zur Busse gebenn, er könne dann dessen solche ursachen der verhinderung darthun, dardurch er darvonn billich zu enthebenn.

Unnd soll inn der Rechthangendenn Sachen nach besage der Rechten gegen die offtmals ungehorsamen, wie inn erster Instantz volnfaren werdenn.
[Seite: 143r]

[67] Vonn gemeinen Audientien.

Es sollen im gantzen Jar vier Audientien gehalten werden. Unnd soll jede Audientz die Woche auß also 6. tage lang werenn.

    Die erste den zweitten Montag nach Trium Regum.
    Die andere Montags nach Oculi.
    Die dritte Montags nach Johannis Baptistae.
    Die vierdte Montags nach Galli.

Bey diesen Audientien sollen sein unser Amptmann, Secretarius, Rentmeister und andere Rethe.

Uff solchen Audientzien sollen die Partheien inn recht und gute handeln, und inn Sachen darinn beschlossen Urthell unnd bescheidts erwartenn.

Die gerichtlich und gutlich Verhör sollen zu Lasphe und Berleburg uff dem Rathause, wo die Hoffhaltung seinn wird, gehalten Werdenn.
[Seite: 143v]

[68] Der erste Termin.

1. Uff den termino Citationis soll der Appellant die Citation reproduciren, und der Bot relation thun, wie er die dem gegentheil verkündet habe.

In gleichem auch, so Compulsorialn und Inhibition außgangen, sollen die auch mit irer execution einbracht werden.

2. Darnach das Instrumentum appellationis, oder die Acten, darinn die Appellation geschrieben.

3. Darnach das Libel der Appellation.

[69] Wie man die Appellation clage formiren soll.

Wann einer durch ein Interlocutori oder beyurthell — die doch eines Endurthels crafft nit hette — unwiederbringlich were beschweret worden, und darvonn appellirt hette, So ist es gnug, das er das Instrument der Appellation, oder
[Seite: 144r] die Appellation zittel in Actis, an stadt eines libels bey unsern
[Hartnack Seite 99] Verordenten repetier und erhole. Kurtzlich bittendt zu erkennen, das nichtiglich oder ubel gesprochen und woll appellirt sey.

Wo aber vonn einer beyurthell, die eins endurtheils crafft hette, oder aber vonn einem endurtheil appelirt were, da ist von nötten, das ein Appellation libell, wilchs die gravamina unnd beschwerung Summarisch und ins gemein oder articulirt, und inn sonderheit begreiffe, unnd in sich halte, auff diesen Termin ubergebe und einwende.

Wann nun von einer Interlocutori als von einem Endurtheil appellirt ist, soll man das Libel beschliessen, wie hievor, Aber gegenn einn Endurtheil soll man diese worte hinzusetzenn.

Ich bitt das durch eweren Richterlichen spruch möge erkent werden, das nichtiglich oder ubel geurthelt und woll appellirt sey, und das mein gegentheil verdampt werde, Laut und Inhalt meiner Clage, die ich inn erster Instantz gethann habe.

Was dann gegen die Inhibition attentirt und vorgenommen, soll der Appellant inn einer sonderlichen Schrifft und verzeichnusse fassen und inns Gericht vorlegen, mit conclusion und beschluß auff die straffe inn der Inhibition oder verbotsbrieffen begriffen oder verleibt, gerichtet.
[Seite: 144v]

Im fall keine Inhibition außbracht, und doch inn hangender Appellation etwas attentirt und vorgenommen worden, stehet dem Appellanten frey, solchs inn schrifften zu clagen und zu bitten. Das alles was geschehen und vorgenommen in integrum, das ist inn vorigen standt wiedrumb möge restituirt und gesetzt werden.

Darauff auch unsere verordente Appellation Richtere, die Attentaten sach oder vorgenommene Newerung onn verzug mit dem ersten so viel möglich mit dem ersten verrichten unnd billichen bescheidt erlangen sollenn.

Inn der zeit soll gleich woll die Appellation sach damit nit feiren, oder zurück gesatzt seinn, sondern soll zugleich, so woll inn sachen gravaminum und beschwerung, als der Attentaten und datlichen anmassung, nach seiner Ordnung erkandt unnd gesprochen werden: Es weren dann die attentata, und was geschehen gantz und gar Notoria, offenbar und bekandt, oder kundten alßbald unverrücklich durch den Appellanten beweist werdenn. Beides fals muß vor allen Dingen die restitution und wieder einsetzung inn vorigen standt geschehen.

Der Appellat mag Copey und abschrifft alles des, was der Appellant einbracht, sampt dilation und frist, dagegenn zu handeln, und die Acta außschreiben zu lassen, bittenn.
[Seite: 145r]

[70] Secundus Terminus.

Uff den gebettenen Termin mag der Appelat die Appellation anfechten, als das sie untüchtig, unnd gegen form der Rechten geschehen, oder die sache were dermassen gestalt unnd gelegen, das sie durch Appellation nit hette können devolvirt werdenn, und an den Richter gelangen, oder so er sunst andere dilatorias exceptiones hette, die möchte er Articuls weise vorbringenn.

Unnd wirdt hierinn aller seits vorfaren, wie vonn dilatori exceptionem in prima instantia gesetzt ist.

[71] Von der Kriegßbefestigung.

