Gedeon, Rezeption des römischen Privatrechts in Nürnberg 1957




Dr. Andreas Gedeon, Zur Rezeption des römischen Privatrechts in Nürnberg (Nürnberg 1957) :: Transkription Speer 2009 /2013

Quelle: Dr. Andreas Gedeon, Zur Rezeption des römischen Privatrechts in Nürnberg [= Nürnberger Rechts- und Sozialwissenschaftliche Vorträge und Schriften. Herausgegeben von den Professoren an der Hochschule für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften zu Nürnberg Dr. jur. Hermann Eichler und Dr. jur. Ernst Wolgast. Heft 5 (Nürnberg 1957)

Vorwort

Die folgende Abhandlung hat der Hochschule für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften in Nürnberg als Dissertation vorgelegen. Der Verfasser hat schon vor dem Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften rechtshistorische Studien an der Deutschen Karls-Universität in Prag betrieben, die er im Verlaufe seines Studiums in Nürnberg fortgesetzt hat.

Der Verfasser möchte an dieser Stelle seinem verehrten Lehrer, Prof. Dr. Hermann Eichler, für vielfache Anregungen und Hinweise seinen Dank aussprechen. Ebenso dankt er der Hochschule für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sowie der Freiherr von Haller’schen Stiftung für die großzügige finanzielle Unterstützung der Drucklegung. Schließlich möchte der Verfasser nicht unterlassen, Frau Dr. jur. Marianne v. Clausbruch, geb. Wolgast, für die freundliche Durchsicht der Korrekturen Dank zu sagen.

Dr. oec. Andreas Gedeon

Inhaltsverzeichnis

A. Die Grundlagen 7
I. Die Entwicklung des römischen Rechts bis zur Rezeption in Deutschland 7
1. Das Corpus iuris civilis 7
2. Die Glossatoren 8
3. Das Corpus iuris canonici 9
4. Die Postglossatoren 10
II. Wesen und Ursachen der Rezeption 12
1. Die theoretische Rezeption 12
a) Die translatio imperii 12
b) Kaiserrecht als anerkanntes Reichsrecht 14
2. Die praktische Rezeption 16
a) Das Studium des römischen Rechts 16
b) Die gelehrten Juristen 16
c) Das Reichskammergericht 17
d) Die Kodifikationen 18
B. Zur Rezeption des römischen Privatrechts in Nürnberg 20
I. Die Entwicklung des Nürnberger Stadtrechts bis zum Erscheinen der Rechtsreformation 20
1. Freiheitsbriefe 20
2. Das Privatrecht in den Statutensammlungen des XIV. u. XV. Jahrhunderts und in verschiedenen Einzeldekreten 22
3. Die Rechtsquellen des vorreformatorischen Rechts 30
II. Das Privatrecht der Nürnberger Reformation nach seinem römisch- und deutschrechtlichen Gehalt 30
(nachfolgende Gliederung in Anlehnung an die Reformation von 1564)
1. Schuld- und Sachenrecht 32
a) Darlehen und Leihe 32
b) Hinterlegung 34
c) Kauf und Mängelhaftung 35
d) Miete 36
e) Gesellschaft 38
f) Bürgschaft 39
g) Pfand 40
h) Erbleihe und Rentenkauf 41
i) Fund 43
k) Schadenersatz 43
2. Eherecht 44
3. Erbrecht und Vormundschaft 47
a) Testament 47
aa) Formelles Testamentsrecht 47
bb) Erbeinsetzung 48
cc) Pflichtteilsrecht und Enterbungsgründe 49
dd) Änderung und Nichtigkeit 52
ee) Fristen 52
ff) Nacherbschaft 52
gg) Legat 53
hh) Testamentsvollstreckung 54
b) Erbrecht der Ehegatten 55
c) Gesetzliche Erbfolge 58
d) Teilung der Erbschaft 61
e) Einsatz des Erben 62
f) Inventar 62
g) Vormundschaft 63
III. Kurzgefaßte Gegenüberstellung der Nürnberger Reformation mit den anderen süddeutschen Kodifikationen der Rezeptionszeit 66
1. Die Wormser Reformation 67
2. Das Freiburger Stadtrecht 69
3. Die Frankfurter Reformation 70
C. Verbreitung und Bedeutung des Nürnberger Rechts im Zeitalter der Rezeption 72
Literaturverzeichnis 76

[Seite: VI]

A. Die Grundlagen.

Wenn bei den bisher bekannt gewordenen Darstellungen des alten Nürnberger Rechts, die irgendwie mit der Rezeption zusammenhängen, vergeblich nach einer umfassenden Betrachtung des Rezeptionsprozesses gesucht wird, dürfte es vielleicht einem Bedürfnis entsprechen, dieses Phänomen etwas gründlicher zu untersuchen. Einerseits setzt jedoch schon die Eigenartigkeit dieses Vorgangs dem Umfang der Untersuchungen eine Grenze, anderseits sollen die Betrachtungen nur auf die mit der Rechtsentwicklung Nürnbergs mittelbar oder sogar unmittelbar zusammenhängenden Ursachen beschränkt bleiben, in der durch die Themenstellung bedingten Kürze. Hierbei soll auch der Entwicklung des römischen Rechts, des eigentlichen Gegenstandes der Rezeption, nur soweit Erwähnung getan werden, als es für das Verständnis des Rezeptionsvorgangs notwendig erscheint. Damit werden die Grundlagen geschaffen, um an die Analyse des größten Gesetzgebungswerks der alten Reichsstadt Nürnberg, seiner Rechtsreformation, herangehen zu können, die ohne das römische Recht noch nicht dieses relativ hohe Maß von Wissenschaftlichkeit aufgezeigt hätte; denn über alle fruchtlosen Streitfragen einer Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit der Rezeption hinweg darf als Tatsache gelten, daß die römische Jurisprudenz seit dem 16. Jahrhundert die Lehrmeisterin unseres juristischen Denkens gewesen ist.

I. Die Entwicklung des römischen Rechts bis zur Rezeption in Deutschland.

1. Das Corpus iuris civilis

Ein Zeitraum von nahezu tausend Jahren liegt zwischen der ersten Fixierung des römischen Rechts — den zwölf Tafeln — und der Kodifizierung durch Kaiser Justinian (533 n. Chr.). Dazwischen liegen die gelehrten Juristenschriften eines Papinian, Paulus, Ulpian u. a., zahlreiche kaiserliche Reskripte und Edikte, die in verschiedenen Codices gesammelt waren. Aus diesen Unterlagen entstand das Corpus iuris Justinians, das in drei Teile zerfiel: 1. die Institutionen (in vier Büchern), ein kurzes historisch-dogmatisch gehaltenes Lehrbuch des Justinianischen Rechts; 2. die Digesten (oder Pandekten) in 50 Büchern, eine Sammlung von Auszügen aus Juristenschriften, deren Grundstock die Schriften des Ulpian und des Paulus bildeten. Die Übereinstimmung der Schriften der [Seite: 8] klassischen Juristen mit dem Recht der Justinianischen Epoche wurde durch Interpolationen erreicht, wobei Justinian selbst sagt, daß er propter utilitatem rerum in den aufgenommenen Stellen multa et maxima verändert habe.1). Dadurch wurden die Kontroversen unter den juristischen Schriftstellern beseitigt, und eine Harmonie in der Kompilation der Digesten, dem wichtigsten Teil des Corpus iuris, hergestellt; 3. der Kodex in zwölf Büchern, eine Sammlung kaiserlicher Einzelentscheidungen (Konstitutionen), der ebenfalls durch eine Reihe von Interpolationen mit dem geltenden Recht in Übereinstimmung gebracht wurde. Damit war das Corpus iuris Justinians abgeschlossen. Um weitere Kontroversen zu vermeiden, wurde die Abfassung von Kommentaren bei Strafe verboten. In Zweifelsfragen sollte der Kaiser selbst um eine Entscheidung angegangen werden. Die dadurch notwendig gewordenen neuen Konstitutionen fanden in den Novellae ihren Niederschlag, die als vierter Teil des Corpus iuris civilis im Laufe des 16. Jahrhunderts in Deutschland rezipiert wurden.

2. Die Glossatoren.

Mit der Kodifikation Justinians schien die rechtswissenschaftliche wie die rechtsbildende Kraft des oströmischen Reiches erschöpft. Die Literatur beschränkte sich in erster Linie darauf, einzelne Teile des Corpus juris ins Griechische zu übersetzen. Nach dem Tode Justinians und der Aufhebung des Verbotes der Kommentierung des Gesetzbuches, erschienen zahlreiche Paraphrasen, die den Zweck verfolgten, die unhandliche und für die Praxis nahezu unbrauchbare Kodifikation in leichtere Kost umzuwandeln; denn es war kein Gesetzbuch im modernen Sinne, weil es nur zum geringsten Teil formulierte Rechtssätze bot. In der Hauptsache bestand es aus Kasuistik, die sich in ihrer z. T. mangelhaften Anordnung keineswegs zu einem Nachschlagewerk für den Praktiker eignete.2

So verschwand in der Folgezeit das Corpus iuris immer mehr aus der Praxis und bis zu seiner Wiederentdeckung zu Beginn des 12. Jahrhunderts liegt ein langer Zeitraum, in dem nur geringe und schwer datierbare Arbeiten von einer genauen Kenntnis des Corpus iuris, vor allem der Digesten, zeugten. Erst mit der Bologneser Schule des Irnerius (Guarnerius) begann eine Renaissance des Rechtslebens, deren Träger die Glossatoren waren.

Wie bereits angedeutet, erweckte die praktische Anwendung des Corpus iuris das Bedürfnis nach einem Mittler, der dieses komplexe Material griffbereit zurechtzulegen verstand. Irnerius, der Begründer der Glossatorenschule zu Bologna, entdeckte in einer Abschrift der Pisana (einer um etwa 600 n. Chr. entstandenen Handschrift der Digesten, die einen besonderen Schatz der Stadt Pisa bildete, nach Unterwerfung der Pisaner durch Florenz und Entführung der Handschrift auch Florentina genannt) neu den Urtext des Digestenwerkes. Aus dem Philologen wurde ein Jurist, der vom Sprachlichen zum Sachlichen vordrang3 und [Seite: 9] als erster einen Apparat kritischer Randbemerkungen (Glossen) zum Gesetzestext schuf. Die Universität Bologna erlangte bald europäischen Ruf und zahlreiche Studenten aus den westeuropäischen Ländern strömten ihr zu. Unter den Studenten aus Deutschland waren nicht wenige aus Nürnberg,4 und durch die hier ausgebildeten Juristen wurde — wie später noch zu zeigen sein wird — bereits der erste Keim zur Rezeption des römischen Rechts in Deutschland gelegt. Die Lehrmethode der Glossatoren bestand darin, den Inhalt des Corpus iuris vorzutragen, zu erläutern, die allgemeinen Rechtsregeln zu explizieren und durch Entscheidung von Rechtsfällen eine Anleitung zur praktischen Anwendung der erläuterten Gesetze zu geben.5 Allerdings beschränkten sie sich nicht darauf, das römische Recht so darzustellen, wie es zu Justinians Zeiten gegolten hatte, sondern sie behaupteten zugleich, daß es auch noch gegenwärtig gelte, wohlwissend, daß in der Praxis ein anderes Recht Anwendung fand. Es ging ihnen um die Darstellung des gemeinen Rechts, wie es unabhängig von anderen existierenden Lokal- und Partikularrechten anzuwenden sei, also um den universellen Charakter des römischen Rechts. Dieser Berührungspunkt mit der Kontinuitätstheorie des römischen Reiches wird bei der Betrachtung der unmittelbaren Ursachen der Rezeption noch eine eingehende Würdigung finden. Die hauptsächlich exegetische Arbeitsweise der Glossatoren mußte notwendig an einem Punkt anlangen, wo sie zu Ende war. Mit der Glossa ordinaria des Accursius (um 1250), welche die letzten glossatorischen Arbeiten des Bulgarus, Azo, Odofredus u.a. zusammenfaßte und eine ähnliche Stellung einnimmt wie die abschließenden Kommentarwerke eines Ulpian und Paulus am Ende der klassischen Periode der römischen Jurisprudenz, hatte die Glossatorenschule ihren wissenschaftlichen Zweck erfüllt.

Savigny nennt sie in seiner „Geschichte des römischen Rechts im Mittelalter“ die buchgelehrten Reformatoren der Jurisprudenz und ihr Erfolg beruhte auf der werbenden Kraft, welche die positive Rechtsethik der römischen Quellen im Spätmittelalter entfaltete, auf dem Bedürfnis nach einem allgemeinen Recht in der ungeheuren Rechtszersplitterung der europäischen Länder und dem Verlangen nach einer rationalen Rechtssprechung und Verwaltung.6

3. Das Corpus iuris canonici.

Das Mittelalter ist in wesentlichen Epochen gekennzeichnet durch die Auseinandersetzung zwischen Kaisertum und Papsttum. Beide Seiten bemühten sich, ihrem Anliegen eine rechtliche Fundierung zu geben. Daß diese rechtlichen Bemühungen der deutschen Kaiser nur zu einer Anlehnung an die Glossatoren und Postglossatoren führte und nicht zu einer Rechtsschöpfung größeren Stils, ist wohl eines der Versäumnisse im Rahmen dieser Auseinandersetzung. Jedenfalls [Seite: 10] zögerte das Papsttum nicht, dem Corpus iuris civilis ein mittelalterliches Weltgesetzbuch entgegenzustellen, sobald die Übergangsperiode, in der Kirche und Klerus secundum legem Romanam lebten, als abgeschlossen galt. Durch die Dekretalengesetzgebung der damaligen Päpste eingeleitet, beschränkte sich das Corpus iuris canonici nicht allein darauf, Kirchenrecht zu sein, sondern wollte auch das Privatrecht, Straf- und Prozeßrecht im Sinne der Kirche umgestalten. So wurden auf dem Gebiet des Privatrechts grundlegende Bestimmungen eingeführt, z. B. die Anwendung der bona fides für Klageverjährung und Ersitzung, das Verbot des Zinsnehmens usw.7 Das Kirchenrecht griff, ursprünglich ein Recht der Kirche für die Welt, als kanonisches Recht weit hinüber in weltlich geregelte Angelegenheiten.8

Der Grund, warum hier bei einer Betrachtung des römischen Rechts des Corpus iuris canonici besonders Erwähnung getan wird, liegt nicht allein in der Tatsache, daß Nürnberg bei der Abfassung seiner Reformation auch kanonisches Recht (vor allem im Prozeß und z. T. im Testament) rezipierte; es interessiert die eigentümliche Stellung, die das kanonische Recht dem römischen Recht gegenüber einnahm, die dazu angetan war, die Rezeption teils zu fördern, teils zu hemmen. Ursprünglich eine Befürworterin des römischen Rechts, wendete sich die Kirche im Laufe des Mittelalters gegen dieses. Es soll hier nicht nach Gründen für diesen Stellungswechsel gesucht — worüber sich übrigens auch schon Savigny den Kopf zerbrochen hatte — sondern nur die Tatsache vermerkt werden, daß die Gegnerschaft schließlich zu einem generellen Verbot des Studiums des römischen Rechts für den Klerus und an einzelnen Universitäten — wie z. B. Paris — sogar für die Laien führte. Im Falle Paris war das Verbot von den Königen von Frankreich ausdrücklich gewünscht, weil sich diese gegen das römische Recht und dessen Rezeption wandten. Dort jedoch, wo das römische Recht bereits Geltung hatte — wie in Italien — half sich die Kirche mit zahlreichen Dispensationen, ohne allerdings das Verbot selbst aufzuheben. Eine weitere Untersuchung des Problems erübrigt sich; es wurde auch nur der Vollständigkeit halber gestreift, weil es für die Frage der Rezeption des römischein Rechts von mittelbarer Bedeutung war.

4. Die Postglossatoren.

Um es vorweg zu nehmen: Die Bezeichnung Postglossatoren ist ziemlich unglücklich gewählt, weil sie die Vermutung aufkommen läßt, daß sie lediglich Epigonen der Glossatoren gewesen seien. Das Wesentliche und Neue ihrer Aufgabe und ihrer Leistung kommt besser in der Bezeichnung „Konsiliatoren“ oder „Kommentatoren“ zum Ausdruck. Ihre Blütezeit fällt in das 14. Jahrhundert und gipfelt in den Namen Cinus, Bartolus und Baldus; ihre Wirkungsstätten waren vornehmlich Perugia, Padua, Pisa und Pavia.

(Während sich die exegetische Methode der Glossatoren lediglich auf die Erklärung des römischen Rechts mittels der Glosse beschränkte, wollten die Postglossatoren ein lebendiges gemeines Recht schaffen, das für die breite Praxis [Seite: 11] Anwendung finden sollte. Schon die Glossatoren hatten das aus dem langobardischen Recht abgeleitete Statutarrecht der oberitalienischen Stadtstaaten verdunkelt, es als ius barbarum, ius asininum, lex sine ratione usf. betitelt, ohne jedoch mit ihrem glossierten Corpus iuris einen gebrauchsfertigen Ersatz liefern zu können. Den Kommentatoren gelang es, die schwierige Aufgabe der Herstellung einer Wechselbeziehung zwischen dem römischen Recht, dem kanonischen und dem Statutarrecht zu lösen. Kannten die Glossatoren nur das Römische Recht, so war dieses den Kommentatoren nur ein Element im Aufbau eines Rechtssystems;9 indem sie in den Kommentaren des Corpus iuris die Statuten weitgehend berücksichtigten, schufen sie das ius commune der Praxis, das bei den Glossatoren nur theoretischer Natur war; indem sie ferner das römische Recht stellenweise im Sinne des kanonischen Rechts weiterbildeten, schufen sie die Brücke zum anderen lebendigen Recht; indem sie schließlich noch germanische Rechtsauffassungen in ihre Kommentare hineinarbeiteten, schufen sie den usus modernus pandectarum, „ein Recht, welches mit den unvergänglichen Leistungen römischer Jurisprudenz Fühlung behielt, aber doch modernisiert genug war, um in die Gerichte der damaligen Gegenwart Eingang finden zu können“.10

Es ging nicht darum, das römische Recht lediglich erläuternd festzustellen; es kam darauf an, die Rechtssätze aus Begriffen abzuleiten, eine Praxis, wie sie bislang den römischen Juristen fremd war. Wenn auch zahlreiche Völker — wie oben erwähnt — zur Schaffung dieser „Begriffsjurisprudenz“ beigetragen haben, so gebührt doch den italienischen Kommentatoren das Verdienst, ein praktisch geltendes Recht des Abendlandes geschaffen zu haben. Diese Methode fand in der Bezeichnung mos italicus Anerkennung durch die Geschichte.

Je freier die Auslegung des Corpus iuris im Hinblick auf die Bedürfnisse der Praxis seitens der Kommentatoren wurde, desto mehr mußte das Ansehen ihrer Gutachten wachsen. Stimmte die Ansicht der bedeutendsten Rechtsgelehrten überein, so bildete sich eine communis opinio, von der minime recedendum est. Baldus, ein Schüler des Bartolus, bezeichnete es nachgerade als temerarium, von ihr abzuweichen. Das Corpus iuris trat in seiner Bedeutung zurück. Hatte die Glosse schon viel zum Verstehen des Corpus iuris beigetragen, so mußte die rechtsverschmelzende Tätigkeit der Kommentatoren dazu führen, daß nicht das maßgebend war, was im Corpus iuris stand, sondern was seine berufenen Interpreten aus ihm herausdeuteten. Da die Praxis aber nach Autorität verlangte, fand sie diese in den großen Kommentarwerken des Bartolus de Saxoferrato und des Baldus de Ubaldis. Besonders Bartolus wurde zu einem Gott der Juristen], seine Meinung war nahezu Gesetz: Nemo jurista nisi bartolista, und im Deutschland des 16. Jahrhunderts konnte man hören, daß des Bartolus oder Baldus Lehren „non minus ius faciunt quam principum constitutiones„.11 Das von den Kommentatoren geschaffene Recht war mittelalterliches „gemeines“ Recht. Es war römisches Recht, doch durch die Verschmelzung mit anderen nationalen [Seite: 12] Rechten ein Weltrecht geworden, das nicht zuletzt für die deutschen Bedürfnisse zurechtgemacht war; es war rezeptionsreif.

II. Wesen und Ursachen der Rezeption.

Nach dieser kurzen Betrachtung des eigentlichen Gegenstandes der Rezeption, des römischen Rechts in seiner geschichtlichen Entwicklung vom reinen römischen Recht bis zum römischen Recht der Postglossatoren, als das es in Deutschland rezipiert wurde, erscheint es für das Verständnis des lokalen Rezeptionsvorganges in Nürnberg von Wichtigkeit, einen gedrängten Überblick über die Ursachen der Rezeption folgen zu lassen, wie sie bewußt oder unbewußt, teils stärker, teils schwächer ausgeprägt, die Aufnahme römisch-rechtlichen Gedankengutes beeinflußt haben.

Das Phänomen der Rechtsrezeption ist ein einzig dastehender Prozeß der deutschen Kulturgeschichte. Ein an Rechtsquellen und Rechtssätzen so reiches Volk wie das deutsche vertauscht sein eigenes Recht mit einem fremden, vor tausend Jahren in einem anderen Land unter ganz anderen Verhältnissen entstandenen Recht, nicht etwa auf dem Wege der Vernichtung oder Überwältigung durch ein anderes Volk; die rezipierende Rechtsgemeinschaft ist Subjekt, nicht Objekt, wodurch die Erklärung dieses Vorgangs allerdings auch nicht vereinfacht wird. Das Wesen der Rezeption ist nicht die Übernahme etwas Fremden, sondern geht vielmehr Hand in Hand mit einer Assimilation, einer Verschmelzung des übernommenen Rechtsgutes mit dem einheimischen. Die Deutschen wären nach den Worten des Dichters Scheffel ein Barbarenvolk, wenn sie es nicht verstanden hätten, sich das römische Recht zu assimilieren;12 und die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, daß das römische Recht durch die Glossatoren und Postglossatoren bereits soweit präpariert war, daß der Assimilationsprozeß vielerorts gegen mehr oder minder großen Widerstand vorsichgehen konnte.

Trotz des Mangels einer umfassenden Erforschung des Vorgangs sind eine Reihe von Faktoren nachweisbar, die auch für den Rezeptionsprozeß in Nürnberg charakteristisch sind und im nachfolgenden aufgezeigt werden sollen. Die Auseinandersetzungen über Segen und Unheil der Rezeption, die im vorigen Jahrhundert und noch bis in die jüngste Zeit Romanisten und Germanisten erhitzten, wollen wir uns sparen; sie verlieren wohl auch an Aktualität, je mehr es gelingt, diese Entwicklung nicht bloß in einer nationalen Enge zu verfolgen, sondern von europäischen Gesichtspunkten aus, d. h. in ihrer geistigen Wechselwirkung in den großen europäischen Kulturländern.

1. Die theoretische Rezeption.

a) Die translatio imperii.

Voraussetzung der praktischen Rezeption, d. h. des Eindringens des römischen Rechts in die deutsche Judikatur, ist die theoretische Rezeption, das allmähliche [Seite: 13] Aufkommen der Überzeugung von der subsidiären Geltung des römischen Rechts in Deutschland. Sie war vornehmlich staatsrechtlicher Natur.13 Zwar ist die Bezeichnung „theoretische Rezeption“, wie sie sich in der Fachliteratur und in der Rechtsgeschichte eingebürgert hat, nicht ganz zutreffend, weil sie keine eigentliche Rezeption ist, eher eine theoretische Begründung einer Rezeption.14

Die translatio imperii geht in ihren Anfängen auf die Kaiserkrönung Karls des Großen zurück. Seine Nachfolger glaubten damit in die Rechte der alten römischen Imperatoren succediert zu sein.15 Seit Otto II. wurde die Bezeichnung des Kaisers als Romanorum imperator üblich und Otto III. betrachtete das römische Recht als Weltrecht, das nicht nur in Rom, sondern auf dem ganzen Erdkreis Geltung haben sollte. Noch ausgeprägter ist diese Idee bei den Nachfolgern, nicht unwesentlich beeinflußt durch den Investiturstreit, in welchem sich das Kaisertum vielleicht deshalb umso mehr auf das heidnische römische Imperium berief, als es auf der Ebene des christlichen Imperiums dem Papsttum nichts Gleichwertiges entgegensetzen konnte, und um dadurch die Unabhängigkeit des Kaisertums vom Christentum zu begründen.16 Die defensio Henrici IV regis, von Petrus Crassus im Jahre 1080 verfaßt, wendete sich gegen die Anmaßungen Gregors VII. mit Argumenten, die dem römischen Recht, besonders dem Corpus iuris, und der römischen Geschichte entnommen sind. Wenn sich die Kaiser auf die sacra imperialia scripta beriefen, so entsprach das vollkommen der Meinung der Zeitgenossen und schloß damit aus, daß ein Deutscher in den Gesetzen „unserer kaiserlichen Vorfahren am Reich“ fremdes, „undeutsches“ Recht hätte sehen können.17

Eine Sublimierung fand diese Romidee in den Hohenstaufen. Friedrich I. stellte in einem Hofgerichtsurteil fest: „Nos igitur predecessorum nostrorum divinorum imperatorum, magni Constantini vidilicet et Justiniani et Valentiniani, necnon Karoli et Ludovici vestigiis inherentes et sacras leges eorum tamquam divina oracula venerantes …“.18 Es ist der gleiche Barbarossa, der von Sultan Saladin die Rückgabe einiger Gebiete des Orients mit dem Hinweis fordert, daß sie einst „von unserem Crassus“ erobert worden seien.19 Die Ableitung seiner Kaiserwürde aus der translatio imperii wurde auf dem ronkalischen Reichstag im Jahre 1158 vom Erzbischof von Mailand bestätigt, der in Anlehnung an die Sätze des römischen Staatsrechts und des Corpus iuris verkündete, der Wille des Kaisers habe Gesetzeskraft, gleichviel in welcher Form er ihm Ausdruck verleihe.20 [Seite: 14]

Wie früher die Erlasse römischer Kaiser als Authenticae in die Codices aufgenommen wurden, ließ Barbarossa verschiedene Privilegien, so das Privileg zugunsten der deutschen Studenten in Bologna, als Authentica in den Corpus iuris aufnehmen. Aber nicht nur in Italien handhabte er die römischen Rechtsgrundsätze, sondern wandte sie auch bei Entscheidungen von privatrechtlichen Fragen in Deutschland an,21 damit schon damals eine gewisse nichtnationale Gesetzgebung und Rechtspflege begünstigend. Die Romidee hatte von ihm ganz Besitz ergriffen, was sein Vertrauter Otto, Bischof von Freysing, mit den Worten zum Ausdruck brachte: „Unius urbis imperio totum orbem subjici, unius urbis legibus totum orbem informari.

Friedrich II. bediente sich noch mehr als sein Großvater der Glossatoren, die in dem römischen Recht kaiserliches Recht lehrten. Er schickte ihnen ebenfalls seine Privilegien und Konstitutionen zur Aufnahme in das Corpus iuris und tat alles, um römisches Recht als kaiserliches Recht zu propagieren. Seine Stellung zum Recht drückte der Bischof von Regensburg aus, indem er ihn als lex animata in terris apostrophierte, womit er die obherrschende Meinung wiedergeben wollte, daß das Recht im Kaiser gipfelt, daß es in ihm lebt und sich entwickelt, daß die Fülle des Rechts in der Person des Kaisers beschlossen liegt.22

b) Kaiserrecht als anerkanntes Reichsrecht.

Diese Betrachtungen führen unmittelbar hinein in das Phänomen des Kaiserrechts, von dem Kunkel sagt,23 daß die Rezeption im ganzen ohne die weitverbreitete Uberzeugung von der Geltung des „kaiserlichen Rechts“ als anerkannten Reichsrechts überhaupt nicht denkbar gewesen wäre. Aus den bisherigen Ausführungen, die notwendig erschienen, um diesen Begriff zu erhellen, kann z. T. schon erkannt werden, was darunter verstanden werden sollte: Kaiserrecht als das vom Kaiser ausgehende, von ihm gesetzte und gebilligte Recht in objektivem Sinne, zu unterscheiden vom Recht im subjektiven Sinn, etwa eines ihm zustehenden Hoheitsrechts oder Regals. Diese Auffassung fand sogar in vielen städtischen Rechtsaufzeichnungen ihren Niederschlag, wie später noch zu zeigen sein wird. Allerdings ist damit der Begriff Kaiserrecht noch keineswegs erschöpft; er ist vielschichtiger, und schon die Zusammensetzungen „gemeines Kaiserrecht“, „kaiserliches geschriebenes Recht“, „Kaiserlandrecht“, „Kaiserlehnrecht“ oder „Kaiserweichbild“ — als Recht der Reichsstädte24 — deuten die Problematik an.

Stobbe, der Vater der Rezeptionsgeschichte, versteht unter Kaiserrecht sowohl römisches wie deutsches Recht; hierin sind ihm eins Reihe von Forschern gefolgt,25 während andere26 die Meinung vertraten, daß darunter deutsches [Seite: 15] Recht zu verstehen sei. Es würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, diese Frage in einer solchen Breite zu untersuchen. Es genügt die Beschränkung auf jene Rechtsschöpfungen, die unmittelbar mit der Nürnberger Rechtsentwicklung zusammenhängen.

Die umfangreiche gesetzgeberische Tätigkeit Ludwigs des Bayern und seiner Söhne fand im bayerischen Landrecht von 1346 einen bedeutungsvollen Niederschlag. Es war neben dem Schwabenspiegel die wichtigste Quelle des mittelalterlichen Nürnberger Rechts und ein Beispiel für die seinerzeitige Gleichsetzung von Landrecht und Kaiserrecht. Das Rechtsbuch Kaiser Ludwigs, wie es genannt wurde, war Kaiserrecht in seiner mannigfachen Abwandlung und insofern für die Reichsstädte ein Vorbild, deren Rechte nicht selten als iura imperialia seu municipalia bezeichnet wurden.

Als vom Kaiser gesetztes Recht galt die Goldene Bulle Karls IV., die mit der Geschichte Nürnbergs eng verknüpft ist. Hier schuf der Kaiser eine Kodifikation, in die sämtliche Erscheinungsformen des damaligen objektiven Rechts Eingang fanden. Von der Kanzlei wurde bewußt hierfür der Begriff Kaiserrecht gebraucht, und die Goldene Bulle erschien unter der Bezeichnung „plures leges et constitutiones imperiales„, als „kaiserliches Rechtsbuch“, als „das keyserlich und Geschriben Recht“.27 Ihre Quellen sind die Weistümer, das ius consuetudinarium, selbständige Einzelgesetze und Privilegien, die zu Kaiserrecht mit vorwiegend deutschrechtlichem Inhalt verschmolzen waren.

Als bedeutendstes Zeugnis gilt der Schwabenspiegel, in welchem Kaiserrecht schlechthin gesehen wurde, und der die Vielschichtigkeit dieses Begriffes einleitend offenbart, indem er als die Setzer von Landrecht und Lehnrecht den „heylig Silvester und den konig Constantin und den edel keyser Justinian und den werde keyser Karle und seyn sun Lodewick und des sun der edel Leuther …“ nennt. Und wenn dort weiter gesagt wird, „alle dy recht dy an dem buche steen, haben dy keyser und konige also gesatzt, das sy über alle lantrecht gut und bewert synnt; wan wer romischer konig ist, dem sint auch von recht underthan alle lant, dy christlichen glauben habenn. Und was auch die romischen Keyser und konige lantrecht und lehen recht gesatzt habenn und gepotenn, dy sullen auch von recht gemeyn und gewonlich seyn yn allen landenn dy unnder yn seynn …“,28 so kann das gleichsam als Konzentrat für das bisher Gesagte gelten. Hier spiegelt sich die Auffassung über Kaiserrecht in seiner ganzen Breite, wie dies auch in den verschiedenen Bezeichnungen der Handschriften als „keyser Karel Rechtbuch“, „die keyserlichen rechte“, „keyserrecht“, „keyser-landrecht“ oder „keyser len recht“ zum Ausdruck kommt. Durch die Hereinnahme von Bestimmungen des römischen und kanonischen Rechts in den deutschen Grundbestand vereinigte er alle Quellen, aus denen die Idee des Kaiserrechts zusammengeflossen war. [Seite: 16]

2. Die praktische Rezeption.

Obwohl die theoretische Rezeption für die Aufnahme der fremden Rechte in Deutschland von größerer Wichtigkeit war, ist sie nicht so bekannt und es wurde ihrer Problematik nicht jene Bedeutung beigemessen wie dem Vorgang der praktischen Rezeption, für den zahlreiche Gründe angeführt wurden, von denen nicht wenige in das Reich der Hypothese gehören. Auch hier sollen nur die wichtigsten angeführt werden und auch nur so weit, als sie mit der Rechtsentwicklung der alten Reichsstadt Nürnberg zusammenhängen.

a) Das Studium des römischen Rechts.

Das Zeitalter der praktischen Rezeption, jener Periode, in der das römische Recht in der Praxis zur Anwendung gelangte, sind das 15. und 16. Jahrhundert. Sie war das Werk der zunächst in Italien, später auch in Frankreich und in Deutschland selbst romanistisch ausgebildeten Juristen, die das römische Recht in die Praxis einführten, durchdrungen von der Überzeugung, daß es in seinen verschiedenen Erscheinungsformen — nannten sie sich doch selbst doctores der keyserlichen Rechte29 — geltendes Recht sei. Die Ausbildung in Italien erfolgte hauptsächlich an der Universität Bologna, wohin schon frühzeitig viele Söhne der Stadt Nürnberg hinzogen,30 um sich dem Rechtsstudium zu widmen und nach ihrer Rückkehr in der Heimat eine einflußreiche Stellung einzunehmen. Auch die Universität von Padua war das Ziel mancher deutscher Studenten, und das Ansehen dieser Schule wurde durch die wiederholte Heranziehung zu Gutachten im Streit zwischen den Mächtigen des Reiches besonders erhöht. Doch mußte die Zahl der in Italien Studierenden, welche die nötigen Mittel für den jahrelangen Aufenthalt besaßen, verhältnismäßig gering bleiben, zumal der Adel das Freibeuterwesen für ehrenvoller erachtete als die wissenschaftliche Bildung.31 Das Ansehen der italienischen und französischen Universitäten erweckte auch in Deutschland das Bedürfnis zur Gründung eigener Bildungsstätten. Der ersten, durch Karl IV. im Jahre 1348 in Prag gegründeten, folgten bald die Universitäten zu Wien, Heidelberg, Köln und Erfurt. Zwar wurde der Unterricht des römischen Zivilrechts zugunsten des kanonischen Rechts durch päpstliche Verbote weitgehend eingeschränkt, so daß Prag als universitas canonistarum galt und Wien lange Zeit nur eine facultas juris canonici besaß;32 doch wurden bald durch entsprechende Privilegien und auch statutenmäßig Fakultäten beider Rechte eingerichtet, also nicht nur für Kanonisten, sondern auch für Legisten, wie die Vertreter des römischen Rechts genannt werden33

b) Die gelehrten Juristen.

Die Lehrer des römischen Rechts fanden nur insoweit einen Gegensatz zwischen römischem und einheimischem Recht, als an Stelle des „Witzes und Gutbedünkens“ nunmehr gelehrtes und geschriebenes Recht trat.34 Der Glaube an die [Seite: 17] translatio imperii bewirkte ferner, daß der Gedanke, es würde ein nichtnationales Recht herbeigezogen werden, erst gar nicht aufkam. An die Stelle des „weisen“ Richters, der auf Grund seiner Lebenserfahrung nach überlieferten, ungeschriebenen Sätzen Recht sprach, trat der „gelehrte“ Richter, der die „kaiserlichen gemeinen beschriebenen Rechte“ studiert hatte und anwandte. Die „Gelehrten“ wuchsen zu einem besonderen Stand heran und seit der Mitte des 14. Jahrhunderts wurden sie ohne Rücksicht auf ihre Geburt dem niederen Adel gleichgestellt.35 In der Anredeformel waren die Rittermäßigen „Feste“, die städtischen Geschlechter „Ehrenhafte“, die Bürger „Ehrsame“, die Bauern „Bescheidene“ und die akademisch Gebildeten „Gelehrte“ — die Doktoren „Hochgelehrte“ —36

Der Hinweis auf Gelehrte und Hochgelehrte in mancher Urkunde der Rezeptionszeit erleichtert auch heute noch die Erforschung der hier zugrundegelegten Rechtsquellen; und durch die praktische Arbeit dieser Rechtsgelehrten als Richter, als Geheimräte und Gesandte des Kaisers und der Fürsten, als Ratskonsulenten und Stadtschreiber der Städte, wurde die Aufnahme des römischen Rechts in Deutschland entscheidend verwirklicht. Franklin sieht in der Geschichte der Umwandlung der Volksgerichte in gelehrte Gerichte die Geschichte der Rezeption schlechthin, weil erst nach Vollendung jener Umwandlung die Anwendung des fremden Rechts auch in der außergerichtlichen Praxis fußfaßte;37 von diesem Zeitpunkt ab sei erst eine klarbewußte Einwirkung der gelehrten Jurisprudenz auf die Gesetzgebung festzustellen, wie dies vor allem die Reformationen der Stadtrechte wahrnehmen ließen.

Als hervorragendste Vertreter ihres Standes galten Ulrich Zasius in Freiburg, der vertraute Freund Pirkheimers und Schöpfer des Freiburger Stadtrechts; Johann Fichard, der Autor der Solmser Landesordnung und der revidierten Frankfurter Reformation; Johann Sichard, maßgebend an den Vorarbeiten zum Württembergischen Landrecht beteiligt; Johann Apel, Ratskonsulent der Stadt Nürnberg; Claudius Cantiuncula, besonders hervorgetreten durch sein Gutachten zur verneuten Nürnberger Reformation; Gregor Haloander mit seiner ersten Digestenausgabe auf der Grundlage der Florentina, die vom Nürnberger Rat mit seltenem Kulturbewußtsein gefördert wurde und schließlich Hans v. Schwarzenberg, der Schöpfer der Bambergischen Halsgerichtsordnung, die als Vorbild für die Constitutio Criminalis Carolina von 1532 diente. Es ist eine humanistische Elite, deren Werke von reicher Rechtserfahrung, bewahrender Rechtsgesinnung bei der Übernahme fremder Rechte und schöpferischem Rechtswollen Zeugnis ablegten.38

c) Das Reichskammergericht.

Bei der weiteren Untersuchung des Einflusses der Juristen auf die praktische Rezeption kommt der Arbeit des Reichskammergerichts besondere Bedeutung zu.

[Seite: 18]
In der Kammergerichtsordnung von 1495 (revidiert 1521 und 1548) wurde festgelegt, daß von den 16 Urteilern (assessores) die Hälfte aus Gelehrten des römischen Rechts, die andere Hälfte aus Adeligen bestehen, die auch möglichst „der recht gelehrt“ oder zumindest „gerichtlicher übung erfaren und gebräuchig“ sein sollte.39 Diese Organisation des Reichskammergerichts konnte nicht ohne Einfluß auf die Einrichtung auch der Territorialgerichte sein, sollte die Rechtseinheit im deutschen Reiche nicht vollständig untergehen. „Es müßten“, so führten die herzoglichen Räte von 1497 aus, „also nach römischem Recht Entscheidungen getroffen werden, damit, wenn die Urteile an das Kammergericht gelangten, die Parteien keinen Schaden erlitten“.40 Es wäre in der Tat ein unhaltbarer Zustand geworden, wenn am Reichskammergericht gelehrte Juristen nach römischem Recht, an den Territorialgerichten aber ungelehrte Schöffen nach ererbtem deutschem Recht geurteilt hätten. Warum das Reichskammergericht gerade das römische Recht bevorzugte, kann außer in der Idee der translatio imperii vor allem in der Tatsache eine Rechtfertigung finden, daß sich hier meist Parteien gegenüberstanden, von denen jede ihr besonderes Recht besaß und diese Schwierigkeiten sich bei jedem Rechtsstreit wiederholen mußten. Es ist bei der partikulären und individuellen Rechtsentwicklung des deutschen Reiches, in, dem nicht nur jedes Territorium, sondern beinahe jede größere Stadt ihr eigenes Recht hatte, schwer vorstellbar, wie unter diesen Umständen das Reichskammergericht ohne die solide Grundlage des Corpus iuris — bzw. auf dem Gebiete des Lehnrechts des mitrezipierten lombardischen Lehnrechtsbuches (die libri feudorum) — hätte Recht finden können. Wie nachhaltig die Tätigkeit des Kammergerichts die praktische Rezeption beeinflußt hat wird am Beispiel der Schweiz besonders deutlich, die sich gerade in der Zeit vom deutschen Reich loslöste, als das Reichskammergericht reorganisiert wurde, dessen Einwirkung nicht mehr erfuhr und somit nicht mit in die Rezeptionsbewegung hineinbezogen wurde.41 Aus den geschilderten Gründen war das Vordringen des römischen Rechts über die Stadt- und Landgerichte — wenn auch mit zum Teil erheblicher regionaler Verschiedenheit — nur noch eine Frage der Zeit. „Wie das verzehrende Feuer der Zivilisation die rohe Naturgewalt bald überwältigt und bemeistert, so mußten die gelehrten, geistvollen, kampfgeübten Verteidiger des römischen Rechts die Opposition des ungelehrten, an solche Kämpfe nicht gewöhnten Volkes bald überwinden …“.42 Das deutsche Recht, das nur als Recht einer engeren Landschaft oder Stadt erschien, mußte der ratio scripta des gemeinen Rechts weichen, das mit der Autorität des Kaiserrechts bekleidet auftrat.

d) Die Kodifikationen.

Eine unmittelbare Geltung gewann das römische Recht ferner durch die Kodifikationen des 15. und 16. Jahrhunderts. Von den als „Reformationen“ [Seite: 19] bezeichneten territorialen und städtischen Kodifikationen war die Nürnberger Reformation von 1479 die bedeutendste, von der Stobbe sagt, daß sie ihrem Inhalt und der Anordnung nach für Privatrecht und Prozeß Muster und Quelle für viele spätere städtische und Landesgesetzgebungen wurde und eine neue Epoche in der Geschichte der Gesetzgebung begründete.43 Sie wird, mit ihren verschiedenen Ausgaben, die Grundlage für die Untersuchungen im Hauptteil dieser Arbeit bilden, wenn es gilt, die Quellen ihrer privatrechtlichen Bestimmungen in rezeptorischer Sicht zu erforschen.

Das Motiv für die Kodifikationen war zunächst das Bedürfnis, die Vielfalt des lokalen heimischen Rechts zu beseitigen, und die Berücksichtigung des römischen Rechts ergab sich aus der Notwendigkeit, gewisse Widersprüche, die aus der Begegnung des römischen und kanonischen Rechts mit dem einheimischen entstanden waren, durch eine sinnvolle Verschmelzung aus dem Wege zu räumen. Diese Widersprüche hatten allerdings mancherorts eine große Rechtsunsicherheit hervorgerufen, hatten — wie es hieß — „eine verderbte Justiz, welche ganz Teutschland elendiglich mitgenommen“ zur Folge,44 vermehrte die Streitigkeiten der Parteien und beeinträchtigte die Justizverwaltung. Das kommt in den Vorreden zahlreicher Kodifikationen zum Ausdruck; so heißt es in dem Publikationserlaß des Württembergischen Landrechts: „… Und Wir dann auch in Unser Regierung von tag zu tag, je lenger je mehr, fürnemlich in dem ferner treffliche Mängel und Unrichtigkeiten gesehen und erfarn, daz von wegen mancherley Unserer Statt und Flecken widerwertigen, berhümpten, und den mehrer theil unbillichen Satzungen, Gebräuchen, und herkommen, darzu auch viler unrüwigen, zum Zank und Rechten geneigten Unserer Unterthonen, und Außländischen anstiftung, treibens, und in einander hetzens halb, bey allen Unsers Fürstenthums, Nider und Obergerichten, allerhand Sachen, und Handlungen, ein solchs stets, täglichs, untrhüwigs Rechtens und Gerichtszankens, daz es nicht, allein den strittigen Partheien, zu merklichem Unkosten, Ummtrib, Widerwillen und Verderben, Deßgleichen den Richtern zu beschwerlicher unrhu, versaumnus des jhren, unnd Verwirrung oder Verblendung jhres richterlichen Spruchs, sonder auch zu Verhinderung gleichmäßigen Rechtens, auch Gerecht- unnd Billichheit, gereichen thut …“.45 So zeigt auch die Schilderung dieser Zustände — die keineswegs nur als Vorwand der gelehrten Juristen für ihr Bestreben, das ihnen vertraute römische Recht zur Geltung zu bringen, betrachtet werden darf —, daß sich bei soviel Mängeln und Lücken die ratio scripta des gemeinen Rechts als Lückenbüßer aufdrängen mußte. Es fehlte de facto ein einheitliches deutsches Recht, das sich in einem Reich mit stärkerer Zentralgewalt und größerer politischer Einheit hätte entwickeln können. So gewann die Subsidiarität des römischen Rechts allenthalben in der Praxis die Bedeutung, daß es überall dort Einlaß fand, wo das geschriebene Partikularrecht nichts bestimmte. Die Doktrin ging noch weiter und verlangte, daß sogar das heimische Recht im Sinne des [Seite: 20] gemeinen Rechts gedeutet werden müsse: „statuta stricte sunt intelligenda contra ius commune46

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß in verschiedenen wissenschaftlichen Werken noch eine Reihe anderer Gründe angeführt wird, die mehr oder weniger den Rezeptionsvorgang begünstigten. Es wird von einem tiefempfundenen Bedürfnis gesprochen, das der Aufnahme des fremden Rechts entgegenkam; von dem engen Zusammenhang mit dem Humanismus, wonach der Rezeptionsprozeß nur ein Stück Renaissance sei; von unzureichenden Bestimmungen in den Städten, die dem zunehmenden Verkehr, Handel und Gewerbe nicht mehr gerecht werden konnten; davon, daß die vorhandenen Rechtsquellen der fortschreitenden nationalen Arbeitsteilung und den damit entstehenden diffizileren Verhältnissen nicht gewachsen waren und von Gründen, die in der Natur des deutschen Rechts selbst lagen. In allen diesen Ursachen liegt etwas Wahres, doch sind sie in Wirklichkeit nur schwer nachweisbar. Soweit die Untersuchungen im Rahmen dieser Arbeit über dieses schwierige Problem notwendig waren, haben sie sich aus der Fülle des Materials auf die Aufdeckung und Beleuchtung jener Ursachen beschränkt, die für den Rezeptionsprozeß als entscheidend angesehen werden dürfen.

B. Zur Rezeption des römischen Privatrechts in Nürnberg.

Die einleitend behandelte Rezeptionsgeschichte verfolgte den Zweck — trotz der allgemeinen Züge, die sie trägt — vor allem jene Faktoren dieses Vorgangs aufzuzeigen, die auch für Nürnberg zu irgendeinem Zeitpunkt seiner Rechtsentwicklung charakteristisch waren. Im nachfolgenden soll nun der Widerpart des römischen Rechts im Streit um die Oberherrschaft, das alte Nürnberger Stadtrecht, dargestellt werden, wie es sich in seiner relativen Unvollkommenheit — zumindest in privatrechtlicher Hinsicht, verglichen mit der Reformation — vor dem Erscheinen der Nürnberger Kodifikation präsentiert, in der das römische Recht in Nürnberg erstmals in größerem Umfang einen konkreten Niederschlag, fand.

I. Die Entwicklung des Nürnberger Stadtrechts bis zum Erscheinen der Rechtsreformation.

1. Die Freiheitsbriefe.

Nürnberg ist nicht so alt, wie es seine politische und rechtliche Bedeutung im Mittelalter vermuten ließe. Es tritt erst in der Mitte des 11. Jahrhunderts in die Geschichte ein.47. Wie bei jeder anderen Stadt treten uns auch hier als [Seite: 21] älteste Rechtsquellen die Privilegien seines Herrn, in diesem Falle des deutschen Kaisers, entgegen. Das älteste Privileg, das erhalten geblieben ist und besondere Wichtigkeit für die rechtliche Stellung Nürnbergs hatte, war der Freiheitsbrief Friedrichs II.

Der am 8. November 1219 ausgestellte Freiheitsbrief, die sog. Fridericiana, ist nicht allein für Nürnberg, sondern für das gesamte deutsche Städtewesen von großer Bedeutung. In ihm spiegelt sich die Idee der translatio imperii, wenn der Kaiser ausführt, daß er die „antiqua iura a divis predecessoribus ac progenitoribus nostris inclitis Romanis Imperatoribus et Regibus Semper Augustis eidem loco tradita …48 vermehren und ergänzen wolle. Diese antiqua iura, unter denen die alten römischen Munizipalrechte verstanden werden müssen, will der Kaiser neuerlich bestätigen, spricht aber hauptsächlich von den augendis und supplendis, die ob ihrer Bedeutung kurz erläutert werden sollen:

    a) Die Stadt soll in Zukunft keinen anderen Schutzherrn haben als „Uns und Unsere Nachfolger, die römischen Könige und Kaiser“.
    b) Die Gerichtsbarkeit wird dem Schultheiß („scultetus noster“) übertragen. Bis zu diesem Zeitpunkt unterstand sie dem Burggrafen, der zwar noch einige wenige Rechte über das Eigentum sowie Grund und Boden der Stadt beanspruchen durfte, aber richten sollte nur noch der Schultheiß.
    c) Die Steuern sollen nicht mehr particulim, sondern in communi erhoben werden; die nürnbergischen Münzen sollen die gleiche Behandlung erfahren wie jede privilegierte Münze, d. h. allgemeine Annahme und freier Wechsel auf der Messe; zwischen den bedeutendsten Handelspartnern der Stadt und auf den wichtigsten Handelsstraßen wird Zollbefreiung verfügt.
    d) Um die Stadt gegen den Mißbrauch des Feudalismus zu schützen wird bestimmt, daß niemand im römischen Reich einen Bürger Nürnbergs als Muntmann annehmen darf, wohl um die sich aus einem doppelten Abhängigkeitsverhältnis ergebenden Streitigkeiten zu vermeiden, nachdem sich der Kaiser zum alleinigen advocatus erklärt hatte;49 in der gleichen Richtung liegt die Bestimmung, daß kein Bürger Nürnbergs vor ein Kampfgericht geladen werden darf („in duello heimsuchen“); des weiteren sollen die Nürnberger das Recht haben, die Auslösung der ihnen verpfändeten oder versetzten Lehen zu verlangen und sie sich nicht via facti — was damals bei gewissen „Strauchrittern“ nicht selten vorkam — abnehmen lassen; ebenso wenig sollte es erlaubt sein, einen Nürnberger ex beneficiis zu depossedieren, ihn also aus einem wohlerworbenen Recht zu stoßen, das erst causa cessante oder nach den Bestimmungen des Dienstvertrages zurückgefordert werden kann; im Rahmen dieser Schutzbestimmungen durfte schließlich kein Nürnberger vor Lehenrecht geladen werden. Dieses Privileg bildete die Grundlage für die Entwicklung zur Reichsstadt.

[Seite: 22]

Die zweitwichtigste Stufe im Vorwärtsschreiten zur landesherrlichen Freiheit, zur Gleichheit mit den Herzögen und Fürsten des Reiches, bildete das Privileg Heinrichs VII. vom 11. Juni 1313. In Punkt 5 dieses Freiheitsbriefes findet bereits das Privilegium de non evocando eine präzise Formulierung, wonach auch in bürgerlichen Sachen Leute beiderlei Geschlechts der Stadt Nürnberg nicht vor fremde Gerichte gezogen werden dürfen. Ferner sind von Wichtigkeit die Bestimmungen, die dem Rat völlig die Handhabung der inneren Ordnung überlassen. Was Ratsmänner und Schöffen in Ansehung des Friedens und der Marktpolizei — „pro pace ac moderatione rerum venalium“ — beschließen, soll gelten für Einheimische wie Fremde.

Aus dieser Urkunde ist ersichtlich, wie weit die Autonomie der Stadt bereits fortgeschritten war. Der Schultheiß als oberster königlicher Richter und Beamter steht schon in einem ausgesprochenen Abhängigkeitsverhältnis zum Rat. Das Privileg eröffnete eine Epoche freier wirtschaftlicher und rechtlicher Entfaltung der Stadt.

2. Das Privatrecht in den Statutensammlungen des XIV. und XV. Jahrhunderts und in verschiedenen Einzeldekreten.

Während das öffentliche Recht in Nürnberg eine für die damaligen Verhältnisse beachtliche Stufe erreicht hatte, ist man über das Privatrecht in dieser Zeit nur wenig unterrichtet und auf die Statutensammlungen mit ihren dürftigen privatrechtlichen Bestimmungen angewiesen. Der größte Teil der Sammlungen sind Polizeiverordnungen; einige klären die innere Verfassung der Stadt und nur ganz wenige befassen sich mit dem bürgerlichen Recht.50 Auch diese behandeln mehr die Form des Rechtsgeschäftes als die Wirkungen, die daraus entspringen. So ist es unmöglich, aus ihnen ein geschlossenes Bild des damaligen Privatrechts zu gewinnen, denn sie stellen nur eine zufällige Auswahl von einigen wenigen Rechtsfragen dar, die — ohne daß ein Maßstab für deren Wichtigkeit feststellbar wäre — der schriftlichen Niederlegung für wert befunden wurden. Die ältesten nürnbergischen Rechte haben mehr in Sitten und Gewohnheitsrechten als in ausdrücklich formulierten und geschriebenen Gesetzen bestanden. Das bürgerliche Recht wurde als bekannt vorausgesetzt und nicht im gesamten aufgezeichnet. Wenn es in den Urkunden des 13. und 14. Jahrhunderts hieß, daß nach der Stadt Recht geurteilt werden soll, so ist dies vornehmlich vom ungeschriebenen Recht zu verstehen. Auch die alten Wandelbücher enthalten mehr Polizeigesetze als bürgerliche Verordnungen.

Sind nur vereinzelt privatrechtliche Bestimmungen vorhanden, so fehlt verständlicherweise von einer Systematisierung erst recht jede Spur. Das zusammengetragene Material muß daher trotz der aufgewandten Mühe als reichlich dürftig erscheinen.[Seite: 23]

a) Schuldrecht.51

Entsprechend dem wachsenden Handel und Verkehr hatte das Schuldrecht eine Fortbildung erfahren. Im allgemeinen formlos, hatte sich nur beim Grundstückskauf in dem einen oder anderen Fall der Gottespfennig oder -heller eingebürgert, ohne jedoch eine conditio sine qua non zu sein; in den Urkunden über Käufe und Verkäufe finden sich keine hervorhebenswerten Grundsätze, als die, daß der Käufer die Ware, der Verkäufer den Preis verlangen darf. Eine Eigenart in der Mängelhaftung hatte sich lediglich beim Pferdekauf herausgebildet; hier konnte der Käufer Wandelung nur bei „Rützig, Reudig und Harschlechtig“ verlangen.

Ein wichtiges Vertragsverhältnis ist die Miete; hier wird vom Rat u.a. verfügt:

„Ez habent auch gesetzet vnser Herren die burger Swer der ist der seinev Heuser hin let vmbe Zins ze iarn wenne der iare ains oder mer auz komment so sol der selbe seinen Hindersezzen kunt tvn vor dem Zile vierzehen tage daz er im sein Haus ravme auf die frist, wann sein Ziel auz sei. Dar nach so sol er im sein Haus ravmen auf die frist er behabe danne vor dem Zil mit dem rehten daz er ez lenger haben sulle. wer aber daz er dez niht behielt mit dem rehten so mage man im alle tage gepieten mit dem pütel bei ainem pfunt haller als lange vntz daz er im ez ravmet. Ez ist auch gesetzet daz ain ieclich burger in seinen heusern pfenden mag. auf ein reht vmbe seinen Zinse.“

In Nürnberg war bereits der Arbeitsvertrag, der um diese Zeit noch vielerorts in einem reinen persönlichen Abhängigkeitsverhältnis (Unfreiheit) bestand, herausgebildet worden. Von Wichtigkeit war der Gesindevertrag, der auf eine bestimmte Zeit abgeschlossen wurde und bei Weiterdauer des Gesindeverhältnisses erneuert werden konnte. Die Verdingung zu einem anderen Dienst durfte erst in den letzten sechs Wochen des früheren Dienstverhältnisses geschehen. Eine vorherige Auflösung des Dienstverhältnisses durch den „Ehehalten“ hatte für diesen eine Strafe von 5 Pfund neuer Heller und einem Jahr Verweisung zur Folge. Um ein „Abdingen“ von Dienstboten zu verhindern, bestimmte der Rat:

„Es sol auch dhein burger noch burgerin noch niemant anders dem andern seinen kneht oder mayd vor irem Zil niht abdingen. Wer daz vberfür der must geben ein pfunt haller vnd solt darnach der selb kneht oder mayd der selben herrschaft ir Zeyt auz dienen. Vnd ez möht dannoch ir eins dez als verliehen vbervarn, sie wolten die Burger darumb straffen darnach vnd sie zerat würden.“ [Seite: 24]

In manchen Bestimmungen findet sich noch eine Benachteiligung der Frau, vor allem der Ehefrau, z.B. in den Verordnungen über Darlehen und Leihe; hier durfte der Frau nur ein bestimmter Betrag (5 Pfund Heller) geliehen werden. Für einen größeren Betrag mußte die Einwilligung des Mannes oder von zwei Freunden ihres Mannes eingeholt werden.

Die Herauslösung der unerlaubten Handlung aus dem Bereich des Strafrechts zeigte sich bereits in verschiedenen Verordnungen, die den Schadenersatz behandeln; vorsätzliches Handeln wurde jedoch nach wie vor mit Strafe geahndet. Aus der Haftung für Haustiere konnte man sich durch Hingabe des schadenstiftenden Tieres an den Geschädigten befreien.

Das Pfandrecht gestaltete sich verschieden an Liegenschaften (Eigentums- und Nutzungspfandrecht) und Fahrnis (Faustpfand). Das Faustpfand durfte man sechs Wochen behalten und dann veräußern. Der Mehrerlös mußte dem Pfandgeber zurückerstattet werden, bei einem Mindererlös hatte man kein Nachforderungsrecht; „darumbe nimet man mer pfandes!“

Viele anderen schuldrechtlichen Bestimmungen, die z.T. nur andeutungsweise erhalten sind, verfließen mit zahlreichen einschlägigen Polizeiverordnungen, bedingt durch die öffentlichrechtliche Fürsorge des Rats nicht nur für Produktion, Handel und Marktverkehr, sondern für zahlreiche Bereiche des bürgerlichen Lebens. Die Auseinanderhaltung stößt daher vielerorts auf unüberwindliche Schwierigkeiten. Nach Sichtung des Materials darf jedoch behauptet werden, daß die vorhandenen Spuren nur unwesentlich zu größeren Erkenntnissen beitragen könnten.

b) Sachenrecht.

Hier wird dem Schutz des Eigentums bereits eine Zahl von Verordnungen gewidmet; in einer derselben heißt es:52

„Ez sol nieman dez andern gut. weder in der stat noch auf dem lande wider seinen willen von nieman ein nemen noch besten, vnd sich auch dez niht vnder ziehen ane sein wort, ez sei denne als verre erclagt mit dem rehten daz er ez billichen tvn mvge. ob der dez daz ist auz der stat gevarn ist oder niht. Swer der ist der ez dar vber tut. der muz ienem seinen Schaden abe tvn (vnd muz XXX Pfund an die Stat geben) vnd dez sol man warten hin zv im vnd zu seinen erben ez sei burger oder ausman der ez tut. vnd mvz dar zv von der stat sein ewiclich. vnd ist daz gut einez burgers der in der stat ist. oder hin auz gevarn ist von der stat. Swenne der her wider ein kvmt vnd burger ist. dem suln der Rihter vnd die burger sein beholfen vmbe seinen schaden gen dem der sein gut also wider seinen willen ein genommen hat vnd gegen seinen erben.“

Neben dem Eigentum am Boden ist es die Fahrnis, die das Sachenrecht beherrscht. Sie wurde durch formlose Einigung und Übergabe übertragen.[Seite: 25]

Von besonderer Wichtigkeit war das Erbleiherecht, das in wirtschaftlicher Hinsicht in Nürnberg — bei der Überlassung städtischen Grund und Bodens — eine große Rolle spielte. Diese Institution entwickelte sich im Laufe der Zeit zur Reallast, indem der Beliehene als Eigentümer, der Leihegeber nur noch als Zinsberechtigter angesehen wurde.

Um das kanonische Zinsverbot zu umgehen, griff der Rentenkauf immer mehr Platz. Diese Rente, Ewiggeld genannt, aus der städtischen Häuserleihe hervorgegangen, war anfangs unablösbar; es darf als ein besonderes Verdienst Nürnbergs betrachtet werden, hier schon frühzeitig in seiner Reformation gewisse Ablösungsbestimmungen erlassen zu haben.

Der nur schwer deutbare Begriff der Gewere53 für eine bestimmte Art des Besitzes begegnet uns in verschiedener Form, sowohl bei Liegenschaft, als auch bei Fahrnis. Diese Institution bezeichnet das tatsächliche Gewaltverhältnis und ist mehr als Besitz, aber auch nicht eigentlich volles Eigentum, weshalb mancherorts von unrechter und betrüglicher Gewere an Liegenschaften zu lesen ist. Wer die Nutzung eines Gutes hatte, daraus Früchte oder Zins bezog, hatte die Gewere; sie war vererblich.

Die relativ größte Ausbeute in sachenrechtlicher Hinsicht bietet das Liegenschaftsrecht, das bei der Bedeutung des Grund und Bodens für eine Reichsstadt naturgemäß besondere Beachtung seitens des Rates finden mußte. Verschiedene Hinweise lassen den Schluß zu, daß vor der Kodifizierung die entsprechenden Bestimmungen des Schwabenspiegels Anwendung gefunden haben konnten. Die Bedeutung des Schwabenspiegels für das ungeschriebene Nürnberger Recht soll an anderer Stelle noch gewürdigt werden. In der „alten Gerichtsreformation“ von 1473 versucht der Rat die in den vergangenen Jahrzehnten herausgegebenen Ratserlasse zu kodifizieren. Hier finden sich auch einige Vorschriften über den Verkehr mit Liegenschaften u.zw.:

„Item wann fürbas erb und aigen verkouft werden, sollen in den Koufbriefen der koufer und verkoufer mit nammen und das sie baide burger zu Nurenberg sein, underschaidenlich gesetzt werden.

Item wo lewt entstandne recht oder urteil im gerichtbuch oder besigelt gerichtbrief hetten und die vor gericht fürbracht wurden, so sollen die besitzer derselben erclagten hewßer und erbstuck die rawmen in ach tagen. nachdem und in verkündet wirdet“.54 Die Übertragung erfolgte also unter Mitwirkung des Gerichts oder des Rates, und die in das Gerichtsbuch eingeschriebenen Rechte oder im Gerichtsbrief genannten Rechte standen einem Urteil gleich.

Erwähnung verdienen noch die nachbarrechtlichen Eigentumsbeschränkungen, vor allem bei der Benutzung gemeinsamer Mauern. Aber auch diese Bestimmungen, die zunächst sachenrechtlichen Charakter tragen, verfließen mit Vorschriften über [Seite: 26] die Bauordnungen und werden damit öfientlichrechtliche Polizeiverordnungen.

c) Eherecht.

Was über die Bedeutung des Schwabenspiegels im Nürnberger Recht bereits bei den sachenrechtlichen Institutionen gesagt wurde, gilt gleichermaßen auch für das eheliche Güterrecht. Hier herrscht der Grundsatz: „Der Mann ist des Weibes Vogt und Meister“.55 Das Vermögen beider Ehegatten erschien nach außen hin als Gesamtgut. Beim Tode des Mannes erhielt die Frau, wenn keine Kinder vorhanden waren, ihr gesamtes eingebrachtes Gut (Heimsteuer, Morgengabe, Widerlegung und Leibzucht); bei Vorhandensein von Abkömmlingen erhielt sie nur ihre Immobilien, während die Fahrnis dann zwischen ihr und den Kindern anteilmäßig aufgeteilt wurde. In einer Verordnung des Nürnberger Rates zu Beginn des 14. Jahrhunderts hieß es über das Verhältnis während der Ehe:

„Ez ist auch gesetzet ze ainem ewigen rehten daz ain ieclich burger vollen gewalt hat. daz er mac tvn vnd lazen mit sinem varnden gut. vnd mit seiner beraitschaft swaz er wil. vnd schaffen damit swaz er wil die weile er mac reiten vnd gen daz in sein wirtein vnd seine kint daran nicht geirren mögen.

Ist aber daz ain burger so cranc ist, daz er vngehabt vnd vngefüret drei schritte niht gen mac so mac er ane seiner wirtein wort niht tvn noch schaffen mit seinen varnden gut noch mit seiner beraitschaft, er hab denne gut briefe oder gut gezevge daz si im vor den gewalt geben habe mit sein aines hant da mit zu tvnn swaz er welle.

Ist aber daz ainem burger sein wirtein tot ist oder ainer burgerein wirt tot ist, ligt der aines an dem tot pette der so mac ir ietweders wol schaffen mit seiner beraitschaft swaz er eil vntz an sein ende daz si ire kint dar ane niht geirren mögen ane hausrat.“

Solange ein Mann gesund war, konnte er ohne Zustimmung der Frau frei über die Fahrnis verfügen. Über das Recht der Frau, Schuldverhältnisse einzugehen, findet sich ebenfalls eine ausführliche Verordnung aus dieser Zeit, die bereits weiter oben Erwähnung gefunden hat.