Wann aber der Appellat die Appellation an ir selbst oder ihrer devolution, mit grundt und bestandt, nit kann anfechten, so ist er schuldig uff das ubergebenn Libel, den Krieg zu befestigen.
[Seite: 145v]

[72] Formalia der Kriegsbefestigung appellatus.

Inn Sachen Lucii Ticii des Appellanten und gegen Sempronium den Appellaten, gestehe ich nit, das der Appellation folge geschehen sey, und bitte zu erkennen, das woll geurtelt und ubel appellirt sey.
[Hartnack Seite 100]

Der Appellant soll also den Krieg bevestigen. Ich repetire und erhole mein vorige articulirte petition und Libel anstadt der gravaminum, Bittendt nach Inhalt und Laut derselbigen zu erkennen unnd zu sprechenn.

So er aber kein articulirt, sondern ein gemein Libel inn Gericht ubergeben hette, soll er also setzenn.

Ich wiederhole mein Appellatorische petition, und bitte mir zeit und frist zu erkennen und mitzutheilen, das ich nach Ordnung der Recht möge furtfaren.

Im fall er nichts mehr zu setzen oder zu articuliren hette, kondte er alßbaldt den Krieg befestigen, und zugleich concludiren, wie folget.
[Seite: 146r]

Ich repetier und erhole meine Appellatorische petition, bittende Laut und einhalt derselbigen zu pronunciiren unnd zusprechen, stelle damit die sache dem Richterlichen Erkentnusse und endlicher erörtterung heim.

[73] Juramentum Calumniae.

Zur selbigen zeit soll man alßbaldt auff eines oder beidertheil erforderrn und beger den Aidt vor geferde schwerenn.

Wann der Appellant also baldt concludirt und beschleust, mag der Appelat verzug und frist bitten zu fernerem proces. Oder so der Appellant darmit nit zu frieden seinn wolte, möcht er gleicher gestalt anhaltenn, das inn der sachen onn weiteren verzug möcht vortgefaren werdenn.

[74] 3. Terminus.

Wo der Appellant die Articul seines appellatorischen Clag libels an Stadt der gravaminum oder beschwerung inn vorigen termin repetiert und erholt hette. Soll der Appellat nun inn diesem Termein darauff Antwort gebenn. Doch also das er
[Seite: 146v] alles inn diese Antwort schliesse, was ime zu setzen not seinn will.

Hette aber der Appellant zuvor dilation und frist zu articuliren oder fernern Proces gebetten: So soll auff dießmall und um diesen Termeinn derselbige Appellat einn conclusion schrifft, und darinn gleicher gestalt alles was ime not einbringen und ubergeben. Unnd soll dem Appellaten in diesem fall dilation zu antworten und zu concludiren gegeben werdenn.

Aber so der Appellant inn der hauptsach etwas newes zu confirmation, becrefftigung und sterkung desselbigen seines Rechten einfüren, oder was inn der vorigen Instantz schonn eingefürt ist, besser ercleren oder beweisen wolte, kann er das auch articulirt furbringenn.

Die form der wort zu concludiren oder zu beschliessen ist hie, wie inn der [ord]nung der probation oder beweisung erster Instantz.

[Seite: l47r] Also auch wan der Appellat newe exceptiones und Ausszüge einwenden unnnd beweisen wolte, Soll er darmit zugelassen werden nach obgesetzter unser Ordnung der peremptorischen Exceptionen.

Jedoch mag der Appellant, oder auch der Appellat under diesem scheinn keine newe Articull, die zu der sache der ersten Instantz nit gehörig, einfürenn, das Gericht damit auffzuhaltenn.

Die form der wort zu concludiren oder zu beschliessen ist hie, wie inn der ersten Instantz zu halten. Doch soll in diesem Ort mit fleiß gemercket werdenn, Das aller setze unnd dilation, gestalt und termin, dem Richterlichen Ampt heimgestalt sein, also das er darinn moderiren, messigen, vorfaren und schaffen, das ist verlengernn oder verkürtzenn möge, alles nach gelegenheit der sachen und Personen.

[76] Wie auff die desertion oder verleschung der Appellation gehandelt werden soll.

[Seite: 147v] Wo der Appellant inwendig der zeit, wilche ime der Richter erster
[Hartnack Seite 101] Instantz, wie vorgemelt, angesatzt, seine Appellation zu verfolgen, Oder so keine zeit angesetzt werden, inwendig Jarsfrist von zeit des ausgesprochenen Urtheils, vor uns oder unsern darzu verordentenn, nit erscheinen würde.

Sollenn unsere Verordenten uff anhalten des Appellaten den Appellanten drey mall nacheinander vorheischen lassenn, zu beweisen das er seine Appellation, wie Recht, verfolget habe, oder aber zu sehenn und zu hören, sein Appellation desert und verloschen zu seinn, zu erkennen.

Wo alßdann der Appellant nit erscheinen würde, soll uff weiter anhaltten des Appelaten, die Appellation desert und verloschen, und das vorig Urthell, inn seinn crafft gangen und zu volnziehn sey, erkant, und die sachen vor erster Instantz Richter, umb volnzihung der urtel zu thun remittiert, und der Appellant inn die Gerichtscosten gewiesen werdenn.

ENDE DES GERICHTLICHEN PROCESS.