Darnach durfte die Frau nur im beschränkten Umfang Schulden machen. Die in dieser Verordnung noch enthaltene Bestimmung, daß keine Frau verklagt werden soll, die einen Mann hat, zeigt noch die Auswirkungen der ehelichen Vormundschaft des Mannes; ausgenommen waren nur Frauen mit selbstständigem Gewerbebetrieb.

Zahlreiche Urkunden geben Zeugnis davon, daß in Nürnberg die Güterordnung der gesamten Hand Geltung hatte. Aber nicht nur Mann und Frau hatten ein Recht auf die gesamte Hand; auch die Erben brauchten nur solche Verfügungen anzuerkennen, welche mit gesamter Hand der Ehegatten geschehen waren. Das gesetzliche Güterrecht hatte dispositiven Charakter und die Ehegatten konnten durch vertragliche Abmachungen vom Stadtrecht abweichende Bestimmungen [Seite: 27] treffen. Diese Verträge zielten darauf ab, daß dem überlebenden Teil beide Zuschätze (also nur Heimsteuer und dos) verfallen sein sollten ohne Rücksicht auf das Vorhandensein von Kindern. Bei Kinderlosigkeit der Ehe konnte auch über das die Zuschätze übersteigende Vermögen verfügt werden, während beim Vorhandensein von Kindern im allgemeinen das Stadtrecht Platz griff.

d) Erbrecht und Vormundschaft.

Aus der Schilderung des ehelichen Güterrechts ist ersichtlich, daß es bereits einen großen Teil verschiedener Erbfälle beinhaltet. Über die gesetzliche Erbfolge finden sich kaum Hinweise, die über die einzelnen Parentelen Aufschluß geben könnten. Dagegen spielten die Testamente schon frühzeitig eine große Rolle; in einer diesbezüglichen Verordnung aus dem Jahre 1379 heißt es:

„Ez ist erteilt worden in offem rat mit der merern menig Schepfen vnd Rates wenn ein siechs in dem newen spital stirbt vnd daz ein gescheft tut vnd dem spital oder iemant anders iht schikt vnter zweintzig pfunt newer haller daz sol kraft vnd macht haben, also bescheidenlichen wenn zwen priester oder ein priester vnd ein amptmann dez Spitals darvmb sagten vff ir ampt oder vff ir eyd daz dem also wer, vnd daz sie dabey gewesen wern vnd daz man sein vor in also bekant het daz solt kraft vnd ditz gesetz sol als lang weren vntz ez die Burger verkeren.“

Für die Testierfähigkeit waren nicht nur gewisse geistige, sondern auch körperliche Voraussetzungen erforderlich, wie dies bereits in einer Verordnung zum Ausdruck kommt, die bei der Schilderung des ehelichen Güterrechts eingefügt wurde. Über das Alter wird nichts gesagt, doch aus dem Tenor der Urkunden kann geschlossen werden, daß es sich bei den Testatoren durchwegs um ältere Personen handelte. Auch waren es vornehmlich die Kreise der nobiles und ingenui, also der ratsfähigen Geschlechter und der alteingesessenen Bürgerfamilien, auf die zunächst die Testierfähigkeit beschränkt blieb. Bauern, Einwohner und Untertanen konnten nach den Statuten der Stadt bis zum Erscheinen der Reformation nicht testieren.56

Die älteste Form der Testamentserrichtung ist die vor dem Stadtgericht, während die „Geschäfte“ vor zwei Genannten bereits in die Anfangszeit der ersten Reformation fallen, über die befreiten, also die in bestimmten Notlagen („Sterbsleuften“) auch ohne die Genannten errichteten Testamente, berichten bereits Urkunden, die aus der Zeit vor der Reformation datieren.

Den Testamentsvollstrecker finden wir bereits in Urkunden des 13. Jahrhunderts. Diese typisch deutschrechtliche Institution zeugt von der Gewissenhaftigkeit, mit der die Testatoren darauf bedacht waren, eine exakte Durchführung ihrer letztwilligen Verfügungen gewährleistet zu sehen.

Zum materiellen Inhalt der Testamente ist bemerkenswert, daß nach altem Nürnberger Recht eine Erbeinsetzung nicht zwingend erforderlich war. Durch den Einfluß des römischen Rechts — wie wir noch sehen werden — erfährt das [Seite: 28] Testament eine weitgehende Veränderung, doch erst in der Reformation schälen sich die einzelnen Institutionen klarer heraus, die vorher — was ihren materiellen Inhalt anbelangt — nur eine geringe gedankliche Durcharbeitung aufweisen.

Aus der vorreformatorischen Gesetzgebung des Rates sticht die interessante Vormundschaftsordnung von 1399 besonders hervor. Da sie in ihrer verhältnismäßigen Geschlossenheit für Geist und Formulierung der damaligen Rechtsnormen — wie kaum ein anderes Gesetz jener Zeit — typisch ist, soll sie hier in vollem Umfang eine Stelle finden.

„Actum zum newen Rat Anno 1399.
Item daz der Rate zwen darzu gebe die sich der vormuntschaft vnterwinden vnd awsrichten als hernach geschriben stet.
Item vnd wenn ye sant Walpurgen tag kumpt so sol man ein frag tun, ob man die zwen haben, oder er dheinen verkern wöll dasselbe Jare.
Zum ersten, wenn es nu fürbaz geschehe, daz ein man abgienge, vnd frawen, vnd kynde liezz, die nicht alle zu iren tagen kumen wern, vnd kein geschefte getan het, so sullen die zwen senden nach der frawen vnd nach den kynden, vnd nach der nehsten frewnde zweine vaterhalb, vnd muterhalb, vnd da beschriben nemen, waz er gelassen hab, an erb aygen, lehn, parschaft, hawsrat, varnder habe, vnd schulden, vnd auch waz er schuldig beleybe, daz das alles geschriben werde in ein puch, daz darzu gemacht wirt, vnd kömen dann der kynde frewnde zween, oder mer, vaterhalb, oder muterhalb zu den zweien, vnd legten den für, daz die frawe den kynden niht gütlich oder geleiche tet, so möchten die zwen ein rechnunge von jr vordern vnd aufnemen dez solt jn auch die frawe gehorsam sein.
Ze gleicher weise, ob ein man, oder ein frawe witiben weyse on gecheft abgiengen vnd kynde liezzen, die nicht zu iren tagen komen wern, so solten die zwen aber der kynde frewnde zwen vaterhalb, vnd muterhalb besenden vnd beschreiben laszen waz daz abgangen gelazzen het, vnd wie ez dann die zween ordenten, vnd bestehen dabey solt ez beleyben.
Item wer ez, daz ein man abgienge, vnd vormunde liezz, vnd daz der kynde frewnde vaterhalb, oder muterhalb zwen, oder mer kömen zu den zweyen vnd sprechen, daz sie dewcht, daz die vormunde, die vber sein geschefte, oder den kynden ir ding nicht awsrichten als sie pillichen solten, so möchten die zwen die vormunde besenden, vnd ir rede vnd rechnungen verhörn, vnd waz die zwen dann fürbaz zu den sachen rieten teten, oder ordenten dabey solt es beleyben.
Vnd desgleichen solt auch geschehen, ob ein fraw abgienge, die gute in irer hant gehabt, vnd vormunde darüber genomen het.
Item, vnd wo ez den zweyen ze swer wer daz möchten sie bringen an den Rate, waz sich aber die zwen versteen, oder awsrichten mögen bey iren trewen daz sullen sie nicht schieben an den rate.
Item, wo ein man abgieng, der lehen het, vnd liezz newr ein Sun, oder [Seite: 29] daz er keinen sun liezz, So sullen sie besorgen, daz die lehen nicht verlorn werden, als verr sie können vnd mögen, on alles geuerde.
Item wo kynde wern, die niht zu iren tagen komen wern, vnd parschaft heten vnd daz die zwen dewcht, daz die parschaft niht leg an solichen steten da ez den kynden nützlich vnd füglich wer, So möchten sie nach den senden die die parschaft ynne heten, vnd die sölten In geloben, daz sie die In einer Zeit, als sie In sagten, auf daz Rathawse in die losungstuben legten, vnd solten dann die zwen, vnd ob sie vormunde heten, daz anlagen, wie sie, oder der merer teyl ze rat würden, daz es den kynden allernützlichst wer, so sie aller schierst möchten.
Item man sol ein puch machen, vnd in ein laden legen, da die zwen, zwen slüzzel zu haben, daz ir einer on den andern dazu nicht kommen möge, vnd in desselb puch sullen die zwen einschreiben alle sach, die die vormuntschaft antreffen.
Item, Vnd zum allerersten, sol man alleweg awsrichten die schulde, die man gelten sol, vnd waz man durch gots willen geschickt hat, daz küntlich vnd redlich ist.
Item, daz man den zweyen daz er Jar für ir müw geb, nach dem, vnd sie dasselbe Jar müw haben gehabt, vnd dez sullen die gewalt haben, vnd tun, die ob der Stat rechnunge sitzen, von der Stat gelte das erst Jare, vnd hynach ze rat werden, wa man jn daz gelt für ir müwe nemen sulle. Item, Ez sullen auch die zwen swern ayde zu den heiligen vor dem Rate, daz sie alle sache getrewlichen awsrichten on geuerde, vnd auch verewigen haben, daz sie nicht sagen, noch yemanden ze wissen tun die weil sie leben, waz die gelassen haben, awsgenommen wa sie dewcht, da prechen wern, die jn ze swer wern der sie nicht awsgerichten möchten alz vorgeschriben stet, daz mugen sie vngeuerlichen für den Rate bringen, vnd sullen dennoch dem Rate nichts melden, dann die prechen die sie nicht awsrichten möchten, vnd sullen auch den zweyen der kynde frewnde die ye bey den sachen vnd rechnungen sind ir trew geben an ayds stat, daz sie daz alles auch vngeuerlichen verewigen halten.“

Dieses Statut wurde erst zu Beginn des 16. Jahrhunderts durch eine neue Vormundschaftsordnung, die 1506 von Venedig eingeholt wurde („compendium legum ac ordinum Reip. Venetae de tutelis pupillorum„) verdrängt. Dieser Umstand hat mancherorts die irrige Auffassung entstehen lassen, daß Nürnberg seine Gesetze von Venedig (Brüssel und Straßburg) erhalten haben soll.

Die hier angestellten Untersuchungen über das alte Nürnberger Stadtrecht und die eingefügten Verordnungen im Originaltext zeigen, daß Nürnberg vor der Reformation kein begrifflich durchgearbeitetes Recht besaß und fast keine abstrakten Rechtsbegriffe kannte. Das Schuldrecht kannte nur Regeln, Verfahren für bestimmte Fälle, jedoch kein irgendwie geartetes System der Verschuldensgrade. Dem Eigentumsbegriff im Sachenrecht liegt noch die tatsächliche Nutzung, die Gewere, zugrunde. Im Familien- und Erbrecht obherrschen die formal-rechtlichen Bestimmungen, während der materiellrechtliche Gehalt kaum [Seite: 30] entwickelt ist. Zwar ist auf allen Gebieten das Bemühen des Rates ersichtlich, ein festes Recht zu schaffen, aber auf keinem Gebiet wird auch nur annähernd eine Vollständigkeit erreicht. Was Coing für Frankfurt feststellte, gilt — wenn auch in milderer Form als in Frankfurt — auch für Nürnberg: Das Zusammentreffen mit dem begrifflich auf das höchste durchgebildeten Recht des Corpus iuris mußte diesen unvollständigen, teils auch unvollkommenen Statuten und Verordnungen zum Verhängnis werden.57

3. Die Rechtsquellen des vorreformatorischen Rechts.

Die Quellen des alten nürnbergischen Rechts sind nur schwer zu erforschen. Neben den überlieferten Gewohnheiten sind nach Siebenkees58 vor allem das 1346 verbesserte „Baierische Landrecht“ und das „Augspurgische Stadtrecht“ zu erwähnen. Beide bestätigen die alten nürnbergischen Gewohnheiten und zeigen eine weitgehende Ubereinstimmung mit dem alten Nürnberger Recht. Von größerer Wichtigkeit erscheint der Schwabenspiegel. Neben der großen Ähnlichkeit des Nürnberger Rechts mit zahlreichen Aufzeichnungen im Schwabenspiegel sprechen vor allem folgende Tatsachen dafür, daß der Schwabenspiegel als Quelle des alten Rechts angesehen werden darf: Von Prag ist bekannt, daß es lange Zeit nach dem Recht des Schwabenspiegels lebte. Bei der Gründung der Prager Altstadt, Mitte des 13. Jahrhunderts, wurde sie mit Nürnberger Recht belehnt, was aus der Lokationsurkunde des Dorfes Lubna von 1315 (die allerdings nur noch in einer 1612 angefertigten Abschrift erhalten ist) hervorgeht, in der König Johann von Luxemburg bestimmte: „ordinamus itaque …, ut tam villa ipsa, quam omnis inhabitatores villae ipsius praesentis et futuri iure civitatis Nurembergensis, quo maior civitas nostra Pragensis a prima sui fundatione freta et fruitur, in perpetuum regulari frui debeant et gaudere …„.59 Schwabenspiegel und Nürnberger Recht sind hier als gleiche Quellen des alten Prager Rechts genannt. Ein weiterer Hinweis für die weitgehende Übereinstimmung des Nürnberger Rechts mit dem Schwabenspiegel ist der codex Altemperger, nach dem Bürgermeister und Königsrichter Thomas Altemperger aus Hermannstadt in Siebenbürgen benannt. Es handelt sich um eine Handschrift, die 1481 nachweislich im Besitz des genannten Altemperger war. Hauptteil dieser Handschrift bildet der Schwabenspiegel und im Index steht folgender Vermerk: „Swer an disem puch daz da heizet nuerenpergisch recht icht swechen wil, der schol sich richten nach diser schrift“.60 Auch hier die Bezeichnung des Schwabenspiegels als Nürnberger Recht.

II. Das Privatrecht der Nürnberger Reformation nach seinem römisch- und deutschrechtlichen Gehalt.

In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts hatte sich Nürnberg zu einem politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Mittelpunkt des deutschen Reiches [Seite: 31] entwickelt. Es ist zwar von mancher Seite bestritten worden, aber trotzdem einleuchtend, daß das bereits geschilderte Statutarrecht, auf uralten Rechtsgewohnheiten basierend, teils noch auf bäuerliche Verhältnisse zugeschnitten, zum größten Teil unaufgezeichnet, dieser Stellung der Stadt nicht das notwendige Rechtsfundament bieten konnte. Dazu kam, daß gegen Ende des 15. Jahrhunderts die Rezeption des römischen Rechts auch in Nürnberg weitgehend Fuß gefaßt hatte und alle jene Faktoren, die eingangs bei der Darstellung der Rezeptionsgeschichte Erwähnung fanden, in irgendeiner Form zusammenwirkten, um in der Reichsstadt das Fehlen einer Rechtsreform als ausgesprochenen Mangel empfinden zu lassen. Die Vorrede der ältesten Reformation drückt sich hierüber wie folgt aus:

„Ein erbar rate diser stat nüremberg hat betrachtet und zu herzen genommen die menig der gerichtshendel, so bey inen mit teglicher merung erwachsen, und was irrung, coste, scheden, verlicheit und versaumnus daraus entsteen und fürbasser, ye lenger ye mer, erwachsen möchten, wo solchem mit fürsichtiger, gegründter und rechtmessiger verfassung und bevestigung gepürlicher und notdurftiger gesetze nit begegent würd.“

Der Beginn der Kodifikation fällt in das Jahr 1477. Zwei Jahre später beendete die hierfür eingesetzte Kommission die Vorarbeiten, so daß im Jahre 1479 die Vorrede und Bestätigung des Rates, sowie das Register der Titel und Gesetze gedruckt werden konnten; die 35 Titel der Reformation selbst gingen erst 1484 aus Kobergers Presse hervor.61 Als Generaltitel kann die dem Register folgende Notiz gelten:

„Disz ist die Reformacion der Statut und gesetze, die ein erber Rate der Stat Nüremberg umb gemein nutzes, notdurft und Ursachen willen, in anfang und eingang derselben hiernach begriffen, fürgenommen hat. Und nach dem dann sölliche gesetz nach rat vil hohgelerter doctor, und den gemeinen geschriben Rechten, sovil sich das nach der Stat Nüremberg gelegenheyt herkommen und leuffte hat erleiden mögen, gemess gemacht sind, hierumb und auf das dann söllich werck meniglichem mit dem mynsten kosten offenbar und kündig werde. So ist In dem Namen des Allmechtigen durch einen erbern Rate zu Nüremberg verlassen, angeben und bevolhen, dieselben Reformacion zedrucken, die dann söllichem bevelh nach durch Anthonien koberger mit fleiss gedruckt und vollendet worden ist An dem heiligen pfingstabend. Nach der gepurt Christi Tausend vierhundert und In dem vierundachtzigsten Jare.“

Dem Inhalt nach läßt sich diese Reformation in drei ziemlich gleichgroße Abteilungen zerlegen. Der erste Teil (Titel I-XI) ist rein prozessualer Natur, der zweite (XII-XXI) behandelt das Familien- und Erbrecht, die übrigen Titel (XXII-XXXV) die Hauptarten der Verträge unter Einschiebung einiger Bestimmungen über Schatzfindung und Fischerei und einer Bauordnung. Beigefügt ist die „Form und ordnung des judenayds so gepraucht wirt zu Nürenberg.“ [Seite: 32]

Der zweite Abdruck der Reformation ist vom Jahre 1488, von einem unbekannten Drucker, in ausgesprochen schlechtem Druck. Die dritte Ausgabe von 1498 des Augsburger Druckers Schönsperger ist zwar regelmäßiger, jedoch fehlerhafter als die Erstausgabe. Die vierte Ausgabe war vom Jahre 1503. Auch hier wie in der vorhergehenden sind bereits zahlreiche neue Gesetze eingeschaltet. Der Holzschnitt auf der fünften Ausgabe von 1522 wird Albrecht Dürer zugeschrieben. Dieser Ausgabe fehlt der Judeneid, da die Juden bereits vor mehr als 20 Jahren aus der Stadt verwiesen worden waren.62 Die letzte Ausgabe von 1564 ist am sorgfältigsten durchgearbeitet. Die Veränderungen sind bedeutend, so daß sie mit Recht den Namen der „verneuten“ Reformation führt. Auch die Titel und Gesetze sind anders angeordnet als in den vorhergehenden Ausgaben. Der erste Teil (Titel I-XII) handelt von Gerichten und vom gerichtlichen Prozeß; der zweite (XIII-XXVIII) von Contracten und allerley Handthierungen, einschließlich dem Eherecht und der dritte Teil betrifft das Erb- und Vormundschaftsrecht. Die nachfolgenden Untersuchungen nach römisch- und deutschrechtlichen Elementen in der Reformation beschränken sich gemäß der Themenstellung auf die privatrechtlichen Bestimmungen, also den zweiten und dritten Teil. Die Gliederung entspricht gewiß nicht den Vorstellungen moderner Systematik; im Interesse einer geschlossenen und zeitechten Darstellung jedoch wurde zweckmäßigerweise die Einteilung (mit geringfügigen Änderungen) beibehalten, wie sie die Reformation von 1564 selbst vorgenommen hat.63

1. Schuld- und Sachenrecht.

a) Darlehen und Leihe — mutuum et commodatum.

Beide Titel der Reformation (XIII und XIV) sind vorwiegend gemeinrechtlichen Inhalts, was auch schon aus der römischrechtlichen Unterscheidung in mutuum und commodatum zum Ausdruck kommt. Im ersteren Falle handelt es sich um die Hingabe von Dingen, die „gewegen, gezelt oder gemessen“ werden. Diese Formulierung und die aufgezählten Beispiele sind fast wörtlich dem Corpus iuris entnommen: „Mutui autem obligatio in his rebus consistit, quae pondere numero mensurave constant, veluti vino oleo frumento pecunia numerata aere argento auro …“ (Inst. 3, 14 pr.; Dig. 12, 1, 2, 1).

Die Sachen gehen in das Eigentum des Empfängers über, der sie in „gleicher gestalt, auch in gleichem wert und gute und darzu in solchem gewicht, zal und maß, als der entleher das empfangen hat“ zurückzugeben hat, also nicht ein anderes genus, etwa Weizen für Wein.64 Vor der verabredeten Frist darf der Verleiher die Sache nicht zurückfordern, der Entleiher jedoch darf sie vorher zurückerstatten. Verzugschaden hat der Entleiher zu tragen. Die Fälligkeit als [Seite: 33] Voraussetzung des Verzugs wird stillschweigend angenommen und an die Stelle der erforderlichen Mahnung tritt der gemeinrechtliche Satz: dies interpellat pro nomine.65

Für solche Gelddarlehen,66 die jemand „zu seinem geprauch oder handtirung auf ain nemliche zeit anneme“ wird das kanonische Zinsverbot durchbrochen und es dürfen in diesem Falle fünf Prozent Zinsen genommen werden.67 Kindern soll grundsätzlich nichts geliehen werden,68 es sei denn, sie hätten mit Wissen und Geduld ihrer Eltern oder Vormünder gehandelt; ebensowenig soll jemand zu „ungepürlichen Sachen“ wie Spiel und Wette etwas geliehen werden. Diese Bestimmung wird meistens auf die condictio ob turpem vel injustam causam (Dig. 12, 5) zurückgeführt, doch könnte die Bestimmung über die Unwirksamkeit des Darlehens zu Spielzwecken auch auf älterem Statutarrecht beruhen.69 Das commodatum, die Leihe „zu zimlichem geprauch“, ist ebenfalls römischrechtlich geregelt. Der Vertrag kommt durch die Hingabe der Sache zustande; während der Dauer des Leihverhältnisses ist der Entleiher nur Inhaber (Detendor) der Sache, während das Eigentum ausschließlich dem Verleiher zusteht.70 In Ansehung seiner Rückgabepflicht darf der Entleiher „kein behelf oder außflucht suchen … das solch gelihen Gut dem hinleiher nit aigenthümblich zugehörig, were“; er kann sich also nicht darauf berufen, daß der Verleiher nicht Eigentümer sei, so daß der Verleiher nicht unbedingt Eigentümer sein muß, ja sogar ein Dieb sein kann.71 Der Entleiher haftet für alle Schäden, die durch seinen „geringsten unfleiß oder versaumnus“ entstehen; er muß das geliehene Gut „mit peßtem und mererm fleiß, dann ob sei aigen gut were …“ halten. Aus diesen Formulierungen geht hervor, daß die Haftung über die diligentia quam in suis hinausgeht. Zwar hat er „vim maiorem“ oder „casum fortuitum“ nicht zu vertreten, doch ist diese höhere Gewalt selbst im Corpus iuris nicht genau definiert, wenn einmal gesagt wird, daß er bei Einbruch und Feuer ect. „verbunden“ bleibt, für größere Zufälle aber nicht „gehalten“ wird. (Inst. 3, 14, 2: „… veluti incendio ruina naufragio aut latronum hostiumve incursu, nihilo minus obligatus permanet…; sed propter maiorem vim maioresve casus non tenetur…„). Es entspricht wohl dem Geist des Gesetzes, daß diese Formulierungen im Sinne der Haftung für culpa levissima auszulegen sind,72 also über die römischrechtlichen Bestimmungen hinausgehen und sich damit an die strenge Haftung des alten deutschen Rechts anlehnen. Die Leihe im Sinne eines rein schuldrechtlichen Vertrages war im älteren deutschen Recht unbekannt. Aus dem bereits weiter [Seite: 34] oben erläuterten Begriff der Gewere verschafft nicht nur die Grundstücksleihe ein dingliches Nutzungsrecht, sondern auch bei Fahrnis erhielt der Entleiher die Gewere über die Sache und damit dingliches Recht.73 Erst allmählich entwickelt sich die entgeltliche und unentgeltliche Leihe und damit auch die entsprechenden Institutionen, die dann durchwegs gemeinrechtlichen Charakter tragen.

b) Hinterlegung — depositum.

Die Hinterlegung oder Verwahrung ist ebenfalls römischrechtlich geregelt. Der Verwahrer (Depositar) muß das hinterlegte Gut so versorgen, als ob es sein Eigentum wäre, und haftet wie beim commodatum für alle Schäden, die durch seine Schuld entstehen.74

Auf Verlangen des Hinterlegers (Deponenten) muß der Verwahrer das Gut unverzüglich ausfolgen, es sei denn, daß der Hinterleger bestimmt hat, das Gut einem anderen zu übergeben; nur in folgenden Fällen ist der Depositar nicht verpflichtet, das hinterlegte Gut auszufolgen:
1. Wenn es sich um Schwert, Messer oder Waffe handelt und der Hinterleger diese Sachen „in seiner unsinnigkeit oder in mercklichem grimmen aines zorns“ zurückfordert, „also das sich aines Schadens deshalb zu besorgen.“ Es ist ein Relikt deutschrechtlichen Gedankengutes.
2. Bei gestohlenem Gut.75 Hier muß der Hinterleger erst schlüssige Beweise über sein Eigentum erbringen.
3. Bei Sachen, die dem Verwahrer vorher selbst entwendet wurden.
4. Wenn der Hinterleger das Gut auf eine bestimmte Frist hinterlegt hat, soll er kein Recht haben, das Gut vor der vereinbarten Frist zurückzufordern.
5. Wenn mehrere hinterlegt haben, braucht der Verwahrer regelmäßig das Gut nur allen gemeinsam auszuhändigen, es sei denn, daß einer die Zustimmung der anderen Hinterleger von allem Anfang an für die alleinige Herausforderung der Sache besitzt.
6. Wenn die Sache „mit Recht und Gericht verpoten und Arrestirt wurde.“ (Dig. 42, 1, 15, 12).
Hat einer bei Feuersbrunst oder in einer anderen Notlage jemand etwas zur Verwahrung anvertraut („depositum miserabile„) und leugnet der es später ab, dann hat das infamierende Wirkung;76 er muß bei einem solchen depositum miserabile mit einem Strafduplum rechnen, den Wert der Sache also noch einmal leisten (Dig. 16, 3, 1, 1). [Seite: 35]

c) Kauf und Mängelhaftung — de emptione et venditione.

Trotz mancher deutschrechtlicher Elemente überwiegt der gemeinrechtliche Charakter dieses Titels. Die Bestimmungen entsprechen dem konsensualen Kaufvertrag des entwickelten römischen Rechts: Die Pflicht des Verkäufers zur Fertigung und Übergabe der Sache und die Pflicht des Käufers zur Zahlung des Kaufpreises. Die actio empti, mit der der Käufer in erster Linie die traditio verlangen kann, stützt sich auf Dig. 19, 1, 11, 2: „…et in primis ipsam rem praestare venditorem oportet, id es tradere …„; die actio venditi auf Dig. 19, 1, 13, 20: „… in primis pretium, quanti res venit, item usurae pretii post diem traditionis„. Der Verkäufer kann also neben der Zahlung des vereinbarten Kaufpreises auch die Zinsen vom Tage der Übergabe ab fordern.

Ist der Kauf abgeschlossen, trägt der Käufer die Gefahr, nach der gemeinrechtlichen Regel „periculum est emptoris„, erhält allerdings auch den eventuellen Nutzen, den die Sache bis zur Auslieferung trägt, es wäre denn, daß Verzug eingetreten sei. Eigentümlich ist die Tatsache, daß bei dem römischrechtlichen Charakter dieser Bestimmungen die laesio enormis keine Erwähnung findet, ebensowenig wie viele andere Arten des Kaufes im römischen Recht, mit Ausnahme des Kaufs auf Probe (XVI, III).

Eine reine Rechtsmängelhaftung kennt die Reformation beim Pferdekauf, wenn das Pferd gestohlen oder geraubt ist. Der Gewährschaftszug des Käufers auf den Verkäufer ist wohl dem deutschen Recht entnommen (die Anfangsklage), bei dem die Mängelhaftung im Recht — die Pflicht des Verkäufers, dem Käufer in erster Linie das Eigentum an der Ware zu verschaffen — viel stärker ausgeprägt war. Ebenso ist die Bennennung bestimmter Sachmängel beim Pferdehandel („Rützig, Reudig, harschlechtig“), für welche der Verkäufer innerhalb von 14 Tagen haftet, ein deutschrechtliches Prinzip, da sich das römische Recht hierbei nur ganz allgemein faßt. Bei den anderen Tieren fehlt die Aufzählung bestimmter Mängel, hier also die Anlehnung an die gemeinrechtlichen Bestimmungen.

Das Gesetz „von Werschaft verkaufter liegender Güter“ ist von zahlreichen sachenrechtlichen Bestimmungen durchsetzt; nicht genug damit, enthält dieses — und manches andere — Gesetz auch zahlreiche Vorschriften rein prozessualen Charakters. Diese Systematisierung hatte für die damalige Praxis ihre Vorteile, wie wir beim Vergleich der Nürnberger Reformation mit den anderen süddeutschen Kodifikationen noch sehen werden. Deshalb auch in diesem Titel die Eviktionsbestimmungen für Immobilien, die verschieden sind bei Liegenschaften in der Stadt (hier eine Eviktionsfrist von Jahr und Tag) und auf dem Lande (hier eine solche von 4 Jahren). Die Gewährschaftsfrist von Jahr und Tag ist bereits im Sachsenspiegel enthalten und umfaßt genau genommen ein Jahr, sechs Wochen und drei Tage.77 Die weiteren Vorschriften über die Haftung bei Immobilien sind dem römischen Recht entnommen.78 Bei der Definition des Zubehörs, das im deutschen Recht weitergreift, drückt sich die Reformation, wie dies schon [Seite: 36] v. Wölckern schreibt, „generaliter“ aus. Die Grenze wird nicht genau festgelegt und die Vorschriften lassen der Interpretation des Praktikers angemessenen Spielraum. In der Formulierung jedoch „was Niet und Nagel begreift“ kann ein Hinneigen zum deutschen Grundsatz gesehen werden: „Pertinenz ist alles, was niet- und nagelfest ist“.79

Eine Sache, die an mehrere verkauft wird, gehört demjenigen, dem sie ausgehändigt wird. Obwohl die Reformation den Doppelverkauf zuläßt, folgt — abgesehen vom Schadenersatz — die Strafbestimmung auf den Fuß.80 Wenn jemand mit fremdem Geld, jedoch in seinem Namen, etwas kauft, wird er — „ausgenommen etlicher fell“ — Eigentümer der Sache, sofern ihm das Gut „würcklich überantwortet oder eingeraumbt“ wird. Hier werden jedoch die Bestimmungen über ungerechtfertigte Bereicherung ect. nicht erwähnt. Dieses an vielen Stellen der Reformation zu beobachtende Ineinanderfließen verschiedener Rechtsmaterien soll nur noch einmal erwähnt werden, um einerseits zu zeigen, daß der Stand der Entwicklung des damaligen Nürnberger Rechts nicht vergleichbar ist mit dem heutigen, um aber andererseits erneut zu betonen, daß die Reformation (nicht zuletzt auch durch die Berücksichtigung des rezipierten Rechts) beim Stand der damaligen Rechtswissenschaft geradezu bahnbrechend wirkte, wie dies Stobbe in dem oben erwähnten Zitat zum Ausdruck bringt.

Die Bestimmungen über die Ersitzung von Fahrnis sind dem römischen Recht entnommen und waren dem deutschen Recht fremd. Dieses Institut „gehört zu den Selbstbeschränkungen, welche das Eigentum im Interesse seiner eigenen Sicherheit sich aufzuerlegen genötigt ist“81 und hat vor allem den Zweck, einen abgeleiteten Titel über den Erwerb einer Sache durch einen ursprünglichen zu ergänzen. Voraussetzung der Ersitzung ist der iustus titulus („durch redlich Keuf oder sonst aufrichtige handlung“). Bemerkenswert ist in der Reformation die besondere Kürze der Fristen im Vergleich zum römischen Recht. Sie betragen inter praesentes nur drei Monate, inter absentes ein Jahr. Der Ausschluß der Ersitzung an gestohlenem Gut ist zwar auch römischen Ursprungs, findet sich aber bereits im Schwabenspiegel, aufgrund einer früheren Teilrezeption.82

d) Miete — locatio conductio.

In die einschlägigen Bestimmungen über Miete und Pacht wurde ebenfalls viel römischrechtliches Gedankengut aufgenommen. Der locator („Verdingende“) oder Hinterlasser hatte für die „pesserung zu gepürlicher Bewonung“ der „bestandsweisz“ verlassenen Häuser, Herbergen oder Wohnungen Sorge zu tragen; der conductor (Mieter) oder Besteer hinwiederum soll „das bestanden hauss oder gemach zimlicher Weiss geprauchen“ und den vereinbarten Zins pünktlich entrichten. Die ganze Abfassung des Titels trägt auch der römischen Anschauung [Seite: 37] über die Verwandtschaft des Kaufs mit Miete und Pacht Rechnung.83 Wie die Kaufformeln enthalten auch sie die ex fide bona-Klausel.84 Ohne Einwilligung des Vermieters darf der Mieter keine Änderungen vornehmen; geschieht dies trotzdem, so ist der Hausherr nicht zum Ersatz der aufgewendeten Kosten verpflichtet. Der Schadenersatz des Mieters erstreckt sich auf dolus, culpa lata und levis; casum fortuitum hat er nicht zu vertreten. (Dig. 19, 2, 25, 2; 19, 2, 15, 1; u. a.).

Die Miete ist gemäß den Quellen des römischen Rechts auf eine bestimmte Zeit befristet. Innerhalb von drei Tagen nach Ablauf der vereinbarten Mietzeit muß der Mieter ausziehen; er darf schon früher ausziehen, wenn die Wohnung „ainen solchen geverlichen mangel gewönne, das der Besteer des einfallens besorgen müst“ (XVII, VI). In diesem Fall braucht er nur den „versessnen“ Zins zu bezahlen; zieht er ohne triftige Gründe aus, muß er den Zins bis zum vereinbarten Zeitpunkt bezahlen.

Der Vermieter kann das Vertragsverhältnis vor der vereinbarten Zeit auflösen, wenn (XVII, V)
1. der Hausherr oder seine Erben in solche Not geraten, daß sie die Wohnung selbst brauchen,
2. der Hausherr unvorhergesehene Verbesserungen vornehmen lassen muß, die bei Anwesenheit des Mieters nicht vorgenommen werden könnten,
3. der Mieter oder seine Erben mit dem Zins im Rückstand sind (Dig. 19, 2, 54, 1),
4. der Bestand durch den Mieter wesentlich beschädigt wurde („so der besteer seinen bestand mercklich geergert hat und solches scheinlich dargethan werden möcht“),
5. der Mieter im gemieteten Objekt „Hurerey, verpotne spil oder ergerliche Büberey“ treibt oder betreiben läßt.

Diese Bestimmung geht wohl noch auf altes Statutarrecht zurück, das ja in Bezug auf Miete und Pacht schon frühzeitig ausgebildet war. Auch war das deutsche Mietrecht bereits vor dem Erscheinen der Reformation dem römischen Recht weitgehend angenähert.85 Dies bezieht sich auch auf den römischen Grundsatz „Kauf bricht Miete“; in der Reformation erfährt er insofern eine Abschwächung, als der Mieter nicht verpflichtet sein soll, „zu Unzeiten“ auszuziehen, sondern zu den „ordentlichen zilen, da man die heuser zu besteen und zu verlassen pflegt“, die in ihrer Festsetzung einen gewissen Mieterschutz darstellten.

Die Viehpacht, wie sie die Reformation bei Pferden beschreibt, ist dem deutschen Recht entnommen; dagegen nähern sich die Bestimmungen bei der [Seite: 38] Verdingung von Arbeitskräften mehr der römischrechtlichen locatio conductio operarum, wenngleich die Verdingung dieser Art im deutschen Recht eher Voraussetzungen hatte als im römischen, das durch die weitverbreitete Sklavenarbeit eine spezifische Entgeltlichkeit für solche Dienste kaum kannte.86

e) Gesellschaft — societas.

Eine Handelsstadt wie Nürnberg hätte in ihrer Reformation der Ausgestaltung der Gesellschaft an sich einen breiteren Raum widmen müssen; die entsprechenden Bestimmungen sind aber nur sehr knapp.

Die Grundlage der Gesellschaft ist der Gesellschaftsvertrag, der keinen bestimmten Normen unterworfen ist. Römischem Sozietätsrecht entspricht die Regelung, daß ein Gesellschafter mit größerem Kapital- und Arbeitseinsatz auch einen größeren Gewinn beanspruchen darf, jedoch nur, wenn eine solche Vereinbarung vorliegt,87 obwohl diese Bestimmung auch auf Nürnberger Gewohnheitsrecht zurückgehen kann, zumal sie nur zu verständlich erscheint. Eine societas leonina, ein Gesellschaftsvertrag, bei dem der eine Teil nur am Verlust, nicht auch am Gewinn beteiligt ist, ist nichtig.88

Auch die Gestaltung der Haftung im Außenverhältnis ist weitgehend römischrechtlich geregelt. Jeder Gesellschafter, desgleichen „ain bestelter handelsdiener oder Factor“, verpflichtet durch seine im Namen der Gesellschaft abgeschlossenen Rechtsgeschäfte die Gesellschaft (XVIII, III). Im Schadensfall wird er jedoch den anderen Gesellschaftern gegenüber regreßpflichtig. Die Reformation erwähnt auch die stille Gesellschaft, beschränkt sich aber auf die Feststellung, daß der „stille“ nur mit seiner Einlage haftet und zu keinen anderen Leistungen darüber hinaus verpflichtet sein soll.89 (XVIII, IV). Die Gesellschafter sollen, falls nichts anderes vereinbart ist, alle Jahre „ain hauptrechnung thun und halten“. Endigt das Gesellschaftsverhältnis, so soll gemäß Gesellschaftsvertrag Teilung erfolgen; fehlt eine derartige vertragliche Abmachung, soll jeder „nach anzahl seines dargelegten Hauptguts nemen und empfahen, … parschaft, schulden und Wharen“. (XVIII, VI). Diese Regelung entspricht nicht dem römischen Recht, das für den Fall nichtvertraglicher Festlegung eine Aufteilung nach Köpfen vorsah. Ebenso entsprechen die Bestimmungen bezüglich der Erben eines Gesellschafters altem Nürnberger Recht, wonach diese auf Wunsch in der Gesellschaft verbleiben dürfen, wenn sie Kinder des Verstorbenen sind; wollen die Kinder nicht in der Gesellschaft verbleiben, muß [Seite: 39] die Endrechnung über ihr Erbteil binnen Jahresfrist vorgenommen und beschlossen werden.

f) Bürgschaft — fideiussio.

„Wann ainer für den andern … Pürg würdet, So steet in des Gläubigers freyem willen, den Selbschuldner, ungelcdigt des Pürgen, oder den Pürgen ungeledigt des Selbschuldners, umb die bezahlung fürzunemen …“.90. (XIX, I). Leistet der Bürge zuerst, muß ihm der Gläubiger sämtliche Forderungen und Rechte gegen den Schuldner zedieren.

Mehrere Bürgen haften als Gesamtschuldner; sie sind auch gemeinsam zu verklagen. Wird jedoch nur einer verklagt, ist dieser nur zur Zahlung seines Teils verpflichtet, es sei denn, er hätte sich für einen Selbstschuldner verpflichtet.91 Hier erscheint, allerdings in abgeänderter Form, das beneficium divisionis, das in der ersten Reformation — die ja, wie wir bei der vergleichenden Zusammenfassung sehen werden, noch sehr viel mehr deutschrechtliche Züge aufwies — noch keinen Platz gefunden hatte.

Die vorzeitige Sicherstellung des Bürgen ist im römischen Recht nur ziemlich allgemein geregelt, während die Reformation dem Bürgen das Recht einräumt, auf „Enthebung“ der Bürgschaft zu klagen, wenn der Schuldner den Gläubiger ein Jahr nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit der Schuld nicht befriedigt.92 (XIX, III). Dieses Recht steht dem Bürgen auch dann zu, wenn der Hauptschuldner seine Güter verschwendet „oder sonst in abfal seiner narung käme …“, und dadurch eine wesentliche Verschlechterung seiner Vermögenslage zu befürchten ist. In die gleiche Sicherstellung des Bürgen gehören auch die Bestimmungen der Reformation, daß sich ein Bürge auf eine bestimmte Zeit verbürgen darf und nach Ablauf dieser Frist aller Verpflichtungen enthoben ist; desgleichen, wenn der Gläubiger sich am Tage der Zahlungsfälligkeit mit dem Schuldner — ohne Wissen und Bewilligung des Bürgen — anderweitig einigt oder dem Schuldner eine längere Zahlungsfrist bewilligt (XIX, IV). Was die Verbürgung von Frauen betrifft, ist bemerkenswert, daß das senatus consultum Vellaeanum in der Reformation keinen Platz findet. Diese römische Institution zum Schutz der in Rechtssachen unerfahrenen Frauen hatte bereits in manchen anderen Kodifikationen einen Niederschlag gefunden. Die Nürnberger Reformation bestimmte, daß auch „Witfrawen oder Jungkfrawen“, die das 18. Lebensjahr überschritten hatten, genau wie Männer Bürgschaften mit ihrem Gut übernehmen dürfen.93 Verheiratete Frauen bedürfen der Einwilligung des Ehemannes; in „versamneten“ Ehen (ohne Ehevertrag, s. unten) bedarf auch der Mann der Einwilligung der Frau (XIX, V). [Seite: 40]

g) Pfand — pignus und hypotheca.

Die gemeinrechtliche Gliederung in „pignus“ für Faustpfand und „hypotheca“ für das besitzlose Pfandrecht zeigt schon den Grundzug der entsprechenden Titel in der Reformation.

Das Besitzpfandrecht verlangte die Übergabe des Pfandes an den Gläubiger, der es bis zur völligen Bezahlung der Schuld behalten darf. Der Gläubiger darf das Pfand weder nützen noch gebrauchen und muß es so versorgen, „wie ain jeder fleissiger haußvater sein selbst eigen gut …“. Er haftet also für dolus und culpa lata und levis. Das Verbot des Pfandgebrauchs ist dem römischen Recht entnommen, das die verbotene Benützung dem Diebstahl gleichstellte;94; allerdings ist eine ähnliche Bestimmung auch dem deutschen Recht nicht fremd.95 Der Gläubiger hat das Recht der Weiterverpfändung, muß aber „dem andern96 solche vor darauf stehende Pfandschaft“ anzeigen; der Schuldner kann das Pfand durch Erlegung der Summe „widerumb zu seinen handen pringen“, wie dies sinngemäß in Dig. 20, 1, 13, 2 niedergelegt ist. Deutschrechtlich ist die Bestimmung, wonach ein Gläubiger bei der Weiterverpfändung eventuelle Vorbelastungen sorgfältig angeben muß; dies spielte vor allem bei einem Pfand mit „Übermaß“ (Mehrwert als die Belastung ausmachte) eine besondere Rolle.

Ist der Gläubiger Inhaber eines Nutzungspfandes, muß er diesen Nutzen nach Abzug der aufgewendeten Kosten von der Schuldsumme in Abzug bringen, es sei denn, daß andere Vereinbarungen getroffen wurden. Hier spielen zahlreiche römischrechtliche Bestimmungen hinein, daß derartige Nutzungen zunächst grundsätzlich für die Zinsen (Antichresis), dann auch für die Hauptforderung anzurechnen sind, bzw. festgelegt wird, den Mehrwert gegenüber der Hauptforderung des Gläubigers an den Verpfänder herauszugeben.97

Über die hypotheca ist lediglich in Form der tacita hypotheca (stillschweigende Pfandrechte: pignus quod tacite contrahitur) [Titel XXI] einiges gesagt. Es sind eine Reihe römischer gesetzlicher Pfandrechte wie z.B.: Das Pfandrecht des Vermieters an der „varenden Haab“ des Mieters (die invecta et illata) für Zins und alle etwaigen Beschädigungen;98 das Pfandrecht des Verpächters von Äckern und Wiesen an den gezogenen Früchten (Dig. 20, 2, 7); das gesetzliche Pfandrecht der Mündel und Minderjährigen am Vermögen des Vormundes bzw. der Eltern.99 Die Frau hat ein Pfandrecht an den Gütern des Mannes für die eingebrachten und während der Ehe erworbenen Güter; der Mann ein Pfandrecht [Seite: 41] an den Gütern dessen, der ihm das Heiratsgut versprochen hat.100 Diese Generalhypothek der Ehefrau am Vermögen des Mannes hindert diesen nach den Vorschriften der Reformation keineswegs im freien Verfügungsrecht an seinem Eigentum, es sei denn, er wäre ein Verschwender und handle „zum Abpruch ihrer Wart“.

Auch die Baugeldhypothek ist in der Reformation verankert. Wenn jemand zur Erbauung oder Erhaltung eines Hauses Geld leiht, sei ihm dieses stillschweigend verpfändet. (Dig. 20, 2, 1) [XXI, IV].

Das letzte Gesetz des XXI. Titels befaßt sich ausführlich mit der Beseitigung verschiedener Mißbräuche beim Viehkauf. In diesen Vorschriften haben sich weitgehend alte Nürnberger Gewohnheiten und Statutarrecht erhalten, wenn auch die tacita hypotheca der Händler am Vermögen der Metzger, die Ochsen oder anderes Vieh gegen Ziel kaufen, auf den Einfluß des römischen Rechts zurückgeführt werden könnte.

Der XXII. Titel der Reformation handelt vom „Vorgang“ der Gläubiger (qui potiores in pignore). Grundsätzlich geht das ältere Recht dem jüngeren vor; sind die Daten der Pfandverschreibungen gleich, sollen die Gläubiger gleichmäßig „nach anzal ir jedes schulden“ befriedigt werden.

Das stillschweigende Pfandrecht der Ehefrau an den Gütern des Mannes hat vor allen anderen eine Vorzugsstellung, außer, wenn der Mann vor der Einbringung des Heiratsgutes der Frau eine vertraglich festgelegte Verpfändung vorgenommen hat (XXII, II). Es ist dies einerseits eine Bestätigung für den grundsätzlichen Vorrang des Erstgläubigers („prior tempore potior iure„), anderseits auch dafür, daß das vertragliche Pfandrecht dem gesetzlichen vorgeht. Der erstgenannte Grundsatz entspricht dem römischen Recht,101 der letztgenannte ist ihm fremd; ebensowenig kennt das römische Recht die bevorzugte Stellung der Mündelhypothek, die ihr in der Reformation eingeräumt wird: Danach haben Kinder aus erster Ehe bezüglich ihres Vater- oder Muttergutes Vorrang vor dem Gläubiger, ebenso Mündel und Pflegekinder bezüglich ihres Mündelgutes. Römischen Ursprungs ist der Vorrang der bereits erwähnten Dotalhypothek der Frau, dem nur noch die gesetzliche Generalhypothek des Fiskus vorgeht102 für Losung, Steuer, Ungelt und Zölle. Einen besonderen Vorrang in der Reformation genießt noch die Baugeldhypothek, das gesetzliche Vermieterpfandrecht und das Pfandrecht der Taglöhner und Ehehalten, das im wesentlichen auf altes Nürnberger Recht zurückgeht.

h) Erbleihe und Rentenkauf.

Titel XXIII der Reformation handelt von „Aigenschaften und Erbrechten“. Dieser umfangreiche Abschnitt wird durch keinerlei einleitende Worte erläutert, obwohl nicht ganz klar ist, ob die folgenden Gesetze mehr der römischen Emphyteusis [Seite: 42] oder der deutschrechtlichen städtischen Erbleihe entsprechen. In ihren Anfängen gehen sie zweifellos auf letztere zurück, denn in den deutschen Städten des Mittelalters war die auf deutschen Rechtsprinzipien fußende Erbleihe weitgehend ausgebildet, und es ist nicht einzusehen, warum gerade eine Stadt wie Nürnberg, der gewiß keine allzu romanophile Rechtsentwicklung vorgeworfen werden kann, diese deutschrechtliche Institution ignoriert hätte. Trotzdem zeigen auch hier manche Bestimmungen, daß die Rezeption — im Zuge der Weiterentwicklung des Rechtsdenkens — nicht spurlos an ihnen vorübergegangen ist.

Neben dem Eigentum war die Erbleihe das umfassendste Nutzungsrecht im mittelalterlichen Deutschland.103 Sie wird in der Reformation als ein Vertrag charakterisiert, der den „Aigenherren“ (Grundherrn, Eigentümer) verpflichtet, dem „Erbmann“ (Beliehenen) das dominium utile an einem Grundstück gegen einen jährlichen Zins („Aigenzinss, gült oder Weisat“) zu übertragen.

Neben dem „Aigenzinss“ ist ein solches Gut vielfach noch mit Nachzinsen — „Gatterzinss“ — belastet. Bevor der „Aigenherr“ gegen den „Erbmann“ vorging, sollte er den „Gatterherren“ auffordern, für den verfallenen Zins des Erbmannes aufzukommen; kommt er dieser Aufforderung nach, „so soll der Aigenherr den Gatterherrn, an sein erlangte gerechtigkeit treten lassen“; lehnt der Gatterherr ab, verliert er fürderhin seinen Anspruch auf „Gatterzinss“. Der Gatterherr ist aber nicht verpflichtet, einem in der Eintreibung säumigen Aigenherrn mehr als einen verfallenen Dreijahreszins („sampt den Gerichtscosten“) zu bezahlen.

Will der Erbmann sein Erbgut verkaufen, muß er es zuerst dem Eigenherrn anbieten, der sich innerhalb von 14 Tagen entscheiden muß, ob er von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch machen will (XXIII, V). Diese Regelung des Vorkaufs ist wohl dem römischen Recht entnommen (Cod. 4, 66, 3), obwohl die dort angeführte Frist von zwei Monaten in Nürnberg wiederum — wie schon bei anderen Fristen zu beobachten war — eine außergewöhnliche Beschränkung erfährt.

Die Bestimmung, daß ein Erbmann sein Erbrecht verliert, wenn er drei Jahre mit dem Zins in Rückstand ist, läßt die Annäherung an die römischrechtliche Emphyteusis erkennen,104 ebenso die weiteren Bestimmungen, die dem Emphyteuta das Recht der vollständigen Nutzung, Veräußerung, Verpfändung, Vererbung und das Recht der dinglichen Klage geben.105 Allerdings findet in der Reformation das ius in re aliena, wie sie die Emphyteusis darstellt, nicht jene klare Konkretisierung.

Das Rentenrecht ist in der Reformation nicht gesondert behandelt, vielmehr ist es in die Bestimmungen über die Erbleihe eingeflochten. Als fortgeschrittenste Form der mittelalterlichen Reallast war sie das Hauptinstitut des Grundstückskredits. Ausführlich (im IV. Gesetz) wird die Ablösung dieser ewigen „Aigenzinsen und Weisaten“ (Ewiggeld) in Ansehung der „besonderen Hochbeschwerlichkeit“ für die Erbleute behandelt: Für einen ewigen Gulden „Stadtwährung“ sind [Seite: 43] 27 Gulden „Rheinisch“, für einen ewigen Gulden Rheinisch oder „Landwährung“ 25 Gulden Stadtwährung zu entrichten; eine „ewige Henne“ ist mit 32 Pfennigen abzulösen. Die Absicht zur Ablösung des Ewiggeldes ist dem Eigenherrn ein halbes Jahr vorher anzuzeigen, der verpflichtet ist, der Ablösung zuzustimmen, wenn sie in bar erfolgt. Als Ablösungsbetrag gilt die im ältesten noch vorhandenen Vertrag vereinbarte Summe. Für die bäuerliche Leihe, die erst viel später ablösbar wurde, hatte diese Bestimmung keine Gültigkeit.

Dieser Titel bewahrt noch weitgehend deutschrechtliches Gedankengut; doch ist unverkennbar, daß die Stellung des Erbmannes sich bereits entfernt hat von der Vorstellung im alten deutschen Recht, die ihn mehr dem Eigentümer annähert, während die Emphyteusis als ius in re aliena seine Stellung zum Eigentum abgrenzt und so den Entwicklungsprozeß zugunsten der Grundherren andeutet.

i) Fund.

Von „verporgenen Schetzen und andern auf gemainer Straßen gefundenen gütern“ handelt Titel XXV der Reformation; er ist wiederum fast ganz römischrechtlich geregelt. Danach konnte Eigentum durch Fund nur an einem Schatz (thesaurus) erworben werden, der „ungeverlicher weiss und nit durch verpotne kunst“ auf eigenem oder Erbgrundstück gefunden wurde. Findet ein Erbmann auf seinem Erbgut einen Schatz, gehört er zur Hälfte ihm und zur Hälfte dem Eigenherrn; das gleiche gilt für jemand, der „unstreflicher weiss“ auf irgendeinem Grundstück einen Schatz gefunden hat.106 Auch die Bestimmungen über die Schatzfindung auf städtischem Grund und Boden stimmen mit den Ausführungen in Inst. 2, 1, 39 überein.

Hatte jemand etwas vergraben und kann sich an den Ort nicht mehr erinnern, so verliert er deshalb nicht das Eigentum an der betreffenden Sache (Dig. 6, 1, 67). Was durch „verpotne kunst“ gefunden wird, verfällt der Stadt. Ein Fund auf freier Landstraße oder „gemainen wegen“ muß auf der dem Fundort zunächst gelegenen Kanzel mindestens an zwei Sonntagen hintereinander ausgerufen werden. Findet sich kein Eigentümer, liegt es im Ermessen der Obrigkeit, über die Fundsache zu verfügen. Einen Anspruch auf Finderlohn kennt die Reformation nicht und folgt hierin Dig. 47, 44, 2, 9; demnach wird es für unrecht gehalten, etwas zu fordern („… non probe petat aliquid …„).

k) Schadenersatz.

Dieser Titel (XXVII) beschränkt sich lediglich auf drei Gesetze: das erste behandelt die Schadensersatzpflicht des Hausherrn für Schäden durch „ausswerffen, außschütten oder giessen“ und für Schäden, die durch gefährliche „anheng von Läden, Stangen“ u.dgl. entstehen; das zweite die Haftung für Schäden, die durch Haustiere verursacht werden und das dritte die Schadensersatzpflicht des Halters von wilden Tieren. Wenn auch die Entwicklung der Schadenshaftung im römischen und deutschen Recht ziemlich parallel verlief von der Vorherrschaft der [Seite: 44] Buße zu der des Schadenersatzes,107, so ist trotzdem ersichtlich, daß der Titel deutschrechtlich geregelt ist. Es fehlt vor allem im ersten Gesetz eine gedankliche Herausarbeitung der Schadenshaftung, wie sie dem römischen Recht bereits in mannigfacher Modifizierung zur Verfügung stand und einen außergewöhnlichen Umfang aufwies: damnum emergens, lucrum cessans, die Einwirkung der bonae fidei iudicia bei den zahlreichen actiones ect.; nichts dergleichen in der Reformation außer einem kargen Hinweis auf die Schadensersatzpflicht in den oben angeführten Fällen.

Bei der Haftung für Haustiere folgt die Reformation altem Nürnberger Recht, indem sie bestimmt, daß sich der Tierhalter der Schadensersatzpflicht entledigen kann, wenn er das Tier dem Geschädigten übergibt, vorausgesetzt, daß der Schaden ohne sein Verschulden entstanden war. Es handelt sich um einen alten, deutschrechtlichen Grundsatz von der Entlassung des Tieres aus seiner Gewere und damit der Loslösung aus der Schadenshaftung, wenn er auch mit der römischen actio de pauperie und der noxae deditio verwandt ist. Der Halter von wilden Tieren konnte durch Hingabe des schadenstiftenden wilden Tieres nicht aus der Schadenshaftung entlassen werden. Hier oblag die Schätzung des Schadens dem Gericht und der so festgestellte Schaden mußte doppelt ersetzt werden. Dieses Strafduplum ist vielleicht auf römischen Einfluß zurückzuführen, wo für schuldhaftes Verhalten in manchen Fällen dieses Strafmaß üblich war, wenn nicht auch schon im Hinneigen zum rein subjektiven Verschuldensprinzip der Einfluß des römischen Rechts gesehen werden will.

2. Eherecht.

Das Eherecht wird in der Reformation nur in einem, wenn auch ausführlichen Titel (XXVIII) behandelt; es kennt grundsätzlich zwei Güterstände: „die versamnete Heyrat“, die mangels anderweitiger vertraglicher Festsetzung kraft Gesetzes eintrat, und die „verdingte Heyrat“ („So Man und Weib zusammen heyraten, mit geding und bestimmung der Heyratgüter…“), die das vertragliche Güterrecht umfaßt.

Die versamnete Ehe entspricht der allgemeinen Gütergemeinschaft, aber nicht mehr nach der rein deutschrechtlichen Auffassung des Gesamthandseigentums, sondern unter dem Einfluß des römischen Rechts eher dem condominium pro indiviso, also dem Begriff des römischen Miteigentums angenähert; denn nicht anders kann der Satz verstanden werden, daß jeder Ehegatte an der versamneten Ehe den gleichen Teil haben soll.108

Die güterrechtlichen Wirkungen treten erst mit Vollzug der „fleischlichen Vermischung“ ein. Dadurch erst wird eine societas vitae oder wie v. Wölckern sie nennt, eine „universalis societas bonorum“ begründet, „wegen der bey den alten Teutschen bereits also üblich gewesenen Communion“.109 Was sie in die Ehe mitbringen oder während derselben erwerben, sollen sie gemeinsam „nießen und [Seite: 45] geprauchen“. Der Erwerb von Sondergütern ohne Wissen und Willen des Ehegatten ist verboten. Das Eingehen von Verbindlichkeiten bedarf der Zustimmung des Ehepartners, andernfalls berührt ein eventueller Schaden die Hälfte des anderen nicht; den Nutzen aus einer solchen Handlung allerdings konnte er auch für sich in Anspruch nehmen. Diese Bestimmungen basieren weitgehend auf altem Nürnberger Recht.

In der verdingten Ehe bleibt alles Vermögen, das über das festgesetzte Heiratsgut hinausgeht („Nebengüter„), der freien Verfügung des hierfür zuständigen Ehegatten vorbehalten. Eigenartigerweise verlangt die Reformation keinen schriftlichen Vertrag. In den meisten Fällen wurden jedoch schon aus Zweckmäßigkeitsgründen — um späteren Händeln vorzubeugen — Heiratsbriefe vor Genannten erstellt, die dann vor Gericht Beweiskraft hatten. Unter Heiratsgut versteht die Reformation auch das vom Mann eingebrachte Gut (Wittum, Widerlegung). Die Heiratsgüter wurden in Nürnberg meist in barem Gelde festgelegt, „mithin der titulus de fundo dotali hier in so ferne keinen Usum habe“.110 Eine deutschrechtliche Regelung also, wie sie für das eheliche Güterrecht — bis auf die wenigen angeführten Ausnahmen — typisch ist.

Die Reformation enthält auch keine Verpflichtung zur Leistung eines Heiratsgutes. Aus den Bestimmungen jedoch, die für einige Fälle — wie z.B., wenn die Tochter selbst über Vermögen verfügt — von einer Aussteuerpflicht entbinden, kann argumento e contrario geschlossen werden, daß sie gewohnheitsrechtlich zumindest für die Eltern und nächsten Anverwandten vorausgesetzt wurde.111

Wenn die Eltern, „Freunde“ oder andere ein Heiratsgut versprechen oder sich dafür verbürgen, soll die Bezahlung des Heiratsgutes binnen Jahresfrist „nach Eelichem beyschlaffen“ erfolgen; der Bürge konnte nur nach einer weiteren Frist von einem halben Jahr zur Leistung herangezogen werden; wird er innerhalb dieser Frist nicht in Anspruch genommen, verfällt die Bürgschaft. Dem Manne obliegt es als dem, „der die Pürde der Ee tregt“, das Heiratsgut beizutreiben. Hinsichtlich der Fristen sind diese Vorschriften dispositives Recht (XXVIII, III). Deutschrechtlichen Charakter tragen die Bestimmungen über die Beschränkung des Ehemannes bei Veränderung und Veräußerung der Heiratsgüter für den Fall, daß er beide Heiratsgüter der Frau vermacht. Diese Beschränkungen beziehen sich aber nur auf „ligende Güter“ und „Zinss“; über seine Barschaft und Fahrnis kann er auch dann noch frei verfügen (XXVIII, IV). Wenn der Mann seine Güter verschwendet und die Frau befürchten muß, daß dadurch auch ihr Heiratsgut in Mitleidenschaft gezogen wird, kann sie vorübergehend gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen.

Bei gemeinschaftlichem Gewerbebetrieb sollen die Ehegatten ohne Unterschied zur Schuldenhaftung verpflichtet sein. Die Reformation verbot ausdrücklich, diese gesetzlichen Bestimmungen durch irgendwelche Verträge aufzuheben; allerdings gilt hier der Unterschied zwischen der femina mercatoris und der femina mercatrix, [Seite: 46] die also aktiv am Gewerbebetrieb teilnahm. Nur Schulden, die im Rahmen des gemeinschaftlichen Gewerbebetriebes entstehen, begründen eine gemeinsame Zahlungsverpflichtung.112 Da die Frau in „gleicher Gefahr und Verlust“ ist, soll ihr billigerweise auch der gleiche Gewinn zustehen (XXVIII, VI). Schenkungen unter Ehegatten sind erlaubt, wenn sie nicht „unbeschaidenlich oder übermessig“ sind; ebenfalls ein deutschrechtlicher Grundsatz, da das römische Recht sie verbot.113 v. Wölckern kommentiert die Stelle dahingehend: „Wenn der Schenkende dadurch nicht ärmer und der Beschenckte nicht reicher wird…“ Er weist noch gesondert darauf hin, daß die Morgengabe nicht unter diese Bestimmung fällt.114

Es ist unverkennbar, daß bei der Abfassung gerade der eherechtlichen Bestimmungen der Reformation auch das kanonische Recht seinen Einfluß geltend gemacht hat. Die römische Ehe galt im allgemeinen als scheidbar, wenn auch in späterer Zeit unter christlichem Einfluß wiederholte Scheidungsverbote aufgestellt wurden.115 Die Vorstellung von der Unlösbarkeit der christlichen Ehe wirkte auch noch über den Tod des einen Ehegatten hinaus, indem die Gesetzgeber der Reformation ihrer Abneigung gegen eine Wiederverheiratung in mancherlei Bestimmungen Ausdruck verliehen. Dies gilt vor allem bezüglich der Vermögenssicherung der Kinder aus erster Ehe. Es sollte vermieden werden, daß der zweite oder gar dritte Ehegatte den erstehelichen Kindern gegenüber im Vorteil sein sollte. So bestimmt denn die Reformation, daß ein überlebender Ehegatte, der eine zweite Ehe eingeht, während Abkömmlinge aus erster Ehe vorhanden sind, seinem neuen Ehegenossen weder durch Ehevertrag, Schenkung oder Testament mehr vermachen dürfe als einem Kinde aus erster Ehe, bzw. dessen Kindern, die „an stat irer Väter und Müter für ain Person zurechnen“ sind. In der Zweitehe gibt es also kein Gesamtgut, um die güterrechtlichen Folgen im Hinblick auf die erstehelichen Kinder zu vermeiden. Auch ohne Heiratsvertrag entstand so eine verdingte Ehe. Der zweite Ehegatte wurde keineswegs von der Erbfolge ausgeschlossen, er sollte nur nicht besser gestellt werden als ein Kind aus erster Ehe. Die Berechnung eines solchen Kindsteils, nach dem sich der Anspruch des Ehegatten einer zweiten Ehe richtet, geschieht nach der Anzahl der Kinder und Erben.

Wenn Kinder, die noch „in gwalt und fürsehung“ ihrer Eltern stehen (Söhne bis zum 26. und Töchter bis zum 23. Lebensjahr) ohne Einwilligung der Eltern heiraten („Winkelehen“), verwirken sie den Anspruch auf Heiratsgut über die „Legitima“ hinaus. Sterben die Eltern solcher Kinder ohne Testament, sollen die [Seite: 47] Kinder trotzdem zur Erbsehaft zugelassen werden, weil in diesem Falle die Schuld als verziehen galt. Analog gelten die Bestimmungen für Mündel und Pflegekinder.

Das letzte Gesetz handelt von „unerber und schedlichem missprauch im widerverheyraten“ und bestimmt, daß eine Witwe, die schwanger ist oder zu sein vermutet, nicht früher heiraten darf, bis sie aus dem „Kindpet kommen ist“. Für beide Ehegatten ist eine Frist von drei Monaten nach dem Tode des einen Ehegenossen vorgeschrieben, innerhalb welcher sie auf keinen Fall heiraten dürfen. Bei Zuwiderhandlungen haben sie nicht nur harte Strafen zu gewärtigen, sondern sie verlieren auch jeden Anspruch auf die Güter des Verstorbenen, einschließlich aller Schenkungen zu Lebzeiten, Zuwendungen durch letztwillige Verfügungen und gesetzliche Erbfolge. Das Entzogene fällt in das Eigentum der erstehelichen Kinder bzw. der nächsten Verwandten, wenn keine Kinder vorhanden sind; Eine Maßnahme im Sinne des erwähnten Grundtenors der eherechtlichen Bestimmungen und — wie die Reformation es formuliert — „zu Eer des von Got eingesetzten Eestands, und schuldiger gedechtnus, des verstorbnen Eegenossen“. Es besteht kein Zweifel, daß wir es hier mit jenem Abschnitt der Reformation zu tun haben, der am weitestgehenden das deutschrechtliche Gedankengut bewahrt hat. Zwar lassen manche Stellen den Einfluß des römischen Rechts mehr vermuten als erkennen, doch wird er von der Masse des deutschrechtlichen Stoffes überdeckt, wie wir es umgekehrt bei zahlreichen vermögensrechtlichen Bestimmungen gesehen haben, — und beim Erbrecht noch sehen werden — in denen der romanistische Tenor manch deutschrechtlichen Gedanken erst gar nicht in Erscheinung treten läßt.

3. Erbrecht und Vormundschaft.

a) Testament.

aa) Formelles Testamentsrecht.

In Titel XXIX weist die Reformation eingangs darauf hin, daß in Nürnberg kraft besonderer königlicher und kaiserlicher Freiheiten eine Regelung dahingehend getroffen sei, daß es dem Bürger vorbehalten bleiben soll, ob er sich bei der Abfassung des Testaments des gemeinen oder des Nürnberger Rechts bedienen will.

Die älteste und bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts auch einzig zulässige Art der Testamentserrichtung ist die „vor zweyen oder mer, des klaineren oder größern Raths“. Hierbei soll der Testierende „seinen letzten willen in schriften, durch sich selbst, oder ainen andern verfassen“. Die Genannten sollen das so aufgesetzte Testament in Gegenwart des Testierenden verlesen, verschließen, siegeln und in Verwahrung nehmen. In Zeiten „der besorglichen Sterbsleufden“, etwa bei Ausbruch von Seuchen, können an Stelle der Genannten auch zwei andere glaubwürdige Männer beigezogen werden; diese müssen jedoch nach dem Tode des Testators die Richtigkeit des Testaments noch gesondert vor dem Stadtgericht beschwören. Diese Art der Testamentserrichtung ist unrömisch, entspricht aber auch nicht dem deutschen Recht, das die einseitige letztwillige Verfügung erst durch den Einfluß des römischen bzw. kanonischen Rechts [Seite: 48] kennenlernte.116 Nach Ansicht Siebenkees‘117 kann die Errichtung vor zwei Zeugen aus dem kanonischen Recht stammen, wenn wir nicht der Ansicht zuneigen wollen, daß sie ebensogut altem Nürnberger Recht entsprechen kann. Die römische Form der Testamentserrichtung vor sieben Zeugen118 gewinnt im Laufe der Zeit immer größere Verbreitung. Als Zeuge darf nur fungieren, wer die testamenti factio activa und passiva besitzt119 und zum Testator nicht in einem väterlichen Gewaltverhältnis steht.

Der Kreis der testierfähigen Personen in der Reformation ist nach römischem Recht bestimmt: Neben denjenigen, „die zu jren verstendigen Jarn nit kommen sein, Als den Knaben, die jres alten vierzehn Jar und Maidlein, die zwölf Jar vollkommenlich nicht erlangt haben“, sind es den Taubstummen sowie den Verschwendern, denen durch Beschluß des Rats die Vermögensverwaltung entzogen wurde, verwehrt, rechtsgültige Testamente zu errichten. Diese Vorschrift entspricht dem römischen Grundsatz, daß der entmündigte Verschwender die volle Geschäftsfähigkeit und damit die testamenti factio activa nicht besitzt. Das Verbot für Taubstumme fußt auf der Überlegung, daß sie ihren letzten Willen nicht auf verständige und unzweideutige Weise bekunden können.120 Der Taube konnte jedoch jederzeit mündlich, der Stumme schriftlich rechtswirksam testieren, womit die Reformation ebenfalls der zitierten Codex-Stelle folgt.

Eine formelle Abweichung von den Vorschriften des römischen Rechts stellt die Bestimmung der Reformation über das Testament eines Blinden dar, dessen „ordnung und geschefft nit weniger für creftig gehalten werden als anderer Personen, wann das Testament oder letzter will vor zweyen des klainern oder grössern Raths oder vor Gericht“ errichtet wurde. Da das Vorlesen des letzten Willens in jedem Fall erforderlich ist, werden sie denjenigen Personen gleichgestellt, die weder lesen noch schreiben können.121

Alle Testamente, die in einer der zulässigen Formen errichtet wurden, sollen nach dem Erbfall zur Stadtkanzlei gebracht werden, damit die Erfüllung aller darin getroffenen Verfügungen zugunsten von Stiftungen und anderen „milten … Sachen“, von Freunden, Verwandten und Bekannten gewährleistet wird. Wenn ein Testament nicht vor zwei Genannten — die ja die Verwahrung gleich vornahmen — errichtet, sondern nach gemeinem Recht und dabei nicht der Kanzlei übergeben worden war, muß es der Erbe trotzdem „den Obersten Vormunden“ vorlegen, die u.a. dann von sämtlichen geistlichen und weltlichen Legaten gebührend Kenntnis nahmen. (XXIX, XV).

bb) Erbeinsetzung.

Es ist eine wesentliche Bestimmung des reformatorischen Erbrechts, — das sich zwar im großen und ganzen an das römische Vorbild hält, wo die Erbeinsetzung das Hauptstück des Testaments darstellt — wenn es hier heißt, daß ,,die geschefft [Seite: 49] und Ordnungen, ob gleich darinn kein Erb benent were, für creftig gehalten und vollstreckt werden“. Dies ist auch ein Beweis dafür, daß in Nürnberg kein Unterschied zwischen Testament und Kodizill gemacht wurde.

Wenn auch nach gemeinem Recht der eingesetzte Erbe mindestens den vierten Teil der Erbschaft (quarta Falcidia) erhalten soll, hat er nach der Reformation — nach Abzug aller Legate — keinen Anspruch auf den vollen Anteil, falls dieser dadurch weniger als ein Viertel ausmachen sollte. Eine im Widerspruch mit dem römischen Recht stehende Bestimmung, die wohl darin ihren Ursprung hat, daß die Erbeinsetzung in Nürnberg als conditio sine qua non erst allmählich fußfaßte und diese Institution daher noch deutlich Züge des alten Nürnberger Rechts trägt.

cc) Pflichtteilrecht und Enterbungsgründe.

Das Pflichtteilsrecht sichert den Berechtigten den Anspruch, im Testament mit einem bestimmten Anteil am Nachlaß berücksichtigt zu werden, falls dem keine Enterbungsgründe entgegenstehen. Dieses im Sinne des römischen Noterbrechts geregelte Gesetz bestimmt, daß die Höhe des Pflichtteils bis zu vier Kindern ein Drittel des gesamten Nachlasses beträgt, fünf und mehr Kindern steht die Hälfte zu. Die Mannlehen (das feudum masculinum — Pferd, Waffen etc. —) werden nicht dem Pflichtteil angerechnet. Sind neben den Kindern auch Enkel vorhanden, so treten sie an die Stelle ihrer Eltern, jedoch — „der seyen vil oder wenig“ — zusammen nur als eine Person. Sind nur noch Enkel vorhanden, so gelten für sie die Bestimmungen, als ob sie Kinder wären. Das römische Recht sieht für diesen Fall vor, daß die Enkel an die Stelle ihrer Eltern treten, die Verteilung also nach Stämmen und nicht nach der Zahl der Enkel vorzunehmen ist. Eine weitere Abweichung liegt auch in der Bestimmung der Reformation, welche die Geschwister vom Recht der Noterbschaft ausschließt, während das römische Recht ihnen Aussichten auf erfolgreiche Durchsetzung der querella machte.122

Kinder dürfen nach Erreichung des testierfähigen Alters Testamente errichten, auch wenn sie noch unter elterlicher Gewalt stehen. Den Pflichtteil ihrer Eltern oder ihrer „eelichen leibserben“ dürfen sie nicht verringern oder belasten; denn so wie die Eltern verpflichtet sind, ihren Kindern oder anderen Deszendenten den Pflichtteil zu vermachen, sind auch die Kinder gehalten, ihren Eltern einen gesetzlichen Pflichtteil zuzuwenden. Dieser beträgt, sofern nur ein Elternteil am am Leben ist, ein Drittel des Vermögens des Erblassers und nicht etwa nur den dritten Teil des gesetzlichen Erbteils. Leben beide Eltern, so umfaßt der Pflichtteil die gesamte Habe des Kindes; leben nur noch die Großeltern, gebührt ihnen ebenfalls ein Drittel des Kindsgutes. Sind aber Eltern „in ungleichem grad“ vorhanden, so schließt der nähere Grad den entfernteren aus. Analog ist hier festgelegt, daß auch der Pflichtteil der Eltern durch irgendwelche Legate für Geschwister oder andere Personen nicht geschmälert werden darf. [Seite: 50]

Die Reformation kennt zehn Gründe, aus denen Kinder und Enkel enterbt werden können. Sie stellen gleichzeitig die erste deutsche Version der justinianischen Enterbungsgründe dar,123 wobei die Reformation in den meisten Fällen fast wörtlich dem römischen Text folgt:
1. Wenn sie die Eltern geschlagen haben („frefle hand an die Eltern gelegt“).124
2. Wenn sie die Eltern verleumdet und geschmäht haben.125
3. Wenn sie ihre Eltern „umb peinliche Sachen beclagt heten“. Ausgenommen sind die Anzeigen von Verbrechen gegen Majestätsinteressen und das Wohl der Stadt.126
4. Wenn die Kinder mit Gift „oder in ander weg“ den Eltern nach dem Leben getrachtet haben.127
5. Wenn sie mit den Stiefeltern „unzimliche lieb und werck“ getrieben haben.128
6. So sie ihre Eltern durch Bürgschaft nicht aus der Schuldhaft befreit, oder ihnen nicht nach bestem Vermögen geholfen haben.129
7. Wenn sie die Eltern bei der Errichtung des Testaments „zu verhindern sich understanden hetten“.130 Diese Beeinflussung konnte darin bestehen, daß die Kinder die Herbeiholung von Zeugen zur Testamentserrichtung verhinderten. Wenn die Eltern infolge dieser Verhinderung kein Testament errichten konnten und diese Verhinderung wurde nachgewiesen, so verloren die Kinder auch ihr Intestaterbrecht.
8. Wenn die Kinder einen leichtfertigen Lebenswandel geführt haben, es sei denn, daß auch die Eltern „in gleichem leichtfertigem leben und wesen, auch herkommen und gewesen“.131
9. Wenn eine Tochter oder Enkelin, die deren Eltern „mit Eerlichen heyraten versehen wollen“, diesen nicht gefolgt und ein unzüchtiges und sündiges Leben begonnen haben.132 [Seite: 51]
10. Wenn die Kinder ihren kranken oder gebrechlichen Eltern nicht nach besten Kräften beigestanden haben, so daß sich fremde Leute aus Mitleid ihrer annehmen mußten; in diesem Falle sollen die ungetreuen Kinder enterbt werden und die Güter „den jhenigen, so inen solche handraichung gethon, volgen und werden“.133

Alle diese Enterbungsgründe müssen, soweit sie gegeben sind, in das Testament aufgenommen werden; daneben müssen „die eingesetzten Erben, oder andern“ beweisen, daß die Enterbungsgründe vorgelegen haben. Können sie nicht bewiesen werden, so ist die Enterbung „und die gantz Erbsatzung nichtig und craftlos“. Auch die Kinder können umgekehrt ihre Eltern enterben, wobei sich die Reformation ebenfalls ziemlich wortgetreu an den justinianischen Text hält. Aus folgenden Gründen können die Eltern enterbt werden.134 (XXIX, VII):
I. Wenn die Eltern ihre Kinder wegen Verbrechen anklagen, „die leib und leben antreffen“, außer wegen Delikten gegen die kaiserliche oder königliche Majestät oder das Wohl der Stadt.135 (3)
II. So die Eltern versucht haben durch „zauberey, oder mit Gift, oder in andre weiß“ die Kinder zu töten.136 (4)
III. Wenn die Eltern mit den Ehegatten des Kindes Unzucht getrieben haben.137 (5)
IV. Wenn die Eltern ihre Kinder an der Errichtung eines Testaments verhindert haben.138 (7)
V. Wenn ein Elternteil dem anderen nach dem Leben getrachtet hat.139
VI. So die Eltern ihre armen, kranken oder schwachsinnigen Kinder vernachlässigt oder — falls die Kinder im Gefängnis waren — nicht alles getan haben, um sie frei zu bekommen (6, 10).140

Auch hier müssen die Enterbungsgründe nicht nur im Testament ausdrücklich vermerkt, sondern auf „vernainung des enterbten“ bewiesen werden; die Beweislast liegt bei den eingesetzten Erben.

Wie bereits oben erwähnt, kennt die Reformation keine Berücksichtigung der „Seiten-Erben“ (Brüder, Schwestern, Vettern u. dgl.). Da es nur im freien Ermessen des Testators liegt, ihnen etwas zu vermachen, ohne daß sie einen Anspruch darauf hätten, braucht er sie im Testament auch nicht gesondert zu enterben (XXIX, VIII). [Seite: 52]

dd) Änderung und Nichtigkeit.

Der Testator kann das Testament jederzeit beliebig abändern, „dann des Menschen will soll frey sein biß in tod“ (XXIX, XII). Es soll auch niemand einen Testator bei der Errichtung des Testaments behindern; wer dies tut, hat alle seine Ansprüche verwirkt, denn jedes Testament soll „mit freyem unbezwungnem willen, unverhindert der freund und anderer gemacht werden“. Ein Testament wird nichtig — neben den erwähnten Fällen der Testierunfähigkeit, Mängel bei der Errichtung ect. —. wenn dem Testator nach der Errichtung noch Kinder geboren werden oder er welche adoptiert ((XXIX XIX)

ee) Fristen.

Die Frist zur Annahme oder Ausschlagung einer Erbschaft beträgt drei Monate, die zur Anfechtung eines Testaments ein Jahr. Sind die Interessierten außer Landes oder sonst „aus rechter beweißlicher eehafft“ verhindert, kann nach gerichtlicher Prüfung die Anfechtung auch noch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.

ff) Nacherbschaft — substitutio.

Die Möglichkeit der Substitution eines Erben, wie in Titel XXX der Reformation behandelt, ist aus dem römischen Recht übernommen. Das erste Gesetz entspricht seinem Inhalt nach der römischen substitutio vulgaris:141 „… Dann es begibt sich vilmaln, das der eingesetzt Erb vor dem Testierer abstirbt, oder die Erbschafft nit annemen will oder kan …“ (Ersatzerbe). Hat jedoch der erste Erbe die Erbschaft angetreten, kommen die eingesetzten Nacherben nicht mehr in Betracht, es sei denn, daß der Testierer sie doch in irgendeiner Form berücksichtigt sehen will.

Das zweite Gesetz behandelt die Pupillarsubstitution; den Fall, daß ein Kind den Tod der Eltern zwar noch erlebt, aber noch vor erlangter Mündigkeit (vor dem 15. bzw. 13. Lebensjahr) stirbt; dann fällt die Erbschaft dem eingesetzten Nacherben142 zu. Erreichen die Kinder das testierfähige Alter, erlischt die Nacherbeneinsetzung und sie können ihrerseits wieder letzwillig verfügen. Eine Abweichung vom römischen Recht — das der Mutter die Pupillarsubstitution überhaupt versagte — bedeutet die Bestimmung, daß auch die Mutter einen Nacherben einsetzen kann, allerdings „allain in den gütern, die sie den Kindern oder Enigklin verlassen, unnd weiter nit“.

Die Eltern von Nachfahren, die „an irer Vernunft geprechlich“, stumm oder taub sind, können diesen Kindern Nacherben setzen. Hierbei müssen in erster Linie die Kinder dieser Personen selbst berücksichtigt weiden; in Ermangelung von Abkömmlingen greift nach Siebenkees143 — da die Reformation hierüber keine Bestimmung enthält — die Vorschrift des römischen Rechts Platz, wonach die Geschwister der Kinder als Nacherben einzusetzen sind; eine nicht ganz [Seite: 53] überzeugende Annahme, da ja — wie bereits oben gezeigt — die Reformation trotz der weitgehenden Romanisierung der erbrechtlichen Bestimmungen bezüglich der Seitenerben keineswegs dem römischen Recht folgt. Die Nacherbeneinsetzung erlischt, wenn diese Mängel und „geprechlichaiten“ vergehen; dann dürfen diese Kinder „fuerter das irig selbst verordnen“.

gg) Legat.

Von „Geschicken“ spricht der XXXI. Titel der Reformation, Legata genannt, und zeigt auch schon durch die Übernahme dieser Bezeichnung die römischrechtliche Regelung der entsprechenden Bestimmungen an. Wie im römischen Recht wird auch hier zur Errichtung eines Vermächtnisses die Testierfähigkeit des Erblassers und die testamenti factio passiva des Bedachten vorausgesetzt.144 Der Vermächtnisnehmer oder Legatar ist Singularsukzessor, während der Erbe als Universalsukzessor in die Rechte und Verbindlichkeiten des Erblassers hinsichtlich der Vermögensgesamtheit eintritt.145 Der Legatar wird daher — wie im heute geltenden Recht — nicht sofort Eigentümer des Legates, sondern erhält einen obligatorischen Anspruch gegen den Erben bzw. den Exekutor des Testaments. Zulässig ist ein Vorausvermächtnis (praelegatum) an den Erben (Dig. 31, 77, 19), jedoch nur insoweit, als dadurch die Legitima der anderen nicht geschmälert werden.

Ein Legat soll, wenn es „unstritig und on sondere zusätz und geding“ ist, „fürderlich und getreulich“ erfüllt werden, wobei die Reformation ausdrücklich auf Titel XXXII (Testamentsvollstreckung) verweist. Zuvor sind aber sämtliche Nachlaßschulden zu regeln und die Gläubiger sollen das Recht haben, bereits „außgeteilte Legata“ zu widerrufen, falls sie nicht völlig befriedigt worden sind. Der Legatar muß eine Verschlechterung des Vermächtnisses in Kauf nehmen, wenn diese ohne Verschulden des Erben eingetreten ist; billigerweise soll auch eine eventuelle Verbesserung des Gutes dem Vermächtnisnehmer zugute kommen.146 Wurde ein Gut mehreren vermacht, soll es unter den Vermächtnisnehmern gleichmäßig aufgeteilt werden; stirbt einer von ihnen vor dem Testator, oder schlägt er das Legat aus, so fällt sein Anteil den anderen zu, wenn im Testament nichts anderes bestimmt wird.

Für den Fall, daß der Testator eine Sache vermacht, die ihm nicht gehört und von der er weiß, daß sie ihm nicht gehört, so ist der Erbe verpflichtet, sie dem Legatar zu verschaffen, oder den Wert dafür zu bezahlen; beweispflichtig dafür, daß der Testator wußte, daß das Gut ihm nicht gehörte, ist der Legatar. Mißlingt dieser Beweis, so ist das Legat nichtig. Analog gelten die Bestimmungen für vermachte bewegliche Sachen, die mit dem Pfandrecht eines Dritten belastet sind. Auch hier muß der Erbe für die Ablösung des Pfandes sorgen, wenn der Erblasser von dem Recht des Dritten Kenntnis hatte. [Seite: 54]

Wird einem Pfandgläubiger die verpfändete Sache vermacht, dann kann der Erbe vom Legatar das Pfand auch dann nicht zurückverlangen, wenngleich er „den pfandschilling zustellen erpietig were“.

Ein Vermächtnis geht nicht ipso iure auf den Erben des Legatars über, wenn dieser vor dem Testator stirbt. Es geht nur dann auf den Erben über, wenn dies ausdrücklich im Testament bestimmt ist.

Ist ein Legat an eine Bedingung geknüpft, muß es nach Erfüllung dieser Bedingung ausgeantwortet werden. Stirbt der Legatar vorher, so fällt das Legat dem eingesetzten Erben zu. Ist das Vermächtnis jedoch an eine Frist gebunden, fällt es an die Erben des Legatars, falls dieser vor Ablauf der Frist stirbt. Wenn jemand ein Vermächtnis in Form einer Leibrente — „jährlichen Legaten“ — aussetzt, erlischt der Anspruch mit dem Tode des Legatars.

hh) Testamentsvollstreckung.

„Executores und außrichter“ werden die Testamentsvollstrecker in Titel XXXII genannt; es handelt sich um eine Institution, die sich aus dem heimischen Recht entwickelt hat, wenngleich sie dem römischen Recht auch nicht fremd war. Nach der Reformation soll keiner gezwungen sein, sich dieser Aufgabe zu unterziehen, es sei denn, „sie heten dann solche hievor dem Testierer bewilligt und zugesagt“. Da in den Nürnberger Urkunden kein Fall bekannt ist, daß jemand die Berufung als Testamentsvollstrecker abgelehnt hätte,147 ist es naheliegend, daß man sich im allgemeinen vor Errichtung eines Testaments zu einigen pflegte. Im Falle der Weigerung verlor der so Berufene das ihm vermachte Legat zugunsten der eingesetzten Erben bzw. der anderen Exekutoren. Ubernimmt er das Amt, so sollte er „unverzüglich gute Verordnung thun“, damit die Erbmasse keinen Schaden erleide. Wenn die Erben oder Inhaber der Güter „verdechtig“ erscheinen, können die Exekutoren die Gegenstände in Verwahrung nehmen. Hierauf sollen sie ein Inventar errichten, wobei bezüglich der hier einzuhaltenden Vorschriften auf den entsprechenden Titel (XXXVIII, s.u.) verwiesen wird.

Wird vom Testator keine Frist festgelegt, so sollen die Exekutoren nach vollzogener Inventarisierung das bewegliche und unbewegliche Vermögen innerhalb von zwei Monaten148 den Erben und Legataren zustellen. Sind jedoch die vermachten Sachen zur Zeit des Erbfalles nicht im Besitz des Testators, oder daß die Güter erst verkauft werden müßten, verlängert sich diese Frist bei Immobilien auf vier, bei Mobilien auf acht Monate. Sind die Vollstrecker aus erheblichen Gründen verhindert, das Testament im Rahmen der vorgeschriebenen Fristen zu vollstrecken, so sollen sie die Gründe dem Rat oder Vormundamt149 mitteilen und deren Weisung abwarten. Sind weder vom Testierer noch vom Rat [Seite: 55] executores bestimmt, so sind die Erben verpflichtet, innerhalb der vorgeschriebenen Zeit das Testament zu erfüllen; andernfalls verlieren sie die Erbschaft.150 Wurde vom Erblasser die Errichtung einer Baulichkeit angeordnet, so haben die Exekutoren dies zuerst dem Rat oder dem Obersten Vormundamt zu melden und deren Weisung abzuwarten; dies war dann nicht erforderlich, wenn es sich um Gebäude handelte, die sowohl der Stadt als auch den Nachbarn „unabprüchig und unschedlich weren“. Offensichtlich Vorschriften aus dem Nürnberger Statutarrecht, die hier in die Reformation Eingang gefunden haben.

Die Testamentsvollstrecker sollen über ihre Tätigkeit „aufrechte und völlige anzaigung und Rechnung thun“. Würden Unstimmigkeiten festgestellt, können die Betroffenen die Entfernung der Exekutoren bzw. deren Bestrafung verlangen.

b) Erbrecht der Ehegatten.

Titel XXXIII, „Von Erbschafften der Eeleut on Geschefft“, behandelt das Ehegattenerbrecht. Hier sind die römischen Einflüsse besonders schwer zu ergründen, da das römische Recht ein ausreichendes gesetzliches Erbrecht der Ehegatten nicht kannte; dieser Umstand wurde mit dem Übergewicht der testamentarischen Erbfolge erklärt. Es blieb hier bei der prätorischen Berufung zur bonorum possessio unde vir et uxor,151 die den Ehegatten erst an letzter Stelle berief.152 Die Bestimmungen dieses Edikts konnten also der Reformation kaum als Vorbild gedient haben, wenngleich Justinian (Cod. 8, 58, 2 und Inst. 3, 3, 4) sie insoweit lockerte, als er die Stellung der Mutter verbesserte und der bedürftigen Witwe die quarta Falcidia gewährte.

Aber auch das deutsche Recht kannte ursprünglich kein Erbrecht der Ehegatten. Das Erbrecht war auch hier auf die Blutsverwandten beschränkt. Es darf daher angenommen werden, daß diese umfassende Gestaltung des Ehegattenerbrechts in Nürnberg weitgehend im partikulären Gewohnheitsrecht seine Wurzeln hat, zumal in einer Stadt wie Nürnberg, „in der eine Bevölkerung lebte, die durch Gewerbe und Handel, an dem sich auch die Frauen lebhaft beteiligten, reich begütert war“,153, die Voraussetzungen zu einer etwas moderneren Regelung dieses Problems gegeben waren.

Die Reformation behandelt zunächst die Erbfolge in einer verdingten Ehe, d. h. bei vertraglichem Güterrecht. Stirbt in einer verdingten beerbten (mit Kindern) Ehe die Frau, so erben die Kinder ihre hinterlassene Habe. Das gesamte Gut des Mannes — was er eingebracht und während der Ehe ererbt oder erworben hat — bleibt unberührt; ebenso fallen ihm die Güter zu, die ihm im Heiratsvertrag ausgesetzt waren. Darüber hinaus hat er bezüglich der Hinterlassenschaft seiner Frau, unbeschadet des Eigentumsrechts der Kinder, lebenslänglich „den beysitz, nutzung und niessung“, ohne Rücksicht darauf, ob er eine zweite Ehe eingeht [Seite: 56] oder nicht. Dafür ist er verpflichtet, das Hauptgut so zu verwalten, daß es keine Schmälerung erfährt, den Kindern eine standesgemäße Erziehung angedeihen zu lassen und ihnen, nach Erreichung des vorgeschriebenen Alters, eine entsprechende Aussteuer zu gewähren. Stirbt nun der Mann in dieser beerbten verdingten Ehe, so ist die Erbfolge im Prinzip die gleiche: Auch in diesem Falle erben die Kinder das Vermögen des Verstorbenen, während der überlebenden Ehefrau ihr gesamtes Hab und Gut verbleibt. Will sich die Ehefrau nicht mehr verheiraten, so soll sie das Vatergut der Kinder inventarisieren, als Vormund verwalten und es „zu jrer und der Kinder Leibsnarung geprauchen und geniessen“, v. Wölckern bemerkt zum Nutznießungsrecht der Frau,154 daß ihr nur der usus, nicht auch. — wie dem Manne — der ususfructus zustehe und sie daher noch vorhandene und nicht verzehrte Früchte mit den Kindern teilen müsse. Auch die Verwaltungstätigkeit der Frau unterscheidet sich insofern von der des Mannes, als sie verpflichtet ist, beim Obersten Vormundamt um weitere Mitvormünder nachzusuchen, auf deren Rat sie zu hören und ihnen jährlich Rechenschaft abzulegen hat. Die Aussteuerpflicht obliegt ihr in gleicher Weise wie dem Manne. Die Reformation billigt ihr ausdrücklich das Recht zu, über ihre Heiratsgüter und ihr sonstiges Vermögen durch Testament oder in anderer Weise frei zu verfügen.

Will sich die Frau aber nochmals verheiraten oder nicht mehr länger mit den Kindern zusammenleben, so muß sie das Vatergut abtreten und alles, was die Kinder sonst noch laut Ehevertrag zu fordern hätten, ihnen oder ihren Vormündern aushändigen. Damit ist die Frau zugleich ihrer weiteren Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern entbunden. Der Unterschied zum ius patriae potestatis liegt also darin, daß der Mann ohne Rücksicht auf eine eventuelle Wiederverheiratung lebenslänglich die Nutznießung und Verwaltung an den Gütern der verstorbenen Ehefrau haben soll, während diese im Falle der Wiederverheiratung dieses Recht verliert.155 Diese Regelung läßt darauf schließen, daß in Nürnberg vor der Reformation zeitweise für den Mann Verfangenschafts-, für die Frau jedoch Teilrecht Geltung hatte.156

In der unbeerbten, also kinderlosen, verdingten Ehe erbte der überlebende Ehegatte über die vermachten Heiratsgüter hinaus die Hälfte der Hinterlassenschaft des Verstorbenen; die andere Hälfte fällt an die Eltern und Geschwister sowie an deren Nachkommen. Sind Erben der letztgenannten Art nicht vorhanden, so erhält der überlebende drei Viertel der Hinterlassenschaft des Verstorbenen. Das restliche Viertel fällt an die „volgenden nechtsgesipte freund“, doch steht dem überlebenden Ehegatten lebenslänglich die Nutznießung und Verwaltung dieses Viertels zu. Dafür muß er genügende Sicherheit leisten, damit die Erben ihrer Rechte nicht verlustig gehen. [Seite: 57]

Die Bestimmungen der Reformation bezüglich der beerbten versamneten (oder unverdingten) Ehe, d.h. bei gesetzlichem Güterstand entsprechen dem Wesen dieser Gemeinschaft. Der Überlebende erhält die Hälfte „aller versamneten haab“, die andere Hälfte fällt den Deszendenten zu. Dem überlebenden Teil steht an dieser Hälfte „Beysitz, nutzung und niessung“ zu, solange er sich nicht verheiratet. Hier wird jetzt der Unterschied zur verdingten Ehe deutlich, die eine Bevorzugung des Mannes bei einer Wiederverheiratung kannte. In der versamneten Ehe, dieser typischen societas vitae, muß auch der Mann bei seiner Wiederverheiratung mit den Kindern teilen; er wird dadurch analog der weiteren Unterhaltspflicht für die Kinder entbunden.

Bei der unbeerbten versamneten Ehe fällt durch den Tod eines Gatten im Sinne des ehelichen condominiums dem anderen die ihm zustehende Vermögenshälfte zu. Von einer Erbschaft im eigentlichen Sinne kann bei dieser Bestimmung kaum gesprochen werden, weil der Überlebende nur das erhält, was ihm kraft Gesetzes ohnehin schon bei Lebzeiten gehörte. Er erbt allerdings die Hälfte der Hinterlassenschaft des Verstorbenen, so daß er also insgesamt in den Besitz von drei Vierteln des ehelichen Gesamtgutes kommt. Das restliche Viertel fällt an die Eltern des Verstorbenen und die Geschwister „von beeden panden“ (die vollbürtigen) und ihre Kinder, bzw. — bei Fehlen derselben — an die halbbürtigen Geschwister. Sind auch diese nicht vorhanden, so soll der überlebende Ehegatte zwei Drittel der Vermögenshälfte des Verstorbenenn erhalten; der Rest, also ein Sechstel der gesamten Habe, fällt an die nächsten Verwandten. Auch über diesen Restteil soll der Überlebende zeit seines Lebens — wiederum gegen Stellung entsprechender Sicherheit für die Erben — die Verwaltung und Nutznießung haben. Es soll in diesem Zusammenhang nochmals auf den deutschrechtlichen Ursprung mancher dieser Bestimmungen hingewiesen werden, wie die deutschrechtliche Einrichtung des Beisitzes als lebenslängliches oder zeitlich begrenztes Nutzungsrecht,157 während viele andere Bestimmungen weder typisch deutsch, geschweige denn römisch sind. Hier haben wir es mit einer Weiterbildung des mittelalterlichen Ehegattenrechts zu tun, wie sie hauptsächlich durch einzelne Partikularrechte vorgenommen wurde. Die meisten Bestimmungen tragen deshalb — wie bereits eingangs erwähnt — typisch Nürnberger Züge.

Die Reformation befaßt sich dann im nachfolgenden Gesetz mit der Erbfolgeregelung der Eheleute in zweiter Ehe, wenn Kinder nur aus erster Ehe vorhanden sind. In diesem Falle bekommt der überlebende Ehegatte das eingebrachte Heiratsgut und erbt im übrigen zu gleichen Teilen neben den Kindern und Enkeln aus erster Ehe, die Enkel für eine Person gerechnet.158 Wird dem Überlebenden durch Heiratsvertrag oder Testament weniger als ein Kindesteil vermacht, so soll es dabei bleiben; bei gegenteiliger Regelung, daß ihm also mehr als ein Kindsteil vermacht wurde, sollte dieser Vertrag oder diese letztwillige Verfügung nichtig sein. Es soll dann so geteilt werden, als ob eine derartige Verfügung gar nicht existieren würde. [Seite: 58]

Sind Kinder aus erster und zweiter Ehe vorhanden, so sieht die gesetzliche Erbfolge für diese Fälle vor, daß der Überlebende zwar sein eingebrachtes Gut erhält, die gesamte Habe des Verstorbenen jedoch auf die Kinder aus beiden Ehen gleichmäßig aufgeteilt wird. Er erhält also kein Kindsteil zugesprochen, wohl aber den „Beysitz“, also die Verwaltung und Nutznießung der den Kindern aus beiden Ehen zustehenden Güter. Durch Heiratsvertrag oder letztwillige Verfügung durfte jedoch dem überlebenden Ehegatten ein Kindsteil zugewendet werden. Eine Verfügung über einen solchen Kindsteil hinaus ist auch hier nichtig.

Die Erwägung, aus der heraus der Gesetzgeber im vorliegenden Fall dem Überlebenden kein Kindsteil zuspricht, ist wohl die, daß durch die Kinder aus zweiter Ehe ohnehin die erstehelichen Kinder in ihrem Erbteil beeinträchtigt werden, eine zusätzliche Minderung ihres Erbteils also vermieden werden sollte; der Überlebende hingegen erschien durch den Beisitz in die Güter aller Kinder hinreichend entschädigt.

Einen weiteren Schutz des Vermögens der Kinder aus erster Ehe bei einer eventuellen Wiederverheiratung des überlebenden Elternteils stellt die Bestimmung der Reformation dar, wonach die Kinder Anspruch auf Erstattung des Schadens haben sollen, der „durch unfleiß oder geverliche handlung“ eines oder beider Elternteile an ihren Gütern entsteht: billigerweise soll eine Wertsteigerung dieser Güter jedem Gatten zur Hälfte zufallen.

Was von der zweiten Ehe gesagt wurde, soll analog für die dritte und vierte Ehe Geltung haben (XXXIII, IX).

Das letzte Gesetz dieses Titels regelt die Unterhaltspflicht der Kinder gegenüber den Eltern. Wenn der überlebende Teil in solche Not gerät, daß er seinen Unterhalt nicht mehr bestreiten kann, soll er dies vor Gericht glaubhaft machen dürfen. Es wird ausdrücklich betont, daß ein derartiger Unterhaltsanspruch nur aufgrund eines gerichtlichen Entscheids geltend gemacht werden kann. Wie einleitend zu diesem Titel dargelegt, fehlen weitgehend die analogen Bestimmungen im römischen Recht. Die deutschen Statuten hinwiederum weichen in keiner Materie so von einander ab, wie gerade in der Lehre von der Erbfolge unter Ehegatten. „Nach Nürnbergischen Rechten ist dieselbe ebenso verschieden, als es verschiedene Arten der Ehen nach diesen Gesetzen giebt“.159

c) gesetzliche Erbfolge.

In zwei Titeln (XXXIV: „Von Erben absteigender Lini on Geschefft“ und XXXV: „Von Erben, aufsteigender und seiten Linien on geschefft“) wird die Intestaterbfolge in der Reformation geregelt. Hierbei lehnt sie sich weitgehend an das römische Recht an, weicht allerdings — wie wir noch sehen werden — in manchen Bestimmungen hiervon ab.

Stirbt jemand ohne Hinterlassung eines Ehegatten, so beerben ihn die leiblichen ehelichen Deszendenten zu gleichen Teilen ohne Unterschied des Geschlechts und schließen damit alle Verwandten des Verstorbenen in der aufsteigenden oder [Seite: 59] Seitenlinie aus. Von der gleichmäßigen Aufteilung des gesamten Hab und Gutes sind lediglich die Mannlehen ausgenommen, die den Söhnen als Voraus zugeeignet werden. Die Zinslehen kommen in die gemeinsame Teilung, es sei denn, daß aus besonderer Gewohnheit ein anderes herkömmlich ist. Erhalten die Söhne durch die angefallenen Mannlehen einen besonderen Vorteil und reicht die Hinterlassenschaft nicht aus, um eine oder mehrere Töchter standesgemäß aussteuern zu können, so sind die Söhne den Töchtern „… ain hilf zuthun schuldig …, damit sie nach zimlichen Dingen mögen bestattet werden …“ (XXXIV, I); falls eine gütliche Einigung nicht zustandekommt, soll der Rat entscheiden. Nehmen in einer verdingten Ehe die Kinder die gesetzliche Erbschaft an, so gebührt den Söhnen als Voraus Harnisch und Waffen des Vaters, sowie dessen Kleider und Bücher; den Töchtern die Kleider der Mutter, „auch Schleyer, hauben und andere Gepende“.

Kinder aus verschiedenen Ehen erben, da sie mit dem Ehegatten ihres Vaters oder ihrer Mutter nur verschwägert sind, jeweils das Vermögen ihres leiblichen Elternteils.

Sind neben den ehelichen Kindern auch Nachkommen von bereits verstorbenen Kindern, also Enkel oder Urenkel vorhanden, so erben diese anstelle ihrer verstorbenen Väter oder Mütter, doch nur den Teil, den ihr Vater oder ihre Mutter, wenn sie noch am Leben wären, geerbt hätten. Diese Bestimmung einer Verteilung nach Stämmen entspricht dem römischen Recht.160. Sind jedoch nur Enkel vorhanden, so erben diese nach Anzahl der Personen („als manig mund, als manig pfund“); hier haben wir es also noch mit einem Überbleibsel des alten deutschen Rechts zu tun. Urenkel treten dagegen wieder „in den Fußstapffein“ ihres Vaters, erben wieder im Sinne des römischen Rechts nach Stämmen. Römischem Recht entspricht auch das Gesetz von der Gleichstellung der durch nachfolgende Ehe legitimierten unehelichen Kinder mit den ehelichen (legitimatio per subsequens matrimonium).161

Kinder sollen kein Recht haben, über das ihnen zustehende Erbteil ohne Einwilligung der Eltern zu verfügen; das gleiche gilt für das Vater- und Muttergut, an dem die Eltern die Verwaltung und Nutznießung haben. Dagegen soll es ihnen freistehen, hierüber testamentarisch zu verfügen.

Ein Erbverzicht soll nur gültig sein, wenn er durch Eid vor einem ordentlichen Gericht bekräftigt und bestätigt wird; er kann nur von Personen vorgenommen werden, die das 18. Lebensjahr vollendet haben.

Uneheliche Kinder beerben nur die Mutter (Cod. 6, 57, 5),162 ebenso wie diese ihre Kinder. Lebt die Mutter nicht mehr, so erben die Geschwister des [Seite: 60] verstorbenen Kindes; sind solche auch nicht vorhanden, die nächsten Verwandten der Mutter. Für die ehelichen Abkömmlinge unehelicher Kinder gelten die in der Reformation niedergelegten und oben beschriebenen Regeln.

Kinder aus verdammter Geburt bleiben von jeder Erbfolge ausgeschlossen. Darunter werden Kinder verstanden, die im Ehebruch oder in einem verbotenen Grad der Verwandtschaft (Inzest) gezeugt wurden (Cod. 5, 5, 6). Sie haben aber, in bewußter Abweichung vom römischen Recht, Anspruch auf Unterhalt; hierin folgt die Reformation einer Bestimmung des kanonischen Rechts (c. 5. X. „de eo qui duxit in matrimonium …“).163

Der XXXV. Titel behandelt die Erbfolge der Aszendenten und Seitenverwandten. In Ermangelung von Erben absteigender Linie erben die Eltern des Erblassers und schließen alle anderen Verwandten des Verstorbenen aus, mit Ausnahme der vollbürtigen Geschwister und deren Kinder; diese gehören ebenfalls zu den Aszendenten ersten Grades und erben zu gleichen Teilen mit den Eltern des Erblassers. Mit diesen Bestimmungen folgt die Reformation Nov. 118, 2; allerdings läßt die Reformation auch noch die Kinder der vollbürtigen Geschwister zu, die für eine Person gerechnet werden und soviel erben, als ihr Vater oder ihre Mutter zu Lebzeiten geerbt hätten. Wenn beide Elternteile nicht mehr leben, sind die Großeltern des Verstorbenen zur Erbfolge berufen. Sind nur halbbürtige Geschwister (von einem Elternteil) vorhanden, werden sie und ihre Kinder von den Eltern und Großeltern des Erblassers ausgeschlossen. Der Vater des Erblassers hat an dem zu gleichen Teilen mit den vollbürtigen Geschwistern ererbten Gut keine Verwaltung und Nutznießung. Die Großeltern schließen die Geschwister der Eltern des Ex-blassers aus (Nov. 118, 2).

Sind keine Erben auf- oder absteigender Linie vorhanden, sondern nur Geschwister des Erblassers, so erben die vollbürtigen Geschwister zu gleichen Teilen; die Kinder dieser Geschwister nach Stämmen, bzw. — wenn keine anderen Geschwister mehr da sind — wieder nach Häuptern. Sie schließen die halbbürtigen Geschwister aus; diese kommen erst bei Fehlen von Deszendenten, Aszendenten und vollbürtigen Geschwistern zum Zuge, wieder in der gleichen Reihenfolge: Halbgeschwister allein nach Häuptern, die Kinder von Halbgeschwistern zusammen mit den Halbgeschwistern nach Stämmen und die Halbgeschwisterkinder allein wieder nach Häuptern, unabhängig davon, ob von dem einen „Geschwister“ mehr oder weniger Kinder vorhanden sind. Alle diese beschriebenen Fälle berühren das Erbrecht der Ehegatten nicht.

Geschwister vom Vater allein erben des Vaters Hab und Gut, Geschwister von der Mutter allein das Vermögen der Mutter. Diese Bestimmung entspricht zwar nicht ganz der Theorie des gemeinen Rechts, wohl aber der Praxis, indem auf den Unterschied der Güter besonders gesehen wird.164 Was aus dem ehelichen Gesamtgut („versamneter oder gemeiner haab“) auf sie trifft, das erben sie miteinander, wenngleich die Anzahl der Geschwister vom Vater oder von der Mutter her ungleich wäre. [Seite: 61]
Halbbürtige Geschwister des Erblassers und deren Kinder schließen die Geschwister der Eltern aus, wenn diese auch vollbürtig sind.

Sind keine Geschwister mehr vorhanden, sondern nur noch deren Kinder, so erben diese nach Köpfen und nicht mehr nach Stämmen, unter Berücksichtigung des oben dargelegten Unterschiedes von voll- und halbbürtiger Abstammung. Im nächsten Grad kommen die Geschwister der verstorbenen Eltern des Erblassers zum Zuge, wobei die vollbürtigen die halbbürtigen ausschließen.165 Die Reformation bestimmt, daß von dieser Unterscheidung in den ferneren Graden abgesehen werden soll.

In der letzten Klasse werden die nächsten Blutsverwandten berufen, wobei der nähere Grad den entfernteren ausschließt. Alle Unterschiede nach der Herkunft der Güter, der vollen und halben Geburt und das Repräsentationsrecht fallen weg.

d) Teilung der Erbschaft.

Der XXXVI. Titel der Reformation behandelt die Teilung der Erbschaft und folgt seinem Inhalt nach weitgehend dem iudicium familiae erciscundae und der collatio bonorum.166 Werden von den Eltern Kinder oder andere Deszendenten zu Erben eingesetzt, so können diese nach Vollendung des 18. Lebensjahres167 von den „Inhabern oder gescheffts Executoren“ die Verteilung der Erbschaft fordern. Wollen sie jedoch in der Erbengemeinschaft verbleiben, dann muß jedem bei einer späteren Teilung das von seinem Anteil abgezogen werden, was er bis dahin für seinen Unterhalt aus der Gesamtmasse erhalten hat. Vorher empfangene Heiratsgüter oder Widerlegung sind im Interesse einer gleichmäßigen Berücksichtigung aller Kinder „in gemaine Erbschafft einzuwerffen“, oder der betroffene Erbe läßt sich diese Güter auf seinen Erbteil anrechnen. Studiengelder168 und ähnliche Ausbildungskosten sowie Kleidung, Unterhalt und Kosten der Hochzeit fallen nicht unter die Kollationspflicht, es sei denn, daß die Eltern im Testament ausdrücklich darauf bestehen. Dagegen müssen sich die Kinder unnütze und überflüssige Aufwendungen für Spiel, Schenkung „oder in andere ungepürliche weg“ entstandene Kosten anrechnen lassen, wenn die Eltern hierfür bezahlen mußten. Der Weisheit letzter Schluß bleibt im Streitfall stets die Entscheidung des Rates. Haben die Eltern kein Testament hinterlassen, so müssen die Kinder auf jeden Fall die empfangenen Heiratsgüter „einwerffen“. Sie brauchen es nicht zu tun, wenn sie sich mit Heiratsgut oder Widerlegung begnügen und auf die weitere Erbschaft verzichten. Wurde jedoch durch die Hingabe dieser Güter der Pflichtteil der anderen Deszendenten geschmälert, dann bestand unbedingte Ausgleichspflicht.

Enthält die Erbschaft unteilbare Güter, die man „on schaden von einander nit sondern mag“, so soll notfalls das Los entscheiden (Anlehnung an Dig. 10, 2, 5); [Seite: 62] der durch das Los Begünstigte muß die anderen anteilmäßig abfinden. Will keiner der Erben die fragliche Sache annehmen, soll das Gut verkauft und der Erlös geteilt werden.

e) Einsatz der Erben.

„Von gerechtigkeit des Einsatzs in des verstorbnen Güter“ spricht der XXXVII. Titel der Reformation und verführt durch diese Formulierung zu der Annahme, daß hier die Erbeinsetzung geregelt wird.169 Es handelt sich jedoch vielmehr um die römische missio in bona, der Einweisung in den Nachlaß, die nach v. Wölckern ihren Ursprung vornehmlich noch vom Praetor hat, der den „Rigorem iuris allenthalben sub specie aequitatis zu temporieren gesuchet“. Obwohl nach allgemeiner Anschauung, die vor allem dem deutschen Recht entsprach, der Tote selbst den Erben in die Erbschaft einsetzte,170 wurde es üblich, daß sich der Erbe gerichtlich in den Besitz des Nachlasses einweisen ließ. Zunächst wird bestimmt, daß der im Testament eingesetzte Erbe vor allen gesetzlichen den Vorrang hat, auch wenn das Testament angefochten wird; dadurch wird ausgesprochen, daß der eingesetzte Erbe ungeachtet jeglicher Einwendungen einen Anspruch auf „Einsatz“ in die Güter des Verstorbenen, also auf den Erwerb der tatsächlichen Herrschaftsgewalt über dieselben, hat.

Hinterläßt der Verstorbene kein Testament oder haben die eingesetzten Erben „den Einsatz nit erlangt“, dann sind die nächsten Verwandten zur Erbfolge berufen, wobei der nähere Grad den entfernteren ausschließt.171 Hat jemand eine Erbschaft erschlichen, muß er sie herausgeben und für die Nutznießung Schadenersatz leisten; im Falle der bona fides wird er von der Schadensersatzpflicht befreit.

f) Inventar.

Der vorletzte Titel (XXXVIII) der Reformation regelt einzelne Nachlaßverbindlichkeiten des Erben, im besonderen die „Inventirung der Güter“. Jeder, dem eine Erbschaft „angestorben“ ist und er diese annimmt, muß auch für die Schulden des Erblassers einstehen. Er kann sich vor Schaden bewahren, wenn er innerhalb von drei Monaten nach Eintritt des Erbfalles ein Inventar errichtet; nur in besonderen Fällen, wenn z.B. die zu inventarisierenden Güter weit auseinander liegen, kann diese Frist auf ein Jahr verlängert werden. Dieses justinianische beneficium inventarii (Cod. 6, 30, 22), das hier rezipiert wurde, beschränkte die Naehlaßgläubiger auf die „inventierten“ Güter. Die „wolthat des Inventariums“ gab dem Erben die Möglichkeit, auch nach der Inventarerrichtung die Erbschaft [Seite: 63] auszuschlagen, ohne vorher — wie es im früheren römischen Recht usus war172 — einen besonderen Vorbehalt bei der Antretung der Erbschaft machen zu müssen. Hier folgt die Reformation — auch bezüglich der genauen Fristen: Beginn der Errichtung 30 Tage nach Kenntnis der Berufung zur Erbfolge, Vollendung binnen weiterer 60 Tagen — in der ganzen Konzeption dieser Vorschriften der justinianischen Codex-Stelle.

Wer im Inventar absichtlich etwas verschweigt, soll des beneficium inventarii verlustig gehen, d.h. er muß dann alle Nachlaßverbindlichkeiten voll erfüllen, als ob er kein Inventar errichtet hätte; beruht jedoch diese Unvollständigkcit auf einem Irrtum, dann soll ihm daraus kein Schaden entstehen. Einwände bezüglich der Richtigkeit des Inventars können von jedem Gläubiger und darüber hinaus auch von jeder interessierten Person geltend gemacht werden. Das Inventar soll nach Siegelung durch zwei Genannte vor Gericht gebracht und dort im Beisein aller Beteiligten — sofern keine Einwendung gemacht wird — von dem, der es errichtet hat, beschworen, und der Vorgang vom Gerichtsschreiber durch Unterschrift beglaubigt werden.

g) Vormundschaft.

Im letzten Titel (XXXIX) der Reformation wird das Vormundschaftsrecht behandelt. Gerade diese Materie war in Nürnberg bereits durch eine Vormundschaftsordnung aus dem Jahre 1399 umfassend und abgeschlossen dargestellt worden, weshalb sie bei der Erörterung des vorreformatorischen Rechts im vollen Wortlaut eingefügt wurde. Die materiellrechtlichen Grundsätze dieser Vormundschaftsordnung fanden dann in der ersten Reformation von 1484 — in folgerichtiger Weiterentwicklung — ihren Niederschlag und behielten trotz der im Jahre 1506 eingeholten Venediger Vormundschaftsordnung (Compendium legum ac ordinum Reip. Venetae de tutelis pupillorum, s.o.), bis zum Erscheinen der verneuten Reformation im wesentlichen ihre Gültigkeit. Diese unterscheidet drei Möglichkeiten der Berufung: Die testamentarische Bestimmung des Vormunds, die gesetzliche Berufung aufgrund des Verwandtschaftsgrades und die Benennung durch die Obrigkeit. Die Tätigkeit als Vormund währt bei Mädchen bis zum 12., bei Knaben bis zum 14. Geburtstag, danach „pleiben dieselben Vormunder“ bis zum vollendeten 18. Lebensjahr des Minderjährigen als Curator oder Versorger. Schon die Arten der Berufung gehen auf die römische tutela testamentaria, tutela legitima und dativa zurück,173 obwohl auch das deutsche Recht gewisser Analogien nicht entbehrt. Die offensichtlich gewollte römische Regelung jedoch läßt die deutschen Analogien außer Betracht; denn nicht anders ist die Übernahme des tutor und curator in dieses einstmals einheitliche — und damit eher noch deutschrechtliche — Institut zu verstehen, die aus dem römischen Recht einfach entlehnt werden, obwohl ihnen die Reformation lediglich ein und dieselbe Funktion zuweist, während sich im römischen Recht hinter tutela und cura etwas grundsätzlich Verschiedenes verbirgt. Es wurde für diese Bestimmung [Seite: 64] gleichsam nur der Rahmen rezipiert und dabei versucht, in diesen Rahmen das überlieferte einheimische Recht hineinzuzwängen.174

Jeder Vater und Großvater und — im Gegensatz zum römischen Recht — auch jede Mutter und Großmutter (wenn die Deszendenten ausdrücklich als Erben eingesetzt wurden)175 haben die Befugnis, durch Testament für ihre Kinder oder Enkel einen Vormund zu bestellen. Sind in der letztwilligen Verfügung nur Testamentsvollstrecker genannt, so gelten diese zugleich als Vormünder, sofern der Testator nicht ausdrücklich bestimmt, daß sie nur als Testamentsvollstrecker zu fungieren hätten.

Ist testamentarisch kein Vormund bestellt oder hinterläßt der Erblasser kein Testament, so sind nach den Eltern die nächsten Verwandten („die nechstgesipte freund“) zur Vormundschaft berufen. Der Mutter obliegt bei vorzeitigem Tode des Vaters die Führung der Vormundschaft im Rahmen der im Ehegattenrecht (XXXIII. Titel) niedergelegten Vorschriften. In diesem Falle sind ihr zwei Mitvormünder beizugeben, denen sie Rechenschaft schuldig ist und denen sie im Falle der Wiederverheiratung die Vormundschaft abzutreten hat. Der Mann wird nach dem Tode der Frau ebenfalls Vormund, doch steht hier die Beiordnung von Mitvormündern im Ermessen des Rates. Er bleibt auch nach einer Wiederverheiratung Vormund, wenn er hierfür geeignet, d.h. kein Verschwender „oder sonst aines unordenlichen Haußhaltens berüchtiget“ ist.

Fehlen sowohl testamentarische Berufung als auch nahe Verwandte, so werden den Kindern von der Obrigkeit Vormünder gesetzt. Hierbei werden in der Regel noch vorhandene Verwandte ferneren Grades bevorzugt. Weigern sich diese die Vormundschaft anzunehmen, so verlieren sie jeden Anspruch auf eine eventuelle künftige Erbschaft der Kinder. Körperlich und geistig gebrechlichen Personen, sowie Verschwendern sind ebenfalls „Curatores und versorger“ zu bestellen.

Da die Übernahme der Vormundschaft Bürgerpflicht ist, kann sie nur von bestimmten Gründen, die im Gesetz verankert sind, ausgeschlossen werden: Wenn der vorgesehene Vormund bereits selbst fünf oder mehr Kinder hat; wenn jemand 70 Jahre alt ist und wenn jemand bereits drei Vormundschaften führt „und andere ursachen mer“. Hier folgt die Reformation Inst. 1, 25; allerdings beschränkt sie sich aus einer Vielzahl hier genannter Gründe auf die drei oben genannten. Im Falle der Anwendung eines der genannten Gründe soll trotzdem noch das Oberste Vormundamt die Situation prüfen und dann entscheiden; nötigenfalls ist sogar eine gerichtliche Entscheidung zugelassen. Der Vormund muß alle Forderungen, die er gegen seine Pflegekinder hat, bei Antritt der Vormundschaft geltend machen. Unterläßt er dies, so verliert er den Anspruch auf deren Erfüllung.

Dem Vormund wird von den „Obersten Vormundern Wittib und Waisen“ die eidesstattliche Versicherung abgenommen, daß er seine Pflegekinder und deren [Seite: 65] Güter getreulich versehen und bewahren, für Hab und Gut der Kinder sorgen, sie gerichtlich und außergerichtlich vertreten und nichts tun oder unterlassen werde, was den Kindern schaden bzw. zugute kommen könnte; ferner gehört zu seinen Pflichten die Errichtung eines Inventars über das vorhandene Besitztum und Rechnungslegung. Mit dem Vermögen des Kindes soll er „allenthalb getreulich, erberlich unnd aufrichtig … handeln“. Wenn er auf diese Weise seine Pflicht tut, soll er frei sein von jeder sonstigen Haftung.

Die Inventarisierung soll nach Maßgabe der für die Erbschaft geltenden Vorschriften erfolgen; Bargeld ist sicher und auf Zins anzulegen und es wird nochmals betont, daß die Vormünder die Kinder und ihre Güter gerichtlich und außergerichtlich selbst oder durch ihre bevollmächtigten Anwälte (actores genannt) vertreten und schützen müssen. Wer diesen Pflichten nicht nachkommt, soll eine Strafe von 50 rheinischen Gulden bezahlen; außerdem ist er den Kindern noch schadenersatzpflichtig.

Des weiteren wird bestimmt, daß der Vormund Liegenschaften nur mit Erlaubnis der Obrigkeit verkaufen darf, auch wenn der Vater selbst Vormund wäre; ein dieser Bestimmung entgegenstehender Vertrag ist nichtig, über die Fahrnis dagegen kann er ohne woiteres verfügen. Rechtsgeschäfte zwischen Vormund und Mündel sind verboten; nur mit gerichtlicher Zustimmung darf der Vormund Mündelgut an sich bringen.

Die hier genannten Vorschriften entsprechen im wesentlichen dem römischen Recht.176 Es darf jedoch nicht übersehen werden, daß auch das Nürnberger Recht selbst schon in seiner Vormundschaftsordnung sowie in deren folgerichtigen Weiterentwicklung zahlreiche Vorschriften enthielt, die dem Zeitbewußtsein entsprachen und daher nicht unbedingt mit den römischen Quellen identifiziert werden müssen. So ist z.B. die Inventarpflicht auch in deutschen Stadtrechten des Mittelalters entwickelt worden und manch andere Vorschrift hat beide Quellen als Grundlage. Die Rechnungslegung ist abweichend vom römischen Recht ausgestaltet, nach welchem der Vormund nur am Ende seiner Amtszeit rechnungspflichtig ist (Dig. 27, 3, 4 pr.).177

Der Vormund haftet für alle Schäden, die aus „lässigkeit oder versaumnus“ entstehen. Da die Reformation diese Haftung nicht näher beschreibt, sich aber weitgehend auf römisches Recht stützt, ist wohl anzunehmen, daß er nicht nur für dolus haftet, sondern auch das Risiko der Geschäftsführung (periculo suo esse) zu tragen hat, soweit nicht Treu und Glauben seine Entlastung fordern.178

Die Endigungsgründe für die Vormundschaft sind ebenfalls in Anlehnung an das römische Recht aufgestellt. Demnach endet der erste Abschnitt, die tutela, mit Vollendung des 12. bzw. 14. Lebensjahres. Der Übergang in die cura, also in den [Seite: 66] zweiten Abschnitt der Vormundschaft, vollzieht sich im Anschluß daran automatisch, bis die Pflegekinder das 18. Lebensjahr erreichen; alsdann hat der Vormund Schlußrechnung zu erstellen. Ausnahmsweise endigt die Vormundschaft schon vor Erfüllung des 18. Lebensjahres, wenn der Minderjährige sich verheiratet. Bei Verschwendern und Gebrechlichen hat die Rechnungslegung dann zu erfolgen, wenn der Grund für die Pflegschaft weggefallen ist; sollte jedoch die „unschicklichait“ dieser Personen andauern, dann sollen die Vormünder bzw. Pfleger jährlich dem Obersten Vormundamt Bericht erstatten und dessen Weisung abwarten.

Die Pflegekinder sind verpflichtet, die Rechnungslegung zu fordern; tun sie es nicht innerhalb von zwei Jahren nach Endigung der Vormundschaft, so verlieren sie jeden Anspruch gegen den Vormund und dessen Erben (beruht wohl mit Ausnahme der Frist auf Dig. 26, 7, 33, 3 und 27, 3, 1, 3.179

III. Kurzgefaßte Gegenüberstellung der Nürnberger Reformation mit den anderen süddeutschen Kodifikationen der Rezeptionszeit.

Die erste Ausgabe der Nürnberger Reformation von 1479/84 hält sich noch weitgehend an die überlieferte deutsche Rechtssprache und Gesetzgebungstechnik. Von der gemeinrechtlichen Doktrin noch relativ wenig durchdrungen, folgt sie nur zögernd der römischen Kasuistik und wo sie dem Inhalt nach das römische Recht widergibt, versucht sie es in der Terminologie in ein deutsches Gewand zu kleiden.180 Hier ist noch der Wille vorherrschend — „trotz vil hochgelerter Doktor“, wie es in der Einleitung heißt — eine auch für den Laien verständliche Kodifikation des lokalen Rechts zu schaffen, allerdings durch Inkaufnahme einer gewissen Unbeholfenheit in Aufbau und Gesetzestechnik.

Einen großen Fortschritt in dieser Richtung stellt die verneute Reformation von 1564 dar. Zwar mußten wir auch hier in den vorhergehenden Untersuchungen wiederholt auf Mängel im System hinweisen, doch tun diese dem relativ hohen Grad ihrer Wissenschaftlichkeit keinen Abbruch. Die Sprache ist modernisiert, die Regelung vollständiger geworden, da der alten Reformation „Ordnungen und Gesetz dem gemainen Man zu weitleufftig und irrsam, etliche nit genugsam außgefürt und geleutert, und in etlichen ain ungleicher verstand eingerissen“ war. Freilich geht diese Modernisierung auf Kosten des deutschrechtlichen Elements, und die Begriffswelt des gemeinen Rechts findet hier — wie wir gesehen haben — in größerem Umfang ihren Niederschlag.

Diese verneute Reformation war bereits 20 Jahre vorher in Angriff genommen worden: damals erhielt der Kanzler in dem vorderösterreichischen Ensisheim, Claudius Cantiuncula, vom Rat der Stadt Nürnberg den Auftrag, ein Gutachten für eine Verbesserung der Reformation zu erstellen. Das Gutachten traf am [Seite: 67] 25. Januar 1546 in Nürnberg ein.181 Die Meinungen über den Wert des Gutachtens gehen auseinander. Für unsere Untersuchungen, die sich auf das Privatrecht erstreckten, enthält es wirklich nur sehr dürftige Anmerkungen, während die Ausbeute für das Prozeßrecht wesentlich reichlicher ausfällt.182 Aus dem Auftrag an Cantiuncula ist jedoch der Standpunkt des Rates ersichtlich; danach sollte der Kanzler die „auf unsere bürgerliche gebreuch und das alt herkommen gestellte Gesetze, do si befinden solten den gemeinen rechten entgegen, denselben sovil muglich und leidlich gemess stellen“.183 Indem der Rat selbst die Umgestaltung des heimischen Rechts nach den Grundsätzen des gemeinen Rechts fordert, zeigt sich das Fortschreiten der Rezeption seit der ersten Ausgabe. Die Tatsache läßt auch den Schluß zu, daß einerseits gewisse deutschrechtliche Bestimmungen — die in den vorhergehenden Untersuchungen teils deutlich nachgewiesen, teils aber auch nur vermutet werden konnten — so tief verwurzelt waren, daß sie sich gegen die ausdrückliche Weisung des Rates halten konnten, anderseits muß hieraus abgeleitet werden, daß im Zweifelsfalle wohl doch dem römischen Recht als Quelle zuzuneigen ist. Alle Versuche, in die verneute Reformation von 1564 einen besonders großen Anteil an deutschem Recht hineinzuinterpretieren, müssen daher unter diesem Aspekt als Bemühungen gewertet werden, die von einer Berücksichtigung des jeweiligen Zeitgeistes nicht ganz frei sind. Wir dürfen heute ohne weiteres zugeben, daß das römische Recht dem damaligen deutschen Partikularrecht, zersplittert und mangelhaft ausgebildet, überlegen war und daß ohne jenes die Nürnberger Reformation — entsprechend dem Stand der damaligen Rechtswissenschaft — ein in materiellrechtlicher Hinsicht dürftiges Werk geworden wäre. So betrachtet, stellt die Rezeption des römischen Rechts in Deutschland eine notwendige Entwicklungsstufe in der Kulturgeschichte Europas dar, zu der schließlich alle Kulturkreise in wechselseitiger Befruchtung beigetragen haben.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß die Nürnberger Reformation in den Bestimmungen über das Ehegüterrecht und die Erbleihe weitgehend deutschrechtliches Gedankengut bewahrt, während das Erbrecht und die anderen privatrechtlichen Bestimmungen meist mehr als weniger nach römischem Recht geregelt sind. Es war Aufgabe der vorhergehenden Untersuchungen, diese diffizile Materie im Rahmen des möglichen nach dieser Richtung hin zu erforschen. Es wird gewiß nicht ohne Interesse sein zu sehen, wie sich die anderen großen süddeutschen Kodifikationen, die Wormser, Freiburger und Frankfurter Reformation mit diesem Phänomen auseinandersetzten.

1. Die Wormser Reformation.

Es steht fest, daß die Nürnberger Reformation von 1479/84 bei der Abfassung der Wormser Reformation (abgeschlossen 1498, publiziert 1499) vorlag und ihr z.T. als Quelle diente. Die entscheidenden Worte der Publikation in der Vorrede [Seite: 68] sind der Einleitung der Nürnberger Reformation fast wörtlich entnommen.184 Außer der Übernahme der justinianischen Enterbungsgründe in der Nürnberger Fassung lassen sich jedoch im Bereich des Privatrechts keine weiteren Einflüsse mit Sicherheit feststellen. Der Grund hierfür liegt nicht zuletzt in der unterschiedlichen Konzeption: Während die Nürnberger Reformation von 1479 die deutschrechtlichen Elemente noch weitgehend berücksichtigt, in ihrer Art einen gewissen lokalrechtlichen Charakter trägt, ist die Wormser Reformation sowohl in der Grundhaltung wie in der überwiegenden Masse des Stoffes rein romanistisch.185 Den Verfasser interessiert daher das Nürnberger Statutarrecht nicht, während er für seine romanistischen Teile über eigene römische Quellen verfügt. Den Grund für die Schaffung der Reformation in Worms sieht Koehne186 mehr in den politischen Verhältnissen als in rechtlichen Notwendigkeiten, um dem „von dem bedeutendsten städtischen Gemeinwesen in Deutschland, dem Nürnberger, gegebenen Beispiel nachzustreben“;187 Stobbe hingegen188 sieht in der Verlegung des Reichskammergerichts von Frankfurt nach Worms im Jahre 1497 die nächste Veranlassung zur Ausarbeitung der Reformation. Wenn jedoch bedacht wird, daß z.B. in Nürnberg vom Beginn der Kodifikation bis zum Erscheinen sieben Jahre, in Frankfurt neun Jahre, in Freiburg — allerdings mit Unterbrechungen — fast 20 Jahre vergangen waren, so darf wohl angenommen werden, daß die Anfänge des Wormser Gesetzbuches gewiß noch in die Zeit vor der Verlegung des Reichskammergerichts fallen.189 So dürfte wohl der wesentliche Grund für die Entstehung der Wormser Reformation in der Absicht des Verfassers zu suchen sein, hier ein Lehrbuch des gemeinen Rechts zu schaffen, denn im Untertitel heißt es: „Statute, Ordnung, Satzung, die allen Stetten, communen, Fürstenthum, Herrschafften, Amptleuten nutzlich, fürderlich und behilflich syn und zu guter regierung erschiessen möge“. Die letzte Ausgabe erschien (1564) nur noch unter dem allgemeinen Titel: „Statutenbuch, darinnen unterschiedlich zufinden, wie es in wohl reformierten Stätten und Regimenten soll gehalten und regiert werden …“ So hat denn auch die Wormser Reformation als „Lehrbuch des Rechts“ außerhalb Worms große Bedeutung erlangt und in manchen populärwissenschaftlichen Kompilationen (so in Justin Goblers 1536 erschienenem „Gerichtlichen Prozeß“) ihren Niederschlag gefunden. Neben der bereits erwähnten Nürnberger Reformation ist über die anderen Quellen wenig bekannt. Für Strafrecht und -prozeß sollen die Schriften des Angelus Aretinus und des Albertus de Gaudino (tractatus de maleficiis), sowie der „Klagspiegel“ (die in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts verfaßte „Darstellung des römischen Rechts in deutscher Sprache“) zugrunde gelegen haben.190 Die [Seite: 69] einzelnen Quellen des Privatrechts aufzudecken, müßte einer ähnlichen Arbeit wie der vorliegenden für Nürnberg191 vorbehalten bleiben, da die Reformation nur auf die „gemeine Rechte, kaiserliche Rechte genannt“ verweist und die „gemein opinio“ (der Postglossatoren) anführt.

Trotz der weitgehenden Romanisierung finden sich Normen des heimischen Rechts in den Bestimmungen über den Grundstückskauf (Tit. V, 1.) dem ehelichen Güterrecht (Tit. IV, 4, 6; V, 5) und die Vergabungen unter Lebenden und von Todes wegen (Tit. IV, 2).192 Diesen deutschrechtlichen Stücken dürfte älteres Statutarrecht zugrunde liegen, von dem aber — infolge des großen Brandes von 1689 — keine Unterlagen mehr existieren.

In der sprachlichen Gestaltung und im Aufbau ist sie klarer und präziser als die erste Nürnberger Reformation. Der Satzbau ist jedoch komplizierter und infolge ihrer Kasuistik für den Laien nur schwer verständlich. In rechtskritischer Hinsicht steht sie dank ihrer stärkeren Anlehnung an die gemeinrechtliche Systematik auf einer etwas höheren Stufe als die vorgenannte Nürnberger Kodifikation, allerdings auf Kosten der Nähe zu den praktischen Bedürfnissen.

2. Das Freiburger Stadtrecht.

Während über die Verfasser der Nürnberger und Wormser Reformation nur Vermutungen möglich sind, ist der Autor der „Nüwe Stattrechten und Statuten der loblichen Statt Fryburg im Pryßgow gelegen“ gut bekannt: Ulrich Zasius, Professor an der Freiburger Universität, der bedeutendste unter den deutschen Juristen der Rezeptionszeit. Als der Rat ihn im Jahre 1502 zum Gerichtsschreiber und Rechtskonsulenten berief, mußte Zasius sich verpflichten, eine Sammlung der Urteile des Stadtgerichts und eine Umarbeitung des Stadtrechts, unter Berücksichtigung „kaiserlicher und geschriebener Rechte“, also des römischen Rechts, vorzunehmen. Erst am Neujahrstag des Jahres 1520 trat das neue Rechtsbuch in Kraft.193 In dem Publikationspatent wird erklärt, daß die alten Privilegien der Zähringer (das noch auf das Jahr 1120 zurückgehende Stadtrecht von Herzog Conrad von Zähringen) für die jetzige Zeit „unverstendig und mangelhafftig“ seien und nunmehr durch die neuen Statuten ersetzt würden; doch sollen alle alten Rechte, soweit sie dem neuen Stadtrecht nicht entgegenstehen, „by irn würden und crefften“ bleiben.194 Aufgrund des speziellen Auftrags, die kaiserlichen Rechte zu berücksichtigen, ist es verständlich, daß das römische Recht weitgehend Aufnahme finden mußte. Zasius selbst bezeichnet auch das Freiburger Stadtrecht als „magna ex parte iuri communi conforme„,195 wenngleich er bestrebt ist — bei voller Beherrschung der römischen Quellen und der Postglossatorenliteratur — allzu komplizierte und für das wirkliche Leben der Stadt ungeeignete oder entbehrliche Normen des gemeinen Rechts fernzuhalten.196 [Seite: 70]

Wenn von gewissen deutschrechtlichen Regeln des Liegenschaftskaufs abgesehen wird, sind die Einwirkungen des römischen Rechts im Schuldrecht durchgreifend, ebenso im Intestaterbrecht. Das Ehegüterrecht ist deutsch. Alle anderen Teile sind „gemischtrechtlich“, wobei die behutsame Verschmelzung deutscher und römischer Grundsätze, die Schonung und Achtung, die dem alten Herkommen gezeigt werden, typische Merkmale dieser Bestimmungen sind. Im Testamentsrecht, das zwar im Kern romanistisch ist, wird die Beschränkung der Testierfreiheit zugunsten der gesetzlichen Erbfolge (eine dem römischen Recht zuwiderlaufende Modifizierung, s.o.) energisch verfochten; auch die Gültigkeit der Vermächtnisse, unabhängig von der Erbeinsetzung, zeigt eine deutliche Analogie mit der Regelung in der Nürnberger Reformation, die vom römischen Recht abweicht. Auch1 die an sich ganz rezipierte Erbfolgeordnung wird — wie in Nürnberg — verschiedentlich von Sätzen durchbrochen, die dem älteren Gewohnheits- bzw. Statutarrecht Rechnung tragen; ebenso fehlen in der Vormundschaft die dem römischen Recht eigenen strengen Unterscheidungen in der Berufung. Es wurde bezweifelt, ob diese Berücksichtigung des deutschen Rechtsgutes ein ausschließliches Verdienst Zasius‘ sei197 und zum Ausdruck gebracht, daß dem Stadtrat und der Bürgerschaft hierin ein besonderes Verdienst zufalle; an anderer Stelle wurde wiederum hervorgehoben,198 daß der Rat dem Zasius diesen Auftrag übertragen konnte, ohne befürchten zu müssen, daß dieser dem römischen Recht in ungebührlicher Weise den Vorrang einräumen werde. Der Streit ist im Hinblick auf die große Rechtsschöpfung müßig: Zwar geht die Romanisierung über das in der Nürnberger Reformation zu beobachtende Maß hinaus, aber die Synthese der Rechtsprinzipien und die Fortbildung der römischen Bestimmungen nach den Bedürfnissen des lokalen Lebens sind hier besser gelungen als in Nürnberg.199 Die Freiburger Reformation ist ein persönliches Werk Zasius‘, durchdrungen von der humanistischen Richtung seines Denkens. Bei einer solchen Persönlichkeit mußte die Qualität des Werkes auch entsprechend sein; das Freiburger Stadtrecht steht denn auch an Gestaltungskraft allen anderen voran.

3. Die Frankfurter Reformation.

Die im Jahre 1509 publizierte Reformation trägt ein anderes Gesicht als die bisher behandelten Stadtrechtskodifikationen. Die Einleitung entspricht noch der üblichen Präambel, indem darauf hingewiesen wird, daß durch die Rechtszersplitterung viel Irrung und Zwiespalt obherrsche, da das Gewohnheitsrecht nicht aufgezeichnet und „den gemeinen rechten nit gemeß“ sei. Dieser Mangel solle nunmehr durch das neue Gesetzbuch beseitigt werden.

Die Reformation ist, was das Privatrecht angeht, unvollständig und stellt in der Hauptsache nur eine Prozeßordnung dar, unter die eine Reihe von materiell-rechtlichen Einzelvorschriften aufgenommen wurden: Das Vormundschaftsrecht, das eheliche Güterrecht, das Erbrecht und Teile des Schuld- und Sachenrechts, insgesamt jene Rechtspartien, die sich bisher infolge ihrer Verwurzelung im [Seite: 71] Leben der Stadt einer Umwandlung im römischen Sinne entzogen hatten.200 Damit ist die Tendenz dieser Reformation charakterisiert: Das alte Recht sollte ganz beseitigt oder umgeformt, die Romanisierung umfassend werden. Ein äußerlicher Reweis für diese Zielsetzung sind die lateinischen Titelüberschriften, und im Text begnügt man sich stellenweise mit einer bloßen Verweisung auf das gemeine Recht, einfach als „die Rechte“ bezeichnet,201 mit all seinen Bestimmungen, wie sie die Postglossatoren aus den römischen Quellen abgeleitet hatten. So wird die Testierfähigkeit den römischen Normen unterworfen und die justinianische Erbfolgeordnung vollkommen rezipiert; das in den anderen Reformationen durchwegs deutsch gebliebene Ehegüterrecht wird gemeinrechtlich umgeformt: Der Ehevertrag erscheint als pactum dotale, der Besitz des überlebenden Gatten als römischer usus fructus;202 das Vormundschaftsrecht zeigt die römischen Berufungsarten als tutores testamentarii, legitimi und dativi und folgt auch in allen anderen Bestimmungen dem römischen Recht. Spärliche Uberreste aus dem deutschen Recht finden sich noch in der Anerkennung des gemeinschaftlichen Testaments und im Pfandrecht, wenn hier auch der römische Grundsatz der Akzessorietät besonders hervorgehoben wird. Damit geht die Frankfurter Reformation in der Gründlichkeit ihrer Umgestaltung noch über die Wormser Reformation hinaus. Im Jahre 1571 entschloß sich der Rat, zur Herstellung größerer Rechtsklarheit, das vorhandene Gesetzbuch noch einmal überarbeiten zu lassen und betraute mit diesem Vorhaben den Syndikus Johann Fichard, der schon seit mehr als 30 Jahren als Stadtschreiber, Schriftsteller, Gesetzgeber und weitberühmter Consulent seiner Vaterstadt Frankfurt diente. Sein Entwurf, der handschriftlich erhalten ist, wurde im Jahre 1578 ziemlich unverändert zum Gesetz erhoben, so daß die verneute Frankfurter Reformation von 1578 durchaus als sein persönliches Werk betrachtet werden kann.203

Fichard hatte seine Ausbildung zunächst bei Zasius erhalten, sie dann durch einen längeren Aufenthalt in Italien vervollständigt. Es nimmt daher nicht wunder, daß er erst recht auf den gleichen Pfaden wandelt wie die Autoren der ersten Reformation und von der allgemeinen Ansicht ausgeht, daß Gewohnheitsrechte — „cum sint de facto“ — dem Richter besonders bewiesen werden müssen.204 Er wurzelt also tief in der italienischen Doktrin und sein juristisches Denken ist durch die von den Postglossatoren entwickelte Rechtslehre bestimmt. Als Quelle für seine Arbeit dienen ihm daher vorwiegend die Schriften des Baldus, Bartolus, Aretinus und anderer Consiliatoren. Vereinzelt berücksichtigt Fichard auch das Frankfurter Sonderrecht, das er aus seiner vieljährigen Praxis gut kannte. Als weitere Quellen kommen die Nürnberger Reformation von 1564, die Wormser und die Freiburger Reformation sowie das Württemberger Landrecht in Betracht. Der Judikatur des Reichskammergerichts, der er zwar in den meisten Streitfragen folgte, stand er verhältnismäßig frei gegenüber.205 [Seite: 72]

Fichard hat allein die praktischen Bedürfnisse der Stadt ins Auge gefaßt, als er — die Mängel des älteren Frankfurter Rechts erkennend — seiner Reformation eine einheitliche Grundrichtung gab, die damals eben nur im römischen Recht gefunden werden konnte. Seine Kodifikation, das Werk eines großen Humanisten, kann sich an rechtspolitischer Treffsicherheit mit Zasius‘ Werk messen, wenn auch die kritische und überlegene Freiheit gegenüber dem gemeinen Recht fehlt, wie sie der Freiburger Reformation eigen ist.

C. Verbreitung und Bedeutung des Nürnberger Rechts im Zeitalter der Rezeption.

Bevor abschließend die Bedeutung der Nürnberger Reformation für zahlreiche andere Gemeinwesen und die ausgedehnte Rechtsgutachtertätigkeit Nürnbergs im Zeitalter der Rezeption gewürdigt werden sollen, sei es gestattet, noch einmal einen kurzen Blick in die vorreformatorische Zeit zu werfen; denn erst durch die Einbeziehung der Leistungen auch dieser Epoche — wenigstens in groben Zügen — kann ein einigermaßen vollständiges Bild von der großen rechtshistorischen Vergangenheit der alten Noris vermittelt werden.

Erstmals sehen wir Nürnberg als rechtsbildenden Mittelpunkt für eine Reihe anderer Städte, als durch die Urkunde Friedrichs I. von 1163 den Kaufleuten von Bamberg, Amberg und einigen anderen zur Diözese Bamberg gehörigen Orten dieselben Freiheiten und Sicherheiten erteilt werden wie den Nürnberger Kaufleuten. Demnach mußte die Rechtsstellung der Nürnberger Kaufleute vorbildlich gewesen sein, wenn andere die gleiche Stellung begehrten.206 Der Reichslandfrieden des gleichen Kaisers von 1186 (constitutio contra incendiarios), die bereits ausführlich behandelten Privilegien von 1219 und 1313, die Bestimmung der Goldenen Bulle von 1356, daß der neugewählte König seinen ersten Reichstag — „nach altem Brauch“ — in Nürnberg abzuhalten habe, sind Etappen in der Entwicklung Nürnbergs zum „caput imperii„, als das es bereits in einer Urkunde von 1253 bezeichnet wird.207

Nürnberg war jedoch nicht allein die Stadt der Reichstage; um dies werden oder sein zu können, genügte nicht allein seine günstige geographische Lage. Den Grundstein für seine Größe als Reichsstadt hatte es durch einen ausgedehnten Binnen- und Außenhandel gelegt, durch den Nürnberg nicht nur zu einer reichen Handelsstadt wurde, sondern durch den es — wie Liermann 208 treffend bemerkt — gleichsam in der juristischen Sphäre lebte; denn ohne Recht und Gesetz gibt es keinen königlichen Kaufmann und ohne ein breites Rechtsfundament wäre eine Handelsstadt wie Nürnberg jedweder Willkür von außen und innen [Seite: 73] preisgegeben gewesen. Recht und Gesetz wurden daher groß geschrieben und die Achtung hiervor ging sogar so weit, daß der Nürnberger Rat im 15. Jahrhundert beschloß, auch während des Krieges Leibgedinge und Ewiggelder den Feinden weiter zu bezahlen!209 Eine Praxis, die uns heute unglaublich erscheint und die gerade durch die jüngste Geschichte Nürnbergs eine nicht unwesentliche „Verschiebung“ erfahren hat.

Die juristische Sphäre prädestinierte Nürnberg auch für juristische Leistungen. Schon frühzeitig bildet sich ein Nürnberger Stadtrechtskreis, der jene Städte umfaßt, die Nürnberg als Oberhof anerkennen: Eger, das später selbst Oberhof für viele andere Städte wird, Hof, Neumarkt u.v.a.210 Viele Orte und neue Städte werden mit Nürnberger Recht bewidmet und es bildet sich jener Kreis von Tochterstädten, die ihre Weistümer von der Mutterstadt Nürnberg einholen. Diese Stadtrechtsfamilie unterscheidet sich kaum vom Stadtrechtskreis, da der Rechtszug an einem Oberhof gleiches oder doch teilweise gleiches Stadtrecht voraussetzt.

Die Beziehungen Prags zu Nürnberg wurden an anderer Stelle bereits erörtert,211 ebenso der mittelbare Einfluß des Nürnberger Rechts (durch den Codex Altemperger) bis nach Siebenbürgen. Da wir uns jedoch mehr mit der Verbreitung des rezipierten Rechts befassen wollen, dürfen wir uns bezüglich der Einwirkung des nichtkodifizierten Stadtrechts damit begnügen, auf die bereits andernorts vorgenommenen Untersuchungen zu verweisen.212

Wenn dieses nichtkodifizierte Stadtrecht bereits einen derart großen Einfluß gewonnen hatte, um wieviel größer mußte die Wirkung einer übersichtlichen Kodifikation sein, wie sie die Nürnberger Reformation darstellte. Zunächst übernahmen die in der Nähe liegenden Städte das Nürnberger Muster: Windsheim, Weißenburg, Dinkelsbühl; dann mußte sie dem Grafen von Württemberg zugesandt werden und dient hier dem Tübinger Stadtrecht von 1493, besonders in den Vorschriften über das eheliche Güterrecht, als Vorbild.213 Ihre Verwendung bei der Abfassung der Wormser Reformation wurde bereits erwähnt. Die Gerichtsordnung der Grafschaft Oberhessen von 1497 lehnt sich im ehelichen Güterrecht und Erbrecht an die Nürnberger Reformation an;214 Schwarzenberg [Seite: 74] verwendet für die Peinliche Gerichtsordnung von Bamberg Nürnberger Statutarrecht, das damit auch in der Reichsgesetzgebung bei der Schaffung der „Peinlichen Gerichtsordnung“ Karls V. von 1532 einen Niederschlag findet. Die verneute Reformation von 1564 benutzt Fichard für die Land- und Gerichtsordnung der Grafschaft Solms und für die Frankfurter Reformation von 1578. Bis nach Hamburg wird das Nürnberger Gesetzbuch für die Abfassung des dortigen Stadtrechts von 1603/05 erbeten und im Süden reicht der Einfluß bis nach Solothurn.215 Bei diesem ausgedehnten Einflußbereich nimmt es nicht wunder, daß sie der Ansbacher Amtsordnung (1608) ebenso als Quelle dient wie der kaiserlichen Land- und Gerichtsordnung des Herzogtums Franken und Stiftes Würzburg vom Jahre 1618.

Wir sahen, daß sich der Einfluß des alten Stadtrechtes mehr nach dem Osten — Oberpfalz, Böhmen — verbreitete und sehen die Bedeutung der Reformation mit dem Schwerpunkt nach dem Westen hin anwachsen; hierzu kommt noch eine ausgedehnte Rechtsgutachtertätigkeit der Nürnberger Ratskonsulenten und seiner Altdorfer Universität, so daß Nürnberg in seiner Blütezeit nicht nur ein Mittelpunkt des wirtschaftlichen, sondern weitgehend auch des Rechtslebens war. Es wurde weiter oben ausgeführt, wie gerade in Nürnberg die juristische Form das Hauptmittel seiner Handelspolitik war, und es bleibt ein großes Verdienst der berühmten Reichsstadt, daß sie den Reichtum aus ihrem Handel wiederum mit dazu benützte, um auf dem Gebiete des Rechts große Leistungen zu vollbringen: Hier wird das erste große Rechtsbuch gedruckt, das beispielgebend für andere Kodifikationen wird; hier wird die erste Gesamtausgabe des Corpus iuris civilis in Deutschland gedruckt, und es gibt keine Stadt im Reiche, die gerade im Zeitalter der Rezeption, in dem sich das neue Recht formt und bildet, soviele Gulden dafür aufwendet, um die besten Juristen dieser Zeit für ihre Dienste zu verpflichten. Es spricht nichts dafür, daß dieses Bestreben nur einem gewissen Geltungsbedürfnis der Stadt gedient hätte, alles jedoch dafür, daß die Reichsstadt wohl wußte, daß sie und ihr Handel nur auf einem festen Rechtsfundament gedeihen konnten.

Handel, also Wirtschaft, und Recht sind die Faktoren, die Reichtum und Ruhm der Reichsstadt begründen. Aus dieser Tradition heraus mußte Nürnberg frühzeitig eine entsprechende Handelsgerichtsbarkeit entwickeln und tatsächlich wurden die Parere seines Bankoamtes nach allen bedeutenden Handelsplätzen, nach Venedig, Frankfurt, Hamburg und Amsterdam erbeten. Dadurch, daß in Nürnberg den Laienrichtern aus dem Kaufmannsstand gelehrte Juristen beigegeben wurden, um eine Synthese von Rechtsgelehrsamkeit und praktischem Kaufmannsverstand herbeizuführen, wurde es die Wiege des deutschen Typs des Handelsgerichts. Es war daher von symbolischer Bedeutung, daß man die Kommissionen zur Beratung des ersten Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches in den Jahren 1857/58 und 1860/61 in Nürnberg tagen ließ.216 [Seite: 75]

Die eben erwähnte Verbindung von Laienelement und gelehrtem Richtertum kommt jedoch nicht allein dem Handelsgericht zugute; auf allen Gebieten des Rechts kommt es dadurch in Nürnberg schon frühzeitig zur Ausbildung eines Billigkeitsrechts, als Vorläufer der heutigen Rechtsprechung von Treu und Glauben.

Wir sind am Ende unserer Darstellung jener Epoche der Rechtsgeschichtc Nürnbergs, die mit der Blütezeit der alten Reichsstadt zusammenfällt und in der sie, wie keine andere Stadt im Reich, eine führende Rolle spielt. Wir durften ihre einmaligen Verdienste auf rechtshistorischem Gebiet hervorheben, vor allem die Tatsache, daß sie bei der Rezeption des römischen Rechts nicht gleich mit fliegenden Fahnen ins fremde Lager hinüberwechselte, sondern behutsam eine zweckmäßige Synthese des neuen Gedankengutes mit den alten Rechtsprinzipien anstrebte. Der Widerhall, den die Nürnberger Reformation gefunden hatte, zeigt das gelungene Werk; und so oft dieses immer wieder interessante Phänomen der Rezeption des römischen Rechts die Geister entzünden wird, werden die Leistungen der großen Reichsstadt auf diesem Gebiet rühmliche Anerkennung finden. [Seite: 76]

Literatur-Verzeichnis.

ARNOLD, Wilhelm: Studien zur deutschen Kulturgeschichte, Stuttgart 1882 kein Digitalisat
BECK, Dieter: Die privatrechtliche Stellung der Minderjährigen nach altem Nürnberger Recht unter besonderer Berücksichtigung der rechtserheblichen Altersstufen und des Mündelrechts, Erlangen 1950 kein Digitalisat
BELOW, Georg v.: Die Ursachen der Rezeption des römischen Rechts in Deutschland, München und Berlin 1905 Digitalisat
BRIE, Siegfried: Die Stellung der deutschen Schriftgelehrten der Rezeptionszeit zum Gewohnheitsrecht, in: Festgabe für Dahn, I. Teil, Breslau 1905 kein Digitalisat
BROCKHAUS, Friedrich: Der Einfluß fremder Rechte auf die Entwicklung des deutschen Rechts, Kiel 1883 kein Digitalisat
BRUNNER, Heinrich – v. SCHWERIN: Grundzüge der deutschen Rechtsgeschichte, München und Leipzig 1930 kein Digitalisat
COING, Helmut: Die Rezeption des römischen Rechts in Frankfurt am Main, Frankfurt 1939. kein Digitalisat
COING, Helmut: Die Frankfurter Reformation von 1578 und das Gemeine Recht ihrer Zeit, Weimar 1935 kein Digitalisat
CONRAD, Hermann: Deutsche Rechtsgeschichte, Bd. I, Karlsruhe 1954 kein Digitalisat
CORPUS IURIS CIVILIS: Editio stereotypa quarta, Novellae, recognovit Rudolfus Schoell, absolvit Guilelmus Kroll, Berolini MCMXII. kein Digitalisat
CORPUS IURIS CIVILIS: editio sterotypa nova, Codex Justinianus, recognovit et retractavit Paulus Krueger, Berolini MCMXV. kein Digitalisat
CORPUS IURIS CIVILIS: editio stereotypa tertia decima, Institutiones, recognovit Paulus Krueger. kein Digitalisat
CORPUS IURIS CIVILIS: Digesta, recognovit Theodorus Krueger, Berolini MCMXX kein Digitalisat
DER STADT NÜRNBERG verneute Reformation von 1564 . Digitalisat
FRANKLIN, Otto: Beiträge zur Geschichte der Rezeption des römischen Rechts in Deutschland, Hannover 1863 kein Digitalisat
GAUPP, E.Th.: Deutsche Stadtrechte des Mittelalters, Bd. I, Breslau 1851 BSB-Digitalisat
GENGLER, H.G.Ph.: Deutsche Stadtrechte des Mittelalters, Erlangen 1852 BSB-Digitalisat
GEORGI, Elsbeth: Vom Mündelschutz nach altem Nürnberger Stadtrecht, in: „Wohlfahrtsblätter der Stadt Nürnberg“. 7. Jhg., 1928 kein Digitalisat
HEUSLER, Andreas: Institutionen des deutschen Privatrechts, Leipzig 1886 kein Digitalisat
HÜBNER, Rudolf: Grundzüge des deutschen Privatrechts, 5. Auflage, Leipzig und Erlangen 1930 kein Digitalisat
JÖRS – KUNKEL – WENGER: Römisches Recht, 3. Auflage, Berlin 1949 kein Digitalisat
KARLOWA, O.: Über die Rezeption des römischen Rechts in Deutschland, Heidelberg 1878 kein Digitalisat
KARSTEN, G.: Die Lehre vom Vertrag bei den italienischen Juristen des Mittelalters, Rostock 1882 kein Digitalisat
KIPFMÜLLER, Bertha: Die Frau im Rechte der Freien Reichsstadt Nürnberg, Dillingen 1929 kein Digitalisat
KNOD, Gustav C.: Deutsche Studenten in Bologna (1289-1562), Straßburg 1899 Digitalisat
KOEHNE, Carl: Die Wormser Stadtrechtsreformation v. Jahre 1499, Berlin 1897 Digitalisat
KOSCHAKER, Paul: Europa und das römische Recht, München-Berlin 1947 kein Digitalisat
KUNKEL, Wolfgang: Quellen zur Neueren Privatrechtsgeschichte Deutschlands, bearb. v. Franz Beyerle, Weimar 1936 kein Digitalisat
KRAUSE, Hermann: Kaiserrecht und Rezeption, in: Abhandlungen der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Jahrgang 1952 kein Digitalisat
LAHNER, L. Chr.: Einleitung in die Nürnbergischen Rechte, Nürnberg 1780 Digitalisat
LASSBERG v.: Der Schwabenspiegel, Tübingen 1840 Digitalisat
LIERMANN, Hans: Nürnberg als Mittelpunkt deutschen Rechtslebens, in: Jahrb. f. fränkische Landesforschung, 2, 1936 Digitalisat
LINDNER, Ludwig: Das Bürgerliche Recht der Reichsstadt Regensburg, Regensburg 1908 kein Digitalisat
LOCHNER, G.W.K.: Nürnbergische Jahrbücher, Heft I und II, Nürnberg 1833/34. kein Digitalisat
LOCHNER, G.W.K.: Geschichte der Reichsstadt Nürnberg zur Zeit Karls IV., Berlin 1873 kein Digitalisat
MENDL, Bedrich: tak recenné Norimberské právo v Cechach, Prag 1938 kein Digitalisat
MERKEL, Johann: Quellen des Nürnberger Stadtrechts, in: Festgabe Regelsberger, Nürnberg 1901. Digitalisat
MERKEL, Johann: Die justinianischen Enterbungsgründe, Breslau 1908 kein Digitalisat
MICHAELIS, Karl: Wandlungen des deutschen Rechtsdenkens seit dem Eindringen des fremden Rechts, in: Grundfragen der neuen Rechtsgeschichte, Berlin 1935 kein Digitalisat
MOELLER, Ernst v.: Die Trennung der deutschen und der römischen Rechtsgeschichte, Weimar 1905 kein Digitalisat
MODDERMANN, W.: Die Reception des römischen Rechts, Jena 1875 kein Digitalisat
NEUSCHÜTZ, Eduard: Die Nürnberger Reformation, Leipzig 1936 Digitalisat
NOTTARP, Hermann: Bambergs Stadtentwicklung in rechtsgeschichtlicher Sicht, München 1955 kein Digitalisat
PLANITZ, Hans: Grundzüge des deutschen Privatrechts, 3. Auflage, Berlin 1949 kein Digitalisat
PURUCKER, Albert: Das Testament der Nürnberger Reformation, Erlangen 1948 kein Digitalisat
RADBRUCH, Gustav: Vorschule der Rechtsphilosophie, Heidelberg 1948 kein Digitalisat
REICKE, Emil: Geschichte der Reichsstadt Nürnberg, 1. Auflage, Nürnberg 1896 kein Digitalisat
ROTH, Paul v.: Bayerisches Zivilrecht, Tübingen 1881 kein Digitalisat [Ausgabe 1871]
SOHM-MITTEIS-WENGER: Institutionen, System des römischen Privatrechts, 17. Aufl., München 1949 kein Digitalisat
SCHRÖDER, Richard: Lehrbuch der deutschen Rechtsgeschichte, 3. Aufl., Leipzig 1898 UB Düsseldorf Digitalisat
SCHMIDT, C. A.: Die Reception des römischen Rechts in Deutschland, Rostock 1868. Digitalisat
SCHMIDT, C. A.: Der prinzipielle Unterschied zwischen dem römischen und germanischen Recht, Rostock und Schwerin 1853 kein Digitalisat
STINTZING, R.: Ulrich Zasius, Basel 1857 Digitalisat
STOBBE, Otto: Geschichte der deutschen Rechtsquellen, I. und II. Abteilung, Braunschweig 1860/64 Digitalisat
STÖLZEL, Adolf: Die Entwicklung des gelehrten Richtertums in deutschen Territorien, Stuttgart 1872. Digitalisat
STÖLZEL, Adolf: Die Entwicklung der gelehrten Rechtsprechung, Berlin 1910 kein Digitalisat
SIEBENKEES, J. Chr.: Beiträge zum deutschen Recht, VI. Th., Nürnberg und Altdorf 1786-1790. kein Digitalisat
SIEBENKEES, J. Chr.: Materialien zur Nürnbergischen Geschichte, 4 Bde., Nürnberg 1792/95. Digitalisat
SIEBENKEES, J. Chr.: Juristisches Magazin, Bd. I, Jena 1782. kein Digitalisat
SIEBENKEES, J. Chr.: Von der Intestaterbfolge nach Nürnbergischen Rechten, Nürnberg 1787 Digitalisat
SCHULZ, Heinrich: Darlehen und Leihe in romanisierten süddeutschen Stadtrechten des fünfzehnten und sechszehnten Jahrhunderts, Göttingen 1922 kein Digitalisat
SCHEURER, J.Chr.: Anmerkungen über Joh. Chr. Nehrings Handbuch derer Notarien, Nürnberg 1737 kein Digitalisat
SCHULTHEIS, W.: Nürnbergs Bedeutung für die deutsche Rechtsentwicklung, Nürnberg 1935. kein Digitalisat
SCHULTHEIS, W.: Die Einwirkung Nürnberger Stadtrechts auf Deutschland, besonders Franken, Böhmen und die Oberpfalz, in: Jahrb. für fränk. Landesforschung, Erlangen 1936 Digitalisat
SCHULTHEIS, W.: Die geschichtliche Entwicklung des Nürnberger Ortsrechts, Nürnberg 1939 kein Digitalisat
SCHUSTER, Adolf: Verfassungsgeschichte der Stadt Weiden/Opf. im Mittelalter und in den ersten Jahrhunderten der Neuzeit, Erlangen 1949 kein Digitalisat
VOCKE, Heinrich: Gemeines eheliches Güter- und Erbrecht in Deutschland, Nördlingen 1873 kein Digitalisat
WEIZSÄCKER, W.: Egerer und Nürnberger Stadtrecht, in: Jahrb. d. V. f. Gesch. d. Deutschen in Böhmen 3, Prag 1934. kein Digitalisat
WEIZSÄCKER, W.: Eindringen und Verbreitung der deutschen Stadtrechte in Böhmen und Mähren, Deutsches Archiv für Landes- und Volksforschung 1 (1937) kein Digitalisat
WIEACKER, Franz: Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, Göttingen 1952 kein Digitalisat
WOELCKER, S.T.: De con- et disconvenientibus juris communis et statutarii Norimbergensis, Altdorf 1710 kein Digitalisat
WOELCKERN, L.K. v.: Commentatio succincta in codicem juris statutarii Norici, II. Teil, Nürnberg 1737. kein Digitalisat
WOELCKERN, L.K. v.: Historia Norimbergensis diplomatica, Nürnberg 1738 kein Digitalisat
WÖLFEL, Ernst: Die rechtlichen Formen mit Liegenschaften in der Reichsstadt Nürnberg von 1520 bis zur verneuten Reformation von 1564, Erlangen 1948 kein Digitalisat
WINTER, Fritz: Beiträge und Erläuterungen zu Geschichte und Recht der Nürnberger Reformation von 1564, Nürnberg 1903 kein Digitalisat
WALDMANN, Daniel: Entstehung der Nürnberger Reformation v. 1479 (84), Nürnberg 1908. kein Digitalisat
WALDMANN, Daniel: Der Einfluß des Nürnberger Stadtrechts im Mittelalter auf andere Städte, Nürnberg 1926. Digitalisat
WALDAU, G. E.: Vermischte Beiträge zur Geschichte der Stadt Nürnberg, Nürnberg 1786 kein Digitalisat
WEISS, Egon: Institutionen des römischen Privatrechts, 2. Aufl., 1949 kein Digitalisat
ZEITSCHRIFT der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte 1. Band, Weimar 1880. MPIER-Digitalisat
ZEITSCHRIFT der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. 15. Band, Weimar 1894. MPIER-Digitalisat

1. Sohm-Mitteis-Wenger, Institutionen, Geschichte und System des römischen Privatrechts, 17. Auflage, Berlin 1949, S. 126.

2. Vgl. auch Paul Koschaker, Europa und das römische Recht, München-Berlin 1947, S. 66.

3. Sohm-Mitteis-Wenger, a.a.O., S. 140.

4. Als wichtigste sind zu nennen: Appel Willibaldus, die Geuder, Koetzler Valentinus (nachmaliger Ratssyndikus, Mitglied der Kommission zur Prüfung der Pandektenausgabe von Haloander und einer der vermutlichen Autoren der Nürnberger Reformation), die Kress, Pfintzing, Nötzel, Pirkheimer, Scheurl u. v. a., aus: Gustav Knod, Deutsche Studenten in Bologna (1289-1562), Straßburg 1899.

5. Schmidt, C. A., die Reception des römischen Rechts in Deutschland, Rostock 1868, S. 13.

6. Vgl. Franz Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, Göttingen 1932, S. 37.

7. Sohm-Mitteis-Wenger, a.a.O., S. 144.

8. Gustav Radbruch, Vorschule der Rechtsphilosophie, Heidelberg 1948, S. 52.

9. Koschaker, a.a.O., S. 88.

10. Sohm-Mitteis-Wenger, a.a.O., S. 146.

11. Koschaker, a.a.O., S. 105.

12. Koschaker, a.a.O., S. 125.

13. Richard Schröder, Lehrbuch der deutschen Rechtsgeschichte, 3. Aufl., Leipzig 1898, S. 767.

14. kritisch bei Wieacker, a.a.O., S. 71.

15. O. F. Stobbe, Geschichte der deutschen Rechtsquellen, I, Braunschweig 1860, S. 613.

16. Vgl. bei Koschaker, a.a.O., S. 41.

17. Wieacker, a.a.O., S. 71.

18. Vgl. bei Krause, Kaiserrecht und Rezeption, Heidelberg 1952, S. 13.

19. Koschaker, a.a.O., S. 40.

20. Scias itaque omne Ius populi in condendis legibus tibi concessum. Tua voluntas ius est, sicut dicitur: Quod principi placuit, legis habet vigorem, cum populus ei et in eum omne suum Imperium et potestatem concesserit. Quodcumque enim Imperator constituerit, vel cognoscens decreverit, vel edicto praeceperit, legem esse constat;“ Vgl. bei Stobbe, a.a.O. I, S. 465.

21. Ein bekanntes Beispiel hierfür bringt Stobbe, a.a.O., S. 618, wo in einem Testamentsstreit der Kaiser den deutschen Rechtssatz, auf den sich der Kläger berufen hattte, zugunsten der entsprechenden Bestimmungen des Corpus iuris verwarf.

22. Krause, a.a.O., S. 38.

23. W. Kunkel, Quellen zur Neueren Privatrechtsgeschichte Deutschlands, Erster Band, Weimar 1936, S. XII.

24. Krause, a.a.O., S. 22.

25. vor allem Stölzel, die Entwicklung der gelehrten Rechtsprechung, Berlin 1910; Karlowa, über die Rezeption des römischen Rechts in Deutschland, Heidelberg 1878.

26. vor allem Franklin, Beiträge zur Geschichte der Rezeption des römischen Rechts in Deutschland, Hannover 1863.

27. Krause, a.a.0., S. 71.

28. Vgl. bei Krause, a.a.O., S. 90/91.

29. Stintzing, Ulrich Zasius, Basel 1857, S. 385.

30. Vgl. Knod, a.a.O.

31. Stintzing, a.a.O., S. 84.

32. Stobbe, a.a.O. I., S. 630.

33. Die Im Jahre 1472 gegründete Universität In Ingolstadt zeigte bereits von Anfang an eine ständige Vertretung der Leges.

34. Stölzel, Die Entwicklung des gelehrten Richterthums in deutschen Territorien, Stuttgart 1872, S. 40.

35. Stobbe, a.a.O. I, S. 633.

36. Stölzel, Gelehrtes Richtertum, S. 41.

37. Franklin, a.a.O., S. 27.

38. Vgl. bei Wieacker, a.a.O., S. 80 f.

39. Wieacker, a.a.O., S. 92.

40. Franklin, a.a.O., S. 28.

41. v. Below, Die Ursachen der Rezeption des römischen Rechts in Deutschland, Berlin 1905, S. 124.

42. Franklin, a.a.O., S. 30.

43. Stobbe, a.a.O., II, S. 298.

44. Scheurer, Handbuch derer Notarien (nach J. Nutzels Historie codicis Juris statutarii s. reformationis Norimbergensis), Nürnberg 1737, S. 8.

45. Kunkel, a.a.O., S. XIV.

46. Stobbe, a.a.O. II, S. 121.

47. Emil Reicke, Geschichte der Reichsstadt Nürnberg, Nürnberg 1896, S. 11.

48. Vgl. bei G.W.K. Lochner, Nürnbergische Jahrbücher, Heft I, Nürnberg 1833/34, S. 103 ff.

49. Vgl. auch Lochner, a.a.O., S. 104.

50. Vgl. Johann Möllners, Ratsschreibers (geb. 1563, gest. 1634) Annalen der löblichen, weltberühmten Reichs-Vesten und Stadt Nürnberg; die Bearbeitung und Erweiterung dieser Annalen bei G. W. K. Lochner, Nürnberger Jahrbücher, Heft 1 und 2; um die Erforschung der Statutensammlungen hat sich vor allem Joh. Chr. Siebenkees verdient gemacht in seinen Materialien zur Nürnbergischen Geschichte, Nürnberg 1792/95, Band I, S. 47, 117, 203 ff; Bd. II S. 395, 676 ff; Bd. III S. 96, 220, 371 ff; Bd. IV S. 679, 694, 710 ff.; diese Auszüge sind bis auf wenige, welche z. B. von geistlichen Sachen, Bestallung des nürnbergischen Stadtschreibers, dem Eid eines Unterrichters und der Abhaltung von Ratssitzungen handeln, hauptsächlich polizeilichen Inhalts und enthalten Vorschriften über Kindstaufen, Hochzeiten, Getreide- und Weinhandel.

51. Für die nachfolgenden Untersuchungen des Nürnberger Stadtrechts sei hiermit im Interesse eines besseren Überblicks auf folgendes Quellenmaterial verwiesen: Johann Müllners Annalen (s. Anm. oben); G.W. K. Lochner, a.a.O.; Siebenkees, a.a.O.; ders. Juristisches Magazin, Jena 1782; ders. (vor allem die meisten zitierten Verordnungen) Beiträge zum teutschen Recht, VI Theile, Nürnberg und Altdorf 1786 bis 1790 (II, S. 211 ff., III, S. 206 ff., IV, S. 220 ff., V, S. 200 ff.); Lazarus Carl v. Wölkern, Historia Norimbergensis diplomatica. Nürnberg 1738; J. Nutzel (sub moderamine J. D. Köhleri) Historia codicis juris statutarii s. reformationis Norimbergensis, Altdorf 1721; verschiedene Einzelurkunden.

52. s. oben, S. 34 A. 1.

53. Vgl. bei Hermann Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte, Bd. I, Karlsruhe 1954, S. 566/567, und Deutsches Rechtswörterbuch, IV. Bd., Weimar 1939-1951, S. 635 ff.

54. Vgl. auch Ernst Wölfel, Die rechtlichen Formen im Verkehr mit Liegenschaften in der Reichsstadt Nürnberg, Erlangen 1948, S. 14 ff.

55. Vgl. Otto Schenkl, Das eheliche Güterrecht im Stadtrecht der freien Reichsstadt Nürnberg, Erlangen 1949, S. 12 ff.

56. Vgl. Albert Purucker, Das Testament der Nürnberger Reformation, Erlangen 1948, S. 16.

57. Helmut Coing, Die Rezeption des römischen Rechts in Frankfurt, Frankfurt 1939, S. 85.

58. Juristisches Magazin I, S. 325.

59. Daniel Waldmann, Entstehung der Nürnberger Reformation von 1479 (84) und die Quellen ihrer prozeßrechtlichen Vorschriften, Nürnberg 1908, S. 11.

60. Vgl. Wölfel, a.a.O., S. 9.

61. Siebenkees, Jur. Magazin, S. 329.

62. Siebenkees, a.a.O., S. 330 ff.

63. Dadurch wird die Authentizität der Kunkel’schen Ausgabe nicht berührt, dem es m. E. wohl in erster Linie um die Publizierung der ältesten Stadtrechte überhaupt ging. Für die Darstellung des Rezeptionsprozesses jedoch ist die durch kaiserliches Dekret autorisierte Ausgabe von 1564 geeigneter.

64. Dieser Hinweis zeigt die Verwandtschaft mit Dig. 12, 1, 2 pr.: „… non eandem speciem quam dedimus (alioquin commodatum erit aut depositum) sed idem genus: nam si aliud genus, veluti ut pro tritico vinum recipiamus non erit mutuum“.

65. Vgl. Heinrich Schulz, Darlehen und Leihe in romanisierten süddeutschen Stadtrechten des fünfzehnten und sechzehnten Jahrhunderts, Göttingen 1922, S. 42.

66. Das Gesetz spricht von Leihe auch bei Geld.

67. Vgl. Wolfgang Kunkel, Quellen zur neueren Privatrechtsgeschichte Deutschlands, Weimar 1936, S. 325, Anm. 25.

68. Anwendung des Senatus consultum Macedonianum, Dig. 14, 6, 1 pr.

69. Vgl. Lazarus v. Wölckern, Commentatio succincta in Cod. jur. stat. Norici II, Nürnberg 1737, S. 50.

70. Vgl. Jörs-Kunkel-Wenger, Römisches Recht, 3. Aufl., Berlin 1949, S. 221.

71. Dig. 13, 6, 15 und 16: „Commodare possumus etiam alienam rem, quam possidemus, tametsi scientes alienam possidimus; Ita ut si fur vel praedo commodaverit, habeat commodati actionem„.

72. Vgl. Schulz, a.a.O., S. 104.

73. Vgl. Hans Planitz, Grundzüge des deutschen Privatrechts, 3. Aufl., Berlin 1949, S. 155.

74. Die Formulierung in der Reformation „… und wie ain jeder fleissiger haußvater versehen …“ geht weiter als diligentia quam in suis.

75. Dig. 16, 3, 31, 1; hier schlussfolgert Tryphonin: si per se dantem accipientemque intuemur, haec est bona fides, ut commissam rem recipiat is qui dedit; si totius rei aequitatem, quae ex omnibus personis quae negotio isto continguntur impletur, mihi reddenda sunt, … et probo hanc esse iustitiam, quae suum cuique tribuit …

76. Cod. 4, 34, 10: „Qui depositum non restituit, suo nomine conventus et condemnatus ad eius restitutionem cum infamiae periculo urguetur„.

77. Vgl. Fritz Winter, Beiträge und Erläuterungen zu Geschichte und Recht der Nürnberger verneuten Reformation von 1564, Nürnberg 1903, S. 41.

78. S. Jörs-Kunkel-Wenger, a.a.O., S. 230.

79. Winter, a.a.O., S. 44.

80. Nach Dig. 48, 10, 21: „Qui duobus in solidum eandem rem diversis contractibus vendidit, pena falsi coercetur„.

81. Sohm-Mitteis-Wenger, a.a.O., S. 295.

82. Vgl. Helmut Coing, Die Frankfurter Reformation von 1578 und das Gemeine Recht ihrer Zeit, Weimar 1935, S. 25; Egon Weiss, Institutionen des römischen Privatrechts, 2. Aufl., Stuttgart 1949, S. 183.

83. Dig. 19, 2, 2: „locatio conductio proxima est emptioni et venditioni isdemque iuris regulis constitit … adeo autem familiaritatatem aliquam habere videntur emptio et venditio, item locatio et conductio, ut in quibusdam quaeri soleat, utrum emptio et venditio sit an locatio et conductio …„, s. auch Dig. 19, 2, 22, 3.

84. Vgl. Jörs-Kunkel-Wenger, a.a.O., S. 237.

85. Vgl. Planitz, a.a.O., S. 154.

86. Dig. 9, 2, 5, 3; das Verhältnis des Patrons über die Tätigkeit der Freigelassenen Dig. 38, 1, 25; aus diesen Bestimmungen ist der enge Zusammenhang von Dienstvertrag und Sachmiete im römischen Recht ersichtlich. Vgl. Jörs-Kunkel-Wenger, a.a.O., S. 239..

87. Dig. 17, 2, 29 pr.: „… si vero placuerit, ut quis duas partes vel tres habeat, alius unam, an valeat?“ (nämlich die Gleichheit der Anteile) „placet valere, si modo aliquid plus contulit societati vel pecuniae vel operae vel cuiuscumque alterius rei causa„.

88. Dig. 17, 2, 29, 2: „… et nos consentimus talem societatem nullam esse, ut alter lucrum sentiret, alter vero nullum lucrum, sed damnum sentiret; iniquissimum enim genus societatis est, ex qua quis damnum, non etiam lucrum spectet„.

89. Tit. XVIII, IV. Gesetz, 2: „So aber ainer sein gut oder gelt in ain Gesellschaft zu gewyn und Verlust … gelegt het, … so soll Er weiter nit, dann nach Anzahl seines gelegten gelts oder guts, mitzubezalen schuldig sein“.

90. Diese solidarische Haltung wurzelt im deutschen Recht, dem der Unterschied zwischen dem Bürgen und Selbstschuldner unbekannt war; vgl. Lazarus v. Wölckern, a.a.O., S. 172.

91. und sich „der hilf und gutthat gemains Rechtens (so ainem seinen anteil allein zubezalen zulest und befreyet) außdrücklich verzigen“ hat.

92. Diese Fristsetzung fehlt in Dig. 17, 1, 38, während die anderen Gründe nur ganz allgemein formuliert sind.

93. über das S. C. V. siehe bei Jörs-Kunkel-Wenger, a.a.O., S. 217; Wortlaut in Dig. 16, 1, 2, 1; interessant ist der Hinweis in Dig. 16, 1, 2, 3: Hier wird noch einmal besonders betont, daß dieses Gesetz der Schwachheit und nicht der List der Frauenspersonen dient.

94. Inst. 4, 1, 6: „Itaque sive creditor pignore … utatur … furtum committit“.

95. Planitz, a.a.O., S. 113.

96. dem neuen Pfandgläubiger.

97. Dig. 20, 1, 11, 1; die hier erwähnte Antichresis ist ein Vertrag, der dem Gläubiger das Recht einräumt, aus dem Pfand bis zur Bezahlung der Schuld die Nutzungen zu ziehen; Dig. 36, 4, 5, 21 sieht die Anrechnung der Nutzungen auch auf das Kapital vor: „… Id quod ex fructibus percipitur primum in usuras, mox, si quid superfluum est, in sortem debet imputari …„, u. a.

98. Dig. 20, 2, 2 sind fast wörtlich in die Reformation übernommen worden: „non solum pro pensionibus, sed et si deteriorcm habitationem fecerit culpa sua inquilinus, … invecta et illata pignori erunt obligata„.

99. Cod. 5, 37, 20: „…pro officio administrationis tutoria vel curatoris bona, si debitores existant, tamquam pignoris titulo obligata minores sibimet vindicare minime prohibentur…

100. Cod. 5, 13, 1 b: „… damus ex utroque latere“ (also eine gegenseitige) „hypothecam, sive ex parte mariti pro restitutione dotis sive ex parte mulieris pro ipsa dote praestanda vel rebus dotalibus evictis …

101. Dig. 20, 4, 11 pr.: „potior est in pignore ,qui prius credidit pecuniam et accepit hypothecam …

102. Vgl. Jörs-Kunkel-Wenger, a.a.O., S. 160.

103. Vgl. Coing, a.a.O., S. 27.

104. Cod. 4, 66, 2: „… sed per totum triennium neque pecunias solverit neque apochas domino tributorum reddiderit, volenti ei licere eum a praediis emphyteuticariis repelleres“.

105. Vgl. Jörs-Kunkel-Wenger, a.a.O., S. 152.

106. Inst. 2, 1, 39: … thesauros, quos quis in suo loco invenerit … ei concessit qui invenerit. Idemque statuit“ (nämlich Hadrian), „si quis . . . fortuitu invenerit, dimidium domino soli concessit …

107. Vgl. Jörs-Kunkel-Wenger, a.a.O., S. 169; Planitz, a.a.O., S. 174.

108. Vgl. Otto Schenkl, a.a.O., S. 57.

109. v. Wölckern, a.a.O., S. 476.

110. v. Wölckern, a.a.O., S. 483.

111. Vgl. v. Wölckern, a.a.O., S. 485.

112. „was in gemeinsamer wirtschaftlicher Arbeit verschuldet wurde, dafür hat jeder Ehegatte einzustehen, also auch die Frau, selbst dann, wenn sie nicht kontrahiert hat. Ebenso nimmt man an, daß die Frau zu haften hat, wenn sie im Brautstand schon Gewerbe oder Handel angefangen hat und als Braut zu Kram und Markte sitzt. Desgleichen, wenn die Brautleute ein Kapital aufnehmen, das nach vollzogener Ehe die Braut zu bezahlen verpflichtet ist“. Bertha Kipfmüller, Die Frau im Rechte der Freien Reichsstadt Nürnberg, Dillingen 1922, S. 42.

113. Dig. 24, 1, 1: „… moribus apud nos receptum est, ne inter virum et uxorem donationes valerent …„; Dig. 24, 1, 32 bringt insofern eine Milderung, als die Schenkung dem Erben gegenüber wirksam sein soll; vgl. Jörs-Kunkel-Wenger, a.a.O., S. 247.

114. v. Wölckern, a.a.O., S. 509.

115. Jörs-Kunkel-Wenger, a.a.O., S. 281.

116. Vgl. Planitz, a.a.O., S. 233.

117. Juristisches Magazin, S. 329.

118. E. Weiß, a.a.O., S. 521 ff.

119. Vgl. Purucker, a.a.O., S. 26.

120. Cod. 6, 22, 10: „… surdo et muto …, si quis utroque morbo simul laborat, id est ut neque audire neque loqui possit, et hoc ex ipsa natura habeat, neque testamentum facere … concedatur„.

121. Vgl. Purucker, a.a.O., S. 15.

122. Vgl. Jörs-Kunkel-Wenger, a.a.O., S. 329 und 332, (Nov. 115 v. Justinian).

123. Johannes Merkel, Die Justinianischen Enterbungsgründe, Breslau 1908, S. 75.

124. Nov. 115, 3: „si quis parentibus suis manus intulerit„.

125. h. t. 2 „si quis gravem et inhonestam iniuriam eis ingesserit„.

126. h. t. 3 „si eos in criminalibus causis accusaverit, quae non sunt adversus principem seu republicam„.

127. h. t. 5 „…vel vitae parentum suorum per venenum aut alio modo insidiam temptaverint„; Nr. 4 der Just. Enterbungsgründe ist ausgelassen.

128. h. t. 6 „si Novercae suae aut concubinae patris filius sese miscuerit„; hier also nur die Unzucht des Sohnes mit der Stiefmutter, während die Reformation den Enterbungsgrund auch auf die Unzucht zwischen Tochter und Stiefvater ausdehnt.

129. h. t. 8 (Nr. 7 — Sykophantie — ist nicht rezipiert worden) „si … noluerit fideiussione suscipere …“ etc.; auch hier weitgehend eine wörtliche Anlehnung, allerdings mit dem Unterschied, daß sich im römischen Recht aufgrund des S. C. V. nur Söhne verbürgen können, während nach der Reformation (s. o.) auch Frauen nach Vollendung des 18. Lebensjahres Bürgschaften übernehmen können.

130. h. t. 9 „…quia prohibuit parentes suos condere testamentum …„.

131. h. t. 10 „si … inter arenarios aut mimos sese filius sociaverit … nisi forsitan etiam parentes eius professionis fuerunt„. Gladiatoren gab es keine in Nürnberg und der Beruf des Mimen galt nicht als unehrenhaft; deshalb die allgemeinere Fassung in der Reformation.

132. Auch hier eine allgemeinere Fassung als in Nov. 15, 3, 11, während die früheren Ausgaben der Reformation sich noch genauer an den römischen Text hielten.

133. h. t. 12 ist ebenfalls die Quelle der entsprechenden Bestimmung in der Reformation; von den justinianischen Fällen ist auch Nr. 13 nicht berücksichtigt (Kriegsgefangenschaft); ebensowenig Nr. 14 (Ketzerei), die in den alten Ausgaben enthalten war, in der Verneuten Reformation (wohl aufgrund des Religionsfriedens von 1555) keine Erwähnung mehr findet.

134. Aus Gründen der leichteren Gegenüberstellung seien (nach Merkel, a.a.O., S. 6, Anm. 1) hier die „Gründe für Kinder“ mit römischen Ziffern (I-VI), die bereits angeführten „Gründe für Eltern“ mit arabischen (1-10) bezeichnet.

135. Nov. 15, 4, 1si parentes ad interitum vitae liberos suos tradiderint, citra causam tamen quae ad maiestatem pertinere cognoscitur„.

136. h. t. 2 „si venenis aut maleficiis aut alio modo parentes filiorum vitae insidiati probabuntur„.

137. h. t. 3 „si pater nurui suae aut concubinae filii sese miscuerit„.

138. h. t. 4 „si parentes filios suos testamentum condere prohibuerint …

139. Übereinstimmung mit dem römischen Text.

140. Die Bestimmungen Justinians über Gefangenschaft und Ketzerei fehlen ebenfalls unter den von der Reformation rezipierten „Gründen für Kinder“.

141. Vgl. Jörs-Kunkel-Wenger, a.a.O., S. 322.

142. nach geltendem Recht Ersatzerbe.

143. Joh. Chr. Siebenkees, Abhandlung vom letzten Willen, Nürnberg und Jena 1792, S. 141.

144. Vgl. Jörs-Kunkel-Wenger, a.a.O., S. 346.

145. Purucker, a.a.O., S. 69.

146. Anlehnung an Inst. 2, 20, 16, die jedoch nur vom schuldlosen Verlust des Legats sprechen.

147. Purucker, a.a.O., S. 51.

148. gemäß Nov. 1, 4 beträgt die Frist ein Jahr.

149. ein Vorläufer des heutigen Vormundschafts- und Nachlaßgerichts, das mit vier Ratsherren und einem „Vormundschreiber“ besetzt war; vgl. Joh. Chr. Wagenseil, De sacri Rom. Imperii Libera Civitate Norimbergensi Commentatio, Altdorf und Nürnberg 1697, S. 158.

150. Hier liegt Nov. 1 zugrunde; vgl. auch Coing, a.a.O., S. 93.

151. Vgl. Jörs-Kunkel-Wenger, a.a.O., S. 315.

152. Vgl. auch Dig. 38, 11, 1, die noch ausdrücklich das Zusammenleben In rechter Ehe (iustum matrimonium) voraussetzen.

153. Kipfmüller, a.a.O., S. 54.

154. a.a.O. III, S. 159.

155. Interessant ist auch die Begründung, die Siebenkees hierfür (In: Von der Intestat-Erbfolge nach Nürnbergischen Rechten, Nürnberg 1787, S. 113) gibt: Daß „Mütter, welche sich zum zweytenmal verheyraten, den Kindern mehr Schaden bringen, als die Väter. Von jenen ist mehr Leichtsinn zu erwarten, und mehr Anhänglichkeit für den zweyten Mann, welche den Kindern erster Ehe nachtheilig werden kann. Die Nürnbergische Praxis bestätigt auch diese Erklärung“.

156. Vgl. Schenkl, a.a.O., S. 111.

157. Vgl. Eduard Neuschütz, Die Nürnberger Reformation, Leipzig 1936, S. 50; vgl. auch Conrad, a.a.O.

158. Die römische Regelung nach Stämmen.

159. Siebenkees, a.a.O., S. 54.

160. Nov. 118, 1…..illius filios aut filias aut alios descendentes in proprii parentis loco succedere … tantam de hereditate morientia accipientes partem … quantum eorum parens si viveret habuisset“.

161. Cod. 5, 27, 10: …quapropter sancimus in huiusmodi casibus omnes liberos, sive ante dotalia instrumenta editi sunt sive postea, una eademque lance trutinari“.

162. Nach römischem Recht erhalten diese Kinder auch ein Sechstel des Vatergutes, wenn er keine rechtmäßige Ehefrau und keine ehelichen Kinder hinterläßt; die Reformation spricht nur von der mütterlichen Erbschaft. Vgl. Siebenkees, a.a.O., S. 35.

163. Vgl. auch Siebenkees, a.a.O., S. 37.

164. Vgl. Siebenkees, a.a.O., S. 45.

165. Damit entfernt sich die Reformation vom gemeinen Recht und folgt hier dem Sächsischen Recht, nach welchem die halbe Geburt einen Grad weitertritt; vgl. Siebenkees, a.a.O., S. 47.

166. Vgl. Jörs-Kunkel-Wenger, a.a.O., S. 341 bzw. 342.

167. Nach römischem Recht erst nach Vollendung des 25. Lebensjahres.

168. Die Nichtanrechnung von Studiengeldern geht wohl auf Dig. 10, 2, 50 zurück: „… Quae pater filio emanciputo studiorum causa … subministravit … computari aequitas non patitur„.

169. Wie bereits erwähnt, war auch nach der verneuten Reformation, die die Grundlage unserer Untersuchungen bildet, die Erbeinsetzung keineswegs obligatorisch, während sie im römischen Recht caput et fundamentum testamenti und schlechthin die Voraussetzung für seine Gültigkeit war. Nach der Reformation sind auch jene Testamente gültig, in denen kein Erbe eingesetzt wurde. Vgl. auch Purucker, a.a.O., S. 51 ff.

170. Vgl. auch „le mort saisit le vif“.

171. Das remedium … de edicto Divi Hadriani zugunsten der in einem Testament eingesetzten Erben hat also in Nürnberg auch für den Intestaterben Gültigkeit, so daß diese Bestimmung eine Abweichung vom gemeinen Recht darstellt; vgl. auch Siebenkees, a.a.O., S. 169.

172. Vgl. Jörs-Kunkel-Wenger, a.a.O., S. 345.

173. Vgl. Jörs-Kunkel-Wenger, a.a.O., S. 299.

174. Vgl. Dieter Beck, Die privatrechtliche Stellung der Minderjährigen nach altem Nürnberger Recht unter besonderer Berücksichtigung der rechtserheblichen Altersstufen und des Mündelrechts, Erlangen 1950, S. 9.

175. Die Pflicht der Einsetzung hier wohl gemäß Dig. 26, 2, 1.

176. Dig. 26, 7, 15 und Cod. 5, 37, 23 für das Anlegen des Geldes auf Zins; bezüglich der Veräußerungen Cod. 5, 37, 22; Dig. 26, 8, 5 und 26, 8, 7 für Rechtsgeschäfte zwischen Mündel und Vormund; für Inventarpflicht Dig. 26, 7, 7 pr.; Cod. 5, 37, 20 für die Generalhypothek am Vermögen des Vormunds, wie im Abschnitt über das Pfandrecht bereits behandelt; u.a.

177. Vgl. Coing, a.a.O., S. 16.

178. Vgl. Jörs-Kunkel-Wenger, a.a.O., S. 303.

179. Vgl. auch Jörs-Kunkel-Wenger, a.a.O., S. 302.

180. Vgl. Wolfgang Kunkel, Quellen zur Neueren Privatrechtsgeschichte Deutschlands, 1. Bd., Weimar 1936, S. XVII.

181. F. P. Bremer, Dr. Claudius Cantiunculas Gutachten über das Nürnberger Stadtrecht; In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, 15. Bd.; Weimar 1894, S. 125.

182. Als Quelle für prozeßrechtliche Untersuchungen ist Bremer, a.a.O., beizustimmen; in Ansehung des Privatrechts ist wohl eher Stobbe, a.a.O. II., S. 304 zuzustimmen, der das Gutachten nicht allzuhoch einschätzt.

183. Bremer, a.a.O., S. 157.

184. Vgl. die Gegenüberstellung bei Carl Koehne, Die Wormser Stadtrechtsreformation vom Jahre 1499, Berlin 1897, S. 19.

185. Vgl. auch Kunkel, a.a.O., S. XIX.

186. a.a.O., S. 33.

187. Die Rangordnung der deutschen Städte in Größe und Wohlstand wurde nach ihren militärischen Reichsleistungen festgestellt, wobei Nürnberg stets die erste Stelle einnahm.

188. a.a.O., S. 332.

189. Für diese Annahme spricht auch das gespannte Verhältnis zwischen dem Rat der Stadt und dem vom Bischof abhängigen Reichskammergericht, das schließlich zur Folge hatte, daß es bereits zwei Jahre später wieder die Stadt verließ; vgl. Koehne, a.a.O., S. 36.

190. Vgl. Koehne, a.a.O., S. 64; Kunkel, a.a.O., S. XXI, jedoch stellt fest, daß weite Anlehnungen an den Text des Klagspiegels kaum vorbanden seien.

191. oder insbesondere: Helmut Coing, Die Frankfurter Reformation von 1578 und das Gemeine Recht ihrer Zeit, eine Studie zum Privatrecht der Rezeptionszeit, Weimar 1935.

192. Vgl Kunkel, a.a.O., S. XX.

193. R. Stintzing, Ulrich Zasius, Basel 1857, S. 45.

194. Stobbe, a.a.O. II, S. 307.

195. Stintzing, a.a.O., S. 159.

196. Kunkel, a.a.O., S. XXII.

197. Vgl. Stobbe, a.a.O., S. 309.

198. Stintzing, a.a.O., S. 159.

199. Vgl. auch Kunkel, a.a.O., S. XXIII.

200. Coing, a.a.O., S. 3.

201. Vgl. auch Kunkel, a.a.O., S. XXIV.

202. Vgl. Coing, a.a.O., S. 63 ff.

203. Coing, a.a.O., S. 4.

204. Stobbe, a.a.O., S. 42.

205. Coing, a.a.O., S. 5.

206. Vgl. Hans Liermann, Nürnberg als Mittelpunkt deutschen Rechtslebens, In Jahrb. für Fränkische Landesforschung 2, Erlangen 1936, S. 2.

207. W. Schultheiß, Die Einwirkung Nürnberger Stadtrechts auf Deutschland, besonders Franken, Böhmen und die Oberpfalz, In: Jahrb. für Fränkische Landesforschung 2, Erlangen 1936, S. 18.

208. a.a.O., S. 4.

209. Reicke, a.a.O., S. 421.

210. ausführlich bei Schultheiß, a.a.O., S. 27 ff.

211. Näheres bei Bedrich Mendl, Tak recené Norimberské právo v Cechách, Prag 1938, der den Schwabenspiegel mit Nürnberger Recht identifiziert.

212. Hier sind u. a. besonders zu erwähnen: Wilhelm Weizsäcker, Eindringen und Verbreitung der deutschen Stadtrechte in Böhmen und Mähren, In: Deutsches Archiv für Landes- und Volksforschung, 1. Jahrg., Heft 1, Leipzig 1937, S. 95 ff.; Daniel Waldmann, Entstehung der Nürnberger Reformation von 1479/84, Nürnberg 1908, S. 10-18; derselbe, Der Einfluß des Nürnberger Stadtrechts im Mittelalter auf andere Stadtrechte, Nürnberg 1926, (Fränk. Kurier v. 9 .und 14. 6.); Schuster Adolf, Verfassungsgeschichte der Stadt Weiden in der Oberpfalz im Mittelalter und in den ersten Jahrhunderten der Neuzeit, Erlangen 1949, S. 68-78; W. Schultheiß, Die geschichtliche Entwicklung des Nürnberger Ortsrechts, Nürnberg 1939; derselbe, Nürnbergs Bedeutung für die deutsche Rechtsentwicklung, Nürnberg 1935.

213. Schultheiß, Die Einwirkung des Nürnberger Stadtrechts …, S. 50.

214. Stobbe, a.a.O., S. 260.

215. Schultheiß, a.a.O. S. 51.

216. Liermann, a.a.O., S. 9.